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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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diese zusammenbrechen könnten. Wie weit diese Möglichkeit vorhanden ist, kann
ohne nähere Einsicht in die tatsächlichen Verhältnisse nicht beurteilt werden. Der
kleine Sparer soll also, so wird von den Gegnern der Zinseninhibierung behauptet,
besonders getroffen werden, ja Revolution und Aufruhr wird deswegen in Aus¬
sicht gestellt. Dem gegenüber ist zu erwägen, daß die Kriegsanleihe sich nur in
geringem Maße in den Händen des Proletariats befindet. Wir haben aber
absichtlich in den vorhergehenden Ausführungen immer wieder klargelegt, wie
schwer der kleine Sparer und der gesamte Mittelstand durch die geplanten Steuern
getroffen würde und wir müssen es danach zum mindesten als eine offene Frage
hinstellen, ob wirklich die Zinsensperrung der Kriegsanleihe den kleinen Sparer
stärker trifft, als die Steuern ihn treffen würden. Auch hier wird die Selbsthilfe
im weiten Umfange schon Platz gegriffen haben. Soweit die Landesversicherungs¬
anstalten und Sparkassen in Betracht kommen, haben wir jetzt noch freie Hand
zu Hilfsaktionen zur Stütze der Sparkassen und Anstalten, um sie gegen Zu¬
sammenbruch zu schützen; zum Beispiel können ihnen noch eine Zeitlang höhere
Zinsen gewährt werden. Ob wir, wenn die Feinde uns die Zinsensperrung vor¬
schreiben, zu solchen Hilfsaktionen noch freie Hand haben werden? -- Es hängt
dann jedenfalls von deren rigorosem Ermessen ab.

Über die Zweckmäßigkeit einer anzustrebenden Zinsensperrung der Kriegs¬
anleihe soll ein Urteil hier nicht abgegeben werden. Daneben steht ja auch noch
der weitere Vorschlag einer Zwangsanleihe, der zur Genüge in der Öffentlichkeit
erörtert ist und auf den deshalb hier nicht eingegangen wird, ohne daß wir
darum ein Gegner dieses Gedankens wären. Seine Verwertbarkeit wird auch
mehr von politischen Gesichtspunkten beeinflußt. Es handelt sich für uns hier
nur darum, Erwägungen zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.

Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit, die sich durch unsere
schlechte Valuta auftut. Diese schlechte Valuta ist im Grunde, wie wir früher
gezeigt haben, schon nichts anderes, als ein verschleierter Staatsbankerott, nämlich
die Konstatierung der Tatsache, daß unsere schwebende Schuld, denn sie verkörpert
sich zum überwiegenden Teile in unserm Papiergelde, nur noch einen Bruchteil
ihres eigenen Wertes gilt. Es handelt sich nun darum, diese Tatsache öffentlich
durch Gesetz anzuerkennen, ein Weg, der uns gleichzeitig aus unseren Valuta¬
schwierigkeiten herausführt: die Reichsbank wird tunlichst von den Staatsfinanzen
losgelöst. Das gesamte vorhandene Papiergeld einschließlich der bisherigen Bank¬
noten der Reichsbank wird von der Neichsbankdeckung losgelöst und gilt nunmehr
nur noch als Staatsgeld. Das Verbot des Agiohandels mit Gold wird aufgehoben,
die Reichsbank kehrt zur Dritteldcckung zurück, die bei der Neuausgabe von ihren
Banknoten streng gewahrt wird. Die neuen Banknoten dürfen nach zu erlassen¬
den Gesetz nicht mehr gegen Neichswechsel, sondern nur gegen Warenwechsel aus¬
gegeben werden, oder vielmehr der Kredit des Reiches bei der Reichsbank wird
gesetzlich limitert. Der Staat erklärt, daß er künftig in Gold zahle oder in gold¬
wertem Papiergeld. Für die neuen Banknoten der Reichsbank bildet sich mit
Rücksicht auf die Dritteldeckung und die Reorganisation der Reichsbank eine
konstante Valuta, ähnlich der Friedensvaluta. Das bisherige Papiergeld, das
nunmehrige Staatsgeld, behält die niedrige Auslandsvaluta. Durch die Freigabe
des Agiohandels mit Gold kommt neues Gold ins Land, und es findet ein Aus¬
gleich der jetzt bestehenden verheerenden Differenz zwischen Inlands- und AuSlcmdS-
valuta statt. Die inländische Valuta der Papiermark, die gegenwärtig wesentlich
höher, aber infolge des Verbotes des Agiohandels mit Gold völlig verschleiert
ist, sinkt, die Auslandsvaluta steigt etwas, so daß sie sich allmählich angleichen.
Da die Papiermark im Inlands nunmehr mit Gold käuflich ist, erhält sie an der
neu erstandenen inländischen Goldwährung einen klar bestimmten inländischen
Kurs. Das Reich macht sich diesen Kurs zunutze, es löst Papiermark zum Gold¬
kurse mit neuen Banknoten oder Gold ein. Es leistet seine Zahlungen mit neuen
Banknoten oder Gold oder mit Papiermark zum Goldkurse, das heißt also, es
hat das Recht, wenn der Kurs der Papiermark zur Goldmark eins zu zehn ist,


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diese zusammenbrechen könnten. Wie weit diese Möglichkeit vorhanden ist, kann
ohne nähere Einsicht in die tatsächlichen Verhältnisse nicht beurteilt werden. Der
kleine Sparer soll also, so wird von den Gegnern der Zinseninhibierung behauptet,
besonders getroffen werden, ja Revolution und Aufruhr wird deswegen in Aus¬
sicht gestellt. Dem gegenüber ist zu erwägen, daß die Kriegsanleihe sich nur in
geringem Maße in den Händen des Proletariats befindet. Wir haben aber
absichtlich in den vorhergehenden Ausführungen immer wieder klargelegt, wie
schwer der kleine Sparer und der gesamte Mittelstand durch die geplanten Steuern
getroffen würde und wir müssen es danach zum mindesten als eine offene Frage
hinstellen, ob wirklich die Zinsensperrung der Kriegsanleihe den kleinen Sparer
stärker trifft, als die Steuern ihn treffen würden. Auch hier wird die Selbsthilfe
im weiten Umfange schon Platz gegriffen haben. Soweit die Landesversicherungs¬
anstalten und Sparkassen in Betracht kommen, haben wir jetzt noch freie Hand
zu Hilfsaktionen zur Stütze der Sparkassen und Anstalten, um sie gegen Zu¬
sammenbruch zu schützen; zum Beispiel können ihnen noch eine Zeitlang höhere
Zinsen gewährt werden. Ob wir, wenn die Feinde uns die Zinsensperrung vor¬
schreiben, zu solchen Hilfsaktionen noch freie Hand haben werden? — Es hängt
dann jedenfalls von deren rigorosem Ermessen ab.

Über die Zweckmäßigkeit einer anzustrebenden Zinsensperrung der Kriegs¬
anleihe soll ein Urteil hier nicht abgegeben werden. Daneben steht ja auch noch
der weitere Vorschlag einer Zwangsanleihe, der zur Genüge in der Öffentlichkeit
erörtert ist und auf den deshalb hier nicht eingegangen wird, ohne daß wir
darum ein Gegner dieses Gedankens wären. Seine Verwertbarkeit wird auch
mehr von politischen Gesichtspunkten beeinflußt. Es handelt sich für uns hier
nur darum, Erwägungen zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.

Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit, die sich durch unsere
schlechte Valuta auftut. Diese schlechte Valuta ist im Grunde, wie wir früher
gezeigt haben, schon nichts anderes, als ein verschleierter Staatsbankerott, nämlich
die Konstatierung der Tatsache, daß unsere schwebende Schuld, denn sie verkörpert
sich zum überwiegenden Teile in unserm Papiergelde, nur noch einen Bruchteil
ihres eigenen Wertes gilt. Es handelt sich nun darum, diese Tatsache öffentlich
durch Gesetz anzuerkennen, ein Weg, der uns gleichzeitig aus unseren Valuta¬
schwierigkeiten herausführt: die Reichsbank wird tunlichst von den Staatsfinanzen
losgelöst. Das gesamte vorhandene Papiergeld einschließlich der bisherigen Bank¬
noten der Reichsbank wird von der Neichsbankdeckung losgelöst und gilt nunmehr
nur noch als Staatsgeld. Das Verbot des Agiohandels mit Gold wird aufgehoben,
die Reichsbank kehrt zur Dritteldcckung zurück, die bei der Neuausgabe von ihren
Banknoten streng gewahrt wird. Die neuen Banknoten dürfen nach zu erlassen¬
den Gesetz nicht mehr gegen Neichswechsel, sondern nur gegen Warenwechsel aus¬
gegeben werden, oder vielmehr der Kredit des Reiches bei der Reichsbank wird
gesetzlich limitert. Der Staat erklärt, daß er künftig in Gold zahle oder in gold¬
wertem Papiergeld. Für die neuen Banknoten der Reichsbank bildet sich mit
Rücksicht auf die Dritteldeckung und die Reorganisation der Reichsbank eine
konstante Valuta, ähnlich der Friedensvaluta. Das bisherige Papiergeld, das
nunmehrige Staatsgeld, behält die niedrige Auslandsvaluta. Durch die Freigabe
des Agiohandels mit Gold kommt neues Gold ins Land, und es findet ein Aus¬
gleich der jetzt bestehenden verheerenden Differenz zwischen Inlands- und AuSlcmdS-
valuta statt. Die inländische Valuta der Papiermark, die gegenwärtig wesentlich
höher, aber infolge des Verbotes des Agiohandels mit Gold völlig verschleiert
ist, sinkt, die Auslandsvaluta steigt etwas, so daß sie sich allmählich angleichen.
Da die Papiermark im Inlands nunmehr mit Gold käuflich ist, erhält sie an der
neu erstandenen inländischen Goldwährung einen klar bestimmten inländischen
Kurs. Das Reich macht sich diesen Kurs zunutze, es löst Papiermark zum Gold¬
kurse mit neuen Banknoten oder Gold ein. Es leistet seine Zahlungen mit neuen
Banknoten oder Gold oder mit Papiermark zum Goldkurse, das heißt also, es
hat das Recht, wenn der Kurs der Papiermark zur Goldmark eins zu zehn ist,


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[0336] Zu den neuen Reichssteuern auf das Einkommen diese zusammenbrechen könnten. Wie weit diese Möglichkeit vorhanden ist, kann ohne nähere Einsicht in die tatsächlichen Verhältnisse nicht beurteilt werden. Der kleine Sparer soll also, so wird von den Gegnern der Zinseninhibierung behauptet, besonders getroffen werden, ja Revolution und Aufruhr wird deswegen in Aus¬ sicht gestellt. Dem gegenüber ist zu erwägen, daß die Kriegsanleihe sich nur in geringem Maße in den Händen des Proletariats befindet. Wir haben aber absichtlich in den vorhergehenden Ausführungen immer wieder klargelegt, wie schwer der kleine Sparer und der gesamte Mittelstand durch die geplanten Steuern getroffen würde und wir müssen es danach zum mindesten als eine offene Frage hinstellen, ob wirklich die Zinsensperrung der Kriegsanleihe den kleinen Sparer stärker trifft, als die Steuern ihn treffen würden. Auch hier wird die Selbsthilfe im weiten Umfange schon Platz gegriffen haben. Soweit die Landesversicherungs¬ anstalten und Sparkassen in Betracht kommen, haben wir jetzt noch freie Hand zu Hilfsaktionen zur Stütze der Sparkassen und Anstalten, um sie gegen Zu¬ sammenbruch zu schützen; zum Beispiel können ihnen noch eine Zeitlang höhere Zinsen gewährt werden. Ob wir, wenn die Feinde uns die Zinsensperrung vor¬ schreiben, zu solchen Hilfsaktionen noch freie Hand haben werden? — Es hängt dann jedenfalls von deren rigorosem Ermessen ab. Über die Zweckmäßigkeit einer anzustrebenden Zinsensperrung der Kriegs¬ anleihe soll ein Urteil hier nicht abgegeben werden. Daneben steht ja auch noch der weitere Vorschlag einer Zwangsanleihe, der zur Genüge in der Öffentlichkeit erörtert ist und auf den deshalb hier nicht eingegangen wird, ohne daß wir darum ein Gegner dieses Gedankens wären. Seine Verwertbarkeit wird auch mehr von politischen Gesichtspunkten beeinflußt. Es handelt sich für uns hier nur darum, Erwägungen zur allgemeinen Kenntnis zu bringen. Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit, die sich durch unsere schlechte Valuta auftut. Diese schlechte Valuta ist im Grunde, wie wir früher gezeigt haben, schon nichts anderes, als ein verschleierter Staatsbankerott, nämlich die Konstatierung der Tatsache, daß unsere schwebende Schuld, denn sie verkörpert sich zum überwiegenden Teile in unserm Papiergelde, nur noch einen Bruchteil ihres eigenen Wertes gilt. Es handelt sich nun darum, diese Tatsache öffentlich durch Gesetz anzuerkennen, ein Weg, der uns gleichzeitig aus unseren Valuta¬ schwierigkeiten herausführt: die Reichsbank wird tunlichst von den Staatsfinanzen losgelöst. Das gesamte vorhandene Papiergeld einschließlich der bisherigen Bank¬ noten der Reichsbank wird von der Neichsbankdeckung losgelöst und gilt nunmehr nur noch als Staatsgeld. Das Verbot des Agiohandels mit Gold wird aufgehoben, die Reichsbank kehrt zur Dritteldcckung zurück, die bei der Neuausgabe von ihren Banknoten streng gewahrt wird. Die neuen Banknoten dürfen nach zu erlassen¬ den Gesetz nicht mehr gegen Neichswechsel, sondern nur gegen Warenwechsel aus¬ gegeben werden, oder vielmehr der Kredit des Reiches bei der Reichsbank wird gesetzlich limitert. Der Staat erklärt, daß er künftig in Gold zahle oder in gold¬ wertem Papiergeld. Für die neuen Banknoten der Reichsbank bildet sich mit Rücksicht auf die Dritteldeckung und die Reorganisation der Reichsbank eine konstante Valuta, ähnlich der Friedensvaluta. Das bisherige Papiergeld, das nunmehrige Staatsgeld, behält die niedrige Auslandsvaluta. Durch die Freigabe des Agiohandels mit Gold kommt neues Gold ins Land, und es findet ein Aus¬ gleich der jetzt bestehenden verheerenden Differenz zwischen Inlands- und AuSlcmdS- valuta statt. Die inländische Valuta der Papiermark, die gegenwärtig wesentlich höher, aber infolge des Verbotes des Agiohandels mit Gold völlig verschleiert ist, sinkt, die Auslandsvaluta steigt etwas, so daß sie sich allmählich angleichen. Da die Papiermark im Inlands nunmehr mit Gold käuflich ist, erhält sie an der neu erstandenen inländischen Goldwährung einen klar bestimmten inländischen Kurs. Das Reich macht sich diesen Kurs zunutze, es löst Papiermark zum Gold¬ kurse mit neuen Banknoten oder Gold ein. Es leistet seine Zahlungen mit neuen Banknoten oder Gold oder mit Papiermark zum Goldkurse, das heißt also, es hat das Recht, wenn der Kurs der Papiermark zur Goldmark eins zu zehn ist,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/336>, abgerufen am 15.01.2025.