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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Aus den Deutschen Volksräten

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klärt, alle unzweifelhaft polnisch besiedelten
Gebiete unseres Reiches mit dem polnischen
Staate verbinden zu lassen. Wir wollen das
Versprechen halten. Welche Gebiete unter
den dreizehnten Punkt von Wilsons Programm
fallen, ist strittig. Eine unparteiische Instanz
mag darüber entscheiden: bis sie entschieden,
gehören diese Gebiete zum Reich. (Zustimmung.)
Niemand ist befugt, in ihnen Hoheitsrechte
auszuüben, als der Preußische Staat und die
Neichsregierung. (Zustimmung.) Die leiden¬
schaftliche nationalpolnische Propaganda hat
die Entscheidung der Friedenskonferenz nicht
abwarten wollen,^ sondern sich mit Gewalt
gegen deutsche und preußische Behörden er¬
hoben, um mit möglichst günstigem Besitz¬
stand in die Friedensverhandlungen einzu¬
treten. So tragen sie die Schrecknisse des
Krieges von neuem in den deutschen Osten,
der gleichzeitig von der größeren Gefahr des
bolschewistischen Imperialismus bedroht ist.
So verhindern sie uns, die preußischen.Ost¬
provinzen wirksam vor dem gemeinsamen
Gegner zu schützen. Diese Tatsachen müßten
ausreichen, um jedem Politiker klar zu machen,
daß es die erste Aufgabe ist, die Preußischen
Polen zur Ordnung zu rufen, damit sie bis
zur Friedenskonferenz von angemaßter Gewalt
Abstand nehmen. Sie können sich nicht mehr
auf Notwehr berufen, denn die neue deutsche
Negierung hat die drückenden Sondergesetze
aufgehoben und war bereit, Polen auch
in der Beamtenauswahl entgegenzukommen.
Trotzdem stellen die Polen uns als Angreifer
dar, und die Entente unternimmt' es, uns
Anwendung von Gewalt gegen die Polen in
unserem eigenen Land zu untersagen. Die
Neichsregierung hat diese Zumutung abgelehnt
und die Entfernung aller bewaffneten Polni¬
schen Formaiionen aus dem jetzigen Reichs¬
gebiet gefordert. (Beifall.)

Für jede andere Form der Einwirkung,
mit der die alliierten und assoziierten Mächte
Ruhe in den polnischen Gebieten herstellen
wollen, wird die deutsche Negierung volles
Verständnis haben. Wir sind durch das
Waffenstillstandsabkommen verpflichtet, Ab¬
ordnungen unserer Gegner zu diesem Zweck
Durchzug von der' Ostsee nach Kvngreßpvlen
zu gestatten, und werden die Neise der
Kommission, die sie uns angekündigt haben,

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in jeder Weise erleichtern und unterstützen.
Unser eigener Borten verlangt, daß die Ha߬
atmosphäre, die augenblicklich die deutsch-
polnischen Beziehungen vergiftet, noch vor
Beginn der Friedensverhandlungen reinerer
Luft des gegenseitigen Verständnisses weicht.
Leider können wir nicht voraussehen, daß
wir im polnischen Staat einen bequemen
Nachbar haben werden. (Sehr richtig!) Es
muß und wird unser Bestreben sein, durch
sorgfältige Pflege der gemeinsamen Interessen
und durch gegenseitige Schonung der nati¬
onalen Eigenart einen moäus vivencii zu,
finden.

Dazu gehört vor allem die Anerkennung
des Polnischen Rechts auf gesicherten Verkehr
mit der Ostsee. Das Problem kann durch
vertragsmäßige Regelung der Weichselschiff¬
fahrt und durch Konzessionen auf dein Gebiet
der Eisenbahnen und des Hafenwesens gelöst
werden, ohne txiß die Neichseinheit über un¬
veräußerliches westpreußisches Gebiet angetastet
zu werden braucht.

Wenn Polen verlangt, daß diese Rechte
wie überhaupt seine staatliche Selbständigkeit
unter internationale Garantien gestellt werden,
so wird Deutschland nichts dagegen einzu¬
wenden haben, solange darin keine Spitze
gegen einen bestimmten Nachbar enthalten ist."

Zusatzabkommen zum Waffenstillstands-
vertrage. In den Borschlägen zum Zusatz¬
abkommen über die Verlängerung des Waffen¬
stillstandes, die Marschall Fons dem Reichs¬
minister Erzberger am 14. Februar übergeben
hat, lautet der auf die Polenfrage bezügliche
erste Punkt:

Die Deutschen müssen unverzüglich alle
Offenfivbewegungen gegen die Polen in dem
Gebiet von Posen oder in jedem anderen
Gebiet aufgeben. Zu diesem Zweck wird
ihnen untersagt, folgende Linien durch ihre
Truppen überschreiten zu lassen:

Gegen Süden die Linie der ehemaligen
Grenze Ost- und Westpreußens gegen Ru߬
land bis zur Weichsel, dann westlich der
Weichsel die Linie, die über Podgorz (südlich
von Thorn),, Brzoze, Schubin, Exin, Lipin,
Samolschin, Chodziesen (Kolmar), Czarnikcm,
Miala und Birnbaum läuft. Gegen Osten
die Linie Berthchen. Wollstein, Priment, Lissa,
Bojcmowo, Rawitsch, Trachenbcrg, Werndorf,

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Aus den Deutschen Volksräten

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klärt, alle unzweifelhaft polnisch besiedelten
Gebiete unseres Reiches mit dem polnischen
Staate verbinden zu lassen. Wir wollen das
Versprechen halten. Welche Gebiete unter
den dreizehnten Punkt von Wilsons Programm
fallen, ist strittig. Eine unparteiische Instanz
mag darüber entscheiden: bis sie entschieden,
gehören diese Gebiete zum Reich. (Zustimmung.)
Niemand ist befugt, in ihnen Hoheitsrechte
auszuüben, als der Preußische Staat und die
Neichsregierung. (Zustimmung.) Die leiden¬
schaftliche nationalpolnische Propaganda hat
die Entscheidung der Friedenskonferenz nicht
abwarten wollen,^ sondern sich mit Gewalt
gegen deutsche und preußische Behörden er¬
hoben, um mit möglichst günstigem Besitz¬
stand in die Friedensverhandlungen einzu¬
treten. So tragen sie die Schrecknisse des
Krieges von neuem in den deutschen Osten,
der gleichzeitig von der größeren Gefahr des
bolschewistischen Imperialismus bedroht ist.
So verhindern sie uns, die preußischen.Ost¬
provinzen wirksam vor dem gemeinsamen
Gegner zu schützen. Diese Tatsachen müßten
ausreichen, um jedem Politiker klar zu machen,
daß es die erste Aufgabe ist, die Preußischen
Polen zur Ordnung zu rufen, damit sie bis
zur Friedenskonferenz von angemaßter Gewalt
Abstand nehmen. Sie können sich nicht mehr
auf Notwehr berufen, denn die neue deutsche
Negierung hat die drückenden Sondergesetze
aufgehoben und war bereit, Polen auch
in der Beamtenauswahl entgegenzukommen.
Trotzdem stellen die Polen uns als Angreifer
dar, und die Entente unternimmt' es, uns
Anwendung von Gewalt gegen die Polen in
unserem eigenen Land zu untersagen. Die
Neichsregierung hat diese Zumutung abgelehnt
und die Entfernung aller bewaffneten Polni¬
schen Formaiionen aus dem jetzigen Reichs¬
gebiet gefordert. (Beifall.)

Für jede andere Form der Einwirkung,
mit der die alliierten und assoziierten Mächte
Ruhe in den polnischen Gebieten herstellen
wollen, wird die deutsche Negierung volles
Verständnis haben. Wir sind durch das
Waffenstillstandsabkommen verpflichtet, Ab¬
ordnungen unserer Gegner zu diesem Zweck
Durchzug von der' Ostsee nach Kvngreßpvlen
zu gestatten, und werden die Neise der
Kommission, die sie uns angekündigt haben,

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in jeder Weise erleichtern und unterstützen.
Unser eigener Borten verlangt, daß die Ha߬
atmosphäre, die augenblicklich die deutsch-
polnischen Beziehungen vergiftet, noch vor
Beginn der Friedensverhandlungen reinerer
Luft des gegenseitigen Verständnisses weicht.
Leider können wir nicht voraussehen, daß
wir im polnischen Staat einen bequemen
Nachbar haben werden. (Sehr richtig!) Es
muß und wird unser Bestreben sein, durch
sorgfältige Pflege der gemeinsamen Interessen
und durch gegenseitige Schonung der nati¬
onalen Eigenart einen moäus vivencii zu,
finden.

Dazu gehört vor allem die Anerkennung
des Polnischen Rechts auf gesicherten Verkehr
mit der Ostsee. Das Problem kann durch
vertragsmäßige Regelung der Weichselschiff¬
fahrt und durch Konzessionen auf dein Gebiet
der Eisenbahnen und des Hafenwesens gelöst
werden, ohne txiß die Neichseinheit über un¬
veräußerliches westpreußisches Gebiet angetastet
zu werden braucht.

Wenn Polen verlangt, daß diese Rechte
wie überhaupt seine staatliche Selbständigkeit
unter internationale Garantien gestellt werden,
so wird Deutschland nichts dagegen einzu¬
wenden haben, solange darin keine Spitze
gegen einen bestimmten Nachbar enthalten ist."

Zusatzabkommen zum Waffenstillstands-
vertrage. In den Borschlägen zum Zusatz¬
abkommen über die Verlängerung des Waffen¬
stillstandes, die Marschall Fons dem Reichs¬
minister Erzberger am 14. Februar übergeben
hat, lautet der auf die Polenfrage bezügliche
erste Punkt:

Die Deutschen müssen unverzüglich alle
Offenfivbewegungen gegen die Polen in dem
Gebiet von Posen oder in jedem anderen
Gebiet aufgeben. Zu diesem Zweck wird
ihnen untersagt, folgende Linien durch ihre
Truppen überschreiten zu lassen:

Gegen Süden die Linie der ehemaligen
Grenze Ost- und Westpreußens gegen Ru߬
land bis zur Weichsel, dann westlich der
Weichsel die Linie, die über Podgorz (südlich
von Thorn),, Brzoze, Schubin, Exin, Lipin,
Samolschin, Chodziesen (Kolmar), Czarnikcm,
Miala und Birnbaum läuft. Gegen Osten
die Linie Berthchen. Wollstein, Priment, Lissa,
Bojcmowo, Rawitsch, Trachenbcrg, Werndorf,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/342>, abgerufen am 18.12.2024.