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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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erscheinen, aber wenn es auch nicht in seinem ganzen Umfange erreicht werden
kann, so wäre doch schon durch ein ehrliches Streben nach ihm viel gewonnen,
und deshalb eignet es sich gar wohl als Leitstern, dem man im Unterricht zu
folgen hat. Ein deutscher Unterricht, der ihm folgt, wird "den Schüler imm
eigenen Mitarbeiten an der Pflege, der Reinigung, dem weiteren Ausbau der
Muttersprache ermuntern". Nur ein solcher Unterricht, dem natürlich weit mehr
Zeit zur Verfügung gestellt werden nutz, als ihn jetzt der deutsche Unterricht an
den höheren Schulen hat. kann seinen letzten Zweck erreichen, den Bojunga am
Schluß seiner Schrift in die schönen Worre kleidet: "Auf Grund eines tiefen und
vielseitigen Wissens, das er auf dem Wege selbständiger angestrengter Arbeit und
verweilenden liebevollen Betrachtens gewinnt, soll der Schüler dahin kommen,
daß er seine Muttersprache sicher beherrscht, herzlich liebt, bewundernd ehrt und
apfer schirmt".

2. Professor Dr. Karl Reuschel, "Die deutsche Volkskunde im Unter-
richt an höheren Schulen". -- Die drei Gebiete, die dem deutschen Unterricht
zufallen, sind Sprache, Schrifttum und Volkskunde. Von diesen wird in den Schulen
das letztere am meisten vernachlässigt. Und doch bleibt ein Sprachunterricht, der
nicht an den auf dem Boden des Volkstums erzeugten Vorstellungsinhalt anknüpft,
"ebenso einseitig, wie eine Unterweisung über dichterische Werke ohne Rücksicht
auf die Tatsache, daß jede echte Kunstschöpfung ein Stück Volksnatur birgt und
wiederspiegelt, daß selbst die gewaltigste Persönlichkeit, die sich hoch über die
Schranken zwischen den Völkern erhebt, Saugwurzeln hinabsenkt in daS heimische
Erdreich". Das hat am klarsten Rudolf Hildebrand erkannt, dessen Buch "Vom
deutschen Sprachunterricht" gerade vor einem halben Jahrhundert erschienen ist,
dessen Anschauungen aber im deutschen Unterricht noch lange nicht ausgiebig genug
verwertet werden. Nun soll aber nicht etwa ein "System" der Volkskunde in die
höhere Schule eingeführt werden, sondern sie soll aus dem gesamten Unterricht
bei passender Gelegenheit herauswachsen. Der deutsche Unterricht, Geschichte und
Erdkunde, Religionslehre, alte und neuere Sprachen, Naturwissenschaften, Zeichnen,
Singen und Turnen, sie alle sollen zu der Volkskunde ihren Beitrag liefern. Wie
dies geschehen kann, zeigt Reuschel in sehr inhaltsreichen Ausführungen mit vielen
Literaturangaben, die dem suchenden Lehrer wertvolle Winke geben. Den Haupt-
bcitrag werden der deutsche Unterricht und der Geschichtsunterricht liefern müßen.
Dazu bedürfen sie aber einer wesentlichen Verstärkung. Sie wird aber nur auf
Kosten des fremdsprachlichen Unterrichts erfolgen können, und deshalb erscheint es
mir fraglich, ob man diesem auch noch einen Beitrag zur Volkskunde in dem
Umfange zumuten darf, wie es Reuschel tut. Er scheint mir dadurch den Ver¬
tretern des fremdsprachlichen Unterrichts eine neue Waffe in die Hand zu liefern
für ihren Kampf gegen eine Einschränkung desselben, ohne die eine Hebung des
Notstandes des deutschen Unterrichts nun einmal nicht möglich ist. Außerdem
scheinen mir auch die sogenannten ethischen Fächer (Deutsch, Geschichte, Religion),
ferner die Erdkunde und die technischen Fächer geeigneter zur Einführung in die
Volkskunde zu sein. Jedenfalls gebührt der Volkskunde in der deutschen Schule
eine eingehende Behandlung, sie hat in ihr "den Beruf, gleich dem umhegten
Bezirke oder gleich dem schützenden Herde unser Heiligstes zu wahren -- unser
Volkstum". Dazu ihr die Wege gewiesen zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst
dieses zweiten Heftes der vom deutschen Germanistenverbande eingeleiteten Samm¬
lung von Schriften zum Deutschunterricht und zur Deutschkunde.


Professor Dr. Gerhard Butte


Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur >"it ausdrücklicher Erkäntnis des Verlauf gestärket.
-L-rautwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. -- Manuskrtpisendungen und
Briefe werden erbeten unter der Adresse i An die "chriftl-iruna der Gren,b"ten in Berlin SW 11, Tem>"als"fer Ufer 35".
Semsprecher des Herausgebers- Ami Lichterfelde 4S8, deS Verlags und der Schriftl-itung! Amt Lttj," SS10,
V-rlaa: Verlag der Grenzboten G. in, b. H. in Berlin KW 11, Te"pelh°ser Ufer 36"
Druck: "Der R-ichsbote" G. in. b. H. in Berlin SW 11, Desso""r Etr"iz- 3S/S7.
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erscheinen, aber wenn es auch nicht in seinem ganzen Umfange erreicht werden
kann, so wäre doch schon durch ein ehrliches Streben nach ihm viel gewonnen,
und deshalb eignet es sich gar wohl als Leitstern, dem man im Unterricht zu
folgen hat. Ein deutscher Unterricht, der ihm folgt, wird „den Schüler imm
eigenen Mitarbeiten an der Pflege, der Reinigung, dem weiteren Ausbau der
Muttersprache ermuntern". Nur ein solcher Unterricht, dem natürlich weit mehr
Zeit zur Verfügung gestellt werden nutz, als ihn jetzt der deutsche Unterricht an
den höheren Schulen hat. kann seinen letzten Zweck erreichen, den Bojunga am
Schluß seiner Schrift in die schönen Worre kleidet: „Auf Grund eines tiefen und
vielseitigen Wissens, das er auf dem Wege selbständiger angestrengter Arbeit und
verweilenden liebevollen Betrachtens gewinnt, soll der Schüler dahin kommen,
daß er seine Muttersprache sicher beherrscht, herzlich liebt, bewundernd ehrt und
apfer schirmt".

2. Professor Dr. Karl Reuschel, „Die deutsche Volkskunde im Unter-
richt an höheren Schulen". — Die drei Gebiete, die dem deutschen Unterricht
zufallen, sind Sprache, Schrifttum und Volkskunde. Von diesen wird in den Schulen
das letztere am meisten vernachlässigt. Und doch bleibt ein Sprachunterricht, der
nicht an den auf dem Boden des Volkstums erzeugten Vorstellungsinhalt anknüpft,
„ebenso einseitig, wie eine Unterweisung über dichterische Werke ohne Rücksicht
auf die Tatsache, daß jede echte Kunstschöpfung ein Stück Volksnatur birgt und
wiederspiegelt, daß selbst die gewaltigste Persönlichkeit, die sich hoch über die
Schranken zwischen den Völkern erhebt, Saugwurzeln hinabsenkt in daS heimische
Erdreich". Das hat am klarsten Rudolf Hildebrand erkannt, dessen Buch „Vom
deutschen Sprachunterricht" gerade vor einem halben Jahrhundert erschienen ist,
dessen Anschauungen aber im deutschen Unterricht noch lange nicht ausgiebig genug
verwertet werden. Nun soll aber nicht etwa ein „System" der Volkskunde in die
höhere Schule eingeführt werden, sondern sie soll aus dem gesamten Unterricht
bei passender Gelegenheit herauswachsen. Der deutsche Unterricht, Geschichte und
Erdkunde, Religionslehre, alte und neuere Sprachen, Naturwissenschaften, Zeichnen,
Singen und Turnen, sie alle sollen zu der Volkskunde ihren Beitrag liefern. Wie
dies geschehen kann, zeigt Reuschel in sehr inhaltsreichen Ausführungen mit vielen
Literaturangaben, die dem suchenden Lehrer wertvolle Winke geben. Den Haupt-
bcitrag werden der deutsche Unterricht und der Geschichtsunterricht liefern müßen.
Dazu bedürfen sie aber einer wesentlichen Verstärkung. Sie wird aber nur auf
Kosten des fremdsprachlichen Unterrichts erfolgen können, und deshalb erscheint es
mir fraglich, ob man diesem auch noch einen Beitrag zur Volkskunde in dem
Umfange zumuten darf, wie es Reuschel tut. Er scheint mir dadurch den Ver¬
tretern des fremdsprachlichen Unterrichts eine neue Waffe in die Hand zu liefern
für ihren Kampf gegen eine Einschränkung desselben, ohne die eine Hebung des
Notstandes des deutschen Unterrichts nun einmal nicht möglich ist. Außerdem
scheinen mir auch die sogenannten ethischen Fächer (Deutsch, Geschichte, Religion),
ferner die Erdkunde und die technischen Fächer geeigneter zur Einführung in die
Volkskunde zu sein. Jedenfalls gebührt der Volkskunde in der deutschen Schule
eine eingehende Behandlung, sie hat in ihr „den Beruf, gleich dem umhegten
Bezirke oder gleich dem schützenden Herde unser Heiligstes zu wahren — unser
Volkstum". Dazu ihr die Wege gewiesen zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst
dieses zweiten Heftes der vom deutschen Germanistenverbande eingeleiteten Samm¬
lung von Schriften zum Deutschunterricht und zur Deutschkunde.


Professor Dr. Gerhard Butte


Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur >»it ausdrücklicher Erkäntnis des Verlauf gestärket.
-L-rautwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. — Manuskrtpisendungen und
Briefe werden erbeten unter der Adresse i An die «chriftl-iruna der Gren,b»ten in Berlin SW 11, Tem>»als»fer Ufer 35».
Semsprecher des Herausgebers- Ami Lichterfelde 4S8, deS Verlags und der Schriftl-itung! Amt Lttj,» SS10,
V-rlaa: Verlag der Grenzboten G. in, b. H. in Berlin KW 11, Te«pelh°ser Ufer 36»
Druck: „Der R-ichsbote" G. in. b. H. in Berlin SW 11, Desso»«r Etr«iz- 3S/S7.
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[0116] Neue Bücher erscheinen, aber wenn es auch nicht in seinem ganzen Umfange erreicht werden kann, so wäre doch schon durch ein ehrliches Streben nach ihm viel gewonnen, und deshalb eignet es sich gar wohl als Leitstern, dem man im Unterricht zu folgen hat. Ein deutscher Unterricht, der ihm folgt, wird „den Schüler imm eigenen Mitarbeiten an der Pflege, der Reinigung, dem weiteren Ausbau der Muttersprache ermuntern". Nur ein solcher Unterricht, dem natürlich weit mehr Zeit zur Verfügung gestellt werden nutz, als ihn jetzt der deutsche Unterricht an den höheren Schulen hat. kann seinen letzten Zweck erreichen, den Bojunga am Schluß seiner Schrift in die schönen Worre kleidet: „Auf Grund eines tiefen und vielseitigen Wissens, das er auf dem Wege selbständiger angestrengter Arbeit und verweilenden liebevollen Betrachtens gewinnt, soll der Schüler dahin kommen, daß er seine Muttersprache sicher beherrscht, herzlich liebt, bewundernd ehrt und apfer schirmt". 2. Professor Dr. Karl Reuschel, „Die deutsche Volkskunde im Unter- richt an höheren Schulen". — Die drei Gebiete, die dem deutschen Unterricht zufallen, sind Sprache, Schrifttum und Volkskunde. Von diesen wird in den Schulen das letztere am meisten vernachlässigt. Und doch bleibt ein Sprachunterricht, der nicht an den auf dem Boden des Volkstums erzeugten Vorstellungsinhalt anknüpft, „ebenso einseitig, wie eine Unterweisung über dichterische Werke ohne Rücksicht auf die Tatsache, daß jede echte Kunstschöpfung ein Stück Volksnatur birgt und wiederspiegelt, daß selbst die gewaltigste Persönlichkeit, die sich hoch über die Schranken zwischen den Völkern erhebt, Saugwurzeln hinabsenkt in daS heimische Erdreich". Das hat am klarsten Rudolf Hildebrand erkannt, dessen Buch „Vom deutschen Sprachunterricht" gerade vor einem halben Jahrhundert erschienen ist, dessen Anschauungen aber im deutschen Unterricht noch lange nicht ausgiebig genug verwertet werden. Nun soll aber nicht etwa ein „System" der Volkskunde in die höhere Schule eingeführt werden, sondern sie soll aus dem gesamten Unterricht bei passender Gelegenheit herauswachsen. Der deutsche Unterricht, Geschichte und Erdkunde, Religionslehre, alte und neuere Sprachen, Naturwissenschaften, Zeichnen, Singen und Turnen, sie alle sollen zu der Volkskunde ihren Beitrag liefern. Wie dies geschehen kann, zeigt Reuschel in sehr inhaltsreichen Ausführungen mit vielen Literaturangaben, die dem suchenden Lehrer wertvolle Winke geben. Den Haupt- bcitrag werden der deutsche Unterricht und der Geschichtsunterricht liefern müßen. Dazu bedürfen sie aber einer wesentlichen Verstärkung. Sie wird aber nur auf Kosten des fremdsprachlichen Unterrichts erfolgen können, und deshalb erscheint es mir fraglich, ob man diesem auch noch einen Beitrag zur Volkskunde in dem Umfange zumuten darf, wie es Reuschel tut. Er scheint mir dadurch den Ver¬ tretern des fremdsprachlichen Unterrichts eine neue Waffe in die Hand zu liefern für ihren Kampf gegen eine Einschränkung desselben, ohne die eine Hebung des Notstandes des deutschen Unterrichts nun einmal nicht möglich ist. Außerdem scheinen mir auch die sogenannten ethischen Fächer (Deutsch, Geschichte, Religion), ferner die Erdkunde und die technischen Fächer geeigneter zur Einführung in die Volkskunde zu sein. Jedenfalls gebührt der Volkskunde in der deutschen Schule eine eingehende Behandlung, sie hat in ihr „den Beruf, gleich dem umhegten Bezirke oder gleich dem schützenden Herde unser Heiligstes zu wahren — unser Volkstum". Dazu ihr die Wege gewiesen zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst dieses zweiten Heftes der vom deutschen Germanistenverbande eingeleiteten Samm¬ lung von Schriften zum Deutschunterricht und zur Deutschkunde. Professor Dr. Gerhard Butte Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. Nachdruck sämtlicher Aufsähe nur >»it ausdrücklicher Erkäntnis des Verlauf gestärket. -L-rautwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Lichterselde West. — Manuskrtpisendungen und Briefe werden erbeten unter der Adresse i An die «chriftl-iruna der Gren,b»ten in Berlin SW 11, Tem>»als»fer Ufer 35». Semsprecher des Herausgebers- Ami Lichterfelde 4S8, deS Verlags und der Schriftl-itung! Amt Lttj,» SS10, V-rlaa: Verlag der Grenzboten G. in, b. H. in Berlin KW 11, Te«pelh°ser Ufer 36» Druck: „Der R-ichsbote" G. in. b. H. in Berlin SW 11, Desso»«r Etr«iz- 3S/S7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/116>, abgerufen am 22.07.2024.