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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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der italienische Humanismus, die Nenaissanceeinflüsse wie der Kalvinismus, spanische
Moden und französisches Alamodetum, englische Schauspielkunst und spanische
Miliiärvrganisation, englischer Deismus und französischer Rokoko -- die ganze
Fülle der Rezeptionen, von denen die letzten Jahrhunderte voll sind -- sie alle
werden mit der Frage betrachtet werden müssen: was hat der deutsche Mensch
davon angenommen, wie hat er das Ungeronnene umgestaltet, umgedreht, ein¬
gedeutscht; wie sah die deutsche Kraft aus, die sich an dem Fremden bewährte,
welche Tendenzen in den neugebildeten Denk-, Kunst- und Lebensformen haben
wir also als spezifisch deutsch anzusprechen? Hand in Hand damit mühte eine
Betrachtung der Körperlichkeit des deutschen Menschen gehen wie sie sich um¬
gestaltete, degenerierte oder sich regenerierte unter dem Einfluss der Stammes-
und Rassenmischung. Ich darf darauf hinweisen, wie Materialien und Anfänge
zur Lösung all dieser Fragen schon vielfach, besonders in der neueren.Kultur¬
geschichtsschreibung, vorliegen. Auch hat z. B. die Kunstgeschichte bereits begonnen,
selbst in den konventionellen Plastiker der frühen Gotik den Stammestypus und
die Nassigkeit der dargestellten Schicht zu beachten. Aber was bisher nur
gelegentlich oder für ein einzelnes Gebiet festgestellt worden ist, wäre jetzt systematisch
in Bearbeitung zu nehmen. Es muß gelingen -- und damit ist angedeutet,
worin ich den beschreitbaren Weg sür diese ganze Untersuchungsweise sehe -
eine psychische und physische Typik der Deutschen in der Vergangenheit zu entwickeln.

Auf beiden Gebieten, dem körperlichen und dem geistig-seelischen, musz dieses
aufwachsende Wissen auslaufen in eine vorstehende Betrachtung der Gegenwart.
Der heutige deutsche Mensch wird ein ungeahnte Beleuchtung erfahren, wenn
erst der Deutsche der Vergangenheit uus greifbar nahesteht. Wir verstehen die
Ereignisse der Gegenwart und des Menschen der Gegenwart in ihrem bisher oft
unbegreiflichen Tun und Denken, wenn wir ihre rassenmäßige und ihre seelische
Erbschaft aufgehellt sehen. Hier muß der familiengeschichtlichen Forschung ihr
Platz im Organismus der dcutsthkundlichen Wissenschaft angewiesen werden;
nicht aus eitlem Ahnenstolz, sondern um endlich aus dem bisher zerstreuten
Material der körperlich, geistig und sozial auf- und absteigenden Geschlechterfolgen
Schlüsse zu ziehen auf die Deutschen der Gegenwart.

Die heutigen Zustände: politische und soziale Verhältnisse, Stände- und
Stammesmischung, Binnenwanderung, bevölkerungshygienische und berufspolitische
Fragen, aber auch Parteidoktrinen, die öffentliche Meinung in ihren instinktiven
Unterlagen -- alles wird bis zu einem gewissen Grade seinen wissenschaftlich
erklärenden Unterbau finden. Ihn wollen wir suchen, aber nicht um sagen zu
können: alles verstehen heißt alles verzeihen -- sondern um die Möglichkeit zu
gewinnen,., lenkend und regelnd einzugreifen, ohne den herrschenden Meinungen
oder der Überredung durch die einseitig beeinflußte Presse zu unterliegen. Wir
erlangen so eine wohlgegründete Überzeugung von dem, was dein deutschen Volke
nottut, und sie in die Jugend, in die Zukunft hineinzutragen, sie mit der Waffe
der Presse und erzieherischer Volksbildung, durch Schrifttum und Schaubühne zu
vertreten zum Heile des deutschen Gedankens, das ist eine Aufgabe, an der sich
die Edelsten unseres Volkes versuchen sollten.

Ein unübersehbares Arbeitsfeld für diese und die folgende Generation I
Aber diese Arbeit muß, soll sie bald fruchtbar werden und nicht in tausend
Spezialismen zerflattern, einen Mittelpunkt haben, an dem alles, was auf dein
gesamten Gebiet geleistet wird, gesichtet, die Fäden verknüpft, Hinweise gegeben
und wichtige Untersuchungen angestellt werden. Die Gründung eines Forschungs¬
instituts für die Wissenschaft vom Deutschtum erscheint dringend erforderlich. Es
wird die wichtige Aufgabe haben, die vielleicht im Anfang schwer herzustellende
Einheit in der Mannigfaltigkeit zu gewährleisten, das Zusammenwachsen des
neuen wissenschaftlichen Organismus zu fördern und zu überwachen.

Auf einige Aufgaben für die deutschkundliche Forschung mag zum Schlüsse
noch hingewiesen sein. Die unbedingt nötige Bibliographie und Museogrciphie
zur Deutschkunde kann wohl nur von dein vorgeschlagenen Institut geschaffen und


der italienische Humanismus, die Nenaissanceeinflüsse wie der Kalvinismus, spanische
Moden und französisches Alamodetum, englische Schauspielkunst und spanische
Miliiärvrganisation, englischer Deismus und französischer Rokoko — die ganze
Fülle der Rezeptionen, von denen die letzten Jahrhunderte voll sind — sie alle
werden mit der Frage betrachtet werden müssen: was hat der deutsche Mensch
davon angenommen, wie hat er das Ungeronnene umgestaltet, umgedreht, ein¬
gedeutscht; wie sah die deutsche Kraft aus, die sich an dem Fremden bewährte,
welche Tendenzen in den neugebildeten Denk-, Kunst- und Lebensformen haben
wir also als spezifisch deutsch anzusprechen? Hand in Hand damit mühte eine
Betrachtung der Körperlichkeit des deutschen Menschen gehen wie sie sich um¬
gestaltete, degenerierte oder sich regenerierte unter dem Einfluss der Stammes-
und Rassenmischung. Ich darf darauf hinweisen, wie Materialien und Anfänge
zur Lösung all dieser Fragen schon vielfach, besonders in der neueren.Kultur¬
geschichtsschreibung, vorliegen. Auch hat z. B. die Kunstgeschichte bereits begonnen,
selbst in den konventionellen Plastiker der frühen Gotik den Stammestypus und
die Nassigkeit der dargestellten Schicht zu beachten. Aber was bisher nur
gelegentlich oder für ein einzelnes Gebiet festgestellt worden ist, wäre jetzt systematisch
in Bearbeitung zu nehmen. Es muß gelingen — und damit ist angedeutet,
worin ich den beschreitbaren Weg sür diese ganze Untersuchungsweise sehe -
eine psychische und physische Typik der Deutschen in der Vergangenheit zu entwickeln.

Auf beiden Gebieten, dem körperlichen und dem geistig-seelischen, musz dieses
aufwachsende Wissen auslaufen in eine vorstehende Betrachtung der Gegenwart.
Der heutige deutsche Mensch wird ein ungeahnte Beleuchtung erfahren, wenn
erst der Deutsche der Vergangenheit uus greifbar nahesteht. Wir verstehen die
Ereignisse der Gegenwart und des Menschen der Gegenwart in ihrem bisher oft
unbegreiflichen Tun und Denken, wenn wir ihre rassenmäßige und ihre seelische
Erbschaft aufgehellt sehen. Hier muß der familiengeschichtlichen Forschung ihr
Platz im Organismus der dcutsthkundlichen Wissenschaft angewiesen werden;
nicht aus eitlem Ahnenstolz, sondern um endlich aus dem bisher zerstreuten
Material der körperlich, geistig und sozial auf- und absteigenden Geschlechterfolgen
Schlüsse zu ziehen auf die Deutschen der Gegenwart.

Die heutigen Zustände: politische und soziale Verhältnisse, Stände- und
Stammesmischung, Binnenwanderung, bevölkerungshygienische und berufspolitische
Fragen, aber auch Parteidoktrinen, die öffentliche Meinung in ihren instinktiven
Unterlagen — alles wird bis zu einem gewissen Grade seinen wissenschaftlich
erklärenden Unterbau finden. Ihn wollen wir suchen, aber nicht um sagen zu
können: alles verstehen heißt alles verzeihen — sondern um die Möglichkeit zu
gewinnen,., lenkend und regelnd einzugreifen, ohne den herrschenden Meinungen
oder der Überredung durch die einseitig beeinflußte Presse zu unterliegen. Wir
erlangen so eine wohlgegründete Überzeugung von dem, was dein deutschen Volke
nottut, und sie in die Jugend, in die Zukunft hineinzutragen, sie mit der Waffe
der Presse und erzieherischer Volksbildung, durch Schrifttum und Schaubühne zu
vertreten zum Heile des deutschen Gedankens, das ist eine Aufgabe, an der sich
die Edelsten unseres Volkes versuchen sollten.

Ein unübersehbares Arbeitsfeld für diese und die folgende Generation I
Aber diese Arbeit muß, soll sie bald fruchtbar werden und nicht in tausend
Spezialismen zerflattern, einen Mittelpunkt haben, an dem alles, was auf dein
gesamten Gebiet geleistet wird, gesichtet, die Fäden verknüpft, Hinweise gegeben
und wichtige Untersuchungen angestellt werden. Die Gründung eines Forschungs¬
instituts für die Wissenschaft vom Deutschtum erscheint dringend erforderlich. Es
wird die wichtige Aufgabe haben, die vielleicht im Anfang schwer herzustellende
Einheit in der Mannigfaltigkeit zu gewährleisten, das Zusammenwachsen des
neuen wissenschaftlichen Organismus zu fördern und zu überwachen.

Auf einige Aufgaben für die deutschkundliche Forschung mag zum Schlüsse
noch hingewiesen sein. Die unbedingt nötige Bibliographie und Museogrciphie
zur Deutschkunde kann wohl nur von dein vorgeschlagenen Institut geschaffen und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/200>, abgerufen am 18.12.2024.