Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte? Ihnen hier auf der Seele brennt und dazu gehört auch Ihr Verhältnis zur Wie stehen wir selbst zur Polenfrage? Daß es eine Zeit geben wird wie die vor dem Kriege, in der die Polen "Ein unabhängiger polnischer Staat, der die von einer unzweifelhaft Und dann hat Wilson seine Worte erklärt und hat gesagt, es käme auch darauf "2. Es wird gefordert, daß Völker und Provinzen nicht von einer Staatsoberhoheit Nun. meine Damen und Herren, die Kultur, die Arbeit, die wirtschaftliche Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte? Ihnen hier auf der Seele brennt und dazu gehört auch Ihr Verhältnis zur Wie stehen wir selbst zur Polenfrage? Daß es eine Zeit geben wird wie die vor dem Kriege, in der die Polen „Ein unabhängiger polnischer Staat, der die von einer unzweifelhaft Und dann hat Wilson seine Worte erklärt und hat gesagt, es käme auch darauf „2. Es wird gefordert, daß Völker und Provinzen nicht von einer Staatsoberhoheit Nun. meine Damen und Herren, die Kultur, die Arbeit, die wirtschaftliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335381"/> <fw type="header" place="top"> Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte?</fw><lb/> <p xml:id="ID_893" prev="#ID_892"> Ihnen hier auf der Seele brennt und dazu gehört auch Ihr Verhältnis zur<lb/> Polenfrage.</p><lb/> <p xml:id="ID_894"> Wie stehen wir selbst zur Polenfrage?</p><lb/> <p xml:id="ID_895" next="#ID_896"> Daß es eine Zeit geben wird wie die vor dem Kriege, in der die Polen<lb/> anders behandelt werden durch das Gesetz wie die Deutschen, das scheint mir<lb/> ausgeschlossen. Schon, im vorigen Jahre hat der Minister des Innern<lb/> Drews im Herrenhause gesagt: Nachdem die polnischen Soldaten an<lb/> unserer Seite uns gegen die Welt von Feinden geholfen haben, wäre es eine<lb/> Ungerechtigkeit, sie von der Ansiedlung in ihrer Heimat auszuschließen. Schon<lb/> die alte Regierung war bereit, die Gesetze der Bodenpolitik, die die Polen<lb/> hinderten in allen Gebieten Land zu erwerben, fallen zu lassen. Sie sollten<lb/> uns gleich gestellt werden. Ferner war in Aussicht genommen, den Polen<lb/> eine gewisse Autonomie in den Orten einzuräumen, wo sie die Oberhand<lb/> hatten, also in Gebieten, wo 75 Prozent der Bewohner Polen sind. Da<lb/> wollte man dazu kommen, daß der Oberbürgermeister und der Landrat aus<lb/> polnischen Kreisen genommen würden. Es war also der Versuch eines fried¬<lb/> lichen Zusammenlebens zwischen den Polen und Deutschen eingeleitet. Damals haben<lb/> die beiden Vertreter der Polen im Abgeordnetenhaus Trampczynski und Korscmty<lb/> gesagt: das genügt uns nicht, wir danken für diese Geschenke, wir verlangen<lb/> ganz etwas anderes. Einige Monate später ist dann von der polnischen Presse<lb/> verkündet worden, daß sie den Zusammenschluß der gesamten Gebiete der<lb/> Ostmark, eines großen Teils von Ostpreußen, Posen und Oberschlesien mit<lb/> Russisch-Polen und Galizien verlangt, und deren Lostrennung vom Deutschen<lb/> Reiche. Die Polen haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn nach<lb/> einem solchen Kriege würde sich ein besiegtes deutsches Volk diese Amputation<lb/> ebenso wenig gefallen lassen wie ein siegreiches. Auch die Entente, mit Aus¬<lb/> nahme Frankreichs, denkt nicht daran, den Polen heute das Gebiet, das sie<lb/> beanspruchen, zu geben. Präsident Wilson hat in feiner berühmten Rede, in<lb/> seinen vierzehn Punkten ausdrücklich gesagt, daß nur unzweifelhaft polnisches<lb/> Land zu einem Staat zusammengefügt werden möge, er hat nicht gesagt, daß<lb/> es gemacht werden müsse, sondern man sollte es ins Auge fassen. Man sollte<lb/> es versuchen möglich zu machen. Punkt 13 des Wilsonschen Friedensprogramms<lb/> vom 8. Januar 1918 lautet:</p><lb/> <quote> „Ein unabhängiger polnischer Staat, der die von einer unzweifelhaft<lb/> Polnischen Bevölkerung bewohnten Länder umfassen sollte, der einen gesicherten,<lb/> freien und zuverlässigen,Zugang zur See besitzt und dessen Politische und wirt¬<lb/> schaftliche Unabhängigkeit und territoriale Unverletzlichkeit durch internationalen<lb/> Vertrag garantiert sein müßte, sollte errichtet werden/"</quote><lb/> <p xml:id="ID_896" prev="#ID_895" next="#ID_897"> Und dann hat Wilson seine Worte erklärt und hat gesagt, es käme auch darauf<lb/> an, wer die Kultur ins Land getragen hat und in welchen kulturellen und<lb/> wirtschaftlichen Zusammenhängen das Land zu den Nachbargebieten steht. In<lb/> Wilsons Erläuterungen zu seinem Friedensprogramm vom 12. Februar 1918<lb/> heißt es:</p><lb/> <quote> „2. Es wird gefordert, daß Völker und Provinzen nicht von einer Staatsoberhoheit<lb/> in eine andere, herumgeschoben werden, als ob es sich lediglich um Gegenstände oder<lb/> Steine in einem Spiel handelt, wenn auch in dem großen Spiel des Gleichgewichts<lb/> der Kräfte, das nun für alle Zeiten diskreditiert ist; daß jedoch<lb/> 3. jede Lösung einer Gebietsfrage, die durch diesen Krieg aufgeworfen wurde, im<lb/> Interesse und zugunsten der betroffenen Bevölkerungen und nicht als ein Teil eines<lb/> bloßen Ausgleichs oder Kompromisses der Ansprüche rivalisierender Staaten getroffen<lb/> werden nutz."</quote><lb/> <p xml:id="ID_897" prev="#ID_896" next="#ID_898"> Nun. meine Damen und Herren, die Kultur, die Arbeit, die wirtschaftliche<lb/> Erschließung der Provinz Posen, Westpreußen und Oberschlesien ist deutsches</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte?
Ihnen hier auf der Seele brennt und dazu gehört auch Ihr Verhältnis zur
Polenfrage.
Wie stehen wir selbst zur Polenfrage?
Daß es eine Zeit geben wird wie die vor dem Kriege, in der die Polen
anders behandelt werden durch das Gesetz wie die Deutschen, das scheint mir
ausgeschlossen. Schon, im vorigen Jahre hat der Minister des Innern
Drews im Herrenhause gesagt: Nachdem die polnischen Soldaten an
unserer Seite uns gegen die Welt von Feinden geholfen haben, wäre es eine
Ungerechtigkeit, sie von der Ansiedlung in ihrer Heimat auszuschließen. Schon
die alte Regierung war bereit, die Gesetze der Bodenpolitik, die die Polen
hinderten in allen Gebieten Land zu erwerben, fallen zu lassen. Sie sollten
uns gleich gestellt werden. Ferner war in Aussicht genommen, den Polen
eine gewisse Autonomie in den Orten einzuräumen, wo sie die Oberhand
hatten, also in Gebieten, wo 75 Prozent der Bewohner Polen sind. Da
wollte man dazu kommen, daß der Oberbürgermeister und der Landrat aus
polnischen Kreisen genommen würden. Es war also der Versuch eines fried¬
lichen Zusammenlebens zwischen den Polen und Deutschen eingeleitet. Damals haben
die beiden Vertreter der Polen im Abgeordnetenhaus Trampczynski und Korscmty
gesagt: das genügt uns nicht, wir danken für diese Geschenke, wir verlangen
ganz etwas anderes. Einige Monate später ist dann von der polnischen Presse
verkündet worden, daß sie den Zusammenschluß der gesamten Gebiete der
Ostmark, eines großen Teils von Ostpreußen, Posen und Oberschlesien mit
Russisch-Polen und Galizien verlangt, und deren Lostrennung vom Deutschen
Reiche. Die Polen haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn nach
einem solchen Kriege würde sich ein besiegtes deutsches Volk diese Amputation
ebenso wenig gefallen lassen wie ein siegreiches. Auch die Entente, mit Aus¬
nahme Frankreichs, denkt nicht daran, den Polen heute das Gebiet, das sie
beanspruchen, zu geben. Präsident Wilson hat in feiner berühmten Rede, in
seinen vierzehn Punkten ausdrücklich gesagt, daß nur unzweifelhaft polnisches
Land zu einem Staat zusammengefügt werden möge, er hat nicht gesagt, daß
es gemacht werden müsse, sondern man sollte es ins Auge fassen. Man sollte
es versuchen möglich zu machen. Punkt 13 des Wilsonschen Friedensprogramms
vom 8. Januar 1918 lautet:
„Ein unabhängiger polnischer Staat, der die von einer unzweifelhaft
Polnischen Bevölkerung bewohnten Länder umfassen sollte, der einen gesicherten,
freien und zuverlässigen,Zugang zur See besitzt und dessen Politische und wirt¬
schaftliche Unabhängigkeit und territoriale Unverletzlichkeit durch internationalen
Vertrag garantiert sein müßte, sollte errichtet werden/"
Und dann hat Wilson seine Worte erklärt und hat gesagt, es käme auch darauf
an, wer die Kultur ins Land getragen hat und in welchen kulturellen und
wirtschaftlichen Zusammenhängen das Land zu den Nachbargebieten steht. In
Wilsons Erläuterungen zu seinem Friedensprogramm vom 12. Februar 1918
heißt es:
„2. Es wird gefordert, daß Völker und Provinzen nicht von einer Staatsoberhoheit
in eine andere, herumgeschoben werden, als ob es sich lediglich um Gegenstände oder
Steine in einem Spiel handelt, wenn auch in dem großen Spiel des Gleichgewichts
der Kräfte, das nun für alle Zeiten diskreditiert ist; daß jedoch
3. jede Lösung einer Gebietsfrage, die durch diesen Krieg aufgeworfen wurde, im
Interesse und zugunsten der betroffenen Bevölkerungen und nicht als ein Teil eines
bloßen Ausgleichs oder Kompromisses der Ansprüche rivalisierender Staaten getroffen
werden nutz."
Nun. meine Damen und Herren, die Kultur, die Arbeit, die wirtschaftliche
Erschließung der Provinz Posen, Westpreußen und Oberschlesien ist deutsches
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