Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen vernielä tot solierstekjes" (Der Haß der Antwerpener gegen die Deutschen ist so Und wie in Brüssel und Antwerpen, so ging es in Lüttich, Ncuuur, Gent, Aber auch die kleineren Orte wollten nicht zurückbleiben. Aus Mouscron Die Gendarmen taten noch ganz andere Sachen! Aus Baudour im Kreise Wie gefährdet in der Tat das Leben der friedlichsten Deutschen damals in Und im Felde? Wie mag es da ausgesehen haben? Ein nach Schrift und Ausdrucksweise gebildeter Soldat schreibt unter dem Am 16. August 1914 schreibt ein anderer belgischer Soldat seiner Frau Unter dem 16. August 1914 berichtet denn auch ein belgischer Unteroffizier v) Der Originalbrief wurde am 16. Oktober 1916 an das K. Gouv. Antwerpen weiter¬
gegeben. Darum dieser Auszug nach einer bei den Akten zurückbehaltener Teilübersetzuug. Die Urschrift ist wie alle anderen hier benutzten Briefe durch meine Hände gegangen. Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen vernielä tot solierstekjes" (Der Haß der Antwerpener gegen die Deutschen ist so Und wie in Brüssel und Antwerpen, so ging es in Lüttich, Ncuuur, Gent, Aber auch die kleineren Orte wollten nicht zurückbleiben. Aus Mouscron Die Gendarmen taten noch ganz andere Sachen! Aus Baudour im Kreise Wie gefährdet in der Tat das Leben der friedlichsten Deutschen damals in Und im Felde? Wie mag es da ausgesehen haben? Ein nach Schrift und Ausdrucksweise gebildeter Soldat schreibt unter dem Am 16. August 1914 schreibt ein anderer belgischer Soldat seiner Frau Unter dem 16. August 1914 berichtet denn auch ein belgischer Unteroffizier v) Der Originalbrief wurde am 16. Oktober 1916 an das K. Gouv. Antwerpen weiter¬
gegeben. Darum dieser Auszug nach einer bei den Akten zurückbehaltener Teilübersetzuug. Die Urschrift ist wie alle anderen hier benutzten Briefe durch meine Hände gegangen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335326"/> <fw type="header" place="top"> Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen</fw><lb/> <p xml:id="ID_616" prev="#ID_615"> vernielä tot solierstekjes" (Der Haß der Antwerpener gegen die Deutschen ist so<lb/> groß, daß sie alle flüchten. Wird einer auf der Straße gesehen, wird er sozusagen<lb/> gelyncht. . . . Dienstag abend und nacht hat das Volk alle deutschen Wirtschaften.<lb/> Herbergen usw. zerstört, nichts ist heil geblieben, ganze Häuser werden sozusagen<lb/> abgebrochen oder ihr Inhalt vollständig vernichtet).</p><lb/> <p xml:id="ID_617"> Und wie in Brüssel und Antwerpen, so ging es in Lüttich, Ncuuur, Gent,<lb/> Ostende usw. zu.</p><lb/> <p xml:id="ID_618"> Aber auch die kleineren Orte wollten nicht zurückbleiben. Aus Mouscron<lb/> an der französischen Grenze wird berichtet (7. August 1914): „I^es ^Ilsmancls<lb/> forn tres mal recus Ä /Vlouscron, Limene lois cM en cisscenci Ä 1a (Zare it<lb/> sont battus par les mouseronuais eomme clef betes se le Zenclarmes les laisse<lb/> faire" (Dse Deutschen werden sehr schlecht empfanden in Mouscron. Jedesmal<lb/> wenn einer aussteigt auf dem Bahnhof, wird er von den Mouscronnern wie ein<lb/> Tier geschlagen, und der Gendarm läßt' es geschehen).</p><lb/> <p xml:id="ID_619"> Die Gendarmen taten noch ganz andere Sachen! Aus Baudour im Kreise<lb/> Mons wird geschrieben (Poststempel ö, August 1914), daß der Gendarm >,a etonne<lb/> uns eonlereiiLS 3ur is plaes verte liier soir clisant esu'on peut sans crainte<lb/> rusiller tout allemanä cjui ein Is noiratre mot" (gestern abend auf dem Grünen<lb/> Platz eine Vorlesung gehalten und gesagt hat, daß man ohne Furcht jeden<lb/> Deutschen erschießen dürfe, der das geringste Wort sagte).</p><lb/> <p xml:id="ID_620"> Wie gefährdet in der Tat das Leben der friedlichsten Deutschen damals in<lb/> Belgien war, zeigt die briefliche Nachricht eines Geschäftsmanns aus Menin vom<lb/> 11. August 1914: „Hier soir vers 8V2 teures, le patron ein vamien (?) l><lb/> nmncuie ni'etre tuo; un iVieninois ein IZoerlce lui ^ porte un iormiclaKIe con(p)<lb/> 6e couteÄu clmrs le con sous pretexte qu'it etait allemancl et am'it voulait<lb/> adsnlument en tuer un" (Gestern abend gegen 8V- Uhr wäre der Herr des D.<lb/> fast getötet worden. Ein Meniner mit Namen V. hat ihm einen furchtbaren<lb/> Messerstich im Halse beigebracht unter dem Vorwand, daß er Deutscher wäre und<lb/> daß er durchaus einen töten wollte). ,</p><lb/> <p xml:id="ID_621"> Und im Felde? Wie mag es da ausgesehen haben?</p><lb/> <p xml:id="ID_622"> Ein nach Schrift und Ausdrucksweise gebildeter Soldat schreibt unter dem<lb/> Poststempel Dave (bei Namur), 20. August 1914, einer Antmerpener Frau: ,,^'al<lb/> vu tuer Is corps lies volontaires a^an servi an Longo. IIs ont tsllement<lb/> aiZüise leurs balonnettes cui'ils peuvent couper leur pain avec fliehn .le<lb/> crois am'on us rera plus 6s prisonnisrs. On tue tout; e'est I'extermination<lb/> cle race!" (-Ich habe gestern das Korps der Freiwilligen vom Kongo gesehen.<lb/> Sie haben ihre Bajonette so geschärft, daß sie damit ihr Brot schneiden torrent!.<lb/> Ich glaube, daß mau keine Gefangenen mehr machen wird. Man tötet alle; es<lb/> gilt die Ausrottung der Rasse!).</p><lb/> <p xml:id="ID_623"> Am 16. August 1914 schreibt ein anderer belgischer Soldat seiner Frau<lb/> aus sind-Joris-Winge im .Kreise Löwen, die Leichen lügen auf dem Schlachtfeld<lb/> bei Diest so „op een gestapelt, etat men over cle lijksn mock sprijZen over<lb/> vns Vroecier en Vijanäcn om cien, eenen en 6en auäsien Icapot es maken nox<lb/> veel IrerZer als vvilcls besten" (übereinandergestapelt, daß man über die Leichen<lb/> springen muß, über unsere Brüder und Feinde, um den einen und den andern<lb/> umzubringen noch viel ärger als wilde Tiere).</p><lb/> <p xml:id="ID_624"> Unter dem 16. August 1914 berichtet denn auch ein belgischer Unteroffizier<lb/> aus Landenne im Kreise Huy, die Lanciers hätten „gestern 80 Gefangene gemacht.<lb/> Ihr Kommandant sagte ihnen, sie sollten sie nach Namur bringen. Aber als er<lb/> zurückkam, hatten sie die 80 Gefangenen über den Haufen geschossen. So ver¬<lb/> stehen es schon die belgischen Soldaten, aber ihr Kommandant schimpfte sie aus.<lb/> Hätten er nicht an sich gehalten, dann hätten sie ihn auch ermordet."°)</p><lb/> <note xml:id="FID_28" place="foot"> v) Der Originalbrief wurde am 16. Oktober 1916 an das K. Gouv. Antwerpen weiter¬<lb/> gegeben. Darum dieser Auszug nach einer bei den Akten zurückbehaltener Teilübersetzuug.<lb/> Die Urschrift ist wie alle anderen hier benutzten Briefe durch meine Hände gegangen.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen
vernielä tot solierstekjes" (Der Haß der Antwerpener gegen die Deutschen ist so
groß, daß sie alle flüchten. Wird einer auf der Straße gesehen, wird er sozusagen
gelyncht. . . . Dienstag abend und nacht hat das Volk alle deutschen Wirtschaften.
Herbergen usw. zerstört, nichts ist heil geblieben, ganze Häuser werden sozusagen
abgebrochen oder ihr Inhalt vollständig vernichtet).
Und wie in Brüssel und Antwerpen, so ging es in Lüttich, Ncuuur, Gent,
Ostende usw. zu.
Aber auch die kleineren Orte wollten nicht zurückbleiben. Aus Mouscron
an der französischen Grenze wird berichtet (7. August 1914): „I^es ^Ilsmancls
forn tres mal recus Ä /Vlouscron, Limene lois cM en cisscenci Ä 1a (Zare it
sont battus par les mouseronuais eomme clef betes se le Zenclarmes les laisse
faire" (Dse Deutschen werden sehr schlecht empfanden in Mouscron. Jedesmal
wenn einer aussteigt auf dem Bahnhof, wird er von den Mouscronnern wie ein
Tier geschlagen, und der Gendarm läßt' es geschehen).
Die Gendarmen taten noch ganz andere Sachen! Aus Baudour im Kreise
Mons wird geschrieben (Poststempel ö, August 1914), daß der Gendarm >,a etonne
uns eonlereiiLS 3ur is plaes verte liier soir clisant esu'on peut sans crainte
rusiller tout allemanä cjui ein Is noiratre mot" (gestern abend auf dem Grünen
Platz eine Vorlesung gehalten und gesagt hat, daß man ohne Furcht jeden
Deutschen erschießen dürfe, der das geringste Wort sagte).
Wie gefährdet in der Tat das Leben der friedlichsten Deutschen damals in
Belgien war, zeigt die briefliche Nachricht eines Geschäftsmanns aus Menin vom
11. August 1914: „Hier soir vers 8V2 teures, le patron ein vamien (?) l>
nmncuie ni'etre tuo; un iVieninois ein IZoerlce lui ^ porte un iormiclaKIe con(p)
6e couteÄu clmrs le con sous pretexte qu'it etait allemancl et am'it voulait
adsnlument en tuer un" (Gestern abend gegen 8V- Uhr wäre der Herr des D.
fast getötet worden. Ein Meniner mit Namen V. hat ihm einen furchtbaren
Messerstich im Halse beigebracht unter dem Vorwand, daß er Deutscher wäre und
daß er durchaus einen töten wollte). ,
Und im Felde? Wie mag es da ausgesehen haben?
Ein nach Schrift und Ausdrucksweise gebildeter Soldat schreibt unter dem
Poststempel Dave (bei Namur), 20. August 1914, einer Antmerpener Frau: ,,^'al
vu tuer Is corps lies volontaires a^an servi an Longo. IIs ont tsllement
aiZüise leurs balonnettes cui'ils peuvent couper leur pain avec fliehn .le
crois am'on us rera plus 6s prisonnisrs. On tue tout; e'est I'extermination
cle race!" (-Ich habe gestern das Korps der Freiwilligen vom Kongo gesehen.
Sie haben ihre Bajonette so geschärft, daß sie damit ihr Brot schneiden torrent!.
Ich glaube, daß mau keine Gefangenen mehr machen wird. Man tötet alle; es
gilt die Ausrottung der Rasse!).
Am 16. August 1914 schreibt ein anderer belgischer Soldat seiner Frau
aus sind-Joris-Winge im .Kreise Löwen, die Leichen lügen auf dem Schlachtfeld
bei Diest so „op een gestapelt, etat men over cle lijksn mock sprijZen over
vns Vroecier en Vijanäcn om cien, eenen en 6en auäsien Icapot es maken nox
veel IrerZer als vvilcls besten" (übereinandergestapelt, daß man über die Leichen
springen muß, über unsere Brüder und Feinde, um den einen und den andern
umzubringen noch viel ärger als wilde Tiere).
Unter dem 16. August 1914 berichtet denn auch ein belgischer Unteroffizier
aus Landenne im Kreise Huy, die Lanciers hätten „gestern 80 Gefangene gemacht.
Ihr Kommandant sagte ihnen, sie sollten sie nach Namur bringen. Aber als er
zurückkam, hatten sie die 80 Gefangenen über den Haufen geschossen. So ver¬
stehen es schon die belgischen Soldaten, aber ihr Kommandant schimpfte sie aus.
Hätten er nicht an sich gehalten, dann hätten sie ihn auch ermordet."°)
v) Der Originalbrief wurde am 16. Oktober 1916 an das K. Gouv. Antwerpen weiter¬
gegeben. Darum dieser Auszug nach einer bei den Akten zurückbehaltener Teilübersetzuug.
Die Urschrift ist wie alle anderen hier benutzten Briefe durch meine Hände gegangen.
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