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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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T>as politische Iveltgleichgewicht als Ziel des Weltkrieges

geführten Politisierung der Weltmassen irgend welche Geltung behaupten wollen,
nur im Anschluß oder im Einvernehmen mit diesem Herzen Wert behalten können.
Je stärker demnach Mitteleuropa ist, um so stärker wird die Stellung Ganzeuropas
im Rate der Völker bleiben. Darum muß dieses Haus hell, fest und licht gefügt
werden, aufs große gerichtet, wenn auch darin jede einzelne Halle ihre eigene Welt
umschließt, der Ozeanwind muß von der flandrischen Küste bis zum Indischen
Meere ungehindert hindurchstreichen und Weltluft und Weltverkehr in seine
Räume führen. Und Kolonien und Handelsstützpunkte in Übersee muß dieses
Haus besitzen, vor allem große Nohstoffgebiete, damit keine Spindel, keine Esse,
die uns den verlorenen Reichtum wiederbringen müssen, in seinen Werkstätten zu
ruhen braucht; wir wissen ja, es ist die wohlerwogene Absicht unserer Feinde,
auch nach dem Kriege uns die Rohstoffzufuhr aus ihren eigenen Kolonien vorzu¬
enthalten.

Daß wi.r auch diefes Ziel, die Aufrichtung eines starken Mitteleuropa als
Gegenpol zum herrschsüchtigen Angelsachsentum,'voll erringen, dafür müssen wir
schonungslos selbst die letzten Kräfte einsetzen. Nicht ohne Kampf wird uns die
Krönung des Gebäudes gelingen, wenn auch die Aussichten für Aufbau und Be¬
stand des Werkes günstig sind. Was die einzelnen Bundesglieder anlangt, so hat
Deutschland, Osterreich und die Türkei dieselbe Not zusammengeführt, der Ver¬
nichtungswille unserer Feinde; jener Wille wird bleiben, also auch unser Gegen¬
wille, unsere Freude am gemeinsamen Bau; Bulgarien untersteht nicht ganz
demselben Zwange, sein dauernder Anschluß bedarf daher sorgsamer Pflege.
Was feine Grenzen betrifft, fo scheint im Osten das Werk gesichert; die Ab¬
trennung der früher russischen Raubstaaten, darunter der alten germanischen
Siedlungsgebiete, ihre Selbständigmachung und Einbeziehung in die deutsche Kul¬
tur geben hier dem Germanentum den Slawen gegenüber auf lange Zeit das
Übergewicht. Darüber hinaus muß uns an einer Stabilisierung der russischen
Verhältnisse durchaus gelegen sein; unser Handel und das Weltgleichgewicht be¬
dürfen in gleicher Weise eines gefesteten Großrußlands.

Auch der Westen wird Mitteleuropa in Zukunft kaum Schwierigkeiten be¬
reiten. Die endgültige Grenzrcgelung wird erst der Friede bringen können.
Viele sachverständige Stimmen befürworten die Erwerbung der Erzbecken von
Longwy und Briey, da unsere Eisenvorräte in fünfundvierzig Jahren erschöpft
sein werden; Mitteleuropa wird länger bestehen sollen, für den Frieden einer
ganzen Reihe von Geschlechtern haben wir in diesem Kriege hinreichenden Blut¬
zoll entrichtet, sorgen wir beizeiten für ihren genügenden Schutz. Darüber hin¬
aus wird lediglich beim französischen Volke, das bei den übermäßigen Verlusten
seine Großmachtstellung kaum wird bewahren können, die Entscheidung liegen, ob
es auch weiter England Sklavendienste leisten oder in fernerer Zukunft an der
Seite Mitteleuropas eine eigene Weltgeltung erstreben will.

Schwieriger liegen die Verhältnisse an der Südgrenze, in der Türkei.
Große Gebiete sind hier an die Engländer verloren gegangen, vor allem Ägyp¬
ten, Teile Palästinas und Mesopotamiens, mit dem letzteren Lande leider auch
Bagdad und der Ausgang der Vagdadbahn. Wenn Mitteleuropa in vollem Um¬
fange lebensfähig fein soll, müssen diese Gebiete zurückerobert werden, denn
gerade ihr Besitz erst verleiht dem Bunde der Mittemächte die über Europa
hinausweisende substantiell-planetarische Weite. Die Bagdadbahn nvuß ihrer
ursprünglichen Bestimmung zurückgeführt werden, ein Ausfalltor Mitteleuropas
in den freien Indischen O^zean zu'sein. Palästina und Ägypten müssen wieder
feste Bestandteile der Türkei werden. Gerade im Besitz dieser Länder mit dem
zwischen ihnen liegenden Kanal liegt der Angelpunkt der im Weltkriege wesent¬
lich erhöhten Machtstellung Englands im Orient, nur hier kann jener Plan
seiner Diplomatie, den Indischen Ozean zum britischen Binnensee zu machen,
tödlich getroffen, nur hier durch eine breite Bresche der ganze Bau jenes gewalti¬
gen ozeanischen Reiches für immer in Trümmer gelegt werden. Auch d:e deut¬
schen Kolonien in Afrika, die unbedingt zurückerstattet, ja als Rohstoffgebiet?
vergrößert werden müssen, würden durch die Rückeroberung Ägyptens gesicherter


T>as politische Iveltgleichgewicht als Ziel des Weltkrieges

geführten Politisierung der Weltmassen irgend welche Geltung behaupten wollen,
nur im Anschluß oder im Einvernehmen mit diesem Herzen Wert behalten können.
Je stärker demnach Mitteleuropa ist, um so stärker wird die Stellung Ganzeuropas
im Rate der Völker bleiben. Darum muß dieses Haus hell, fest und licht gefügt
werden, aufs große gerichtet, wenn auch darin jede einzelne Halle ihre eigene Welt
umschließt, der Ozeanwind muß von der flandrischen Küste bis zum Indischen
Meere ungehindert hindurchstreichen und Weltluft und Weltverkehr in seine
Räume führen. Und Kolonien und Handelsstützpunkte in Übersee muß dieses
Haus besitzen, vor allem große Nohstoffgebiete, damit keine Spindel, keine Esse,
die uns den verlorenen Reichtum wiederbringen müssen, in seinen Werkstätten zu
ruhen braucht; wir wissen ja, es ist die wohlerwogene Absicht unserer Feinde,
auch nach dem Kriege uns die Rohstoffzufuhr aus ihren eigenen Kolonien vorzu¬
enthalten.

Daß wi.r auch diefes Ziel, die Aufrichtung eines starken Mitteleuropa als
Gegenpol zum herrschsüchtigen Angelsachsentum,'voll erringen, dafür müssen wir
schonungslos selbst die letzten Kräfte einsetzen. Nicht ohne Kampf wird uns die
Krönung des Gebäudes gelingen, wenn auch die Aussichten für Aufbau und Be¬
stand des Werkes günstig sind. Was die einzelnen Bundesglieder anlangt, so hat
Deutschland, Osterreich und die Türkei dieselbe Not zusammengeführt, der Ver¬
nichtungswille unserer Feinde; jener Wille wird bleiben, also auch unser Gegen¬
wille, unsere Freude am gemeinsamen Bau; Bulgarien untersteht nicht ganz
demselben Zwange, sein dauernder Anschluß bedarf daher sorgsamer Pflege.
Was feine Grenzen betrifft, fo scheint im Osten das Werk gesichert; die Ab¬
trennung der früher russischen Raubstaaten, darunter der alten germanischen
Siedlungsgebiete, ihre Selbständigmachung und Einbeziehung in die deutsche Kul¬
tur geben hier dem Germanentum den Slawen gegenüber auf lange Zeit das
Übergewicht. Darüber hinaus muß uns an einer Stabilisierung der russischen
Verhältnisse durchaus gelegen sein; unser Handel und das Weltgleichgewicht be¬
dürfen in gleicher Weise eines gefesteten Großrußlands.

Auch der Westen wird Mitteleuropa in Zukunft kaum Schwierigkeiten be¬
reiten. Die endgültige Grenzrcgelung wird erst der Friede bringen können.
Viele sachverständige Stimmen befürworten die Erwerbung der Erzbecken von
Longwy und Briey, da unsere Eisenvorräte in fünfundvierzig Jahren erschöpft
sein werden; Mitteleuropa wird länger bestehen sollen, für den Frieden einer
ganzen Reihe von Geschlechtern haben wir in diesem Kriege hinreichenden Blut¬
zoll entrichtet, sorgen wir beizeiten für ihren genügenden Schutz. Darüber hin¬
aus wird lediglich beim französischen Volke, das bei den übermäßigen Verlusten
seine Großmachtstellung kaum wird bewahren können, die Entscheidung liegen, ob
es auch weiter England Sklavendienste leisten oder in fernerer Zukunft an der
Seite Mitteleuropas eine eigene Weltgeltung erstreben will.

Schwieriger liegen die Verhältnisse an der Südgrenze, in der Türkei.
Große Gebiete sind hier an die Engländer verloren gegangen, vor allem Ägyp¬
ten, Teile Palästinas und Mesopotamiens, mit dem letzteren Lande leider auch
Bagdad und der Ausgang der Vagdadbahn. Wenn Mitteleuropa in vollem Um¬
fange lebensfähig fein soll, müssen diese Gebiete zurückerobert werden, denn
gerade ihr Besitz erst verleiht dem Bunde der Mittemächte die über Europa
hinausweisende substantiell-planetarische Weite. Die Bagdadbahn nvuß ihrer
ursprünglichen Bestimmung zurückgeführt werden, ein Ausfalltor Mitteleuropas
in den freien Indischen O^zean zu'sein. Palästina und Ägypten müssen wieder
feste Bestandteile der Türkei werden. Gerade im Besitz dieser Länder mit dem
zwischen ihnen liegenden Kanal liegt der Angelpunkt der im Weltkriege wesent¬
lich erhöhten Machtstellung Englands im Orient, nur hier kann jener Plan
seiner Diplomatie, den Indischen Ozean zum britischen Binnensee zu machen,
tödlich getroffen, nur hier durch eine breite Bresche der ganze Bau jenes gewalti¬
gen ozeanischen Reiches für immer in Trümmer gelegt werden. Auch d:e deut¬
schen Kolonien in Afrika, die unbedingt zurückerstattet, ja als Rohstoffgebiet?
vergrößert werden müssen, würden durch die Rückeroberung Ägyptens gesicherter


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[0324] T>as politische Iveltgleichgewicht als Ziel des Weltkrieges geführten Politisierung der Weltmassen irgend welche Geltung behaupten wollen, nur im Anschluß oder im Einvernehmen mit diesem Herzen Wert behalten können. Je stärker demnach Mitteleuropa ist, um so stärker wird die Stellung Ganzeuropas im Rate der Völker bleiben. Darum muß dieses Haus hell, fest und licht gefügt werden, aufs große gerichtet, wenn auch darin jede einzelne Halle ihre eigene Welt umschließt, der Ozeanwind muß von der flandrischen Küste bis zum Indischen Meere ungehindert hindurchstreichen und Weltluft und Weltverkehr in seine Räume führen. Und Kolonien und Handelsstützpunkte in Übersee muß dieses Haus besitzen, vor allem große Nohstoffgebiete, damit keine Spindel, keine Esse, die uns den verlorenen Reichtum wiederbringen müssen, in seinen Werkstätten zu ruhen braucht; wir wissen ja, es ist die wohlerwogene Absicht unserer Feinde, auch nach dem Kriege uns die Rohstoffzufuhr aus ihren eigenen Kolonien vorzu¬ enthalten. Daß wi.r auch diefes Ziel, die Aufrichtung eines starken Mitteleuropa als Gegenpol zum herrschsüchtigen Angelsachsentum,'voll erringen, dafür müssen wir schonungslos selbst die letzten Kräfte einsetzen. Nicht ohne Kampf wird uns die Krönung des Gebäudes gelingen, wenn auch die Aussichten für Aufbau und Be¬ stand des Werkes günstig sind. Was die einzelnen Bundesglieder anlangt, so hat Deutschland, Osterreich und die Türkei dieselbe Not zusammengeführt, der Ver¬ nichtungswille unserer Feinde; jener Wille wird bleiben, also auch unser Gegen¬ wille, unsere Freude am gemeinsamen Bau; Bulgarien untersteht nicht ganz demselben Zwange, sein dauernder Anschluß bedarf daher sorgsamer Pflege. Was feine Grenzen betrifft, fo scheint im Osten das Werk gesichert; die Ab¬ trennung der früher russischen Raubstaaten, darunter der alten germanischen Siedlungsgebiete, ihre Selbständigmachung und Einbeziehung in die deutsche Kul¬ tur geben hier dem Germanentum den Slawen gegenüber auf lange Zeit das Übergewicht. Darüber hinaus muß uns an einer Stabilisierung der russischen Verhältnisse durchaus gelegen sein; unser Handel und das Weltgleichgewicht be¬ dürfen in gleicher Weise eines gefesteten Großrußlands. Auch der Westen wird Mitteleuropa in Zukunft kaum Schwierigkeiten be¬ reiten. Die endgültige Grenzrcgelung wird erst der Friede bringen können. Viele sachverständige Stimmen befürworten die Erwerbung der Erzbecken von Longwy und Briey, da unsere Eisenvorräte in fünfundvierzig Jahren erschöpft sein werden; Mitteleuropa wird länger bestehen sollen, für den Frieden einer ganzen Reihe von Geschlechtern haben wir in diesem Kriege hinreichenden Blut¬ zoll entrichtet, sorgen wir beizeiten für ihren genügenden Schutz. Darüber hin¬ aus wird lediglich beim französischen Volke, das bei den übermäßigen Verlusten seine Großmachtstellung kaum wird bewahren können, die Entscheidung liegen, ob es auch weiter England Sklavendienste leisten oder in fernerer Zukunft an der Seite Mitteleuropas eine eigene Weltgeltung erstreben will. Schwieriger liegen die Verhältnisse an der Südgrenze, in der Türkei. Große Gebiete sind hier an die Engländer verloren gegangen, vor allem Ägyp¬ ten, Teile Palästinas und Mesopotamiens, mit dem letzteren Lande leider auch Bagdad und der Ausgang der Vagdadbahn. Wenn Mitteleuropa in vollem Um¬ fange lebensfähig fein soll, müssen diese Gebiete zurückerobert werden, denn gerade ihr Besitz erst verleiht dem Bunde der Mittemächte die über Europa hinausweisende substantiell-planetarische Weite. Die Bagdadbahn nvuß ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgeführt werden, ein Ausfalltor Mitteleuropas in den freien Indischen O^zean zu'sein. Palästina und Ägypten müssen wieder feste Bestandteile der Türkei werden. Gerade im Besitz dieser Länder mit dem zwischen ihnen liegenden Kanal liegt der Angelpunkt der im Weltkriege wesent¬ lich erhöhten Machtstellung Englands im Orient, nur hier kann jener Plan seiner Diplomatie, den Indischen Ozean zum britischen Binnensee zu machen, tödlich getroffen, nur hier durch eine breite Bresche der ganze Bau jenes gewalti¬ gen ozeanischen Reiches für immer in Trümmer gelegt werden. Auch d:e deut¬ schen Kolonien in Afrika, die unbedingt zurückerstattet, ja als Rohstoffgebiet? vergrößert werden müssen, würden durch die Rückeroberung Ägyptens gesicherter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/324>, abgerufen am 29.06.2024.