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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Materialien zur Polenpolitik

[Beginn Spaltensatz]

dieser Zeit zumuten zu wollen, zeugt von voll¬
ständiger Verkennung der Größe der Aufgabe.
Herrn von Kühlmann ist eine Arbeitslast auf¬
gebürdet, wie sie keinem Chef des Stabes bei
irgendeiner Armee zugemutet wird. Herr
von Kühlmann befindet sich mit seinem un¬
zureichenden Apparat, der durch die Reform
des Pressedienstes seit HamcinnS Abgangs
nicht etwa leichter zu handhaben ist,in ähnlicher
Lage wie der Franzose Fons, von dem Clü-
menceau in der Kammer berichtete, er habe
sein müdes Haupt auf die Karten sinken sehen.
Was Herrn von Kühlmann an persönlichen
Strapazen allein in den letzten Wochen zu¬
gemutet worden ist, ginge über die Kraft
noch robusterer Naturen. Man vergegen¬
wärtige sich doch i die Tätigung der Friedens¬
schlüsse, die Unterhandlungen wegen Mittel¬
europa, wegen Polen, die Ausgleichs¬
bemühungen zwischen den Bundesgenossen,
die wirtschaftspolitischen Verhandlungen mit
den Neutralen als tägliches Brot; dazu der
gesamte innere Amtsdieust mit seinen Be¬

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suchen und Empfängen, die Reisen zu den
Fürstenhöfen, Besprechungen in Hamburg,
Vorträge, Kommissionssitzungen, Reichstag!
Wann bleibt dem Manne eine Stunde übrig,
einmal den Problemen nachzudenken, wie
etwa Ludendorff einen Schlachtplan durch¬
denkt?

Wir wollen in diesen ernsten Stunden uns
nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern alle
Faktoren kühlen Kopfes heranziehen, die für
und gegen die Beseitigung des Herrn von
Kllhlmcmn sprechen. Ist die Lage so, daß
die Herausführung einer inneren Krise dem
allgemeinen Wohle dienlich wäre, so sollten
-die Verantwortlicher Stellen das ihrige tun,
um sie möglichst schnell durchzubringen. Ich ver¬
mag die Notwendigkeit einer Krise in diesem
Augenblick nicht zu sehen.

Uns fehlt vorläufig noch kein neuer Staats¬
sekretär, sondern dem vorhandenen Staats¬
sekretär fehlt Zeit, der großen Politik zu
leben. Das ist die Lehre vom 24. Juni.

G. Lleinow [Ende Spaltensatz]


Materialien zur Polenpolitik

[Beginn Spaltensatz]

Am SS. Juni wurde
zu Warschau der Staatsrat des Königreiches
Polen feierlich eröffnet. In der vom Fürsten
Lubomirski im^Namen des Regentschaftsrates
verlesenen Thronrede heißt es:

Die Thronrede zur Eröffnung des Pol¬
nischen Staatsrates.

"Der heutige Tag bedeutet einen wich¬
tigen Schritt vorwärts in der Entwicklung
der Kräfte des polnischen Staates. In der
Gestalt des Staatsrates erhalten wir den¬
jenigen Faktor der Staatsgewalt, dessen An¬
wesenheit sowohl die unumgänglichen allge¬
meinen Bedingungen für die Gestaltung der
polnischen Verfassung als auch die eiligen
Bedürfnisse des täglichen Lebens verlangen.
Daher begrüßt der Regentschaftsrat, ohne
seine Augen vor dem Unistand zu verschlie¬
ßen, daß die Grundsätze, auf denen in der
ungewöhnlichen Lage der Staatsrat aufgebaut
werden mußte, Mängel aufweisen, auch ohne
zu vergessen, daß die Zusammensetzung des
Staatsrates kein genaues Bild der Ver¬

[Spaltenumbruch]

teilung der schöpferischen Kräfte des Volkes
wiedergeben wird, in Ihrer Versammlung
die erste maßgebende gesetzgebende Körper¬
schaft seit vielen Jahren mit der tiefen und
freudigen Zuversicht, daß Ihre patriotische
Besonnenheit, Ihr Eifer und Ihre Kenntnis
der Nöte des Landes eine Bürgschaft für
fruchtbare Arbeit und zutreffende Entscheidung
in allen denjenigen wichtigen Aufgaben sein
wird, die auf ihre Entscheidung warten . ..

Unser Land, das Polnische Volk und auch
die Nachbarvölker, werden ihr Augenmerk auf
Sie gerichtet haben, und im mächtigen Don¬
nergetöse des Weltkrieges, der immer noch
Europa mit Blut übergießt, wird Ihre
Stimme dennoch laut erschallen. Sie wer¬
den, indem Sie den Willen Polens zum
Leben feststellen, über seine inneren Ange¬
legenheiten entscheiden und das Maß der
nüchternen Notwendigkeiten auf sie anwenden,
das nationale Interesse umsichtig vor den
Gefahren des schwierigen Augenblicks be-

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Materialien zur Polenpolitik

[Beginn Spaltensatz]

dieser Zeit zumuten zu wollen, zeugt von voll¬
ständiger Verkennung der Größe der Aufgabe.
Herrn von Kühlmann ist eine Arbeitslast auf¬
gebürdet, wie sie keinem Chef des Stabes bei
irgendeiner Armee zugemutet wird. Herr
von Kühlmann befindet sich mit seinem un¬
zureichenden Apparat, der durch die Reform
des Pressedienstes seit HamcinnS Abgangs
nicht etwa leichter zu handhaben ist,in ähnlicher
Lage wie der Franzose Fons, von dem Clü-
menceau in der Kammer berichtete, er habe
sein müdes Haupt auf die Karten sinken sehen.
Was Herrn von Kühlmann an persönlichen
Strapazen allein in den letzten Wochen zu¬
gemutet worden ist, ginge über die Kraft
noch robusterer Naturen. Man vergegen¬
wärtige sich doch i die Tätigung der Friedens¬
schlüsse, die Unterhandlungen wegen Mittel¬
europa, wegen Polen, die Ausgleichs¬
bemühungen zwischen den Bundesgenossen,
die wirtschaftspolitischen Verhandlungen mit
den Neutralen als tägliches Brot; dazu der
gesamte innere Amtsdieust mit seinen Be¬

[Spaltenumbruch]

suchen und Empfängen, die Reisen zu den
Fürstenhöfen, Besprechungen in Hamburg,
Vorträge, Kommissionssitzungen, Reichstag!
Wann bleibt dem Manne eine Stunde übrig,
einmal den Problemen nachzudenken, wie
etwa Ludendorff einen Schlachtplan durch¬
denkt?

Wir wollen in diesen ernsten Stunden uns
nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern alle
Faktoren kühlen Kopfes heranziehen, die für
und gegen die Beseitigung des Herrn von
Kllhlmcmn sprechen. Ist die Lage so, daß
die Herausführung einer inneren Krise dem
allgemeinen Wohle dienlich wäre, so sollten
-die Verantwortlicher Stellen das ihrige tun,
um sie möglichst schnell durchzubringen. Ich ver¬
mag die Notwendigkeit einer Krise in diesem
Augenblick nicht zu sehen.

Uns fehlt vorläufig noch kein neuer Staats¬
sekretär, sondern dem vorhandenen Staats¬
sekretär fehlt Zeit, der großen Politik zu
leben. Das ist die Lehre vom 24. Juni.

G. Lleinow [Ende Spaltensatz]


Materialien zur Polenpolitik

[Beginn Spaltensatz]

Am SS. Juni wurde
zu Warschau der Staatsrat des Königreiches
Polen feierlich eröffnet. In der vom Fürsten
Lubomirski im^Namen des Regentschaftsrates
verlesenen Thronrede heißt es:

Die Thronrede zur Eröffnung des Pol¬
nischen Staatsrates.

„Der heutige Tag bedeutet einen wich¬
tigen Schritt vorwärts in der Entwicklung
der Kräfte des polnischen Staates. In der
Gestalt des Staatsrates erhalten wir den¬
jenigen Faktor der Staatsgewalt, dessen An¬
wesenheit sowohl die unumgänglichen allge¬
meinen Bedingungen für die Gestaltung der
polnischen Verfassung als auch die eiligen
Bedürfnisse des täglichen Lebens verlangen.
Daher begrüßt der Regentschaftsrat, ohne
seine Augen vor dem Unistand zu verschlie¬
ßen, daß die Grundsätze, auf denen in der
ungewöhnlichen Lage der Staatsrat aufgebaut
werden mußte, Mängel aufweisen, auch ohne
zu vergessen, daß die Zusammensetzung des
Staatsrates kein genaues Bild der Ver¬

[Spaltenumbruch]

teilung der schöpferischen Kräfte des Volkes
wiedergeben wird, in Ihrer Versammlung
die erste maßgebende gesetzgebende Körper¬
schaft seit vielen Jahren mit der tiefen und
freudigen Zuversicht, daß Ihre patriotische
Besonnenheit, Ihr Eifer und Ihre Kenntnis
der Nöte des Landes eine Bürgschaft für
fruchtbare Arbeit und zutreffende Entscheidung
in allen denjenigen wichtigen Aufgaben sein
wird, die auf ihre Entscheidung warten . ..

Unser Land, das Polnische Volk und auch
die Nachbarvölker, werden ihr Augenmerk auf
Sie gerichtet haben, und im mächtigen Don¬
nergetöse des Weltkrieges, der immer noch
Europa mit Blut übergießt, wird Ihre
Stimme dennoch laut erschallen. Sie wer¬
den, indem Sie den Willen Polens zum
Leben feststellen, über seine inneren Ange¬
legenheiten entscheiden und das Maß der
nüchternen Notwendigkeiten auf sie anwenden,
das nationale Interesse umsichtig vor den
Gefahren des schwierigen Augenblicks be-

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[0032] Materialien zur Polenpolitik dieser Zeit zumuten zu wollen, zeugt von voll¬ ständiger Verkennung der Größe der Aufgabe. Herrn von Kühlmann ist eine Arbeitslast auf¬ gebürdet, wie sie keinem Chef des Stabes bei irgendeiner Armee zugemutet wird. Herr von Kühlmann befindet sich mit seinem un¬ zureichenden Apparat, der durch die Reform des Pressedienstes seit HamcinnS Abgangs nicht etwa leichter zu handhaben ist,in ähnlicher Lage wie der Franzose Fons, von dem Clü- menceau in der Kammer berichtete, er habe sein müdes Haupt auf die Karten sinken sehen. Was Herrn von Kühlmann an persönlichen Strapazen allein in den letzten Wochen zu¬ gemutet worden ist, ginge über die Kraft noch robusterer Naturen. Man vergegen¬ wärtige sich doch i die Tätigung der Friedens¬ schlüsse, die Unterhandlungen wegen Mittel¬ europa, wegen Polen, die Ausgleichs¬ bemühungen zwischen den Bundesgenossen, die wirtschaftspolitischen Verhandlungen mit den Neutralen als tägliches Brot; dazu der gesamte innere Amtsdieust mit seinen Be¬ suchen und Empfängen, die Reisen zu den Fürstenhöfen, Besprechungen in Hamburg, Vorträge, Kommissionssitzungen, Reichstag! Wann bleibt dem Manne eine Stunde übrig, einmal den Problemen nachzudenken, wie etwa Ludendorff einen Schlachtplan durch¬ denkt? Wir wollen in diesen ernsten Stunden uns nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern alle Faktoren kühlen Kopfes heranziehen, die für und gegen die Beseitigung des Herrn von Kllhlmcmn sprechen. Ist die Lage so, daß die Herausführung einer inneren Krise dem allgemeinen Wohle dienlich wäre, so sollten -die Verantwortlicher Stellen das ihrige tun, um sie möglichst schnell durchzubringen. Ich ver¬ mag die Notwendigkeit einer Krise in diesem Augenblick nicht zu sehen. Uns fehlt vorläufig noch kein neuer Staats¬ sekretär, sondern dem vorhandenen Staats¬ sekretär fehlt Zeit, der großen Politik zu leben. Das ist die Lehre vom 24. Juni. G. Lleinow Materialien zur Polenpolitik Am SS. Juni wurde zu Warschau der Staatsrat des Königreiches Polen feierlich eröffnet. In der vom Fürsten Lubomirski im^Namen des Regentschaftsrates verlesenen Thronrede heißt es: Die Thronrede zur Eröffnung des Pol¬ nischen Staatsrates. „Der heutige Tag bedeutet einen wich¬ tigen Schritt vorwärts in der Entwicklung der Kräfte des polnischen Staates. In der Gestalt des Staatsrates erhalten wir den¬ jenigen Faktor der Staatsgewalt, dessen An¬ wesenheit sowohl die unumgänglichen allge¬ meinen Bedingungen für die Gestaltung der polnischen Verfassung als auch die eiligen Bedürfnisse des täglichen Lebens verlangen. Daher begrüßt der Regentschaftsrat, ohne seine Augen vor dem Unistand zu verschlie¬ ßen, daß die Grundsätze, auf denen in der ungewöhnlichen Lage der Staatsrat aufgebaut werden mußte, Mängel aufweisen, auch ohne zu vergessen, daß die Zusammensetzung des Staatsrates kein genaues Bild der Ver¬ teilung der schöpferischen Kräfte des Volkes wiedergeben wird, in Ihrer Versammlung die erste maßgebende gesetzgebende Körper¬ schaft seit vielen Jahren mit der tiefen und freudigen Zuversicht, daß Ihre patriotische Besonnenheit, Ihr Eifer und Ihre Kenntnis der Nöte des Landes eine Bürgschaft für fruchtbare Arbeit und zutreffende Entscheidung in allen denjenigen wichtigen Aufgaben sein wird, die auf ihre Entscheidung warten . .. Unser Land, das Polnische Volk und auch die Nachbarvölker, werden ihr Augenmerk auf Sie gerichtet haben, und im mächtigen Don¬ nergetöse des Weltkrieges, der immer noch Europa mit Blut übergießt, wird Ihre Stimme dennoch laut erschallen. Sie wer¬ den, indem Sie den Willen Polens zum Leben feststellen, über seine inneren Ange¬ legenheiten entscheiden und das Maß der nüchternen Notwendigkeiten auf sie anwenden, das nationale Interesse umsichtig vor den Gefahren des schwierigen Augenblicks be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/32>, abgerufen am 22.07.2024.