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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Preußen -- ein geographischer Begriff?

Westfalens werden unsere schönen Provinzen nicht in das Schlepptau der Berliner
Republik nehmen lassen, sondern nachhause gehen und dort unsere eigene Ver¬
fassung einrichten", so schreibt ein Rheinländer, 1918? -- mit Verlaub: 18481
Und doch liegt 1860 und 1870/71 und 1914 dazwischen! Welches Volk ist so
öde nivelliert und zentralisiert, daß ihm Stammespegensätze fehlten I Und der
Deutsche bleibt nun einmal der geborene Partikularist und Individualist. Man
wird diese Strömungen achten, aber ihnen nicht schrankenlosen Lauf lassen dürfen.
Denn die Zeiger der Geschichte weisen auf Arrondierung und Zentralisierung der
staatlichen Gebilde, nicht aber auf ihre Auflösung und Zerfall.

Der Königsberger Oberpräsident erklärt ferner: Da es wohl feststehe, daß
nunmehr das preußische Parlament seine auf drei fünftel des Reiches sich er¬
streckenden Aufgaben infolge desselben Wahlrechts auch auf derselben politischen
Basis lösen würde wie der Reichsmg. und die künftigen Regierungen im Reich
und Preußen die gleiche Richtung verfolgen würden, so "fällt damit gerade die
Berechtigung für ein staatliches Sonderleben eines geschlossenen Preußens fort.
Das Nebeneinanderbestehen einer Reichs- und einer preußischen Zentralbehörde
iSc das Innere, für die Justiz und die sonnigen mit zur Zuständigkeit des Reiches
gehörenden Arbeitsgebiete wird für die zu Preußen gehörenden drei Fünftel des
Reiches zu einer Sinn- und zwecklosen Anhäufung der "Instanzen". Hier werden
ans zweifellos richtigen Voraussetzungen merkwürdige Schlüsse gezogen. Wenn
an die Stelle des einheitlichen preußischen Großstaates, wie Herr von Batocki
will, drei bis vier over noch mehr Teilstaaten treten sollen, so ist das Übel der
doppelten Verwaltung mit ihrer "Sinn- und zwecklosen Anhäufung der Instanzen"
doch in keiner Hinsicht gebessert, sondern noch vervielfacht! Statt zweier Ministerien
für das Innere oder die Justiz erhielten Nur dann ein halbes Dutzend. Mit
vollem Rechte macht ein Kenner wie Max Weber auf die "finanziellen und ver-
waltungctech'.'löcher Schwierigkeiten" aufmerksam, die bei einer dauernden Zer-
schlagnng Preußens in Teilstaateu zu besorgen sind. Wollte und müßte man
schon einmal so radikal vorgehen, wie es von Batocki empfiehlt, dann verdient das
tvnseguent unitarische Verfahren den Vorzug, das uns besonders um 1848 vielfach
und bei verschiedensten Parteien begegnet, nämlich der Versuch, nach der be¬
rühmten Zeitfonnel"): Preußen geht in Deutschland auf, den Hegemoniestaat zum
unmittelbaren Reichsland herabzudrücken, ein Ausweg, den linksdemolratische
Publizisten, wie z. B. Anschütz im Kriege erneut empfohlen haben. Aber zunächst
wäre das Bestehen jenes Zwanges zur Radikalkur zur erweisen und da gibt es
wieder nur eine Möglichkeit der Betrachtung, wie stets bei preußischen Problemen
des letzten Jahrhunderts, die nämlich, welche ihre Verflechtung mit denen des
Reiches in den Gesichtskreis rückt.

Drei Fülle muß man doch unterscheiden. Entweder --- der günstigste --
wir erhalten eine Verfassung des deutschen Gesamtstaates, wie sie insbesondere
sozialistische Kreise im Interesse ihrer spezifischen Interessen erhoffen und erkämpfen,
eine zentralistisch-unitarische deutsche Republik mit starker Beschränkung der Glied-
staaten. etwa nach dem Muster Kanadas. Dann ist das Schicksal der preußischen
Provinzen ziemlich gleichgültig, bei der völligen Verzückung des Schwerpunktes
ihre Gruppierung mehr oder weniger Sache der politischen Ästhetik! Dieser Aus-
gnng scheint uns jedoch trotz starker Unterstützung auch aus dem bürgerlichen
Lager zum mindesten ungewiß Jedenfalls wird man heute ebenso und wohl
stärker noch mit einer föderalistischen Lösung rechnen müssen, und dann gewinnt
die Stärke und Widerstandsfähigkeit des preußischen Einzelstaates, auch gerade
im Interesse des Reiches, sofort aktuelle Bedeutung. Die ..Kreuzzeitung" macht,
unseres Erachtens init gutem Grunde, gegenüber Herrn von Batvckis Idee geltend,
daß ein Verzicht auf die Einheit Preußens nicht unbedenklich ist in einem Augen-
blicke, wo wir noch nicht wissen, was das Reich uns sein wird. Auch solche



Sie stammt in ihrer bekanntesten Fassung von Heinrich ton Nrnim, dem Minister
Friedrich Wilhelms des Vierten.
Preußen — ein geographischer Begriff?

Westfalens werden unsere schönen Provinzen nicht in das Schlepptau der Berliner
Republik nehmen lassen, sondern nachhause gehen und dort unsere eigene Ver¬
fassung einrichten", so schreibt ein Rheinländer, 1918? — mit Verlaub: 18481
Und doch liegt 1860 und 1870/71 und 1914 dazwischen! Welches Volk ist so
öde nivelliert und zentralisiert, daß ihm Stammespegensätze fehlten I Und der
Deutsche bleibt nun einmal der geborene Partikularist und Individualist. Man
wird diese Strömungen achten, aber ihnen nicht schrankenlosen Lauf lassen dürfen.
Denn die Zeiger der Geschichte weisen auf Arrondierung und Zentralisierung der
staatlichen Gebilde, nicht aber auf ihre Auflösung und Zerfall.

Der Königsberger Oberpräsident erklärt ferner: Da es wohl feststehe, daß
nunmehr das preußische Parlament seine auf drei fünftel des Reiches sich er¬
streckenden Aufgaben infolge desselben Wahlrechts auch auf derselben politischen
Basis lösen würde wie der Reichsmg. und die künftigen Regierungen im Reich
und Preußen die gleiche Richtung verfolgen würden, so „fällt damit gerade die
Berechtigung für ein staatliches Sonderleben eines geschlossenen Preußens fort.
Das Nebeneinanderbestehen einer Reichs- und einer preußischen Zentralbehörde
iSc das Innere, für die Justiz und die sonnigen mit zur Zuständigkeit des Reiches
gehörenden Arbeitsgebiete wird für die zu Preußen gehörenden drei Fünftel des
Reiches zu einer Sinn- und zwecklosen Anhäufung der „Instanzen". Hier werden
ans zweifellos richtigen Voraussetzungen merkwürdige Schlüsse gezogen. Wenn
an die Stelle des einheitlichen preußischen Großstaates, wie Herr von Batocki
will, drei bis vier over noch mehr Teilstaaten treten sollen, so ist das Übel der
doppelten Verwaltung mit ihrer „Sinn- und zwecklosen Anhäufung der Instanzen"
doch in keiner Hinsicht gebessert, sondern noch vervielfacht! Statt zweier Ministerien
für das Innere oder die Justiz erhielten Nur dann ein halbes Dutzend. Mit
vollem Rechte macht ein Kenner wie Max Weber auf die „finanziellen und ver-
waltungctech'.'löcher Schwierigkeiten" aufmerksam, die bei einer dauernden Zer-
schlagnng Preußens in Teilstaateu zu besorgen sind. Wollte und müßte man
schon einmal so radikal vorgehen, wie es von Batocki empfiehlt, dann verdient das
tvnseguent unitarische Verfahren den Vorzug, das uns besonders um 1848 vielfach
und bei verschiedensten Parteien begegnet, nämlich der Versuch, nach der be¬
rühmten Zeitfonnel"): Preußen geht in Deutschland auf, den Hegemoniestaat zum
unmittelbaren Reichsland herabzudrücken, ein Ausweg, den linksdemolratische
Publizisten, wie z. B. Anschütz im Kriege erneut empfohlen haben. Aber zunächst
wäre das Bestehen jenes Zwanges zur Radikalkur zur erweisen und da gibt es
wieder nur eine Möglichkeit der Betrachtung, wie stets bei preußischen Problemen
des letzten Jahrhunderts, die nämlich, welche ihre Verflechtung mit denen des
Reiches in den Gesichtskreis rückt.

Drei Fülle muß man doch unterscheiden. Entweder -— der günstigste —
wir erhalten eine Verfassung des deutschen Gesamtstaates, wie sie insbesondere
sozialistische Kreise im Interesse ihrer spezifischen Interessen erhoffen und erkämpfen,
eine zentralistisch-unitarische deutsche Republik mit starker Beschränkung der Glied-
staaten. etwa nach dem Muster Kanadas. Dann ist das Schicksal der preußischen
Provinzen ziemlich gleichgültig, bei der völligen Verzückung des Schwerpunktes
ihre Gruppierung mehr oder weniger Sache der politischen Ästhetik! Dieser Aus-
gnng scheint uns jedoch trotz starker Unterstützung auch aus dem bürgerlichen
Lager zum mindesten ungewiß Jedenfalls wird man heute ebenso und wohl
stärker noch mit einer föderalistischen Lösung rechnen müssen, und dann gewinnt
die Stärke und Widerstandsfähigkeit des preußischen Einzelstaates, auch gerade
im Interesse des Reiches, sofort aktuelle Bedeutung. Die ..Kreuzzeitung" macht,
unseres Erachtens init gutem Grunde, gegenüber Herrn von Batvckis Idee geltend,
daß ein Verzicht auf die Einheit Preußens nicht unbedenklich ist in einem Augen-
blicke, wo wir noch nicht wissen, was das Reich uns sein wird. Auch solche



Sie stammt in ihrer bekanntesten Fassung von Heinrich ton Nrnim, dem Minister
Friedrich Wilhelms des Vierten.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/19>, abgerufen am 05.02.2025.