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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Neupolens wirtschaftliche Uräfte

Wohl hoffen wir auf die ewige Gerechtigkeit, und darauf, daß mit dem
Lersailler Frieden über das Schicksal unserer Ostmark nicht für alle Zeiten das
letzte Wort gesprochen ist, inzwischen aber müssen wir uns darüber klar sein, daß
der Pole uns alles entgelten lassen wird, was er in Wirklichkeit oder seiner
Meinung nach übles unter deutscher Herrschaft erfahren mutzte; an uns aber ist
es, uns darüber klar zu werden, was wir in Wahrheit jetzt verloren haben, und
wwieweit die Ergebnisse der deutschen Arbeit, die in den uns jetzt genommenen
Gebieten geleistet wurde, geeignet sind, das polnische Rüstzeug zu verstärken, in¬
wieweit das neue Gebilde Dauer verspricht, und ob dieses Staatswesen, bei der
Art zumal, wie es in den Kreis der Mächte sich einführte, in der Lage sein wird,
seine Lasten zu tragen, und seinen Bürgern ein Dasein zu schaffen, indem sie
ehren Tagwerk getrosten Mutes nachgehen und ihres Lebens froh werden können.

Als die erste und wichtigste Frage tritt uns entgegen, ob das Deutschtum,
von seinen Wurzeln losgerissen, Bestand haben und in der Lage sein wird, die
Prüfungszeit zu überdauern, bis nach Menschenaltern einmal eine neue Wandlung
eintritt, und eine vierte Teilung Polens diesem Reiche, das nach unserer Meinung
letzt schon einem steuerlosen Schiffe gleicht, ein endgültiges Ende macht.

Stolz berühmte sich die Ansiedlungskommission, als sie auf eine zwanzig-
lährige Arbeit zurückblickte, ihrer Erfolge, wir aber erinnern uns jener Baru--
berger, die im achtzehnten Jahrhundert in den durch Seuchen verödeten Dörfern
um Posen herum angesiedelt wurden, und die im Verlauf des neunzehnten so
vollständig zu Polen wurden, daß nur noch die verunstalteten süddeutschen Namen
Und die Tracht der Frauen an Festtagen an ihre längst vergessene Herkunft er-
Inerten.!) Schon unter deutscher Herrschaft wutzte das unbeirrte, zielbewußte
Ergehen des Probstes, das heut von diesem, morgen von jenem Wind getriebene
herhalten der preußischen Regierung für seine Zwecke nutzbar zu machen, unge¬
schickte Mißgriffe taten immer wieder das ihre, diese gänzlich rücksichtslose Minier-
arbeit zu fördern, und gar keinem Zweifel kann es unterliegen, daß die polnische
Legierung alles daran setzen wird, die Arbeit der Geistlichkeit darin zu unter-
Mützen, wenn sie die Gewissensnot der katholischen Ansiedler unter den Frauen zumal
dazu ausnutzt, sie unter das polnische Joch zu zwingen. Wie viel die Über-
Hebung der angeblichen "Kenner des Polentums" im Posener Land dazu bei¬
getragen hat, das Deutschtum außerhalb der Provinz über die wahre Lage der
Dinge zu täuschen, hat Moritz Jaffe in seiner vortrefflichen Geschichte der "Stadt
Posen unter preußischer Herrschaft" einleuchtend dargetan, und wie sehr die Kurz¬
sichtigkeit politischer Heißsporne die Verbitterung immer von neuem aufstachelte,
uwge man nachlesen in dein gemeinsamen Werk von Zitzlaff Vosberg und Karpinski:
preußische Städte im Gebiet des polnischen Nationalitätenkampfes" -- Leipzig
bei Duncker und Humblot 1909. -- Daß das preußische Beamtentum nicht dazu
geeignet war, "der eigentliche Träger der deutschen Kolonisation und Verteidigung
>in Osten" zu werden, wußte jeder, der an diese Fragen ohne Verblendung hercm-
w^ völlige Verdrängung des Polentums aus der städtischen Ver¬
waltung der Bischofsstadt Gnesen einen Pyrrhussieg bedeutete, mußte jedem klar
^ur, der einigermaßen einen Einblick in die Volksseele der Polen und ihre "heilige
^-lebe zum teuren Vaterlande" gewonnen hatte.

Indessen unsere Absicht ist nicht, in eine Wägung der "Imponderabilien"
Anzutreten, wir wollen vielmehr versuchen, an der Hand der erreichbaren Zahlen
°u Prüfen, auf welchen wirtschaftlichen Grundlagen das neue polnische Staats-
wesen sich aufbaut, und mit welchen Hilfsmitteln es zu rechnen hat. um die Lasten
M tragen, die aus seinen Aufgaben ihm erwachsen, wobei zu berücksichtigen ist.
M man im polnischen Lager offenbar darauf rechnet, die neuerrungene Selbst¬
ändigkeit gegen den Angriff nicht nur von zwei Fronten verteidigen zu müssen.

Das neue Polenreich setzt sich zusammen aus dem alten Kongreßpolen, das
"im ihr Weichselgebiet nannten, aus der preußischen Provinz Posen, dem., >no
dle Nüss



n.^. ^) Vergl. Dr. Mnx Bär: Die Bamberger bei Posen. Zeitschrift für Geschichte und
^noeskunde der Provinz Posen. Posen 1882.
Neupolens wirtschaftliche Uräfte

Wohl hoffen wir auf die ewige Gerechtigkeit, und darauf, daß mit dem
Lersailler Frieden über das Schicksal unserer Ostmark nicht für alle Zeiten das
letzte Wort gesprochen ist, inzwischen aber müssen wir uns darüber klar sein, daß
der Pole uns alles entgelten lassen wird, was er in Wirklichkeit oder seiner
Meinung nach übles unter deutscher Herrschaft erfahren mutzte; an uns aber ist
es, uns darüber klar zu werden, was wir in Wahrheit jetzt verloren haben, und
wwieweit die Ergebnisse der deutschen Arbeit, die in den uns jetzt genommenen
Gebieten geleistet wurde, geeignet sind, das polnische Rüstzeug zu verstärken, in¬
wieweit das neue Gebilde Dauer verspricht, und ob dieses Staatswesen, bei der
Art zumal, wie es in den Kreis der Mächte sich einführte, in der Lage sein wird,
seine Lasten zu tragen, und seinen Bürgern ein Dasein zu schaffen, indem sie
ehren Tagwerk getrosten Mutes nachgehen und ihres Lebens froh werden können.

Als die erste und wichtigste Frage tritt uns entgegen, ob das Deutschtum,
von seinen Wurzeln losgerissen, Bestand haben und in der Lage sein wird, die
Prüfungszeit zu überdauern, bis nach Menschenaltern einmal eine neue Wandlung
eintritt, und eine vierte Teilung Polens diesem Reiche, das nach unserer Meinung
letzt schon einem steuerlosen Schiffe gleicht, ein endgültiges Ende macht.

Stolz berühmte sich die Ansiedlungskommission, als sie auf eine zwanzig-
lährige Arbeit zurückblickte, ihrer Erfolge, wir aber erinnern uns jener Baru--
berger, die im achtzehnten Jahrhundert in den durch Seuchen verödeten Dörfern
um Posen herum angesiedelt wurden, und die im Verlauf des neunzehnten so
vollständig zu Polen wurden, daß nur noch die verunstalteten süddeutschen Namen
Und die Tracht der Frauen an Festtagen an ihre längst vergessene Herkunft er-
Inerten.!) Schon unter deutscher Herrschaft wutzte das unbeirrte, zielbewußte
Ergehen des Probstes, das heut von diesem, morgen von jenem Wind getriebene
herhalten der preußischen Regierung für seine Zwecke nutzbar zu machen, unge¬
schickte Mißgriffe taten immer wieder das ihre, diese gänzlich rücksichtslose Minier-
arbeit zu fördern, und gar keinem Zweifel kann es unterliegen, daß die polnische
Legierung alles daran setzen wird, die Arbeit der Geistlichkeit darin zu unter-
Mützen, wenn sie die Gewissensnot der katholischen Ansiedler unter den Frauen zumal
dazu ausnutzt, sie unter das polnische Joch zu zwingen. Wie viel die Über-
Hebung der angeblichen „Kenner des Polentums" im Posener Land dazu bei¬
getragen hat, das Deutschtum außerhalb der Provinz über die wahre Lage der
Dinge zu täuschen, hat Moritz Jaffe in seiner vortrefflichen Geschichte der „Stadt
Posen unter preußischer Herrschaft" einleuchtend dargetan, und wie sehr die Kurz¬
sichtigkeit politischer Heißsporne die Verbitterung immer von neuem aufstachelte,
uwge man nachlesen in dein gemeinsamen Werk von Zitzlaff Vosberg und Karpinski:
preußische Städte im Gebiet des polnischen Nationalitätenkampfes" — Leipzig
bei Duncker und Humblot 1909. — Daß das preußische Beamtentum nicht dazu
geeignet war, „der eigentliche Träger der deutschen Kolonisation und Verteidigung
>in Osten" zu werden, wußte jeder, der an diese Fragen ohne Verblendung hercm-
w^ völlige Verdrängung des Polentums aus der städtischen Ver¬
waltung der Bischofsstadt Gnesen einen Pyrrhussieg bedeutete, mußte jedem klar
^ur, der einigermaßen einen Einblick in die Volksseele der Polen und ihre „heilige
^-lebe zum teuren Vaterlande" gewonnen hatte.

Indessen unsere Absicht ist nicht, in eine Wägung der „Imponderabilien"
Anzutreten, wir wollen vielmehr versuchen, an der Hand der erreichbaren Zahlen
°u Prüfen, auf welchen wirtschaftlichen Grundlagen das neue polnische Staats-
wesen sich aufbaut, und mit welchen Hilfsmitteln es zu rechnen hat. um die Lasten
M tragen, die aus seinen Aufgaben ihm erwachsen, wobei zu berücksichtigen ist.
M man im polnischen Lager offenbar darauf rechnet, die neuerrungene Selbst¬
ändigkeit gegen den Angriff nicht nur von zwei Fronten verteidigen zu müssen.

Das neue Polenreich setzt sich zusammen aus dem alten Kongreßpolen, das
"im ihr Weichselgebiet nannten, aus der preußischen Provinz Posen, dem., >no
dle Nüss



n.^. ^) Vergl. Dr. Mnx Bär: Die Bamberger bei Posen. Zeitschrift für Geschichte und
^noeskunde der Provinz Posen. Posen 1882.
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[0263] Neupolens wirtschaftliche Uräfte Wohl hoffen wir auf die ewige Gerechtigkeit, und darauf, daß mit dem Lersailler Frieden über das Schicksal unserer Ostmark nicht für alle Zeiten das letzte Wort gesprochen ist, inzwischen aber müssen wir uns darüber klar sein, daß der Pole uns alles entgelten lassen wird, was er in Wirklichkeit oder seiner Meinung nach übles unter deutscher Herrschaft erfahren mutzte; an uns aber ist es, uns darüber klar zu werden, was wir in Wahrheit jetzt verloren haben, und wwieweit die Ergebnisse der deutschen Arbeit, die in den uns jetzt genommenen Gebieten geleistet wurde, geeignet sind, das polnische Rüstzeug zu verstärken, in¬ wieweit das neue Gebilde Dauer verspricht, und ob dieses Staatswesen, bei der Art zumal, wie es in den Kreis der Mächte sich einführte, in der Lage sein wird, seine Lasten zu tragen, und seinen Bürgern ein Dasein zu schaffen, indem sie ehren Tagwerk getrosten Mutes nachgehen und ihres Lebens froh werden können. Als die erste und wichtigste Frage tritt uns entgegen, ob das Deutschtum, von seinen Wurzeln losgerissen, Bestand haben und in der Lage sein wird, die Prüfungszeit zu überdauern, bis nach Menschenaltern einmal eine neue Wandlung eintritt, und eine vierte Teilung Polens diesem Reiche, das nach unserer Meinung letzt schon einem steuerlosen Schiffe gleicht, ein endgültiges Ende macht. Stolz berühmte sich die Ansiedlungskommission, als sie auf eine zwanzig- lährige Arbeit zurückblickte, ihrer Erfolge, wir aber erinnern uns jener Baru-- berger, die im achtzehnten Jahrhundert in den durch Seuchen verödeten Dörfern um Posen herum angesiedelt wurden, und die im Verlauf des neunzehnten so vollständig zu Polen wurden, daß nur noch die verunstalteten süddeutschen Namen Und die Tracht der Frauen an Festtagen an ihre längst vergessene Herkunft er- Inerten.!) Schon unter deutscher Herrschaft wutzte das unbeirrte, zielbewußte Ergehen des Probstes, das heut von diesem, morgen von jenem Wind getriebene herhalten der preußischen Regierung für seine Zwecke nutzbar zu machen, unge¬ schickte Mißgriffe taten immer wieder das ihre, diese gänzlich rücksichtslose Minier- arbeit zu fördern, und gar keinem Zweifel kann es unterliegen, daß die polnische Legierung alles daran setzen wird, die Arbeit der Geistlichkeit darin zu unter- Mützen, wenn sie die Gewissensnot der katholischen Ansiedler unter den Frauen zumal dazu ausnutzt, sie unter das polnische Joch zu zwingen. Wie viel die Über- Hebung der angeblichen „Kenner des Polentums" im Posener Land dazu bei¬ getragen hat, das Deutschtum außerhalb der Provinz über die wahre Lage der Dinge zu täuschen, hat Moritz Jaffe in seiner vortrefflichen Geschichte der „Stadt Posen unter preußischer Herrschaft" einleuchtend dargetan, und wie sehr die Kurz¬ sichtigkeit politischer Heißsporne die Verbitterung immer von neuem aufstachelte, uwge man nachlesen in dein gemeinsamen Werk von Zitzlaff Vosberg und Karpinski: preußische Städte im Gebiet des polnischen Nationalitätenkampfes" — Leipzig bei Duncker und Humblot 1909. — Daß das preußische Beamtentum nicht dazu geeignet war, „der eigentliche Träger der deutschen Kolonisation und Verteidigung >in Osten" zu werden, wußte jeder, der an diese Fragen ohne Verblendung hercm- w^ völlige Verdrängung des Polentums aus der städtischen Ver¬ waltung der Bischofsstadt Gnesen einen Pyrrhussieg bedeutete, mußte jedem klar ^ur, der einigermaßen einen Einblick in die Volksseele der Polen und ihre „heilige ^-lebe zum teuren Vaterlande" gewonnen hatte. Indessen unsere Absicht ist nicht, in eine Wägung der „Imponderabilien" Anzutreten, wir wollen vielmehr versuchen, an der Hand der erreichbaren Zahlen °u Prüfen, auf welchen wirtschaftlichen Grundlagen das neue polnische Staats- wesen sich aufbaut, und mit welchen Hilfsmitteln es zu rechnen hat. um die Lasten M tragen, die aus seinen Aufgaben ihm erwachsen, wobei zu berücksichtigen ist. M man im polnischen Lager offenbar darauf rechnet, die neuerrungene Selbst¬ ändigkeit gegen den Angriff nicht nur von zwei Fronten verteidigen zu müssen. Das neue Polenreich setzt sich zusammen aus dem alten Kongreßpolen, das "im ihr Weichselgebiet nannten, aus der preußischen Provinz Posen, dem., >no dle Nüss n.^. ^) Vergl. Dr. Mnx Bär: Die Bamberger bei Posen. Zeitschrift für Geschichte und ^noeskunde der Provinz Posen. Posen 1882.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/263>, abgerufen am 15.01.2025.