Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

tretung von 500 deutschen Volksräten Po.sens
in deren Auftrag um die maßgebenden Stellen
versendet. Daß die Verhandlungen, wie
wir aus dem Osten hören, dabei auch von
selten der deutschen Abordnung in französischer
Sprache geführt worden sind, paßt in das
gesamte Bild. Zur schärfsten Kritik aber
fordert die Tntsache heraus, das, unfere
deutschen Unterhändler die Verhandlungen
in Posen weiter geführt haben, obgleich- die
nach authentischen Äußerungen auch der
Alliierten fortbestehende Staatsoberhoheit des
des Deutschen Reiches in den gegenwärtig
von Aufrührern besetzten Teilen Posens von
der feindlichen Abordnung mißachtet wurde.
Diese Tatsache bietet'allen Anlaß, nach den
Unterlagen zu fragen, auf Grund deren
Reichsminister Erzberger in der Nationalver¬
sammlung jene beschwichtigende Aeutzeiung
getan hat, wonach auch die Alliierten der
Demarkationslinie eine rein militärische Be¬
deutung beimessen, die keinerlei politische
.Folgewirkung nach sich zöge und den Friedens-
verhandlungen nicht Vorgriffe. Zu dieser
von Erzberger angeführten Äußerung des
Marschalls Fons sieht das Verhalten der
alliierten Unterhändler inPusen inschreiendem
Widerspruch. Es ist sehr zu fragen, ob der
lediglich formelle Protest der deutschen Kom¬
missionen, gegen alle der fortbestehenden
deutschen Souveränität auch im besetzten
Teile Posens huhnsprechenden Maßnahmen
unserer Gegner auch nur dem Mindestmaß
an Würde und Kraft entspricht, das wir aus
dem großen Schiffbruche gerettet haben sollten.

Auch die "Voss. Zehe." lehnt das Verhalten
der deutschen Unterhändler in Ur. 145 vom
20. März wie folgt ab:

Das vorliegende Material genügt nicht
für eine abschließende Beurteilung der Posener
Verhandlungen/ Zweifellos, sind von der
Gegenteile verschiedene nickt leicht zu er¬
füllende Bedingungen gestellt worden. In
dem amtlichen Bericht wird in diesem Zu¬
sammenhang auf die militärischen Beoin-
gnngen hingewiesen. Dennoch scheinen diese
ein "Hindernis sür den Abschluß des Ab-
lommens nicht gebildet zu haben, da sie von
der deutscheu, Kommission ja schließlich an-
genoniniiN wenden sind. Das Bedenk n der
deutschen Unterhändler wegen der nicht gleich¬
mäßig zuscunmem eietzten Oberkommission
war sicher gerechtfertigt. Das deutsche Mit¬
glied dieser Kommission würde vermutlich

[Spaltenumbruch]

durch die beiden anderen Mitglieder ständig
majorisiert worden sein.

Sehr bedenklich sind aber die Mittel, mit
denen die deutschen Unterhändler ihren
Standpunkt durchzusetzen versucht haben.
Hier muß daran erinnert werden, daß das
den Posener Verhandlungen zugrunde lie¬
gende Abkommen von Trier über die De¬
markationslinie einen rein militärischen Cha¬
rakter besitzt, und nach dem Zugeständnis der
Entente keinerlei politische Pröjninz schaffen
soll. Die Entente hat es deshalb durchaus
korrekt vermieden, die bisher dem Deutschen
Reich zugehörigen und in einer Aufstanos-
bewegung befindlichen Polen den Vertretern
der deutschen Regierung als gleichberechtigte
Unke'Händler gegenüberzustellen. Die Ver¬
handlungen der Unterkommissiou wurden
vielmehr genau so wie in Trier und Spaa,
nur zwischen den vorher kriegführenden
Mächten geführt. Die deutschen Unterhänd¬
ler aber haben den Versuch gemacht, ihrer¬
seits diese polnischen Vertreter in die Ver¬
handlungen hineinzuziehen. Sie haben also,
sicher unbewußt, das Risiko auf sich genommen,
um eines augenblicklichen Verhandlung?-
vorteils willen, das von der Gegenseite "er-
miedene Präjudiz für den staatlichen Charakter
der bisher aufständischen Landesieile um
Haaresbreite herbeizuführen.

Dieser Versuch, dem französischen Einfluß
in der Ententekommissio.n mir jeden Preis
Verbündete entgegenzusetzen und vor der
absolut in twendigen Auseinandersetzung mit
dem französischen Vertreter irgendwie aus-
zubiegen, ist ein neues Symptom für
einen alten politischen Fehler. Es
braucht nicht wiederholt zu werden, daß
die "Stellung Frankreichs und seiner Vertreter
bei allen Verhandlungen von der ganzen
Entente gebilligt und gestützt wird. Dennoch
ist es ebenso richtig, daß in- allen Grenz¬
sragen, mögen sie im Omen oder im Westen
liegen, Frankreich seinen führenden Einfluß
gellend macht. Es kann nur wiederholt
weiden, was vor kurzem schon an dieser
Stelle betont wurde, daß dieser Einfluß nicht
durch fremde Hilfe gebrochen werden kaun,
sondern daß die Schwierigkeiten, die bei jeder
neuen Auseinandersetzung immer wieder auf¬
tauchen, nur durch eine offene, von wirklichem
Verstäudiguugswillen getragene Politik gegen¬
über Frankreich selbst in günstigem suae'
gewendet werden kann.

[Ende Spaltensatz]


"ruck- "Der Reichsbote, Berlin SW le.
Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

tretung von 500 deutschen Volksräten Po.sens
in deren Auftrag um die maßgebenden Stellen
versendet. Daß die Verhandlungen, wie
wir aus dem Osten hören, dabei auch von
selten der deutschen Abordnung in französischer
Sprache geführt worden sind, paßt in das
gesamte Bild. Zur schärfsten Kritik aber
fordert die Tntsache heraus, das, unfere
deutschen Unterhändler die Verhandlungen
in Posen weiter geführt haben, obgleich- die
nach authentischen Äußerungen auch der
Alliierten fortbestehende Staatsoberhoheit des
des Deutschen Reiches in den gegenwärtig
von Aufrührern besetzten Teilen Posens von
der feindlichen Abordnung mißachtet wurde.
Diese Tatsache bietet'allen Anlaß, nach den
Unterlagen zu fragen, auf Grund deren
Reichsminister Erzberger in der Nationalver¬
sammlung jene beschwichtigende Aeutzeiung
getan hat, wonach auch die Alliierten der
Demarkationslinie eine rein militärische Be¬
deutung beimessen, die keinerlei politische
.Folgewirkung nach sich zöge und den Friedens-
verhandlungen nicht Vorgriffe. Zu dieser
von Erzberger angeführten Äußerung des
Marschalls Fons sieht das Verhalten der
alliierten Unterhändler inPusen inschreiendem
Widerspruch. Es ist sehr zu fragen, ob der
lediglich formelle Protest der deutschen Kom¬
missionen, gegen alle der fortbestehenden
deutschen Souveränität auch im besetzten
Teile Posens huhnsprechenden Maßnahmen
unserer Gegner auch nur dem Mindestmaß
an Würde und Kraft entspricht, das wir aus
dem großen Schiffbruche gerettet haben sollten.

Auch die „Voss. Zehe." lehnt das Verhalten
der deutschen Unterhändler in Ur. 145 vom
20. März wie folgt ab:

Das vorliegende Material genügt nicht
für eine abschließende Beurteilung der Posener
Verhandlungen/ Zweifellos, sind von der
Gegenteile verschiedene nickt leicht zu er¬
füllende Bedingungen gestellt worden. In
dem amtlichen Bericht wird in diesem Zu¬
sammenhang auf die militärischen Beoin-
gnngen hingewiesen. Dennoch scheinen diese
ein "Hindernis sür den Abschluß des Ab-
lommens nicht gebildet zu haben, da sie von
der deutscheu, Kommission ja schließlich an-
genoniniiN wenden sind. Das Bedenk n der
deutschen Unterhändler wegen der nicht gleich¬
mäßig zuscunmem eietzten Oberkommission
war sicher gerechtfertigt. Das deutsche Mit¬
glied dieser Kommission würde vermutlich

[Spaltenumbruch]

durch die beiden anderen Mitglieder ständig
majorisiert worden sein.

Sehr bedenklich sind aber die Mittel, mit
denen die deutschen Unterhändler ihren
Standpunkt durchzusetzen versucht haben.
Hier muß daran erinnert werden, daß das
den Posener Verhandlungen zugrunde lie¬
gende Abkommen von Trier über die De¬
markationslinie einen rein militärischen Cha¬
rakter besitzt, und nach dem Zugeständnis der
Entente keinerlei politische Pröjninz schaffen
soll. Die Entente hat es deshalb durchaus
korrekt vermieden, die bisher dem Deutschen
Reich zugehörigen und in einer Aufstanos-
bewegung befindlichen Polen den Vertretern
der deutschen Regierung als gleichberechtigte
Unke'Händler gegenüberzustellen. Die Ver¬
handlungen der Unterkommissiou wurden
vielmehr genau so wie in Trier und Spaa,
nur zwischen den vorher kriegführenden
Mächten geführt. Die deutschen Unterhänd¬
ler aber haben den Versuch gemacht, ihrer¬
seits diese polnischen Vertreter in die Ver¬
handlungen hineinzuziehen. Sie haben also,
sicher unbewußt, das Risiko auf sich genommen,
um eines augenblicklichen Verhandlung?-
vorteils willen, das von der Gegenseite »er-
miedene Präjudiz für den staatlichen Charakter
der bisher aufständischen Landesieile um
Haaresbreite herbeizuführen.

Dieser Versuch, dem französischen Einfluß
in der Ententekommissio.n mir jeden Preis
Verbündete entgegenzusetzen und vor der
absolut in twendigen Auseinandersetzung mit
dem französischen Vertreter irgendwie aus-
zubiegen, ist ein neues Symptom für
einen alten politischen Fehler. Es
braucht nicht wiederholt zu werden, daß
die «Stellung Frankreichs und seiner Vertreter
bei allen Verhandlungen von der ganzen
Entente gebilligt und gestützt wird. Dennoch
ist es ebenso richtig, daß in- allen Grenz¬
sragen, mögen sie im Omen oder im Westen
liegen, Frankreich seinen führenden Einfluß
gellend macht. Es kann nur wiederholt
weiden, was vor kurzem schon an dieser
Stelle betont wurde, daß dieser Einfluß nicht
durch fremde Hilfe gebrochen werden kaun,
sondern daß die Schwierigkeiten, die bei jeder
neuen Auseinandersetzung immer wieder auf¬
tauchen, nur durch eine offene, von wirklichem
Verstäudiguugswillen getragene Politik gegen¬
über Frankreich selbst in günstigem suae'
gewendet werden kann.

[Ende Spaltensatz]


»ruck- „Der Reichsbote, Berlin SW le.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335796"/>
              <fw type="header" place="top"> Pressestimmen</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
              <p xml:id="ID_1851" prev="#ID_1850"> tretung von 500 deutschen Volksräten Po.sens<lb/>
in deren Auftrag um die maßgebenden Stellen<lb/>
versendet. Daß die Verhandlungen, wie<lb/>
wir aus dem Osten hören, dabei auch von<lb/>
selten der deutschen Abordnung in französischer<lb/>
Sprache geführt worden sind, paßt in das<lb/>
gesamte Bild. Zur schärfsten Kritik aber<lb/>
fordert die Tntsache heraus, das, unfere<lb/>
deutschen Unterhändler die Verhandlungen<lb/>
in Posen weiter geführt haben, obgleich- die<lb/>
nach authentischen Äußerungen auch der<lb/>
Alliierten fortbestehende Staatsoberhoheit des<lb/>
des Deutschen Reiches in den gegenwärtig<lb/>
von Aufrührern besetzten Teilen Posens von<lb/>
der feindlichen Abordnung mißachtet wurde.<lb/>
Diese Tatsache bietet'allen Anlaß, nach den<lb/>
Unterlagen zu fragen, auf Grund deren<lb/>
Reichsminister Erzberger in der Nationalver¬<lb/>
sammlung jene beschwichtigende Aeutzeiung<lb/>
getan hat, wonach auch die Alliierten der<lb/>
Demarkationslinie eine rein militärische Be¬<lb/>
deutung beimessen, die keinerlei politische<lb/>
.Folgewirkung nach sich zöge und den Friedens-<lb/>
verhandlungen nicht Vorgriffe. Zu dieser<lb/>
von Erzberger angeführten Äußerung des<lb/>
Marschalls Fons sieht das Verhalten der<lb/>
alliierten Unterhändler inPusen inschreiendem<lb/>
Widerspruch. Es ist sehr zu fragen, ob der<lb/>
lediglich formelle Protest der deutschen Kom¬<lb/>
missionen, gegen alle der fortbestehenden<lb/>
deutschen Souveränität auch im besetzten<lb/>
Teile Posens huhnsprechenden Maßnahmen<lb/>
unserer Gegner auch nur dem Mindestmaß<lb/>
an Würde und Kraft entspricht, das wir aus<lb/>
dem großen Schiffbruche gerettet haben sollten.</p>
              <p xml:id="ID_1852"> Auch die &#x201E;Voss. Zehe." lehnt das Verhalten<lb/>
der deutschen Unterhändler in Ur. 145 vom<lb/>
20. März wie folgt ab:</p>
              <p xml:id="ID_1853" next="#ID_1854"> Das vorliegende Material genügt nicht<lb/>
für eine abschließende Beurteilung der Posener<lb/>
Verhandlungen/ Zweifellos, sind von der<lb/>
Gegenteile verschiedene nickt leicht zu er¬<lb/>
füllende Bedingungen gestellt worden. In<lb/>
dem amtlichen Bericht wird in diesem Zu¬<lb/>
sammenhang auf die militärischen Beoin-<lb/>
gnngen hingewiesen. Dennoch scheinen diese<lb/>
ein "Hindernis sür den Abschluß des Ab-<lb/>
lommens nicht gebildet zu haben, da sie von<lb/>
der deutscheu, Kommission ja schließlich an-<lb/>
genoniniiN wenden sind. Das Bedenk n der<lb/>
deutschen Unterhändler wegen der nicht gleich¬<lb/>
mäßig zuscunmem eietzten Oberkommission<lb/>
war sicher gerechtfertigt. Das deutsche Mit¬<lb/>
glied dieser Kommission würde vermutlich</p>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_1854" prev="#ID_1853"> durch die beiden anderen Mitglieder ständig<lb/>
majorisiert worden sein.</p>
              <p xml:id="ID_1855"> Sehr bedenklich sind aber die Mittel, mit<lb/>
denen die deutschen Unterhändler ihren<lb/>
Standpunkt durchzusetzen versucht haben.<lb/>
Hier muß daran erinnert werden, daß das<lb/>
den Posener Verhandlungen zugrunde lie¬<lb/>
gende Abkommen von Trier über die De¬<lb/>
markationslinie einen rein militärischen Cha¬<lb/>
rakter besitzt, und nach dem Zugeständnis der<lb/>
Entente keinerlei politische Pröjninz schaffen<lb/>
soll. Die Entente hat es deshalb durchaus<lb/>
korrekt vermieden, die bisher dem Deutschen<lb/>
Reich zugehörigen und in einer Aufstanos-<lb/>
bewegung befindlichen Polen den Vertretern<lb/>
der deutschen Regierung als gleichberechtigte<lb/>
Unke'Händler gegenüberzustellen. Die Ver¬<lb/>
handlungen der Unterkommissiou wurden<lb/>
vielmehr genau so wie in Trier und Spaa,<lb/>
nur zwischen den vorher kriegführenden<lb/>
Mächten geführt. Die deutschen Unterhänd¬<lb/>
ler aber haben den Versuch gemacht, ihrer¬<lb/>
seits diese polnischen Vertreter in die Ver¬<lb/>
handlungen hineinzuziehen. Sie haben also,<lb/>
sicher unbewußt, das Risiko auf sich genommen,<lb/>
um eines augenblicklichen Verhandlung?-<lb/>
vorteils willen, das von der Gegenseite »er-<lb/>
miedene Präjudiz für den staatlichen Charakter<lb/>
der bisher aufständischen Landesieile um<lb/>
Haaresbreite herbeizuführen.</p>
              <p xml:id="ID_1856"> Dieser Versuch, dem französischen Einfluß<lb/>
in der Ententekommissio.n mir jeden Preis<lb/>
Verbündete entgegenzusetzen und vor der<lb/>
absolut in twendigen Auseinandersetzung mit<lb/>
dem französischen Vertreter irgendwie aus-<lb/>
zubiegen, ist ein neues Symptom für<lb/>
einen alten politischen Fehler. Es<lb/>
braucht nicht wiederholt zu werden, daß<lb/>
die «Stellung Frankreichs und seiner Vertreter<lb/>
bei allen Verhandlungen von der ganzen<lb/>
Entente gebilligt und gestützt wird. Dennoch<lb/>
ist es ebenso richtig, daß in- allen Grenz¬<lb/>
sragen, mögen sie im Omen oder im Westen<lb/>
liegen, Frankreich seinen führenden Einfluß<lb/>
gellend macht. Es kann nur wiederholt<lb/>
weiden, was vor kurzem schon an dieser<lb/>
Stelle betont wurde, daß dieser Einfluß nicht<lb/>
durch fremde Hilfe gebrochen werden kaun,<lb/>
sondern daß die Schwierigkeiten, die bei jeder<lb/>
neuen Auseinandersetzung immer wieder auf¬<lb/>
tauchen, nur durch eine offene, von wirklichem<lb/>
Verstäudiguugswillen getragene Politik gegen¬<lb/>
über Frankreich selbst in günstigem suae'<lb/>
gewendet werden kann.</p>
              <cb type="end"/><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <note type="byline"> »ruck- &#x201E;Der Reichsbote, Berlin SW le.</note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0384] Pressestimmen tretung von 500 deutschen Volksräten Po.sens in deren Auftrag um die maßgebenden Stellen versendet. Daß die Verhandlungen, wie wir aus dem Osten hören, dabei auch von selten der deutschen Abordnung in französischer Sprache geführt worden sind, paßt in das gesamte Bild. Zur schärfsten Kritik aber fordert die Tntsache heraus, das, unfere deutschen Unterhändler die Verhandlungen in Posen weiter geführt haben, obgleich- die nach authentischen Äußerungen auch der Alliierten fortbestehende Staatsoberhoheit des des Deutschen Reiches in den gegenwärtig von Aufrührern besetzten Teilen Posens von der feindlichen Abordnung mißachtet wurde. Diese Tatsache bietet'allen Anlaß, nach den Unterlagen zu fragen, auf Grund deren Reichsminister Erzberger in der Nationalver¬ sammlung jene beschwichtigende Aeutzeiung getan hat, wonach auch die Alliierten der Demarkationslinie eine rein militärische Be¬ deutung beimessen, die keinerlei politische .Folgewirkung nach sich zöge und den Friedens- verhandlungen nicht Vorgriffe. Zu dieser von Erzberger angeführten Äußerung des Marschalls Fons sieht das Verhalten der alliierten Unterhändler inPusen inschreiendem Widerspruch. Es ist sehr zu fragen, ob der lediglich formelle Protest der deutschen Kom¬ missionen, gegen alle der fortbestehenden deutschen Souveränität auch im besetzten Teile Posens huhnsprechenden Maßnahmen unserer Gegner auch nur dem Mindestmaß an Würde und Kraft entspricht, das wir aus dem großen Schiffbruche gerettet haben sollten. Auch die „Voss. Zehe." lehnt das Verhalten der deutschen Unterhändler in Ur. 145 vom 20. März wie folgt ab: Das vorliegende Material genügt nicht für eine abschließende Beurteilung der Posener Verhandlungen/ Zweifellos, sind von der Gegenteile verschiedene nickt leicht zu er¬ füllende Bedingungen gestellt worden. In dem amtlichen Bericht wird in diesem Zu¬ sammenhang auf die militärischen Beoin- gnngen hingewiesen. Dennoch scheinen diese ein "Hindernis sür den Abschluß des Ab- lommens nicht gebildet zu haben, da sie von der deutscheu, Kommission ja schließlich an- genoniniiN wenden sind. Das Bedenk n der deutschen Unterhändler wegen der nicht gleich¬ mäßig zuscunmem eietzten Oberkommission war sicher gerechtfertigt. Das deutsche Mit¬ glied dieser Kommission würde vermutlich durch die beiden anderen Mitglieder ständig majorisiert worden sein. Sehr bedenklich sind aber die Mittel, mit denen die deutschen Unterhändler ihren Standpunkt durchzusetzen versucht haben. Hier muß daran erinnert werden, daß das den Posener Verhandlungen zugrunde lie¬ gende Abkommen von Trier über die De¬ markationslinie einen rein militärischen Cha¬ rakter besitzt, und nach dem Zugeständnis der Entente keinerlei politische Pröjninz schaffen soll. Die Entente hat es deshalb durchaus korrekt vermieden, die bisher dem Deutschen Reich zugehörigen und in einer Aufstanos- bewegung befindlichen Polen den Vertretern der deutschen Regierung als gleichberechtigte Unke'Händler gegenüberzustellen. Die Ver¬ handlungen der Unterkommissiou wurden vielmehr genau so wie in Trier und Spaa, nur zwischen den vorher kriegführenden Mächten geführt. Die deutschen Unterhänd¬ ler aber haben den Versuch gemacht, ihrer¬ seits diese polnischen Vertreter in die Ver¬ handlungen hineinzuziehen. Sie haben also, sicher unbewußt, das Risiko auf sich genommen, um eines augenblicklichen Verhandlung?- vorteils willen, das von der Gegenseite »er- miedene Präjudiz für den staatlichen Charakter der bisher aufständischen Landesieile um Haaresbreite herbeizuführen. Dieser Versuch, dem französischen Einfluß in der Ententekommissio.n mir jeden Preis Verbündete entgegenzusetzen und vor der absolut in twendigen Auseinandersetzung mit dem französischen Vertreter irgendwie aus- zubiegen, ist ein neues Symptom für einen alten politischen Fehler. Es braucht nicht wiederholt zu werden, daß die «Stellung Frankreichs und seiner Vertreter bei allen Verhandlungen von der ganzen Entente gebilligt und gestützt wird. Dennoch ist es ebenso richtig, daß in- allen Grenz¬ sragen, mögen sie im Omen oder im Westen liegen, Frankreich seinen führenden Einfluß gellend macht. Es kann nur wiederholt weiden, was vor kurzem schon an dieser Stelle betont wurde, daß dieser Einfluß nicht durch fremde Hilfe gebrochen werden kaun, sondern daß die Schwierigkeiten, die bei jeder neuen Auseinandersetzung immer wieder auf¬ tauchen, nur durch eine offene, von wirklichem Verstäudiguugswillen getragene Politik gegen¬ über Frankreich selbst in günstigem suae' gewendet werden kann. »ruck- „Der Reichsbote, Berlin SW le.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/384
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/384>, abgerufen am 18.12.2024.