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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz]

am Niederrhein nicht besonderes Interesse.
Für Frankreich liegen seine Aspirationen
vielmehr am Mittelrhein und in der Pfalz.
Da leben die alten französischen Ideen von
1792/1793 und 1797/1814 wieder auf; sie
sind Wohl hier zur realpolitischen Macht ge¬
worden. Die Patriotenliga, von Maurice
Barros geführt, arbeitet fein und sicher
dafür; ebenso die französische Verwaltung.
Nur ein ganz kleines Beispiel dafür: Die
Bauern in Rheinhessen bekommen ohne Ent¬
gelt französische Militärpfsrde. In unseren
Schulen wurden französische Prämien aus¬
geteilt: jedes Kind erhielt ein wundervoll
illustriertes französisches Buch und zwei Pfund
Kaffee. Das wurde den Kindern, die von
uns bezeichnet werden mußten, ins Haus
geschickt.

Nun aber das allerschönste. Elemente
der Sozialdemokratie, die am 1. Juni sich
so sehr vaterlandsfreundlich gebärdeten,
arbeiten hier -- ich habe davon sichere Zeug¬
nisse -- direkt für den Pufferstaat. Be¬
stechung? Ämterjagd? Wer weiß es? Jeden¬
falls sind in diesen sozialistischen Kreisen
die Ämter schon verteilt. Was mich anlangt,
werde ich dagegen arbeiten, auch auf die
Gefahr hin, eines Tages ausgewiesen zu
werden. Ich habe mit der Zeit gelernt,
wie man das macht. Wir Schulmeister
werden ja scharf beobachtet. Nicht mehr
Lsve emiem heißt es hier, sondern: atten-
tion, instituteursl Auch für den Fall der
Ausweisung ist mein Plan fertig. Ich gehe
nach Amerika. Ich kann es nicht ertragen,
unter sozialistischer Mlßregierung und Fremd¬
herrschaft zu arbeiten.

Hier sieht man deutlich und greifbar,
wie unser Geld gar keinen Wert mehr hat,
wiL wir vollständig im Bankerott drinstehen.
Hier deutlicher als drüben im unbesetzten
Deutschland. Man fühlt auch, wie wir als
Nation gar nicht mehr anerkannt werden.
Wer stumpf genug ist, mag ja das ertragen,
wer darauf zu reagieren vermag, aber nicht.

Wie kläglich auch ist unsere innere Po¬
litik I Nicht mehr zum Ertragen. Man meint
ja, die Schulsrage und was damit zu¬
sammenhängt, wäre das wichtigste. Meines
Erachtens hat diese Frage gar keine politische
Berechtigung. Sie vergiftet die ganze Po¬

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litik, reißt auseinander und verdirbt. Wenn
nur einmal der Teufel diesen ganzen
Fragenkomplex holen würde. Damit hängt
zusammen die verderbliche Rolle, welche die
Schulmeister in der Politik spielen. Das
unverstandene Wort des Siegers von Sa-
dowa hat sie aufgeblasen. Nun spucken sie
Verderben. Wehe dem Lande, dessen Poli¬
tiker Schulmeister sind.

Die Erinnerungen von Tirpitz werden
hier stark gelesen, und es wird ihnen von
all den "Erinnerungen" die Krone zu¬
gesprochen. Wird bald der zweite Band
erscheinen?

Der "Schwäbische Bund" wird hier sehr
gern gelesen. Eine feine Zeitschrift. Durch
einen jungen katholischen Geistlichen, der
zuerst in Tübingen studierte, ward die Zeit¬
schrift in der Pfalz eingeführt. Überhaupt
sind die jungen auf den Universitäten ge¬
bildeten Geistlichen durchaus rechts gesinnt
und dem heutigen Zentrum nicht besonders
zugetan ....

Der Pfiilzer HilfsVund.

Unter Leitung
des Regierungspräsidenten von Unterfranken
von Henle und unter Beteiligung der unter¬
fränkischen Abgeordneten aller Parteien, von
Männern und Frauen aller Kreise der Be¬
völkerung, von zahlreichen Beamten und
Studenten fand am 6. Januar 1920 im
Luisengarten zu Würzburg eine trotz der
schlechten Reiseverhältnisse recht gut besuchte
Versammlung statt, in welcher der Plan der
Gründung eines Pfälzer Hilfsbundes erörtert
und der Grundstein zu dieser Gründung
gelegt wurde.

Der Zweck dieses Bundes soll die Pflege
der landsmannschaftlichen Beziehungen
zwischen Pfalz und Bayern rechts des Rheins
sein. Die Störungen, welche diese natürlichen
und historischen Beziehungen durch die feind¬
liche Besatzung erfahren haben und nach
der Lage der Dinge so lange erfahren
werden als diese Besatzung besteht, fordern
mit unaufhaltsamer Macht einen Ausgleich.
Den Versuchen feindlicher Abtrennungspolitik
nutz aus dem Herzen des Vaterlandes in
jeder erlaubten Form moralisch und Politisch
entgegengearbeitet werden. Unsere Pfälzer
sollen es wissen und durch die ganze Zeit

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Drinnen und draußen

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am Niederrhein nicht besonderes Interesse.
Für Frankreich liegen seine Aspirationen
vielmehr am Mittelrhein und in der Pfalz.
Da leben die alten französischen Ideen von
1792/1793 und 1797/1814 wieder auf; sie
sind Wohl hier zur realpolitischen Macht ge¬
worden. Die Patriotenliga, von Maurice
Barros geführt, arbeitet fein und sicher
dafür; ebenso die französische Verwaltung.
Nur ein ganz kleines Beispiel dafür: Die
Bauern in Rheinhessen bekommen ohne Ent¬
gelt französische Militärpfsrde. In unseren
Schulen wurden französische Prämien aus¬
geteilt: jedes Kind erhielt ein wundervoll
illustriertes französisches Buch und zwei Pfund
Kaffee. Das wurde den Kindern, die von
uns bezeichnet werden mußten, ins Haus
geschickt.

Nun aber das allerschönste. Elemente
der Sozialdemokratie, die am 1. Juni sich
so sehr vaterlandsfreundlich gebärdeten,
arbeiten hier — ich habe davon sichere Zeug¬
nisse — direkt für den Pufferstaat. Be¬
stechung? Ämterjagd? Wer weiß es? Jeden¬
falls sind in diesen sozialistischen Kreisen
die Ämter schon verteilt. Was mich anlangt,
werde ich dagegen arbeiten, auch auf die
Gefahr hin, eines Tages ausgewiesen zu
werden. Ich habe mit der Zeit gelernt,
wie man das macht. Wir Schulmeister
werden ja scharf beobachtet. Nicht mehr
Lsve emiem heißt es hier, sondern: atten-
tion, instituteursl Auch für den Fall der
Ausweisung ist mein Plan fertig. Ich gehe
nach Amerika. Ich kann es nicht ertragen,
unter sozialistischer Mlßregierung und Fremd¬
herrschaft zu arbeiten.

Hier sieht man deutlich und greifbar,
wie unser Geld gar keinen Wert mehr hat,
wiL wir vollständig im Bankerott drinstehen.
Hier deutlicher als drüben im unbesetzten
Deutschland. Man fühlt auch, wie wir als
Nation gar nicht mehr anerkannt werden.
Wer stumpf genug ist, mag ja das ertragen,
wer darauf zu reagieren vermag, aber nicht.

Wie kläglich auch ist unsere innere Po¬
litik I Nicht mehr zum Ertragen. Man meint
ja, die Schulsrage und was damit zu¬
sammenhängt, wäre das wichtigste. Meines
Erachtens hat diese Frage gar keine politische
Berechtigung. Sie vergiftet die ganze Po¬

[Spaltenumbruch]

litik, reißt auseinander und verdirbt. Wenn
nur einmal der Teufel diesen ganzen
Fragenkomplex holen würde. Damit hängt
zusammen die verderbliche Rolle, welche die
Schulmeister in der Politik spielen. Das
unverstandene Wort des Siegers von Sa-
dowa hat sie aufgeblasen. Nun spucken sie
Verderben. Wehe dem Lande, dessen Poli¬
tiker Schulmeister sind.

Die Erinnerungen von Tirpitz werden
hier stark gelesen, und es wird ihnen von
all den „Erinnerungen" die Krone zu¬
gesprochen. Wird bald der zweite Band
erscheinen?

Der „Schwäbische Bund" wird hier sehr
gern gelesen. Eine feine Zeitschrift. Durch
einen jungen katholischen Geistlichen, der
zuerst in Tübingen studierte, ward die Zeit¬
schrift in der Pfalz eingeführt. Überhaupt
sind die jungen auf den Universitäten ge¬
bildeten Geistlichen durchaus rechts gesinnt
und dem heutigen Zentrum nicht besonders
zugetan ....

Der Pfiilzer HilfsVund.

Unter Leitung
des Regierungspräsidenten von Unterfranken
von Henle und unter Beteiligung der unter¬
fränkischen Abgeordneten aller Parteien, von
Männern und Frauen aller Kreise der Be¬
völkerung, von zahlreichen Beamten und
Studenten fand am 6. Januar 1920 im
Luisengarten zu Würzburg eine trotz der
schlechten Reiseverhältnisse recht gut besuchte
Versammlung statt, in welcher der Plan der
Gründung eines Pfälzer Hilfsbundes erörtert
und der Grundstein zu dieser Gründung
gelegt wurde.

Der Zweck dieses Bundes soll die Pflege
der landsmannschaftlichen Beziehungen
zwischen Pfalz und Bayern rechts des Rheins
sein. Die Störungen, welche diese natürlichen
und historischen Beziehungen durch die feind¬
liche Besatzung erfahren haben und nach
der Lage der Dinge so lange erfahren
werden als diese Besatzung besteht, fordern
mit unaufhaltsamer Macht einen Ausgleich.
Den Versuchen feindlicher Abtrennungspolitik
nutz aus dem Herzen des Vaterlandes in
jeder erlaubten Form moralisch und Politisch
entgegengearbeitet werden. Unsere Pfälzer
sollen es wissen und durch die ganze Zeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/104>, abgerufen am 27.07.2024.