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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Die Behandlung der Letten und Ehlen

Landlosen, so weit ein solches vorhanden ist, soll herabgemindert werden, der
Rest aber ist -- und das führt unsere Erörterungen zum Arbeiterstand überhaupt
weiter -- auf demselben wirtschaftlichen Umwege dem deutschen Reichsgedanken
zu gewinnen, wie das in Deutschland der Fall war: durch die Arbeiterschutz-
und Sozialgesetzgebung, die bei uns dem Klassenkampf recht eigentlich das Rück¬
grat gebrochen hat.

Auch hier freilich ist das Tempo des in dieser Richtung einzuleitenden
Fortschritts vorsichtig und besonnen abzumessen. Bekanntlich ist unsere Sozial¬
gesetzgebung auf gemeinsame rechtlich gerogelte Pflichten von Arbeitgeber und
Arbeitnehmer aufgebaut. Auf die Industrie im wesentlichen berechnet, löste bei
uns dies System nicht sowohl den Patriarchalismus, als vielmehr das Manchester-
tum mit seinen skrupelloser Ausbeutungstendenzen ab. Der Jndustrialismus
der wenigen größeren Städte ist im Baltenland überhaupt erst ein Kind der
letzten Jahrzehnte. Dagegen sind trotz der Revolution von 1905/06 in den
übrigen Dienstverhältnissen vor allem aus dem Lande noch vielfach patriarchalische
Tendenzen wirksam. Und die lettische Unterschicht hat, wo sie sich auf den krassen
Rechtsstandpnnkt stellt, im Grunde genommen die freche Haltung des "Sklaven,
wenn er die Kette bricht". Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Größenwahn
und die Überheblichkeit namentlich der lettischen Jugend zu fördern, die in den
schlechten Schulen der Russifizierungsperiode sittlich verwildert ist- Wir müssen
vielmehr auch hier vorerst mehr die Patzigkeit dämpfen, die das russische Regime
bewußt groß zog, um das Deutschtum durch den revolutionären Geist der Unter¬
schicht zu untergraben. Das lettische Volk nutz dauernd das Bewußtsein haben,
daß die im Vergleich zum alten Rußland liberaleren Institutionen des Deutschen
Reiches bei uns erworben sind und dort nur erworben werden können durch
politische Reife und Besonnenheit, und datz die deutsche Negierung unbeugsam
entschlossen ist, sich keinerlei Reformen durch die allzu östlichen politischen Radau¬
methoden abtrotzen zu lassen.

Damit ist bereits der Weg vorgezeichnet, den unser Reformwille im
Baltikum überhaupt , zu gehen hat: vom Wirtschaftlichen zum Politischen.
Unbekümmert um bloße Worte der Parteien, der Journalisten, der Agitatoren
und der Vertreter wollen wir fest und zielsicher darauf vertrauen, daß wir durch
unsere Taten auf dem Wege wirtschaftlicher Hebung des Landes und aller seiner
Stände und Nationalitäten die Unterschicht auch politisch gewinnen. In
langsamem Fortschritt Wird sich dann der Leite und Este auch politisch-ideologisch
dahin selbstbestimmen, wohin ihn seine wirtschaftlichen Interessen mit Natur¬
notwendigkeit führen. Freilich darf diese wirtschaftliche Hebung des Landes nun
nicht Programm bleiben, sondern muß so bald wie möglich durch tatkräftige und
laut werbende Maßnahmen in Wirksamkeit treten. Die wirtschaftliche und
finanzielle Lage" des Landes ist schwer erschüttert. Der Vermögensbestand der
größeren deutschen Kreditinstitute und der vielen kleineren lettischen und
chemischen Banken ist vielfach nach' Rußland verschleppt worden, die Rückkehr
dieser Kapitalien steht dahin. Wir waren und sind genötigt, dem Lande zu
unserer Selbsterhaltung in ausgedehntem Maße Rohstoffe und Lebensmittel zu
entziehen. Wir müssen und können das Land dafür entschädigen, indem wir ihm
nach Möglichkeit Waren und weiterhin in großzügiger Weise den Kredit des
deutschen Großkapitals zuführen. Es darf nicht bei den Letten und Ehlen die
Meinung und das Mißtrauen Wurzel fassen, die Angliederung des neuen Balten¬
staates an das Deutsche Reich habe lediglich die wirtschaftliche Ausbeutung zum
Zweck. An der Gesundung der dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die durch
die Valutaverluste eine schwere Störung erfahren haben, sind wir ja selber im
höchsten Maße interessiert. Nicht nur die amtliche, sondern auch die private
Initiative des deutschen Großkapitals hat hier eine auch politisch ungemein
wichtige Ausgabe vor sich.

Doch es wäre verfehlt, nun auf die eine, die wichtigste wirtschaftliche Karte
alles zu setzen und darüber die politischen und vor allem die ideellen Gesichts¬
punkte zu vernachlässigen. Die politische Labte c-ollvonus des Letten- und


Die Behandlung der Letten und Ehlen

Landlosen, so weit ein solches vorhanden ist, soll herabgemindert werden, der
Rest aber ist — und das führt unsere Erörterungen zum Arbeiterstand überhaupt
weiter — auf demselben wirtschaftlichen Umwege dem deutschen Reichsgedanken
zu gewinnen, wie das in Deutschland der Fall war: durch die Arbeiterschutz-
und Sozialgesetzgebung, die bei uns dem Klassenkampf recht eigentlich das Rück¬
grat gebrochen hat.

Auch hier freilich ist das Tempo des in dieser Richtung einzuleitenden
Fortschritts vorsichtig und besonnen abzumessen. Bekanntlich ist unsere Sozial¬
gesetzgebung auf gemeinsame rechtlich gerogelte Pflichten von Arbeitgeber und
Arbeitnehmer aufgebaut. Auf die Industrie im wesentlichen berechnet, löste bei
uns dies System nicht sowohl den Patriarchalismus, als vielmehr das Manchester-
tum mit seinen skrupelloser Ausbeutungstendenzen ab. Der Jndustrialismus
der wenigen größeren Städte ist im Baltenland überhaupt erst ein Kind der
letzten Jahrzehnte. Dagegen sind trotz der Revolution von 1905/06 in den
übrigen Dienstverhältnissen vor allem aus dem Lande noch vielfach patriarchalische
Tendenzen wirksam. Und die lettische Unterschicht hat, wo sie sich auf den krassen
Rechtsstandpnnkt stellt, im Grunde genommen die freche Haltung des „Sklaven,
wenn er die Kette bricht". Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Größenwahn
und die Überheblichkeit namentlich der lettischen Jugend zu fördern, die in den
schlechten Schulen der Russifizierungsperiode sittlich verwildert ist- Wir müssen
vielmehr auch hier vorerst mehr die Patzigkeit dämpfen, die das russische Regime
bewußt groß zog, um das Deutschtum durch den revolutionären Geist der Unter¬
schicht zu untergraben. Das lettische Volk nutz dauernd das Bewußtsein haben,
daß die im Vergleich zum alten Rußland liberaleren Institutionen des Deutschen
Reiches bei uns erworben sind und dort nur erworben werden können durch
politische Reife und Besonnenheit, und datz die deutsche Negierung unbeugsam
entschlossen ist, sich keinerlei Reformen durch die allzu östlichen politischen Radau¬
methoden abtrotzen zu lassen.

Damit ist bereits der Weg vorgezeichnet, den unser Reformwille im
Baltikum überhaupt , zu gehen hat: vom Wirtschaftlichen zum Politischen.
Unbekümmert um bloße Worte der Parteien, der Journalisten, der Agitatoren
und der Vertreter wollen wir fest und zielsicher darauf vertrauen, daß wir durch
unsere Taten auf dem Wege wirtschaftlicher Hebung des Landes und aller seiner
Stände und Nationalitäten die Unterschicht auch politisch gewinnen. In
langsamem Fortschritt Wird sich dann der Leite und Este auch politisch-ideologisch
dahin selbstbestimmen, wohin ihn seine wirtschaftlichen Interessen mit Natur¬
notwendigkeit führen. Freilich darf diese wirtschaftliche Hebung des Landes nun
nicht Programm bleiben, sondern muß so bald wie möglich durch tatkräftige und
laut werbende Maßnahmen in Wirksamkeit treten. Die wirtschaftliche und
finanzielle Lage» des Landes ist schwer erschüttert. Der Vermögensbestand der
größeren deutschen Kreditinstitute und der vielen kleineren lettischen und
chemischen Banken ist vielfach nach' Rußland verschleppt worden, die Rückkehr
dieser Kapitalien steht dahin. Wir waren und sind genötigt, dem Lande zu
unserer Selbsterhaltung in ausgedehntem Maße Rohstoffe und Lebensmittel zu
entziehen. Wir müssen und können das Land dafür entschädigen, indem wir ihm
nach Möglichkeit Waren und weiterhin in großzügiger Weise den Kredit des
deutschen Großkapitals zuführen. Es darf nicht bei den Letten und Ehlen die
Meinung und das Mißtrauen Wurzel fassen, die Angliederung des neuen Balten¬
staates an das Deutsche Reich habe lediglich die wirtschaftliche Ausbeutung zum
Zweck. An der Gesundung der dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die durch
die Valutaverluste eine schwere Störung erfahren haben, sind wir ja selber im
höchsten Maße interessiert. Nicht nur die amtliche, sondern auch die private
Initiative des deutschen Großkapitals hat hier eine auch politisch ungemein
wichtige Ausgabe vor sich.

Doch es wäre verfehlt, nun auf die eine, die wichtigste wirtschaftliche Karte
alles zu setzen und darüber die politischen und vor allem die ideellen Gesichts¬
punkte zu vernachlässigen. Die politische Labte c-ollvonus des Letten- und


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[0330] Die Behandlung der Letten und Ehlen Landlosen, so weit ein solches vorhanden ist, soll herabgemindert werden, der Rest aber ist — und das führt unsere Erörterungen zum Arbeiterstand überhaupt weiter — auf demselben wirtschaftlichen Umwege dem deutschen Reichsgedanken zu gewinnen, wie das in Deutschland der Fall war: durch die Arbeiterschutz- und Sozialgesetzgebung, die bei uns dem Klassenkampf recht eigentlich das Rück¬ grat gebrochen hat. Auch hier freilich ist das Tempo des in dieser Richtung einzuleitenden Fortschritts vorsichtig und besonnen abzumessen. Bekanntlich ist unsere Sozial¬ gesetzgebung auf gemeinsame rechtlich gerogelte Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebaut. Auf die Industrie im wesentlichen berechnet, löste bei uns dies System nicht sowohl den Patriarchalismus, als vielmehr das Manchester- tum mit seinen skrupelloser Ausbeutungstendenzen ab. Der Jndustrialismus der wenigen größeren Städte ist im Baltenland überhaupt erst ein Kind der letzten Jahrzehnte. Dagegen sind trotz der Revolution von 1905/06 in den übrigen Dienstverhältnissen vor allem aus dem Lande noch vielfach patriarchalische Tendenzen wirksam. Und die lettische Unterschicht hat, wo sie sich auf den krassen Rechtsstandpnnkt stellt, im Grunde genommen die freche Haltung des „Sklaven, wenn er die Kette bricht". Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Größenwahn und die Überheblichkeit namentlich der lettischen Jugend zu fördern, die in den schlechten Schulen der Russifizierungsperiode sittlich verwildert ist- Wir müssen vielmehr auch hier vorerst mehr die Patzigkeit dämpfen, die das russische Regime bewußt groß zog, um das Deutschtum durch den revolutionären Geist der Unter¬ schicht zu untergraben. Das lettische Volk nutz dauernd das Bewußtsein haben, daß die im Vergleich zum alten Rußland liberaleren Institutionen des Deutschen Reiches bei uns erworben sind und dort nur erworben werden können durch politische Reife und Besonnenheit, und datz die deutsche Negierung unbeugsam entschlossen ist, sich keinerlei Reformen durch die allzu östlichen politischen Radau¬ methoden abtrotzen zu lassen. Damit ist bereits der Weg vorgezeichnet, den unser Reformwille im Baltikum überhaupt , zu gehen hat: vom Wirtschaftlichen zum Politischen. Unbekümmert um bloße Worte der Parteien, der Journalisten, der Agitatoren und der Vertreter wollen wir fest und zielsicher darauf vertrauen, daß wir durch unsere Taten auf dem Wege wirtschaftlicher Hebung des Landes und aller seiner Stände und Nationalitäten die Unterschicht auch politisch gewinnen. In langsamem Fortschritt Wird sich dann der Leite und Este auch politisch-ideologisch dahin selbstbestimmen, wohin ihn seine wirtschaftlichen Interessen mit Natur¬ notwendigkeit führen. Freilich darf diese wirtschaftliche Hebung des Landes nun nicht Programm bleiben, sondern muß so bald wie möglich durch tatkräftige und laut werbende Maßnahmen in Wirksamkeit treten. Die wirtschaftliche und finanzielle Lage» des Landes ist schwer erschüttert. Der Vermögensbestand der größeren deutschen Kreditinstitute und der vielen kleineren lettischen und chemischen Banken ist vielfach nach' Rußland verschleppt worden, die Rückkehr dieser Kapitalien steht dahin. Wir waren und sind genötigt, dem Lande zu unserer Selbsterhaltung in ausgedehntem Maße Rohstoffe und Lebensmittel zu entziehen. Wir müssen und können das Land dafür entschädigen, indem wir ihm nach Möglichkeit Waren und weiterhin in großzügiger Weise den Kredit des deutschen Großkapitals zuführen. Es darf nicht bei den Letten und Ehlen die Meinung und das Mißtrauen Wurzel fassen, die Angliederung des neuen Balten¬ staates an das Deutsche Reich habe lediglich die wirtschaftliche Ausbeutung zum Zweck. An der Gesundung der dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die durch die Valutaverluste eine schwere Störung erfahren haben, sind wir ja selber im höchsten Maße interessiert. Nicht nur die amtliche, sondern auch die private Initiative des deutschen Großkapitals hat hier eine auch politisch ungemein wichtige Ausgabe vor sich. Doch es wäre verfehlt, nun auf die eine, die wichtigste wirtschaftliche Karte alles zu setzen und darüber die politischen und vor allem die ideellen Gesichts¬ punkte zu vernachlässigen. Die politische Labte c-ollvonus des Letten- und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/330>, abgerufen am 22.07.2024.