Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Zu den geplanten Reichssteuern auf das Einkommen eigenem Vermögen bedacht werden. Dazu kommt das Vermögen der Sckwieger- Besonderer Beachtung bedürfen auch die Bestimmungen über die Berechnung Zu den geplanten Reichssteuern auf das Einkommen eigenem Vermögen bedacht werden. Dazu kommt das Vermögen der Sckwieger- Besonderer Beachtung bedürfen auch die Bestimmungen über die Berechnung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0296" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336586"/> <fw type="header" place="top"> Zu den geplanten Reichssteuern auf das Einkommen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1088" prev="#ID_1087"> eigenem Vermögen bedacht werden. Dazu kommt das Vermögen der Sckwieger-<lb/> kinder und deren gesamter Descendenz. Nehmen wir an, daß in einem Haushalt<lb/> von vier Personen jeder ein Einkommen von 6000 Mark hat, so würden sie jeder<lb/> einzeln 600 Mark zu steuern haben, also 2400 Mark insgesamt, leben sie in<lb/> einem Hausstande zusammen, so beträgt die Steuer 4670 Markt Bei acht Per¬<lb/> sonen beträgt die Steuer bei gleichem Einkommen jeder Person statt 4800 gar<lb/> 12 000 Markt Bei der unbedingt individualistischen Grundtendenz unseres<lb/> Wutschaftslebens und bei unseren Gesetzen, die schon nicht für die in Güter¬<lb/> trennung lebende oder selbständig erwerbende Ehefrau, noch weniger aber für<lb/> volljährige Kinder, Enkel oder gar Schwiegerkinder ein Nutznießungsrecht des<lb/> Haushaltsvorstandes kennt, bedeutet diese Zusammenziehung der Einnahmen eine<lb/> schwere Ungerechtigkeit, die auch nicht durch die angebliche, keinesfalls immer zu¬<lb/> treffende „Steigerung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch die Ersparnisse des<lb/> gemeinschaftlichen Haushaltes" gerechlfertigt werden kann, wie das die Begründung<lb/> versucht, zumal die Ersparnis in den meisten Fällen bei weitem nicht die Mehr¬<lb/> besteuerung wett machen wird. Der Ehehaushalt e>fordert im Gegenteil heute<lb/> regelmäszig einen Mehraufwand gegenüber dnn früheren Einzelverbrauch der<lb/> Gatten. Die steuerliche Ungerechtigkeit wird um so offensichtlicher, wenn man be¬<lb/> rücksichtigt, daß die Steuernochlässe, die einem mehrköpfigen Haushalt gewährt<lb/> werden, sich auf wenige Prozent berechnen. Lediglich das Ex>stenzininimum wird<lb/> etwas erhöht. Es bleiben frei bei der Einzelperson 1000 Mark, bei der kinder¬<lb/> losen Ehe 1500 Mark, für jede weitere rür Gesainlhaiishalt Steuerpflichtige Person<lb/> je 300, Mark mehr. Bei diesem Ausbau muß die Steuer auf den Familien¬<lb/> verband sprechend, für künftige Ehen als Hindernis wirken. Offenbar, um die<lb/> Opposition der Arbeiterkreise zu beschwichtigen, die durch diese Bestimmung eben¬<lb/> falls schwer getroffen werden, macht dann § 16 für solche volljährigen Kinder,<lb/> die in einem, dem Haushaltsvorstande fremden Betriebe selbständigen Erwerb<lb/> haben, eine Ausnahme. Hier soll die Einzelbtsteuerung Platz greifen. Damit<lb/> ist alleidings den Lebensgewohnheiten der arbeitenden Klasse wenigstens in dein<lb/> Maße Rechnung getragen, als es sich um das Einkommen schon volljähriger<lb/> Kinder handelt. Dem kleinen Gewerbetreibenden aber, dem Landwirt, dein Be¬<lb/> amtenstande usw. liegt die volle Schwere der Steuer ob. Auch hierin zeigt sich<lb/> die vielfach zutage tretende mittelstandsfcindliche Tendenz der neuen Be¬<lb/> steuerung. Auch K 26 gewährt keinen ausreichenden Schutz gegen die Härte, er<lb/> bringt eine für Sieucrgesetze merkwürdige Kautschukbestimmuiig, indem nämlich<lb/> allgemein gesagt wird, daß besondere wirtschaftliche Verhältnisse, worunter auch<lb/> der Unterhalt und die Erziehung der Kinder genannt wird, bei geringem Ein¬<lb/> kommen zu einer Ermäßiguna der Steuer führen „können", und zwar bei einem<lb/> Gesamteinkommen bis zu 10 000 Mark Ermäßigung bis zur Hälfte, bei eimM<lb/> solchen bis zu 20 000 Mark bis zu einem Vieriel der Steuern. Ein Recht auf<lb/> diese Ermäßigung und eine klare Begrenzung dieses Rechtes wird nicht gegeben-<lb/> Diese Bestimmung enthält auch insofern eine Absonderlichkeit, als nach h^'<lb/> gebrachter Auffassung das Steuerrecht ein durchaus formales Recht ist. Zwecks<lb/> mäßigt, itsgesichtspunkte werden in sten>rprozessen niemals berücksichtigt. Soll<lb/> diese Praxis umgestoßen werden, steht auf Grund der Bestimmung dem Steuer¬<lb/> pflichtigen überhaupt der Rechtsweg offen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1089" next="#ID_1090"> Besonderer Beachtung bedürfen auch die Bestimmungen über die Berechnung<lb/> des Einkommens (Z 30 ff.), die besonders ungünstig für die Landwirtschaft sin°:<lb/> Nach dem preußischen Einkommensteuergesetz wurde bei Gewerbebetrieben und ver<lb/> den Betrieben von Forst- und Landwirtschaft das Einkommen in der Weise er¬<lb/> mittelt, daß Einnahmen und Ausgaben einander gegenüber gestellt wurden. T>a<lb/> in solchen Betrieben eine ständige Wechselbeziehung zwischen Einnahmen un^<lb/> Ausgaben einerseits und Anschaffungen und Veiäntzerungen von Waren, NaY'<lb/> stossen und anderen Beständen des Betriebes (Fabrikaten. Geräten. Vieh usw)<lb/> andererseits stattfand, so ging die Rechtsprechung dazu über, bei der Feststeuu^<lb/> des Einkommens auch die Verschiedenartigkeit im Bestände des sogenannten «i»'</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0296]
Zu den geplanten Reichssteuern auf das Einkommen
eigenem Vermögen bedacht werden. Dazu kommt das Vermögen der Sckwieger-
kinder und deren gesamter Descendenz. Nehmen wir an, daß in einem Haushalt
von vier Personen jeder ein Einkommen von 6000 Mark hat, so würden sie jeder
einzeln 600 Mark zu steuern haben, also 2400 Mark insgesamt, leben sie in
einem Hausstande zusammen, so beträgt die Steuer 4670 Markt Bei acht Per¬
sonen beträgt die Steuer bei gleichem Einkommen jeder Person statt 4800 gar
12 000 Markt Bei der unbedingt individualistischen Grundtendenz unseres
Wutschaftslebens und bei unseren Gesetzen, die schon nicht für die in Güter¬
trennung lebende oder selbständig erwerbende Ehefrau, noch weniger aber für
volljährige Kinder, Enkel oder gar Schwiegerkinder ein Nutznießungsrecht des
Haushaltsvorstandes kennt, bedeutet diese Zusammenziehung der Einnahmen eine
schwere Ungerechtigkeit, die auch nicht durch die angebliche, keinesfalls immer zu¬
treffende „Steigerung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch die Ersparnisse des
gemeinschaftlichen Haushaltes" gerechlfertigt werden kann, wie das die Begründung
versucht, zumal die Ersparnis in den meisten Fällen bei weitem nicht die Mehr¬
besteuerung wett machen wird. Der Ehehaushalt e>fordert im Gegenteil heute
regelmäszig einen Mehraufwand gegenüber dnn früheren Einzelverbrauch der
Gatten. Die steuerliche Ungerechtigkeit wird um so offensichtlicher, wenn man be¬
rücksichtigt, daß die Steuernochlässe, die einem mehrköpfigen Haushalt gewährt
werden, sich auf wenige Prozent berechnen. Lediglich das Ex>stenzininimum wird
etwas erhöht. Es bleiben frei bei der Einzelperson 1000 Mark, bei der kinder¬
losen Ehe 1500 Mark, für jede weitere rür Gesainlhaiishalt Steuerpflichtige Person
je 300, Mark mehr. Bei diesem Ausbau muß die Steuer auf den Familien¬
verband sprechend, für künftige Ehen als Hindernis wirken. Offenbar, um die
Opposition der Arbeiterkreise zu beschwichtigen, die durch diese Bestimmung eben¬
falls schwer getroffen werden, macht dann § 16 für solche volljährigen Kinder,
die in einem, dem Haushaltsvorstande fremden Betriebe selbständigen Erwerb
haben, eine Ausnahme. Hier soll die Einzelbtsteuerung Platz greifen. Damit
ist alleidings den Lebensgewohnheiten der arbeitenden Klasse wenigstens in dein
Maße Rechnung getragen, als es sich um das Einkommen schon volljähriger
Kinder handelt. Dem kleinen Gewerbetreibenden aber, dem Landwirt, dein Be¬
amtenstande usw. liegt die volle Schwere der Steuer ob. Auch hierin zeigt sich
die vielfach zutage tretende mittelstandsfcindliche Tendenz der neuen Be¬
steuerung. Auch K 26 gewährt keinen ausreichenden Schutz gegen die Härte, er
bringt eine für Sieucrgesetze merkwürdige Kautschukbestimmuiig, indem nämlich
allgemein gesagt wird, daß besondere wirtschaftliche Verhältnisse, worunter auch
der Unterhalt und die Erziehung der Kinder genannt wird, bei geringem Ein¬
kommen zu einer Ermäßiguna der Steuer führen „können", und zwar bei einem
Gesamteinkommen bis zu 10 000 Mark Ermäßigung bis zur Hälfte, bei eimM
solchen bis zu 20 000 Mark bis zu einem Vieriel der Steuern. Ein Recht auf
diese Ermäßigung und eine klare Begrenzung dieses Rechtes wird nicht gegeben-
Diese Bestimmung enthält auch insofern eine Absonderlichkeit, als nach h^'
gebrachter Auffassung das Steuerrecht ein durchaus formales Recht ist. Zwecks
mäßigt, itsgesichtspunkte werden in sten>rprozessen niemals berücksichtigt. Soll
diese Praxis umgestoßen werden, steht auf Grund der Bestimmung dem Steuer¬
pflichtigen überhaupt der Rechtsweg offen?
Besonderer Beachtung bedürfen auch die Bestimmungen über die Berechnung
des Einkommens (Z 30 ff.), die besonders ungünstig für die Landwirtschaft sin°:
Nach dem preußischen Einkommensteuergesetz wurde bei Gewerbebetrieben und ver
den Betrieben von Forst- und Landwirtschaft das Einkommen in der Weise er¬
mittelt, daß Einnahmen und Ausgaben einander gegenüber gestellt wurden. T>a
in solchen Betrieben eine ständige Wechselbeziehung zwischen Einnahmen un^
Ausgaben einerseits und Anschaffungen und Veiäntzerungen von Waren, NaY'
stossen und anderen Beständen des Betriebes (Fabrikaten. Geräten. Vieh usw)
andererseits stattfand, so ging die Rechtsprechung dazu über, bei der Feststeuu^
des Einkommens auch die Verschiedenartigkeit im Bestände des sogenannten «i»'
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