Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Belgischer T"rrori5mu5 Töne von belgischer Staatsgesinnung anklingen zu lassen, die damit nur schwer Die Macht der Kriegsverhetzung und der gefürchteten schwarzen Listen Nicht weniger als die politische oder auch nur persönliche Anfreundung mit Trotz der vor giftiger Verhetzung und schonungslosem Terrorismus nicht Die zu Hunderttausenden brachliegenden belgischen Arbeitskräfte wieder zur Abgesehen von Ausnahmen haben sich die belgischen Arbeiter in Deutsch¬ Aber in der belgischen Heimat blieb die terroristische Agitation nicht untätig. Die Arbeiteranwerbung mußte darunter leiden und zurückgehen. Da kam Belgischer T«rrori5mu5 Töne von belgischer Staatsgesinnung anklingen zu lassen, die damit nur schwer Die Macht der Kriegsverhetzung und der gefürchteten schwarzen Listen Nicht weniger als die politische oder auch nur persönliche Anfreundung mit Trotz der vor giftiger Verhetzung und schonungslosem Terrorismus nicht Die zu Hunderttausenden brachliegenden belgischen Arbeitskräfte wieder zur Abgesehen von Ausnahmen haben sich die belgischen Arbeiter in Deutsch¬ Aber in der belgischen Heimat blieb die terroristische Agitation nicht untätig. Die Arbeiteranwerbung mußte darunter leiden und zurückgehen. Da kam <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88312"/> <fw type="header" place="top"> Belgischer T«rrori5mu5</fw><lb/> <p xml:id="ID_267" prev="#ID_266"> Töne von belgischer Staatsgesinnung anklingen zu lassen, die damit nur schwer<lb/> in Einklang zu bringen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_268"> Die Macht der Kriegsverhetzung und der gefürchteten schwarzen Listen<lb/> ist sehr groß. Es ist eben nicht jedermanns Sache, sich von bisher guten Freunden<lb/> den Rücken zudrehen zu lassen oder gar sich in den belgischen Flüchtlingsblättern<lb/> und in der Entente-Presse als Landesverräter gebrandmarkt zu sehen. Zumal bei<lb/> dem Dunkel, in das immer noch Belgiens Zukunft gehüllt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_269"> Nicht weniger als die politische oder auch nur persönliche Anfreundung mit<lb/> Deutschen ist auch jegliches wirtschaftliche Arbeiten für die Deutschen, jedes Wirken<lb/> in deutschen Betrieben, mögen sie sich in Deutschland oder in Belgien befinden,<lb/> der Gegenstand terroristischer Anfeindungen und Verfolgungen. Selbst gegen daS<lb/> Bestellen der Acker hat man versucht Stimmung zu machen, weil ein guter Ertrag<lb/> der belgischen Landwirtschaft auch uns, zum mindesten indirekt zugute kommen<lb/> und Englands AushungerungNbestrebungcn hinderlich sein muß. Doch abgesehen<lb/> von der deutschen Aufsicht hat die Selbstsucht der belgischen Bauernbevölkerung<lb/> eine so handfeste Gesundheit, daß solchen Bestrebungen von vornherein der Erfolg<lb/> versagt sein mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_270"> Trotz der vor giftiger Verhetzung und schonungslosem Terrorismus nicht<lb/> zurückschreckenden Agitation — der bekannte Streik in den mechelnschen Werk¬<lb/> stätten ist dafür bezeichnend —; trotz der nach Friedensschluß allen, die mit<lb/> Deutschen in Beziehungen traten, mündlich, schriftlich und gedruckt in der Flücht¬<lb/> lingspresse und in den massenhaft verbreiteten Flugblättern angedrohten Rache;,<lb/> trotzdem die Möglichkeit der Wiederherstellung deS belgischen Staates wie ein<lb/> lähmender Schatten nahenden Unheils auf allem positiven Schaffen in Belgien,<lb/> lastet, der schon viele Deutsche nach langjähriger, fruchtbarer Arbeit in die alte<lb/> Heimat zurückgescheucht hat und, wenn er wirklich zur Tatsache werden sollte,<lb/> noch viel mehr Deutsche und nicht wenige Belgier verscheuchen wird; — trotz<lb/> alledem ist es zu einem fruchtbringenden Zusammenarbeiten zwischen Deutschen<lb/> und Flamen gekommen auf den verschiedensten Gebieten geistigen und materiellen<lb/> Schaffens von der Umwandlung der Genter Universität, der Vervolklichung des<lb/> Schulwesens, der Volksaufklärung durch die Presse bis zu dem großen Eisen¬<lb/> bahnbau bei Lüttich. dem westfälisch - luxemburgischen Bergbauunternehmen in<lb/> Gouvy und der Gewinnung belgischer Arbeitskräfte für die deutsche Industrie.</p><lb/> <p xml:id="ID_271"> Die zu Hunderttausenden brachliegenden belgischen Arbeitskräfte wieder zur<lb/> Tätigkeit zurückzuführen, ist schon lange Aufgabe des deutschen Jndustriebureaus<lb/> gewesen. Nicht nur dem Bahnbau Aachen—Tongern und der westfälischen In¬<lb/> dustrie in Gouvy hat es die nötigen belgischen Arbeitskräfte zugeführt, auch für<lb/> die Arbeit in Deutschland hat es in frei abgeschlossenen Verträgen Belgier ge¬<lb/> worben, die bald nach der Aufnahme seiner Tätigkeit schon nach Zehntausenden<lb/> zählten.</p><lb/> <p xml:id="ID_272"> Abgesehen von Ausnahmen haben sich die belgischen Arbeiter in Deutsch¬<lb/> land wohlgefühlt. Löhne von einer Höhe, die an den Heimatsverhältnissen ge¬<lb/> messen geradezu märchenhaft erscheinen, haben stets eine sehr überzeugende Kraft.<lb/> Sie ermöglichten selbst bei der herrschenden Teuerung ansehnliche Ersparnisse.<lb/> Auch sonst fühlten sich die Belgier in Deutschland im allgemeinen wohl auf¬<lb/> gehoben. Viele beschlossen nach dem Kriege dort zu bleiben und ließen Weib und<lb/> Kinder nachkommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_273"> Aber in der belgischen Heimat blieb die terroristische Agitation nicht untätig.<lb/> Die freiwillig nach Deutschland gegangenen Arbeiter wurden verschrien als pflicht¬<lb/> vergessene, vaterlandslose Leute, als Begünstiger des Feindes, als Landesverräter.<lb/> Da man an die „Schuldigen" selber nicht herankonnte, wurden ihre im Lande<lb/> zurückgebliebenen Angehörigen Gegenstand planmäßiger Schikanierung, wobei<lb/> Gemeinde- und andere belgische Behörden, das Comites National und die Be-<lb/> völkerung in edlem Wetteifer zusammenwirkten.</p><lb/> <p xml:id="ID_274" next="#ID_275"> Die Arbeiteranwerbung mußte darunter leiden und zurückgehen. Da kam<lb/> die zwangsweise Abtransportierung der Arbeitslosen. Sie war durchaus berechtigt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Belgischer T«rrori5mu5
Töne von belgischer Staatsgesinnung anklingen zu lassen, die damit nur schwer
in Einklang zu bringen sind.
Die Macht der Kriegsverhetzung und der gefürchteten schwarzen Listen
ist sehr groß. Es ist eben nicht jedermanns Sache, sich von bisher guten Freunden
den Rücken zudrehen zu lassen oder gar sich in den belgischen Flüchtlingsblättern
und in der Entente-Presse als Landesverräter gebrandmarkt zu sehen. Zumal bei
dem Dunkel, in das immer noch Belgiens Zukunft gehüllt ist.
Nicht weniger als die politische oder auch nur persönliche Anfreundung mit
Deutschen ist auch jegliches wirtschaftliche Arbeiten für die Deutschen, jedes Wirken
in deutschen Betrieben, mögen sie sich in Deutschland oder in Belgien befinden,
der Gegenstand terroristischer Anfeindungen und Verfolgungen. Selbst gegen daS
Bestellen der Acker hat man versucht Stimmung zu machen, weil ein guter Ertrag
der belgischen Landwirtschaft auch uns, zum mindesten indirekt zugute kommen
und Englands AushungerungNbestrebungcn hinderlich sein muß. Doch abgesehen
von der deutschen Aufsicht hat die Selbstsucht der belgischen Bauernbevölkerung
eine so handfeste Gesundheit, daß solchen Bestrebungen von vornherein der Erfolg
versagt sein mußte.
Trotz der vor giftiger Verhetzung und schonungslosem Terrorismus nicht
zurückschreckenden Agitation — der bekannte Streik in den mechelnschen Werk¬
stätten ist dafür bezeichnend —; trotz der nach Friedensschluß allen, die mit
Deutschen in Beziehungen traten, mündlich, schriftlich und gedruckt in der Flücht¬
lingspresse und in den massenhaft verbreiteten Flugblättern angedrohten Rache;,
trotzdem die Möglichkeit der Wiederherstellung deS belgischen Staates wie ein
lähmender Schatten nahenden Unheils auf allem positiven Schaffen in Belgien,
lastet, der schon viele Deutsche nach langjähriger, fruchtbarer Arbeit in die alte
Heimat zurückgescheucht hat und, wenn er wirklich zur Tatsache werden sollte,
noch viel mehr Deutsche und nicht wenige Belgier verscheuchen wird; — trotz
alledem ist es zu einem fruchtbringenden Zusammenarbeiten zwischen Deutschen
und Flamen gekommen auf den verschiedensten Gebieten geistigen und materiellen
Schaffens von der Umwandlung der Genter Universität, der Vervolklichung des
Schulwesens, der Volksaufklärung durch die Presse bis zu dem großen Eisen¬
bahnbau bei Lüttich. dem westfälisch - luxemburgischen Bergbauunternehmen in
Gouvy und der Gewinnung belgischer Arbeitskräfte für die deutsche Industrie.
Die zu Hunderttausenden brachliegenden belgischen Arbeitskräfte wieder zur
Tätigkeit zurückzuführen, ist schon lange Aufgabe des deutschen Jndustriebureaus
gewesen. Nicht nur dem Bahnbau Aachen—Tongern und der westfälischen In¬
dustrie in Gouvy hat es die nötigen belgischen Arbeitskräfte zugeführt, auch für
die Arbeit in Deutschland hat es in frei abgeschlossenen Verträgen Belgier ge¬
worben, die bald nach der Aufnahme seiner Tätigkeit schon nach Zehntausenden
zählten.
Abgesehen von Ausnahmen haben sich die belgischen Arbeiter in Deutsch¬
land wohlgefühlt. Löhne von einer Höhe, die an den Heimatsverhältnissen ge¬
messen geradezu märchenhaft erscheinen, haben stets eine sehr überzeugende Kraft.
Sie ermöglichten selbst bei der herrschenden Teuerung ansehnliche Ersparnisse.
Auch sonst fühlten sich die Belgier in Deutschland im allgemeinen wohl auf¬
gehoben. Viele beschlossen nach dem Kriege dort zu bleiben und ließen Weib und
Kinder nachkommen.
Aber in der belgischen Heimat blieb die terroristische Agitation nicht untätig.
Die freiwillig nach Deutschland gegangenen Arbeiter wurden verschrien als pflicht¬
vergessene, vaterlandslose Leute, als Begünstiger des Feindes, als Landesverräter.
Da man an die „Schuldigen" selber nicht herankonnte, wurden ihre im Lande
zurückgebliebenen Angehörigen Gegenstand planmäßiger Schikanierung, wobei
Gemeinde- und andere belgische Behörden, das Comites National und die Be-
völkerung in edlem Wetteifer zusammenwirkten.
Die Arbeiteranwerbung mußte darunter leiden und zurückgehen. Da kam
die zwangsweise Abtransportierung der Arbeitslosen. Sie war durchaus berechtigt
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |