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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Befehl Unterschriften für derartige Pro¬
teste, sondern sie zwingen mit brutaler
Gewalt auch wirkliche Polen zur Unter¬
schrist oder erschwindeln solche durch Vor¬
spiegelung falscher Tatsachen oder erbetteln
sie wie bei den Kassuben und Masuren,
d!e doch nichts von den Deutschen wissen
wollen.

Die Deutschen sind heimtückisch und
grausam, sie planen blutigen Mord und
Ueberfall. In Thorn hat der "bekannte
Hakatist Geheimrat Cloinow" am
20. März öffentlich eine blutige Ab-
schlachtung sämtlicher Polen verlangt
("Gazeta Torunska" Ur. 66 vom
22. März) und die "Gazeta Gdcmska"
Ä!r. 77 vom 3. April weis; von dem Plan
eines Polenprogroms in Danzig zu be¬
richten!

Die Deutschen stellen es immer so dar,
als ob sie sich in der Verteidigung be¬
fänden, und die Polen die Angreifer
wären: Das Gegenteil ist der Fall. Die
"Gazeta Torunska" Ur. 84 vom 13. April
bringt dazu als Beleg folgende Nachricht:

"Zwecks Nrccherinig d> s Polener Ge¬
bietes organisiert die deutsche Regierung
Freiwilligen-Abteilungen aus Deutschen,
die aus polnischen Gegenden geflüchtet
sind und fähig sind, Waffen zu tragen.
Es sollen das 60 000 Mann sein. Die
Angelegenheit wird auf Betreiben der
Regierung von dem bekannten Apostel
des Hakatismus, Geheimrat Cleinow, ge¬
leitet."

Die Polen ihrerseits sind ängstlich be¬
müht, den Waffenstillstand einzuhalten,
jedoch die Deutschen brechen ihn fort¬
während. Siehe "Przhjaoiel Ludu"
(Graudenz) Ur. 86, vom 17. April.

Im Posenschen werden die Truppen
des General Dowbor-Musnicki fortwäh¬
rend von den Abteilungen des "Grenz¬
schutzes" angegriffen, welcher sämtliche
Demarkationslinien verspottet. Obgleich
die deutschen Truppen immerwährend
angreifen und die Ortschaften mit Ar¬
tilleriefeuer vernichten, erscheinen lügne¬
rische deutsche Berichte, die vom Wolff-
burcau verbreitet werden, und in denen

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man die Polen in frechster Weise des
Wasfenstillstandsbruches anklagt.

Es gehen auch Gerüchte, daß der
"Grenzschutz" plündert und sich benimmt
wie Tartarenhorden."

Die Deutschen behaupten natürlich,
daß die Polen angriffen, und sämtliche
polnischen Blätter haben dafür eine
stehende Rubrik: Lügnerische deutsche Be¬
richte über angeblichen polnischen Waffen¬
stillstandsbruch.

Mit diesen Mitteln wird nicht nur
eine Diskreditierung Deutschlands, son¬
dern auch die Ansammlung eines unge¬
heuren Hasses bei den preußischen
Polen bewirkt. Die beiden Graudenzer
Blätter senken die Keime des Hasses schon
in die Kindesseele, wofür eine besondere
Beilage, "Przhjaoiel Dziatwy" (der
Kinderfreund) herausgegeben wird. Kin-
derbriefe werden darin wiedergaben,-
die von unglaublichen deutschen Roh-
heiten zeugen. Ausmachung und Sprache
wendet sich geschickt an das kindliche Be¬
griffsvermögen. Reichen zur Erweckung
des Hasses die "örtlichen Behelfsmittel"
nicht aus, so wird aus ausländische Nach¬
richten zurückgegriffen. Vergl. "Gazeta
Torunska" (Thorn) Ur. 85 vom 15. April
1919:

Niederträchtige deutsche
Verbrechen. Luc>ebur, p/^l': "AM
Donnerstag kam in Lyon ein Zug aus
Lille und Roubaix mit 340 Kindern an,
die infolge des während der deutschen
Okkupation ertragenen Elends gehirn¬
krank geworden sind."

Diese bereits in andern polnischen
Zeitungen erschienene Mitteilung versieht
dieses Blatt mit folgendem Kommentar:
"In Belgien! ist auch eine Menge erwach"
heuer Personen während der Okkupation
irrsinnig geworden infolge der bestialische''
deutschen Schikanen. Viele Mütter, denen
die deutschen ^Verbrecher ihre Töchter n>it
Gewalt zu Arbeiten an die Front wegge¬
führt haben, haben Selbstmord begange"
oder sind irrsinnig geworden."

Der ,MrzYjaciel Ludu" Ur. 76 ovo
S. April entnimmt eine große Anleihe an"

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Befehl Unterschriften für derartige Pro¬
teste, sondern sie zwingen mit brutaler
Gewalt auch wirkliche Polen zur Unter¬
schrist oder erschwindeln solche durch Vor¬
spiegelung falscher Tatsachen oder erbetteln
sie wie bei den Kassuben und Masuren,
d!e doch nichts von den Deutschen wissen
wollen.

Die Deutschen sind heimtückisch und
grausam, sie planen blutigen Mord und
Ueberfall. In Thorn hat der „bekannte
Hakatist Geheimrat Cloinow" am
20. März öffentlich eine blutige Ab-
schlachtung sämtlicher Polen verlangt
(„Gazeta Torunska" Ur. 66 vom
22. März) und die „Gazeta Gdcmska"
Ä!r. 77 vom 3. April weis; von dem Plan
eines Polenprogroms in Danzig zu be¬
richten!

Die Deutschen stellen es immer so dar,
als ob sie sich in der Verteidigung be¬
fänden, und die Polen die Angreifer
wären: Das Gegenteil ist der Fall. Die
„Gazeta Torunska" Ur. 84 vom 13. April
bringt dazu als Beleg folgende Nachricht:

„Zwecks Nrccherinig d> s Polener Ge¬
bietes organisiert die deutsche Regierung
Freiwilligen-Abteilungen aus Deutschen,
die aus polnischen Gegenden geflüchtet
sind und fähig sind, Waffen zu tragen.
Es sollen das 60 000 Mann sein. Die
Angelegenheit wird auf Betreiben der
Regierung von dem bekannten Apostel
des Hakatismus, Geheimrat Cleinow, ge¬
leitet."

Die Polen ihrerseits sind ängstlich be¬
müht, den Waffenstillstand einzuhalten,
jedoch die Deutschen brechen ihn fort¬
während. Siehe „Przhjaoiel Ludu"
(Graudenz) Ur. 86, vom 17. April.

Im Posenschen werden die Truppen
des General Dowbor-Musnicki fortwäh¬
rend von den Abteilungen des „Grenz¬
schutzes" angegriffen, welcher sämtliche
Demarkationslinien verspottet. Obgleich
die deutschen Truppen immerwährend
angreifen und die Ortschaften mit Ar¬
tilleriefeuer vernichten, erscheinen lügne¬
rische deutsche Berichte, die vom Wolff-
burcau verbreitet werden, und in denen

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man die Polen in frechster Weise des
Wasfenstillstandsbruches anklagt.

Es gehen auch Gerüchte, daß der
„Grenzschutz" plündert und sich benimmt
wie Tartarenhorden."

Die Deutschen behaupten natürlich,
daß die Polen angriffen, und sämtliche
polnischen Blätter haben dafür eine
stehende Rubrik: Lügnerische deutsche Be¬
richte über angeblichen polnischen Waffen¬
stillstandsbruch.

Mit diesen Mitteln wird nicht nur
eine Diskreditierung Deutschlands, son¬
dern auch die Ansammlung eines unge¬
heuren Hasses bei den preußischen
Polen bewirkt. Die beiden Graudenzer
Blätter senken die Keime des Hasses schon
in die Kindesseele, wofür eine besondere
Beilage, „Przhjaoiel Dziatwy" (der
Kinderfreund) herausgegeben wird. Kin-
derbriefe werden darin wiedergaben,-
die von unglaublichen deutschen Roh-
heiten zeugen. Ausmachung und Sprache
wendet sich geschickt an das kindliche Be¬
griffsvermögen. Reichen zur Erweckung
des Hasses die „örtlichen Behelfsmittel"
nicht aus, so wird aus ausländische Nach¬
richten zurückgegriffen. Vergl. „Gazeta
Torunska" (Thorn) Ur. 85 vom 15. April
1919:

Niederträchtige deutsche
Verbrechen. Luc>ebur, p/^l': „AM
Donnerstag kam in Lyon ein Zug aus
Lille und Roubaix mit 340 Kindern an,
die infolge des während der deutschen
Okkupation ertragenen Elends gehirn¬
krank geworden sind."

Diese bereits in andern polnischen
Zeitungen erschienene Mitteilung versieht
dieses Blatt mit folgendem Kommentar:
„In Belgien! ist auch eine Menge erwach"
heuer Personen während der Okkupation
irrsinnig geworden infolge der bestialische''
deutschen Schikanen. Viele Mütter, denen
die deutschen ^Verbrecher ihre Töchter n>it
Gewalt zu Arbeiten an die Front wegge¬
führt haben, haben Selbstmord begange»
oder sind irrsinnig geworden."

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[0470] Materialien zur ostdeutschen Frage Befehl Unterschriften für derartige Pro¬ teste, sondern sie zwingen mit brutaler Gewalt auch wirkliche Polen zur Unter¬ schrist oder erschwindeln solche durch Vor¬ spiegelung falscher Tatsachen oder erbetteln sie wie bei den Kassuben und Masuren, d!e doch nichts von den Deutschen wissen wollen. Die Deutschen sind heimtückisch und grausam, sie planen blutigen Mord und Ueberfall. In Thorn hat der „bekannte Hakatist Geheimrat Cloinow" am 20. März öffentlich eine blutige Ab- schlachtung sämtlicher Polen verlangt („Gazeta Torunska" Ur. 66 vom 22. März) und die „Gazeta Gdcmska" Ä!r. 77 vom 3. April weis; von dem Plan eines Polenprogroms in Danzig zu be¬ richten! Die Deutschen stellen es immer so dar, als ob sie sich in der Verteidigung be¬ fänden, und die Polen die Angreifer wären: Das Gegenteil ist der Fall. Die „Gazeta Torunska" Ur. 84 vom 13. April bringt dazu als Beleg folgende Nachricht: „Zwecks Nrccherinig d> s Polener Ge¬ bietes organisiert die deutsche Regierung Freiwilligen-Abteilungen aus Deutschen, die aus polnischen Gegenden geflüchtet sind und fähig sind, Waffen zu tragen. Es sollen das 60 000 Mann sein. Die Angelegenheit wird auf Betreiben der Regierung von dem bekannten Apostel des Hakatismus, Geheimrat Cleinow, ge¬ leitet." Die Polen ihrerseits sind ängstlich be¬ müht, den Waffenstillstand einzuhalten, jedoch die Deutschen brechen ihn fort¬ während. Siehe „Przhjaoiel Ludu" (Graudenz) Ur. 86, vom 17. April. Im Posenschen werden die Truppen des General Dowbor-Musnicki fortwäh¬ rend von den Abteilungen des „Grenz¬ schutzes" angegriffen, welcher sämtliche Demarkationslinien verspottet. Obgleich die deutschen Truppen immerwährend angreifen und die Ortschaften mit Ar¬ tilleriefeuer vernichten, erscheinen lügne¬ rische deutsche Berichte, die vom Wolff- burcau verbreitet werden, und in denen man die Polen in frechster Weise des Wasfenstillstandsbruches anklagt. Es gehen auch Gerüchte, daß der „Grenzschutz" plündert und sich benimmt wie Tartarenhorden." Die Deutschen behaupten natürlich, daß die Polen angriffen, und sämtliche polnischen Blätter haben dafür eine stehende Rubrik: Lügnerische deutsche Be¬ richte über angeblichen polnischen Waffen¬ stillstandsbruch. Mit diesen Mitteln wird nicht nur eine Diskreditierung Deutschlands, son¬ dern auch die Ansammlung eines unge¬ heuren Hasses bei den preußischen Polen bewirkt. Die beiden Graudenzer Blätter senken die Keime des Hasses schon in die Kindesseele, wofür eine besondere Beilage, „Przhjaoiel Dziatwy" (der Kinderfreund) herausgegeben wird. Kin- derbriefe werden darin wiedergaben,- die von unglaublichen deutschen Roh- heiten zeugen. Ausmachung und Sprache wendet sich geschickt an das kindliche Be¬ griffsvermögen. Reichen zur Erweckung des Hasses die „örtlichen Behelfsmittel" nicht aus, so wird aus ausländische Nach¬ richten zurückgegriffen. Vergl. „Gazeta Torunska" (Thorn) Ur. 85 vom 15. April 1919: Niederträchtige deutsche Verbrechen. Luc>ebur, p/^l': „AM Donnerstag kam in Lyon ein Zug aus Lille und Roubaix mit 340 Kindern an, die infolge des während der deutschen Okkupation ertragenen Elends gehirn¬ krank geworden sind." Diese bereits in andern polnischen Zeitungen erschienene Mitteilung versieht dieses Blatt mit folgendem Kommentar: „In Belgien! ist auch eine Menge erwach" heuer Personen während der Okkupation irrsinnig geworden infolge der bestialische'' deutschen Schikanen. Viele Mütter, denen die deutschen ^Verbrecher ihre Töchter n>it Gewalt zu Arbeiten an die Front wegge¬ führt haben, haben Selbstmord begange» oder sind irrsinnig geworden." Der ,MrzYjaciel Ludu" Ur. 76 ovo S. April entnimmt eine große Anleihe an»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/470>, abgerufen am 18.12.2024.