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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

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förmig in das deutsche Gebiet hineinragen;
sie hängen untereinander gar nicht oder nur
auf ganz kurzen Strecken zusammen. So
wird das polnische Gebiet Schlesiens und
Posens nur durch das schmale Stück der
Grenze zwischen den Kreisen Kreuzburg und
Kempen verknüpft. Zwischen Posen und
Westpreußen findet sich gar keine Verbindung;
vielmehr ist hier eine breite Lücke vorhanden,
die durch die Kreise Thorn, Bromberg, Wirsitz,
Flatow, Kolmar, Czarnikau, Filehne und
Deutsch-Krone mit zum Teil starker deutscher
Mehrheit ausgefüllt wird. Im südlichen
West- und Ostpreußen bildet die polnische
Mehrheit, selbst wenn, wie es auf der Karte
fälschlich geschieht, die Masuren als Polen
gezahlt werden, nur einen schmalen Streifen
längs der Südgrenze.

DaS Polentum auf den: linken Weichsel¬
ufer steht mit der Bevölkerung von Kongreß-
Polen nur durch die Kreise Briefen und
Kulm -- Thorn hat eine deutsche Mehrheit
von 64,6 Prozent -- auf einer nur etwa
dreißig Kilometer langen Strecke in Verbin¬
dung; es tritt deutlich als Enklave im deut¬
scheu Lande in Erscheinung, Was um so
bemerkenswerter ist, als sonst die Polen, die
Tatsachen umkehrend, von deutschen Inseln
in der slawischen Flut zu sprechen Pflegen.
Durchaus unrichtig ist es aber, wenn die
Karte innerhalb Westpreußens ein geschlossenes
Gebiet mit Polnischer Mehrheit bis zur Küste
hin aufweist. Die Verfasser der Karte machen
sich einer bewußten Irreführung schuldig,
wenn sie auch den Kreis Neustadt mit der
dunkelroten Farbe bezeichnen, die für die
Bezirke mit 60 und mehr Prozent Polen
bestimmt ist; denn sie geben selbst an, daß
die Polen hier nur 49,7 Prozent der Ge¬
samtbevölkerung ausmachen. Aus der Art
der Farbenbezeichnung geht weiterhin nicht
hervor -- und doch ist dies für eine gerechte
Entscheidung in nationaler Hinsicht erforder¬
lich -- polnische Bevölkerung in
Westpreußen in fünf Kreisen (Briefen, Kulm,
Schwetz, Konitz, Bereut) nur eine sehr schwache
Mehrheit besitzt; sie ist hier nur um 1 bis

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8 Prozent zahlreicher als die deutsche. Ferner
bleibt unberücksichtigt, daß in keinem Kreise
die polnische Mehrheit 78 Prozent übersteigt.

Als dreiste Fälschung muß es zurück¬
gewiesen werden, wenn nach polnischem Be¬
lieben die Kreisgrenzen verschoben werden.
Um den Eindruck zu erwecken, daß die Küste
überwiegend von Polen bewohnt ist, wird
die Grenze des Kreises Neustadt bis nach
Neufahrwasser zur Weichselmündung hin aus¬
gedehnt und auch Oliva, das zum Kreise
Danzig-Höhe gehört, mit den: umliegenden
Gebiet dort hineinbezogen. Ebenso falsch ist es,
wenn das Gebiet um Mewe, von der Ferse bis
zur Grenze des Kreises Dirschau, zum Kreise
Stargard gerechnet und deshalb überwiegend
polnisch dargestellt wird. Dieser Bezirk ge¬
hört vielmehr zum Kreise Marienwerder, der
eine deutsche Mehrheit von 62 Prozent auf¬
weist. Ganz willkürlich ist mit dem Gebiet
um Danzig verfahren. Wie bei Thorn,
Grand.euz und Elbing Stadt- und Landkreis
als ein Bezirk gerechnet werden, sind zwar
auch hier die Kreise Danzig Stadt und
Danzig Höhe zeichnerisch zusammengefaßt
Worden. Während aber sonst das Verhältnis
zwischen deutscher und Polnischer Bevölkerung
dementsprechend ungerechnet ist, wird hier
für den ganzen Bezirk die Prozentzahl der
Polen für den Kreis Danzig-Höhe (11 Pro¬
zent) angegeben und die Tatsache, daß in
der Stadt Danzig nur 3 Prozent, im Kreise
Danzig-Niederung gar nur 0,8 Prozent aus¬
machen, völlig verschwiegen. Nach Zeichnung
der Karte muß ein unbefangener Betrachter
annehmen, daß nicht nur die Stadt, sondern
auch das ganze Land an der Küste bis zum
Weichseldurchbruch bei Neusühr zu 11 Prozent
polnisch sind. Juc übrigen sei darauf hin¬
gewiesen, daß nach Angabe der Karte das
Polentum in den pommerschen Kreisen Bülow
und Lauenburg, die gegenwärtig auch leb¬
haft gefordert werden, nur 14,9 und 6,6 Pro¬
zent ausmacht I

Das sind die "wissenschaftlichen" Grund¬
lagen, auf die das "imperialistische" Polen¬
R. tum seine "gerechten" Ansprüche stützet

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förmig in das deutsche Gebiet hineinragen;
sie hängen untereinander gar nicht oder nur
auf ganz kurzen Strecken zusammen. So
wird das polnische Gebiet Schlesiens und
Posens nur durch das schmale Stück der
Grenze zwischen den Kreisen Kreuzburg und
Kempen verknüpft. Zwischen Posen und
Westpreußen findet sich gar keine Verbindung;
vielmehr ist hier eine breite Lücke vorhanden,
die durch die Kreise Thorn, Bromberg, Wirsitz,
Flatow, Kolmar, Czarnikau, Filehne und
Deutsch-Krone mit zum Teil starker deutscher
Mehrheit ausgefüllt wird. Im südlichen
West- und Ostpreußen bildet die polnische
Mehrheit, selbst wenn, wie es auf der Karte
fälschlich geschieht, die Masuren als Polen
gezahlt werden, nur einen schmalen Streifen
längs der Südgrenze.

DaS Polentum auf den: linken Weichsel¬
ufer steht mit der Bevölkerung von Kongreß-
Polen nur durch die Kreise Briefen und
Kulm — Thorn hat eine deutsche Mehrheit
von 64,6 Prozent — auf einer nur etwa
dreißig Kilometer langen Strecke in Verbin¬
dung; es tritt deutlich als Enklave im deut¬
scheu Lande in Erscheinung, Was um so
bemerkenswerter ist, als sonst die Polen, die
Tatsachen umkehrend, von deutschen Inseln
in der slawischen Flut zu sprechen Pflegen.
Durchaus unrichtig ist es aber, wenn die
Karte innerhalb Westpreußens ein geschlossenes
Gebiet mit Polnischer Mehrheit bis zur Küste
hin aufweist. Die Verfasser der Karte machen
sich einer bewußten Irreführung schuldig,
wenn sie auch den Kreis Neustadt mit der
dunkelroten Farbe bezeichnen, die für die
Bezirke mit 60 und mehr Prozent Polen
bestimmt ist; denn sie geben selbst an, daß
die Polen hier nur 49,7 Prozent der Ge¬
samtbevölkerung ausmachen. Aus der Art
der Farbenbezeichnung geht weiterhin nicht
hervor — und doch ist dies für eine gerechte
Entscheidung in nationaler Hinsicht erforder¬
lich — polnische Bevölkerung in
Westpreußen in fünf Kreisen (Briefen, Kulm,
Schwetz, Konitz, Bereut) nur eine sehr schwache
Mehrheit besitzt; sie ist hier nur um 1 bis

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8 Prozent zahlreicher als die deutsche. Ferner
bleibt unberücksichtigt, daß in keinem Kreise
die polnische Mehrheit 78 Prozent übersteigt.

Als dreiste Fälschung muß es zurück¬
gewiesen werden, wenn nach polnischem Be¬
lieben die Kreisgrenzen verschoben werden.
Um den Eindruck zu erwecken, daß die Küste
überwiegend von Polen bewohnt ist, wird
die Grenze des Kreises Neustadt bis nach
Neufahrwasser zur Weichselmündung hin aus¬
gedehnt und auch Oliva, das zum Kreise
Danzig-Höhe gehört, mit den: umliegenden
Gebiet dort hineinbezogen. Ebenso falsch ist es,
wenn das Gebiet um Mewe, von der Ferse bis
zur Grenze des Kreises Dirschau, zum Kreise
Stargard gerechnet und deshalb überwiegend
polnisch dargestellt wird. Dieser Bezirk ge¬
hört vielmehr zum Kreise Marienwerder, der
eine deutsche Mehrheit von 62 Prozent auf¬
weist. Ganz willkürlich ist mit dem Gebiet
um Danzig verfahren. Wie bei Thorn,
Grand.euz und Elbing Stadt- und Landkreis
als ein Bezirk gerechnet werden, sind zwar
auch hier die Kreise Danzig Stadt und
Danzig Höhe zeichnerisch zusammengefaßt
Worden. Während aber sonst das Verhältnis
zwischen deutscher und Polnischer Bevölkerung
dementsprechend ungerechnet ist, wird hier
für den ganzen Bezirk die Prozentzahl der
Polen für den Kreis Danzig-Höhe (11 Pro¬
zent) angegeben und die Tatsache, daß in
der Stadt Danzig nur 3 Prozent, im Kreise
Danzig-Niederung gar nur 0,8 Prozent aus¬
machen, völlig verschwiegen. Nach Zeichnung
der Karte muß ein unbefangener Betrachter
annehmen, daß nicht nur die Stadt, sondern
auch das ganze Land an der Küste bis zum
Weichseldurchbruch bei Neusühr zu 11 Prozent
polnisch sind. Juc übrigen sei darauf hin¬
gewiesen, daß nach Angabe der Karte das
Polentum in den pommerschen Kreisen Bülow
und Lauenburg, die gegenwärtig auch leb¬
haft gefordert werden, nur 14,9 und 6,6 Pro¬
zent ausmacht I

Das sind die „wissenschaftlichen" Grund¬
lagen, auf die das „imperialistische" Polen¬
R. tum seine „gerechten" Ansprüche stützet

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[0453] Materialien zur ostdeutschen Frage förmig in das deutsche Gebiet hineinragen; sie hängen untereinander gar nicht oder nur auf ganz kurzen Strecken zusammen. So wird das polnische Gebiet Schlesiens und Posens nur durch das schmale Stück der Grenze zwischen den Kreisen Kreuzburg und Kempen verknüpft. Zwischen Posen und Westpreußen findet sich gar keine Verbindung; vielmehr ist hier eine breite Lücke vorhanden, die durch die Kreise Thorn, Bromberg, Wirsitz, Flatow, Kolmar, Czarnikau, Filehne und Deutsch-Krone mit zum Teil starker deutscher Mehrheit ausgefüllt wird. Im südlichen West- und Ostpreußen bildet die polnische Mehrheit, selbst wenn, wie es auf der Karte fälschlich geschieht, die Masuren als Polen gezahlt werden, nur einen schmalen Streifen längs der Südgrenze. DaS Polentum auf den: linken Weichsel¬ ufer steht mit der Bevölkerung von Kongreß- Polen nur durch die Kreise Briefen und Kulm — Thorn hat eine deutsche Mehrheit von 64,6 Prozent — auf einer nur etwa dreißig Kilometer langen Strecke in Verbin¬ dung; es tritt deutlich als Enklave im deut¬ scheu Lande in Erscheinung, Was um so bemerkenswerter ist, als sonst die Polen, die Tatsachen umkehrend, von deutschen Inseln in der slawischen Flut zu sprechen Pflegen. Durchaus unrichtig ist es aber, wenn die Karte innerhalb Westpreußens ein geschlossenes Gebiet mit Polnischer Mehrheit bis zur Küste hin aufweist. Die Verfasser der Karte machen sich einer bewußten Irreführung schuldig, wenn sie auch den Kreis Neustadt mit der dunkelroten Farbe bezeichnen, die für die Bezirke mit 60 und mehr Prozent Polen bestimmt ist; denn sie geben selbst an, daß die Polen hier nur 49,7 Prozent der Ge¬ samtbevölkerung ausmachen. Aus der Art der Farbenbezeichnung geht weiterhin nicht hervor — und doch ist dies für eine gerechte Entscheidung in nationaler Hinsicht erforder¬ lich — polnische Bevölkerung in Westpreußen in fünf Kreisen (Briefen, Kulm, Schwetz, Konitz, Bereut) nur eine sehr schwache Mehrheit besitzt; sie ist hier nur um 1 bis 8 Prozent zahlreicher als die deutsche. Ferner bleibt unberücksichtigt, daß in keinem Kreise die polnische Mehrheit 78 Prozent übersteigt. Als dreiste Fälschung muß es zurück¬ gewiesen werden, wenn nach polnischem Be¬ lieben die Kreisgrenzen verschoben werden. Um den Eindruck zu erwecken, daß die Küste überwiegend von Polen bewohnt ist, wird die Grenze des Kreises Neustadt bis nach Neufahrwasser zur Weichselmündung hin aus¬ gedehnt und auch Oliva, das zum Kreise Danzig-Höhe gehört, mit den: umliegenden Gebiet dort hineinbezogen. Ebenso falsch ist es, wenn das Gebiet um Mewe, von der Ferse bis zur Grenze des Kreises Dirschau, zum Kreise Stargard gerechnet und deshalb überwiegend polnisch dargestellt wird. Dieser Bezirk ge¬ hört vielmehr zum Kreise Marienwerder, der eine deutsche Mehrheit von 62 Prozent auf¬ weist. Ganz willkürlich ist mit dem Gebiet um Danzig verfahren. Wie bei Thorn, Grand.euz und Elbing Stadt- und Landkreis als ein Bezirk gerechnet werden, sind zwar auch hier die Kreise Danzig Stadt und Danzig Höhe zeichnerisch zusammengefaßt Worden. Während aber sonst das Verhältnis zwischen deutscher und Polnischer Bevölkerung dementsprechend ungerechnet ist, wird hier für den ganzen Bezirk die Prozentzahl der Polen für den Kreis Danzig-Höhe (11 Pro¬ zent) angegeben und die Tatsache, daß in der Stadt Danzig nur 3 Prozent, im Kreise Danzig-Niederung gar nur 0,8 Prozent aus¬ machen, völlig verschwiegen. Nach Zeichnung der Karte muß ein unbefangener Betrachter annehmen, daß nicht nur die Stadt, sondern auch das ganze Land an der Küste bis zum Weichseldurchbruch bei Neusühr zu 11 Prozent polnisch sind. Juc übrigen sei darauf hin¬ gewiesen, daß nach Angabe der Karte das Polentum in den pommerschen Kreisen Bülow und Lauenburg, die gegenwärtig auch leb¬ haft gefordert werden, nur 14,9 und 6,6 Pro¬ zent ausmacht I Das sind die „wissenschaftlichen" Grund¬ lagen, auf die das „imperialistische" Polen¬ R. tum seine „gerechten" Ansprüche stützet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/453>, abgerufen am 18.12.2024.