Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.l-ich gu denken. "IVIZwt, v'otM lui" -- gerade so wie'bei Ludwig dem Vier¬ Damals war die Stunde nicht mehr fern, in der dieses Bessere gefunden Mit dem Blicke des Staatsmannes schrieb Hardenberg schon (1807) in der Doch Her so charakteristische dramatische Verlauf der preußisch-deutschen 5) l^g ?i'u88ö kannte nur der .diplomatische Sprachgebrauch! °" ) "Gesetzsammlung für die tgi. preußischen Staaten 1810 sf.. erst durch Erlas,
vom L4, et, 190L in "Preußische Gesetzsammlung" (ab 1907) umgetauft! l-ich gu denken. „IVIZwt, v'otM lui" — gerade so wie'bei Ludwig dem Vier¬ Damals war die Stunde nicht mehr fern, in der dieses Bessere gefunden Mit dem Blicke des Staatsmannes schrieb Hardenberg schon (1807) in der Doch Her so charakteristische dramatische Verlauf der preußisch-deutschen 5) l^g ?i'u88ö kannte nur der .diplomatische Sprachgebrauch! °" ) „Gesetzsammlung für die tgi. preußischen Staaten 1810 sf.. erst durch Erlas,
vom L4, et, 190L in „Preußische Gesetzsammlung" (ab 1907) umgetauft! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335199"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_34" prev="#ID_33"> l-ich gu denken. „IVIZwt, v'otM lui" — gerade so wie'bei Ludwig dem Vier¬<lb/> zehnten, und alles Zentralistische war, um «in bekanntes Wort von Goethe zu<lb/> verwenden, doch mehr „fritzisch" als preußisch gewesen. So geschah es, daß mau<lb/> in den letzten Jahrzehnten des -achtzehnten Jahrhunderts sich geradezu wieder von<lb/> den Formeu des Einheitsstaates entfernte, das zeigte sich sowohl bei den jüngst<lb/> erworbenen Gebieten, wo die gesamtstaatliche „Diosmose" ausblieb, wie bei den<lb/> nur Provinz-, also bruchstückweise durchgeführten Reformen seit 1786. sympto¬<lb/> matisch für deu unfertigen Zustand der preußischen Staatseinheit ist der Sprach¬<lb/> gebrauch. So kannte der Kanzleistil des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts<lb/> bei inneren Regierungsangelegenheiten nur „Seiner Königlichen Majestät Staa¬<lb/> ten und Provinzen",'') erging das Allgemeine Landrecht (1794) für die „preußi¬<lb/> schen Staaten" ebenso wie die sechzehn Jahre später begründete offizielle Gesetzes-<lb/> Sammlung. °) Wo Se. Bürokratius sich so altfränkisch gebävdete, konnte man von<lb/> den „Partiliuliers" keine moderne Auffassung erwarten. Ein Teil von ihnen<lb/> stand dem Staate noch völlig fremd gegenüber und wurde in dieser Fremdheit<lb/> von Obrigkeits wegen bestärkt. Der Bürger sollte nach Friedrichs des Großen<lb/> Meinung es gar nicht merke», wenn die Armee sich schlägt, und auch dem Bauer,<lb/> der als Kern des Heeres mit von der Bataille war,'wurde doch durch die absicht¬<lb/> lich lokal und territorial orientierte Kantouverfafsuug, die eine Rekruteumischuug<lb/> ausschloß, das ihm in seiner Eigenschaft als preußischer Grenadier etwa auf¬<lb/> dämmernde Gesamtstaatsgefühl wieder unterbunden. Noch 1803 äußerte die<lb/> Militärorganisatiouskoininission: „Die Gattung des Patriotismus und National-<lb/> stolzes ist jeder Provinz eigentümlich, und wir halten es für durchaus bedeut<lb/> lich, sie darin zu reformieren, indem der angeborene Patriotismus dadurch zer¬<lb/> stört werden müßte, ohne daß etwas Besseres an seine Stelle träte."</p><lb/> <p xml:id="ID_35"> Damals war die Stunde nicht mehr fern, in der dieses Bessere gefunden<lb/> werden sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_36"> Mit dem Blicke des Staatsmannes schrieb Hardenberg schon (1807) in der<lb/> Atigaer Denkschrift: „Es scheint mir weise, dem Ganze» einen einzigen National-<lb/> charakter auszuprägen. Der ganze Staat heiße künftig Preußen. In diesem<lb/> Namen fließe der eigentliche Preuße, der Pommer, der Brandenburger zu¬<lb/> sammen." Solch kategorischer Imperativ hatte aber zwei Boraussetzungen. An<lb/> der Verwirklichung der einen war sein Verkünder selber beteiligt. Denn sie be¬<lb/> stand in der Metamorphose des bis dahin in dumpfer Verpuppung passiver<lb/> Untertaneuschaft dahinlebenden Bourgeois und Bauers zum vollberechtigter<lb/> Staatsbürger, was durch die Stein-Hnrdenbergschcn Reformen im wesentlichen<lb/> geleistet wurde. Die andere schuf nicht Menschenhand, sondern die Glut des<lb/> FreiheitSkamPses, die vom Stahlblvck des preußischen Einheitsstaates die letzte«<lb/> Partikularistischeu Schlacken lösen sollte. Auf den Schlachtfeldern Deutschlands<lb/> und Frankreichs sind „der eigentliche Preuße, der Pommer, der Brandenburger<lb/> zusamiuengeflossen" nicht nur im Namen des gemeinsamen Vaterlandes, wie<lb/> Hardenberg es ausdrückt, sondern in der todbereiten Gesinnung ihm gegenüber.<lb/> Wenn Körner sang: Es ist kein Krieg von dein die Kronen wissen — es ist ein<lb/> Kreuzzug, 's ist ein heiliger Krieg, so wurde damit doch trotz der dichterisch über¬<lb/> triebenen Antithese der Unterschied zur friderizianischen Epoche an der rechten<lb/> Stelle deutlich. War in jener der^Sprit. <Zs nation — wie wir sahen — nicht viel<lb/> mehr als ein staatlich gefärbter Korpsgeist im preußischen Adel, so erfüllte jetzt<lb/> das Einheitsgefühl nicht nur alle Tiefen »lud Höhen des Preußentums, sondern<lb/> flutete in warmer Woge weit über die Grenzen des Einzelstaates. „Der Name<lb/> der Preußen begann sich mit dem der Deutschen zu Verschmelzen."</p><lb/> <p xml:id="ID_37" next="#ID_38"> Doch Her so charakteristische dramatische Verlauf der preußisch-deutschen<lb/> Geschichte brachte noch einmal ein „retardierendes Moment". Wie im weiteren<lb/> deutschen Baterlande noch 1815 ein deutliches .imrücksiukeu der Massen von der</p><lb/> <note xml:id="FID_7" place="foot"> 5) l^g ?i'u88ö kannte nur der .diplomatische Sprachgebrauch!<lb/> °"</note><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> ) „Gesetzsammlung für die tgi. preußischen Staaten 1810 sf.. erst durch Erlas,<lb/> vom L4, et, 190L in „Preußische Gesetzsammlung" (ab 1907) umgetauft!</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
l-ich gu denken. „IVIZwt, v'otM lui" — gerade so wie'bei Ludwig dem Vier¬
zehnten, und alles Zentralistische war, um «in bekanntes Wort von Goethe zu
verwenden, doch mehr „fritzisch" als preußisch gewesen. So geschah es, daß mau
in den letzten Jahrzehnten des -achtzehnten Jahrhunderts sich geradezu wieder von
den Formeu des Einheitsstaates entfernte, das zeigte sich sowohl bei den jüngst
erworbenen Gebieten, wo die gesamtstaatliche „Diosmose" ausblieb, wie bei den
nur Provinz-, also bruchstückweise durchgeführten Reformen seit 1786. sympto¬
matisch für deu unfertigen Zustand der preußischen Staatseinheit ist der Sprach¬
gebrauch. So kannte der Kanzleistil des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts
bei inneren Regierungsangelegenheiten nur „Seiner Königlichen Majestät Staa¬
ten und Provinzen",'') erging das Allgemeine Landrecht (1794) für die „preußi¬
schen Staaten" ebenso wie die sechzehn Jahre später begründete offizielle Gesetzes-
Sammlung. °) Wo Se. Bürokratius sich so altfränkisch gebävdete, konnte man von
den „Partiliuliers" keine moderne Auffassung erwarten. Ein Teil von ihnen
stand dem Staate noch völlig fremd gegenüber und wurde in dieser Fremdheit
von Obrigkeits wegen bestärkt. Der Bürger sollte nach Friedrichs des Großen
Meinung es gar nicht merke», wenn die Armee sich schlägt, und auch dem Bauer,
der als Kern des Heeres mit von der Bataille war,'wurde doch durch die absicht¬
lich lokal und territorial orientierte Kantouverfafsuug, die eine Rekruteumischuug
ausschloß, das ihm in seiner Eigenschaft als preußischer Grenadier etwa auf¬
dämmernde Gesamtstaatsgefühl wieder unterbunden. Noch 1803 äußerte die
Militärorganisatiouskoininission: „Die Gattung des Patriotismus und National-
stolzes ist jeder Provinz eigentümlich, und wir halten es für durchaus bedeut
lich, sie darin zu reformieren, indem der angeborene Patriotismus dadurch zer¬
stört werden müßte, ohne daß etwas Besseres an seine Stelle träte."
Damals war die Stunde nicht mehr fern, in der dieses Bessere gefunden
werden sollte.
Mit dem Blicke des Staatsmannes schrieb Hardenberg schon (1807) in der
Atigaer Denkschrift: „Es scheint mir weise, dem Ganze» einen einzigen National-
charakter auszuprägen. Der ganze Staat heiße künftig Preußen. In diesem
Namen fließe der eigentliche Preuße, der Pommer, der Brandenburger zu¬
sammen." Solch kategorischer Imperativ hatte aber zwei Boraussetzungen. An
der Verwirklichung der einen war sein Verkünder selber beteiligt. Denn sie be¬
stand in der Metamorphose des bis dahin in dumpfer Verpuppung passiver
Untertaneuschaft dahinlebenden Bourgeois und Bauers zum vollberechtigter
Staatsbürger, was durch die Stein-Hnrdenbergschcn Reformen im wesentlichen
geleistet wurde. Die andere schuf nicht Menschenhand, sondern die Glut des
FreiheitSkamPses, die vom Stahlblvck des preußischen Einheitsstaates die letzte«
Partikularistischeu Schlacken lösen sollte. Auf den Schlachtfeldern Deutschlands
und Frankreichs sind „der eigentliche Preuße, der Pommer, der Brandenburger
zusamiuengeflossen" nicht nur im Namen des gemeinsamen Vaterlandes, wie
Hardenberg es ausdrückt, sondern in der todbereiten Gesinnung ihm gegenüber.
Wenn Körner sang: Es ist kein Krieg von dein die Kronen wissen — es ist ein
Kreuzzug, 's ist ein heiliger Krieg, so wurde damit doch trotz der dichterisch über¬
triebenen Antithese der Unterschied zur friderizianischen Epoche an der rechten
Stelle deutlich. War in jener der^Sprit. <Zs nation — wie wir sahen — nicht viel
mehr als ein staatlich gefärbter Korpsgeist im preußischen Adel, so erfüllte jetzt
das Einheitsgefühl nicht nur alle Tiefen »lud Höhen des Preußentums, sondern
flutete in warmer Woge weit über die Grenzen des Einzelstaates. „Der Name
der Preußen begann sich mit dem der Deutschen zu Verschmelzen."
Doch Her so charakteristische dramatische Verlauf der preußisch-deutschen
Geschichte brachte noch einmal ein „retardierendes Moment". Wie im weiteren
deutschen Baterlande noch 1815 ein deutliches .imrücksiukeu der Massen von der
5) l^g ?i'u88ö kannte nur der .diplomatische Sprachgebrauch!
°"
) „Gesetzsammlung für die tgi. preußischen Staaten 1810 sf.. erst durch Erlas,
vom L4, et, 190L in „Preußische Gesetzsammlung" (ab 1907) umgetauft!
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |