Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Llemenceciu und die YZ deutschen Intellektuellen

"Berliner Tageblatt", um die Ergebnisse eines um Monate zurückliegenden
Sondiernngsversuches über ,den gegenwärtigen Standpunkt der Demonstranten
an die Öffentlichkeit zu bringen. Die wörtlich mitgeteilten Briefttellen sind durch¬
aus einseitig ausgewählt, auch die mannhaft anständigen Ausführungen Dehmels
geraten durch ein sehr geschicktes Arrangement in eine verzerrende Beleuchtung.
Im übrigen ist es rein tatsächlich von Interesse, daß von den 78 Überlebenden
sich 16 auch heute noch zu dem Aufruf bekennen und 39 ihre damalige Haltung
abschwören. 23 haben sich überhaupt der Äußerung enthalten.

Die Kundgebung vom 11. Oktober 1914 war eine politische Aktion, ein
feierlicher Widerruf würde das gleiche sein. Damit ist die Rangordnung der
Wertmaßstäbe gegeben. Es ist selbstverständlich, daß an der absoluten sachlichen
Nichtigkeit des einen oder anderen Wortes im Aufruf heute Zweifel geboten sind,
vermutlich wird ein jeder von uns nach fünf weiteren Jahren in dem, was er
heute schreibt und sagt, hier und da Schiefheiten und Irrtümer entdecken. Der
Gesichtspunkt der materialen Richtigkeit, der für den Gelehrten unwillkürlich der
beherrschende ist, gehört durchaus nicht in die erste Linie. Auf diesem Gebiet
gibt es andere Formen sachlicher Richtigstellung als den Widerruf. Was im
Mittelpunkt steht, das ist in Wahrheit die Jdentifizierungssrage. Taten unsere
Intellektuellen recht, daß sie sich im Selbstbehauptungskampfe des deutschen Volkes
mit diesem ihrem Volk in Waffen ineinssctzten und vor der Welt feierlich dafür
einstanden? Schämen sie sich heute dieses Einsatzes ihrer Person, der gering ist,
gemessen an dem Maße, in dem der Frontsoldat im Guten und Bösen sich für
das Ganze einsetzen mußte? Identifizieren sie sich also nicht einmal mit sich
selber? Und schließlich: wird die Wirkung jener Jneinssetzung durch eine nach-
trägliche Auseinandersetzung, ein Abrücken vom einmütiger und starkgläubigen
Geist von 1914 aufgehoben? Sollen und müssen wir auf eine hochmütige
Herausforderung durch den triumphierenden Sieger mit einer moralischen Selbst¬
verleugnung, mit kläglicher Selbstbezichtigung antworten, mit der wir den letzten
Nest männlichen Stolzes preisgeben, über den wir in dieser Zeit namenloser Er¬
niedrigung und Zersetzung allen leibhaften Gemeingefühles noch verfügen?

Nimmermehr l

Wann werden wir endlich einzusehen beginnen, daß diese ganze pazifistische
Mohrenwäsche unser Ansehen in den moralisch achtbaren Schichten des Auslandes
nicht hebt, sondern noch mehr senkt, als das bereits durch unser Verhalten wäh¬
rend des letzten Jahres geschehen ist? Was unsere Intellektuellen einzig zu tun
Vermöchten, ist das Eingeständnis von Irrungen im einzelnen. Man prostituiert
sich aber nicht mit einem solchen Eingeständnis in einem Augenblick, wo einem
von der Gegenseite statt Irrtum Lüge unterstellt wird. Auf diese Anschuldigung
antwortet man, wenn man es überhaupt für nötig erachtet, mit dem stolzen Be¬
kenntnis zur Wahrhaftigkeit, die auch da unangefochten bleibt, wo sie in der
Sache oder in den takischen Mitteln geirrt hat. ' Das "Berliner Tageblatt" gibt
auf eine böswillig verdrehte Frage eine unangemessene und schwächlich würdelose
Antwort. Dies Verfahren lehnen wir ab. Und wir geben der entschiedenen
Hoffnung Ausdruck, daß sich der "Bund deutscher Gelehrten und Künstler", den
Wehberg einmal anruft, nicht dazu bereit finden wird, einer neuen Selbst¬
bezichtigungsaktion unseres Volkes Beihilfe zu leisten.

Der Frontsoldat Richard Dehmel hat aus dem echten Frontgeist heraus,
der auch heute noch unser Bestes ist, die richtige Haltung gefunden. Er billigt
den Aufruf sachlich nicht unbedingt, um so unbedingter hält er dagegen heute an
dem einmal erfolgten Bekenntnis fest. Der Standpunkt der Front ist der Stand¬
punkt der Ehre, denn Ehre beruht auf Identifizierung, und eine neue Gemein-
schaflsehre wird nie erwachsen, wenn wir im Großen und im Kleinen nicht den
Mut der solidarischen Verantwortung für den Krieg als Leistung aufbringen.




Llemenceciu und die YZ deutschen Intellektuellen

„Berliner Tageblatt", um die Ergebnisse eines um Monate zurückliegenden
Sondiernngsversuches über ,den gegenwärtigen Standpunkt der Demonstranten
an die Öffentlichkeit zu bringen. Die wörtlich mitgeteilten Briefttellen sind durch¬
aus einseitig ausgewählt, auch die mannhaft anständigen Ausführungen Dehmels
geraten durch ein sehr geschicktes Arrangement in eine verzerrende Beleuchtung.
Im übrigen ist es rein tatsächlich von Interesse, daß von den 78 Überlebenden
sich 16 auch heute noch zu dem Aufruf bekennen und 39 ihre damalige Haltung
abschwören. 23 haben sich überhaupt der Äußerung enthalten.

Die Kundgebung vom 11. Oktober 1914 war eine politische Aktion, ein
feierlicher Widerruf würde das gleiche sein. Damit ist die Rangordnung der
Wertmaßstäbe gegeben. Es ist selbstverständlich, daß an der absoluten sachlichen
Nichtigkeit des einen oder anderen Wortes im Aufruf heute Zweifel geboten sind,
vermutlich wird ein jeder von uns nach fünf weiteren Jahren in dem, was er
heute schreibt und sagt, hier und da Schiefheiten und Irrtümer entdecken. Der
Gesichtspunkt der materialen Richtigkeit, der für den Gelehrten unwillkürlich der
beherrschende ist, gehört durchaus nicht in die erste Linie. Auf diesem Gebiet
gibt es andere Formen sachlicher Richtigstellung als den Widerruf. Was im
Mittelpunkt steht, das ist in Wahrheit die Jdentifizierungssrage. Taten unsere
Intellektuellen recht, daß sie sich im Selbstbehauptungskampfe des deutschen Volkes
mit diesem ihrem Volk in Waffen ineinssctzten und vor der Welt feierlich dafür
einstanden? Schämen sie sich heute dieses Einsatzes ihrer Person, der gering ist,
gemessen an dem Maße, in dem der Frontsoldat im Guten und Bösen sich für
das Ganze einsetzen mußte? Identifizieren sie sich also nicht einmal mit sich
selber? Und schließlich: wird die Wirkung jener Jneinssetzung durch eine nach-
trägliche Auseinandersetzung, ein Abrücken vom einmütiger und starkgläubigen
Geist von 1914 aufgehoben? Sollen und müssen wir auf eine hochmütige
Herausforderung durch den triumphierenden Sieger mit einer moralischen Selbst¬
verleugnung, mit kläglicher Selbstbezichtigung antworten, mit der wir den letzten
Nest männlichen Stolzes preisgeben, über den wir in dieser Zeit namenloser Er¬
niedrigung und Zersetzung allen leibhaften Gemeingefühles noch verfügen?

Nimmermehr l

Wann werden wir endlich einzusehen beginnen, daß diese ganze pazifistische
Mohrenwäsche unser Ansehen in den moralisch achtbaren Schichten des Auslandes
nicht hebt, sondern noch mehr senkt, als das bereits durch unser Verhalten wäh¬
rend des letzten Jahres geschehen ist? Was unsere Intellektuellen einzig zu tun
Vermöchten, ist das Eingeständnis von Irrungen im einzelnen. Man prostituiert
sich aber nicht mit einem solchen Eingeständnis in einem Augenblick, wo einem
von der Gegenseite statt Irrtum Lüge unterstellt wird. Auf diese Anschuldigung
antwortet man, wenn man es überhaupt für nötig erachtet, mit dem stolzen Be¬
kenntnis zur Wahrhaftigkeit, die auch da unangefochten bleibt, wo sie in der
Sache oder in den takischen Mitteln geirrt hat. ' Das „Berliner Tageblatt" gibt
auf eine böswillig verdrehte Frage eine unangemessene und schwächlich würdelose
Antwort. Dies Verfahren lehnen wir ab. Und wir geben der entschiedenen
Hoffnung Ausdruck, daß sich der „Bund deutscher Gelehrten und Künstler", den
Wehberg einmal anruft, nicht dazu bereit finden wird, einer neuen Selbst¬
bezichtigungsaktion unseres Volkes Beihilfe zu leisten.

Der Frontsoldat Richard Dehmel hat aus dem echten Frontgeist heraus,
der auch heute noch unser Bestes ist, die richtige Haltung gefunden. Er billigt
den Aufruf sachlich nicht unbedingt, um so unbedingter hält er dagegen heute an
dem einmal erfolgten Bekenntnis fest. Der Standpunkt der Front ist der Stand¬
punkt der Ehre, denn Ehre beruht auf Identifizierung, und eine neue Gemein-
schaflsehre wird nie erwachsen, wenn wir im Großen und im Kleinen nicht den
Mut der solidarischen Verantwortung für den Krieg als Leistung aufbringen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336440"/>
          <fw type="header" place="top"> Llemenceciu und die YZ deutschen Intellektuellen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_509" prev="#ID_508"> &#x201E;Berliner Tageblatt", um die Ergebnisse eines um Monate zurückliegenden<lb/>
Sondiernngsversuches über ,den gegenwärtigen Standpunkt der Demonstranten<lb/>
an die Öffentlichkeit zu bringen. Die wörtlich mitgeteilten Briefttellen sind durch¬<lb/>
aus einseitig ausgewählt, auch die mannhaft anständigen Ausführungen Dehmels<lb/>
geraten durch ein sehr geschicktes Arrangement in eine verzerrende Beleuchtung.<lb/>
Im übrigen ist es rein tatsächlich von Interesse, daß von den 78 Überlebenden<lb/>
sich 16 auch heute noch zu dem Aufruf bekennen und 39 ihre damalige Haltung<lb/>
abschwören.  23 haben sich überhaupt der Äußerung enthalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_510"> Die Kundgebung vom 11. Oktober 1914 war eine politische Aktion, ein<lb/>
feierlicher Widerruf würde das gleiche sein. Damit ist die Rangordnung der<lb/>
Wertmaßstäbe gegeben. Es ist selbstverständlich, daß an der absoluten sachlichen<lb/>
Nichtigkeit des einen oder anderen Wortes im Aufruf heute Zweifel geboten sind,<lb/>
vermutlich wird ein jeder von uns nach fünf weiteren Jahren in dem, was er<lb/>
heute schreibt und sagt, hier und da Schiefheiten und Irrtümer entdecken. Der<lb/>
Gesichtspunkt der materialen Richtigkeit, der für den Gelehrten unwillkürlich der<lb/>
beherrschende ist, gehört durchaus nicht in die erste Linie. Auf diesem Gebiet<lb/>
gibt es andere Formen sachlicher Richtigstellung als den Widerruf. Was im<lb/>
Mittelpunkt steht, das ist in Wahrheit die Jdentifizierungssrage. Taten unsere<lb/>
Intellektuellen recht, daß sie sich im Selbstbehauptungskampfe des deutschen Volkes<lb/>
mit diesem ihrem Volk in Waffen ineinssctzten und vor der Welt feierlich dafür<lb/>
einstanden? Schämen sie sich heute dieses Einsatzes ihrer Person, der gering ist,<lb/>
gemessen an dem Maße, in dem der Frontsoldat im Guten und Bösen sich für<lb/>
das Ganze einsetzen mußte? Identifizieren sie sich also nicht einmal mit sich<lb/>
selber? Und schließlich: wird die Wirkung jener Jneinssetzung durch eine nach-<lb/>
trägliche Auseinandersetzung, ein Abrücken vom einmütiger und starkgläubigen<lb/>
Geist von 1914 aufgehoben? Sollen und müssen wir auf eine hochmütige<lb/>
Herausforderung durch den triumphierenden Sieger mit einer moralischen Selbst¬<lb/>
verleugnung, mit kläglicher Selbstbezichtigung antworten, mit der wir den letzten<lb/>
Nest männlichen Stolzes preisgeben, über den wir in dieser Zeit namenloser Er¬<lb/>
niedrigung und Zersetzung allen leibhaften Gemeingefühles noch verfügen?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_511"> Nimmermehr l</p><lb/>
          <p xml:id="ID_512"> Wann werden wir endlich einzusehen beginnen, daß diese ganze pazifistische<lb/>
Mohrenwäsche unser Ansehen in den moralisch achtbaren Schichten des Auslandes<lb/>
nicht hebt, sondern noch mehr senkt, als das bereits durch unser Verhalten wäh¬<lb/>
rend des letzten Jahres geschehen ist? Was unsere Intellektuellen einzig zu tun<lb/>
Vermöchten, ist das Eingeständnis von Irrungen im einzelnen. Man prostituiert<lb/>
sich aber nicht mit einem solchen Eingeständnis in einem Augenblick, wo einem<lb/>
von der Gegenseite statt Irrtum Lüge unterstellt wird. Auf diese Anschuldigung<lb/>
antwortet man, wenn man es überhaupt für nötig erachtet, mit dem stolzen Be¬<lb/>
kenntnis zur Wahrhaftigkeit, die auch da unangefochten bleibt, wo sie in der<lb/>
Sache oder in den takischen Mitteln geirrt hat. ' Das &#x201E;Berliner Tageblatt" gibt<lb/>
auf eine böswillig verdrehte Frage eine unangemessene und schwächlich würdelose<lb/>
Antwort. Dies Verfahren lehnen wir ab. Und wir geben der entschiedenen<lb/>
Hoffnung Ausdruck, daß sich der &#x201E;Bund deutscher Gelehrten und Künstler", den<lb/>
Wehberg einmal anruft, nicht dazu bereit finden wird, einer neuen Selbst¬<lb/>
bezichtigungsaktion unseres Volkes Beihilfe zu leisten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_513"> Der Frontsoldat Richard Dehmel hat aus dem echten Frontgeist heraus,<lb/>
der auch heute noch unser Bestes ist, die richtige Haltung gefunden. Er billigt<lb/>
den Aufruf sachlich nicht unbedingt, um so unbedingter hält er dagegen heute an<lb/>
dem einmal erfolgten Bekenntnis fest. Der Standpunkt der Front ist der Stand¬<lb/>
punkt der Ehre, denn Ehre beruht auf Identifizierung, und eine neue Gemein-<lb/>
schaflsehre wird nie erwachsen, wenn wir im Großen und im Kleinen nicht den<lb/>
Mut der solidarischen Verantwortung für den Krieg als Leistung aufbringen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0150] Llemenceciu und die YZ deutschen Intellektuellen „Berliner Tageblatt", um die Ergebnisse eines um Monate zurückliegenden Sondiernngsversuches über ,den gegenwärtigen Standpunkt der Demonstranten an die Öffentlichkeit zu bringen. Die wörtlich mitgeteilten Briefttellen sind durch¬ aus einseitig ausgewählt, auch die mannhaft anständigen Ausführungen Dehmels geraten durch ein sehr geschicktes Arrangement in eine verzerrende Beleuchtung. Im übrigen ist es rein tatsächlich von Interesse, daß von den 78 Überlebenden sich 16 auch heute noch zu dem Aufruf bekennen und 39 ihre damalige Haltung abschwören. 23 haben sich überhaupt der Äußerung enthalten. Die Kundgebung vom 11. Oktober 1914 war eine politische Aktion, ein feierlicher Widerruf würde das gleiche sein. Damit ist die Rangordnung der Wertmaßstäbe gegeben. Es ist selbstverständlich, daß an der absoluten sachlichen Nichtigkeit des einen oder anderen Wortes im Aufruf heute Zweifel geboten sind, vermutlich wird ein jeder von uns nach fünf weiteren Jahren in dem, was er heute schreibt und sagt, hier und da Schiefheiten und Irrtümer entdecken. Der Gesichtspunkt der materialen Richtigkeit, der für den Gelehrten unwillkürlich der beherrschende ist, gehört durchaus nicht in die erste Linie. Auf diesem Gebiet gibt es andere Formen sachlicher Richtigstellung als den Widerruf. Was im Mittelpunkt steht, das ist in Wahrheit die Jdentifizierungssrage. Taten unsere Intellektuellen recht, daß sie sich im Selbstbehauptungskampfe des deutschen Volkes mit diesem ihrem Volk in Waffen ineinssctzten und vor der Welt feierlich dafür einstanden? Schämen sie sich heute dieses Einsatzes ihrer Person, der gering ist, gemessen an dem Maße, in dem der Frontsoldat im Guten und Bösen sich für das Ganze einsetzen mußte? Identifizieren sie sich also nicht einmal mit sich selber? Und schließlich: wird die Wirkung jener Jneinssetzung durch eine nach- trägliche Auseinandersetzung, ein Abrücken vom einmütiger und starkgläubigen Geist von 1914 aufgehoben? Sollen und müssen wir auf eine hochmütige Herausforderung durch den triumphierenden Sieger mit einer moralischen Selbst¬ verleugnung, mit kläglicher Selbstbezichtigung antworten, mit der wir den letzten Nest männlichen Stolzes preisgeben, über den wir in dieser Zeit namenloser Er¬ niedrigung und Zersetzung allen leibhaften Gemeingefühles noch verfügen? Nimmermehr l Wann werden wir endlich einzusehen beginnen, daß diese ganze pazifistische Mohrenwäsche unser Ansehen in den moralisch achtbaren Schichten des Auslandes nicht hebt, sondern noch mehr senkt, als das bereits durch unser Verhalten wäh¬ rend des letzten Jahres geschehen ist? Was unsere Intellektuellen einzig zu tun Vermöchten, ist das Eingeständnis von Irrungen im einzelnen. Man prostituiert sich aber nicht mit einem solchen Eingeständnis in einem Augenblick, wo einem von der Gegenseite statt Irrtum Lüge unterstellt wird. Auf diese Anschuldigung antwortet man, wenn man es überhaupt für nötig erachtet, mit dem stolzen Be¬ kenntnis zur Wahrhaftigkeit, die auch da unangefochten bleibt, wo sie in der Sache oder in den takischen Mitteln geirrt hat. ' Das „Berliner Tageblatt" gibt auf eine böswillig verdrehte Frage eine unangemessene und schwächlich würdelose Antwort. Dies Verfahren lehnen wir ab. Und wir geben der entschiedenen Hoffnung Ausdruck, daß sich der „Bund deutscher Gelehrten und Künstler", den Wehberg einmal anruft, nicht dazu bereit finden wird, einer neuen Selbst¬ bezichtigungsaktion unseres Volkes Beihilfe zu leisten. Der Frontsoldat Richard Dehmel hat aus dem echten Frontgeist heraus, der auch heute noch unser Bestes ist, die richtige Haltung gefunden. Er billigt den Aufruf sachlich nicht unbedingt, um so unbedingter hält er dagegen heute an dem einmal erfolgten Bekenntnis fest. Der Standpunkt der Front ist der Stand¬ punkt der Ehre, denn Ehre beruht auf Identifizierung, und eine neue Gemein- schaflsehre wird nie erwachsen, wenn wir im Großen und im Kleinen nicht den Mut der solidarischen Verantwortung für den Krieg als Leistung aufbringen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/150
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/150>, abgerufen am 15.01.2025.