Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Die Brennschiefervorkommen Lstlands als industrieller Heizstoff fordern ließ, darüber Untersuchungen über die Sachzusammenhänge anzustellen. Auch Professor v. lGlasenapp erwähnt in feiner Festschrift den Brenn- "Der bituminöse Diktionemafchiefer gibt bei der trockenen Destillation Vergegenwärtigt man sich, zu welchen Ergebnissen die Forschung und die Wir verfolgen aufmerksam, daß die Ehlen gegenwärtig seitens der Mitte Oktober begab sich eine Gruppe von Mitgliedern der chemischen Eine Woche nach dem vorerwähnten Versuch wurde in der Eisenbahn¬ Die chemische Presse beginnt nunmehr, sich des Gegenstandes rege anzunehmen Die Brennschiefervorkommen Lstlands als industrieller Heizstoff fordern ließ, darüber Untersuchungen über die Sachzusammenhänge anzustellen. Auch Professor v. lGlasenapp erwähnt in feiner Festschrift den Brenn- „Der bituminöse Diktionemafchiefer gibt bei der trockenen Destillation Vergegenwärtigt man sich, zu welchen Ergebnissen die Forschung und die Wir verfolgen aufmerksam, daß die Ehlen gegenwärtig seitens der Mitte Oktober begab sich eine Gruppe von Mitgliedern der chemischen Eine Woche nach dem vorerwähnten Versuch wurde in der Eisenbahn¬ Die chemische Presse beginnt nunmehr, sich des Gegenstandes rege anzunehmen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336530"/> <fw type="header" place="top"> Die Brennschiefervorkommen Lstlands als industrieller Heizstoff</fw><lb/> <p xml:id="ID_885" prev="#ID_884"> fordern ließ, darüber Untersuchungen über die Sachzusammenhänge anzustellen.<lb/> Die ersten Daten über den Brennschiefer find diesen Hjeln«rsonscheu Unter¬<lb/> suchungen zu verdanken. Hjelmerson nahm eine größere Menge des Gesteins<lb/> mit nach Petersburg, wo eine Kommission von drei Professoren die Forschungen<lb/> fortsetzte, und zu dem Resultat gelangte, daß in den Gesteinsproben nur etwa<lb/> 20 Prozent Ascheteile enthalten waren. 1851- haben sich noch mehrere andere<lb/> Gelehrte mit dem Problem der praktischen Verwendung des Schiefers beschäftigt.<lb/> Gleichwohl konnte man noch immer nicht zu einer praktisch-industriellen Verwert-<lb/> barbeit des unerprobten Stoffes gelangen, zumal der Holzreichtum Estlands, wo<lb/> als Heizmaterial noch im vorigen Winter die gesundesten, im Durchmesser etwa<lb/> 50 Zentimeter dicken Birkenklötze dienten, ein energisches Zugreifen unmöglich zu<lb/> machen schien.</p><lb/> <p xml:id="ID_886"> Auch Professor v. lGlasenapp erwähnt in feiner Festschrift den Brenn-<lb/> schiefer und bezweifelt seinen praktischen Jndustriewert mit folgenden Worten:</p><lb/> <p xml:id="ID_887"> „Der bituminöse Diktionemafchiefer gibt bei der trockenen Destillation<lb/> naphthaartige, flüssige Zersetzungsprodukte, doch würden diese den billigen<lb/> Naphthadestillation gegenüber einen schweren Stand haben."</p><lb/> <p xml:id="ID_888"> Vergegenwärtigt man sich, zu welchen Ergebnissen die Forschung und die<lb/> praktische Aufschließ>um>gs'arbeit der Deutschen Erdöl-Aktiengesellschaft an dem<lb/> Vorkommen Erdöl tragenden Sandes, gebunden an bituminösen Schiefer in<lb/> Pöschelbronn geführt hat, und daß hier Kriegszwang und Kriegsnot die treiben¬<lb/> den Faktoren waren, so wird man angesichts der ähnlichen, allgemeinen Boraus¬<lb/> setzungen in Estland dem Interesse, das dem bituminösen Schiefer dort neuestens<lb/> entgegengebracht wird, auf feiten der deutschen Industrie folgen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_889"> Wir verfolgen aufmerksam, daß die Ehlen gegenwärtig seitens der<lb/> Ministerien und des Oberstkommandierenden der Truppen das Borkommen und<lb/> die Nutzbarmachung des Brennschiefers in ihrem Lande mit besonderem Eifer<lb/> beachten.</p><lb/> <p xml:id="ID_890"> Mitte Oktober begab sich eine Gruppe von Mitgliedern der chemischen<lb/> Nationalversammlung auf die Insel Raisaar. Zur Fahrt wurde der Dampfer<lb/> „Sextant", der mit bituminösem Schiefer geheizt wurde, benutzt. Beim Versuch<lb/> beteiligten sich der Finangminister Kult, der frühere Stellvertreter des Handels¬<lb/> ministers Rand, der Ingenieur Urban und vom Fabrikantenverein der Ingenieur<lb/> Stark, endlich der Hafenbau-Ingenieur Saukas. Der Versuch ergab, daß der<lb/> Schiefer zur Heizung eines Dampfers brauchbar ist, und daß er sich, was die<lb/> vergleichsweise Rentabilität betrifft, zur Kohle wie 2 :3 verhält. Allerdings<lb/> müssen die Heizräume des reichlicheren Ascherückstandes wegen vergrößert werden,<lb/> was eine zwar einmalige, immerhin aber nicht unbedeutende Ausgabe ver¬<lb/> ursachen würde. Vor dem Gebrauch muß der Brennschiefer zerkleinert werden,<lb/> am rationellsten wie es scheint bis zu grobkörnigem Pulver.</p><lb/> <p xml:id="ID_891"> Eine Woche nach dem vorerwähnten Versuch wurde in der Eisenbahn¬<lb/> werkstatt in Reval leine weitere Probe veranstaltet. Diesmal war der Brenn-<lb/> fchiefer zu Pulver zerkleinert und wurde mittels eines zu dem Zweck eigens<lb/> konstruierten Apparates in einen Kesselofen geblasen, in dem er sich augenblick¬<lb/> lich entzündete und mit hell leuchtender, intensiv heizender Flamme abbrannte.<lb/> Der Kessel war nach kaum einer halben Stunde mit Dampf gefüllt, der sich<lb/> während der ganzen Zeit der Probe aus derselben Spannungshöhe hielt. Der<lb/> Kessel konnte dem Mvximnm seiner Leistungsfähigkeit zugeführt werden. Die<lb/> Probe siel somit zur 'vollständigen Zufriedenheit der Sachverständigen vus.<lb/> Anwesend waren unter anderen: der Oberkommandierende Laidoner, der<lb/> Handelsminister Köstner und zahlreiche Vertreter der örtlichen Fabrik-<lb/> Unternehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_892" next="#ID_893"> Die chemische Presse beginnt nunmehr, sich des Gegenstandes rege anzunehmen<lb/> und ermahnt das Unternehmertum, von jetzt an stets das neue Brennmaterial</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0240]
Die Brennschiefervorkommen Lstlands als industrieller Heizstoff
fordern ließ, darüber Untersuchungen über die Sachzusammenhänge anzustellen.
Die ersten Daten über den Brennschiefer find diesen Hjeln«rsonscheu Unter¬
suchungen zu verdanken. Hjelmerson nahm eine größere Menge des Gesteins
mit nach Petersburg, wo eine Kommission von drei Professoren die Forschungen
fortsetzte, und zu dem Resultat gelangte, daß in den Gesteinsproben nur etwa
20 Prozent Ascheteile enthalten waren. 1851- haben sich noch mehrere andere
Gelehrte mit dem Problem der praktischen Verwendung des Schiefers beschäftigt.
Gleichwohl konnte man noch immer nicht zu einer praktisch-industriellen Verwert-
barbeit des unerprobten Stoffes gelangen, zumal der Holzreichtum Estlands, wo
als Heizmaterial noch im vorigen Winter die gesundesten, im Durchmesser etwa
50 Zentimeter dicken Birkenklötze dienten, ein energisches Zugreifen unmöglich zu
machen schien.
Auch Professor v. lGlasenapp erwähnt in feiner Festschrift den Brenn-
schiefer und bezweifelt seinen praktischen Jndustriewert mit folgenden Worten:
„Der bituminöse Diktionemafchiefer gibt bei der trockenen Destillation
naphthaartige, flüssige Zersetzungsprodukte, doch würden diese den billigen
Naphthadestillation gegenüber einen schweren Stand haben."
Vergegenwärtigt man sich, zu welchen Ergebnissen die Forschung und die
praktische Aufschließ>um>gs'arbeit der Deutschen Erdöl-Aktiengesellschaft an dem
Vorkommen Erdöl tragenden Sandes, gebunden an bituminösen Schiefer in
Pöschelbronn geführt hat, und daß hier Kriegszwang und Kriegsnot die treiben¬
den Faktoren waren, so wird man angesichts der ähnlichen, allgemeinen Boraus¬
setzungen in Estland dem Interesse, das dem bituminösen Schiefer dort neuestens
entgegengebracht wird, auf feiten der deutschen Industrie folgen müssen.
Wir verfolgen aufmerksam, daß die Ehlen gegenwärtig seitens der
Ministerien und des Oberstkommandierenden der Truppen das Borkommen und
die Nutzbarmachung des Brennschiefers in ihrem Lande mit besonderem Eifer
beachten.
Mitte Oktober begab sich eine Gruppe von Mitgliedern der chemischen
Nationalversammlung auf die Insel Raisaar. Zur Fahrt wurde der Dampfer
„Sextant", der mit bituminösem Schiefer geheizt wurde, benutzt. Beim Versuch
beteiligten sich der Finangminister Kult, der frühere Stellvertreter des Handels¬
ministers Rand, der Ingenieur Urban und vom Fabrikantenverein der Ingenieur
Stark, endlich der Hafenbau-Ingenieur Saukas. Der Versuch ergab, daß der
Schiefer zur Heizung eines Dampfers brauchbar ist, und daß er sich, was die
vergleichsweise Rentabilität betrifft, zur Kohle wie 2 :3 verhält. Allerdings
müssen die Heizräume des reichlicheren Ascherückstandes wegen vergrößert werden,
was eine zwar einmalige, immerhin aber nicht unbedeutende Ausgabe ver¬
ursachen würde. Vor dem Gebrauch muß der Brennschiefer zerkleinert werden,
am rationellsten wie es scheint bis zu grobkörnigem Pulver.
Eine Woche nach dem vorerwähnten Versuch wurde in der Eisenbahn¬
werkstatt in Reval leine weitere Probe veranstaltet. Diesmal war der Brenn-
fchiefer zu Pulver zerkleinert und wurde mittels eines zu dem Zweck eigens
konstruierten Apparates in einen Kesselofen geblasen, in dem er sich augenblick¬
lich entzündete und mit hell leuchtender, intensiv heizender Flamme abbrannte.
Der Kessel war nach kaum einer halben Stunde mit Dampf gefüllt, der sich
während der ganzen Zeit der Probe aus derselben Spannungshöhe hielt. Der
Kessel konnte dem Mvximnm seiner Leistungsfähigkeit zugeführt werden. Die
Probe siel somit zur 'vollständigen Zufriedenheit der Sachverständigen vus.
Anwesend waren unter anderen: der Oberkommandierende Laidoner, der
Handelsminister Köstner und zahlreiche Vertreter der örtlichen Fabrik-
Unternehmen.
Die chemische Presse beginnt nunmehr, sich des Gegenstandes rege anzunehmen
und ermahnt das Unternehmertum, von jetzt an stets das neue Brennmaterial
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