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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Das neue Mecklenburg

Hohenzollern und Hessen-Homburg, gingen aber auch ihre Bundestagsstimmen
unter. Bei Begründung des Norddeutschen Burides nahm man die Überlieferungen
aus den letzten Zeiten des alten Reiches wieder auf. Denn indem man für die
Vundesratsstimmen an die Stimmverteilung im Bundestage des alten Bundes
anknüpfte, beanspruchte Preußen für sich auch die Stimmen der untergegangenen
Staaten Hannover, Kurhessen, Holstein-Lauenburg, Nassau und Frankfurt a. M.,
worauf Artikel 6 der Reichsverfassung ausdrücklich vermeist, so daß es im ganzen
17 Stimmen erhielt.

Für den Fall der Vereinigung der beiden Schwarzburg ist die Verteilung
der Bundesratsstimmen mehrfach erörtert worden und dabei immer hervorgehoben,
daß selbst ein einheitliches Schwarzburg nicht mehr Stimmen haben könne, als
etwa ein sächsisches Herzogtum oder gar Sachsen-Weimar. Allein die Bundes-
ratsstiinmen sind überhaupt nicht nach der Größe der Staaten verteilt, sonst
müßte Preußen allein schon eine Zweidrittelmehrheit haben, womit die anderen
Staaten vollständig an die Wand gedrückt würden. Die Stimmenverteilung
beruht zum Teil auf geschichtlichen Voraussetzungen.

Im mecklenburgischen Falle bildeten beide Staaten an sich schon eine
verfassungsrechtliche Einheit. Es liegt kein Anlaß vor, ihnen um deswillen,,
weil sie diese Einheit zu weiterer Vollendung führen, eine Stimme im Bundesrate
zu entziehen. Überdies bilden die drei mecklenburgischen Stimmen keinerlei
Bevorzugung gegenüber anderen Staaten. Denn beide Mecklenburg zusammen
machen an Gebietsumfang mehr als das Doppelte des Großherzogtums Hessen
aus und übertreffen sogar das Großherzogtum Baden, wenn sie auch an
Bevölkerung hinter beiden zurückstehen. Die Bevölkerung ist nun vollends kein
entscheidender Maßstab. Denn Hamburg hat beinahe so viele Einwohner wie
Hessen. So werden denn voraussichtlich ohne weiteres die drei mecklenburgischen
Stimmen dem neuen Einheitsstaate verbleiben, was allerdings auch für Schwarz¬
burg und später für Reuß einen wichtigen Vorgang bildet.

Überhaupt wird das Reich bei der Vereinigung nicht weiter mitzuwirken
haben. Allerdings zählt die Reichsverfassung in Art. 1 Mecklenburg-Schwerin
und Mecklenburg - Strelitz unter den Bundesstaaten auf. Aber diese Aufzählung hat,
wie die Überschrift "Bundesgebiet" ergibt, nur den Sinn, das Bundesgebiet zu
bestimmen, und dieses wird durch Verschmelzung zweier Bundesstaaten nicht be¬
rührt. So hat sich 1876 auch die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit
Preußen ohne Mitwirkung des Reiches vollzogen, obgleich die Reichsverfassung
unter den Bundesstaaten Preußen mit Lauenburg besonders aufzuzählen
hatte.

Der mecklenburgische Einheitsstaat wird aber vor allen Dingen auch die
Verfassungsfrage ihrer Lösung entgegenführen.

Die äußere wie innere Schwierigkeit, die altständische Verfassung Mecklen¬
burgs im Wege der Verständigung mit den Ständen in eine konstitutionelle über¬
zuführen, wie es 1831 in Sachsen gelungen war, schien nun allerdings bisher nur
in dem Widerstreben der bevorrechtigten Ritterschaft zu liegen. Das war aber
nur eine äußerliche Betrachtung dn politischen Lage. Die Ritterschaft konnte auf
ihrem Standpunkte beharren, weil ihr keine einheitliche Regierung gegenüberstand,
sondern sie es mit zwei Regierungen zu tun hatte. Und in der Tat wäre eine
konstitutionelle Verfassung, die doch die Einheit des Staatsorganismus voraussetzt,
mit zwei Staatsregierungen so etwas gewesen, das verzweifelt an das alte Problem
der Quadratur des Kreises erinnerte. Der Übergang zum Konstitutionalismus
mußte schließlich die Einheit des Vertretungskörpers, der sich glücklich über die
Landesteilungen hinweggerettet hatte, sprengen. Deshalb ist es ein Glück, daß
Mecklenburg nicht früher zum Konstitutionalismus gelangte, dieser hätte die spätere
staatliche Vereinigung, die sich nun von selbst vollzieht, nur erschwert.

Erst mit dem Einheitsstaate ist auch die endliche Lösung der mecklenburgischen
Verfassungsfrage angebahnt. Damit bricht aber überhaupt für Mecklenburg eine
neue Zeit an.


Das neue Mecklenburg

Hohenzollern und Hessen-Homburg, gingen aber auch ihre Bundestagsstimmen
unter. Bei Begründung des Norddeutschen Burides nahm man die Überlieferungen
aus den letzten Zeiten des alten Reiches wieder auf. Denn indem man für die
Vundesratsstimmen an die Stimmverteilung im Bundestage des alten Bundes
anknüpfte, beanspruchte Preußen für sich auch die Stimmen der untergegangenen
Staaten Hannover, Kurhessen, Holstein-Lauenburg, Nassau und Frankfurt a. M.,
worauf Artikel 6 der Reichsverfassung ausdrücklich vermeist, so daß es im ganzen
17 Stimmen erhielt.

Für den Fall der Vereinigung der beiden Schwarzburg ist die Verteilung
der Bundesratsstimmen mehrfach erörtert worden und dabei immer hervorgehoben,
daß selbst ein einheitliches Schwarzburg nicht mehr Stimmen haben könne, als
etwa ein sächsisches Herzogtum oder gar Sachsen-Weimar. Allein die Bundes-
ratsstiinmen sind überhaupt nicht nach der Größe der Staaten verteilt, sonst
müßte Preußen allein schon eine Zweidrittelmehrheit haben, womit die anderen
Staaten vollständig an die Wand gedrückt würden. Die Stimmenverteilung
beruht zum Teil auf geschichtlichen Voraussetzungen.

Im mecklenburgischen Falle bildeten beide Staaten an sich schon eine
verfassungsrechtliche Einheit. Es liegt kein Anlaß vor, ihnen um deswillen,,
weil sie diese Einheit zu weiterer Vollendung führen, eine Stimme im Bundesrate
zu entziehen. Überdies bilden die drei mecklenburgischen Stimmen keinerlei
Bevorzugung gegenüber anderen Staaten. Denn beide Mecklenburg zusammen
machen an Gebietsumfang mehr als das Doppelte des Großherzogtums Hessen
aus und übertreffen sogar das Großherzogtum Baden, wenn sie auch an
Bevölkerung hinter beiden zurückstehen. Die Bevölkerung ist nun vollends kein
entscheidender Maßstab. Denn Hamburg hat beinahe so viele Einwohner wie
Hessen. So werden denn voraussichtlich ohne weiteres die drei mecklenburgischen
Stimmen dem neuen Einheitsstaate verbleiben, was allerdings auch für Schwarz¬
burg und später für Reuß einen wichtigen Vorgang bildet.

Überhaupt wird das Reich bei der Vereinigung nicht weiter mitzuwirken
haben. Allerdings zählt die Reichsverfassung in Art. 1 Mecklenburg-Schwerin
und Mecklenburg - Strelitz unter den Bundesstaaten auf. Aber diese Aufzählung hat,
wie die Überschrift „Bundesgebiet" ergibt, nur den Sinn, das Bundesgebiet zu
bestimmen, und dieses wird durch Verschmelzung zweier Bundesstaaten nicht be¬
rührt. So hat sich 1876 auch die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit
Preußen ohne Mitwirkung des Reiches vollzogen, obgleich die Reichsverfassung
unter den Bundesstaaten Preußen mit Lauenburg besonders aufzuzählen
hatte.

Der mecklenburgische Einheitsstaat wird aber vor allen Dingen auch die
Verfassungsfrage ihrer Lösung entgegenführen.

Die äußere wie innere Schwierigkeit, die altständische Verfassung Mecklen¬
burgs im Wege der Verständigung mit den Ständen in eine konstitutionelle über¬
zuführen, wie es 1831 in Sachsen gelungen war, schien nun allerdings bisher nur
in dem Widerstreben der bevorrechtigten Ritterschaft zu liegen. Das war aber
nur eine äußerliche Betrachtung dn politischen Lage. Die Ritterschaft konnte auf
ihrem Standpunkte beharren, weil ihr keine einheitliche Regierung gegenüberstand,
sondern sie es mit zwei Regierungen zu tun hatte. Und in der Tat wäre eine
konstitutionelle Verfassung, die doch die Einheit des Staatsorganismus voraussetzt,
mit zwei Staatsregierungen so etwas gewesen, das verzweifelt an das alte Problem
der Quadratur des Kreises erinnerte. Der Übergang zum Konstitutionalismus
mußte schließlich die Einheit des Vertretungskörpers, der sich glücklich über die
Landesteilungen hinweggerettet hatte, sprengen. Deshalb ist es ein Glück, daß
Mecklenburg nicht früher zum Konstitutionalismus gelangte, dieser hätte die spätere
staatliche Vereinigung, die sich nun von selbst vollzieht, nur erschwert.

Erst mit dem Einheitsstaate ist auch die endliche Lösung der mecklenburgischen
Verfassungsfrage angebahnt. Damit bricht aber überhaupt für Mecklenburg eine
neue Zeit an.


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[0082] Das neue Mecklenburg Hohenzollern und Hessen-Homburg, gingen aber auch ihre Bundestagsstimmen unter. Bei Begründung des Norddeutschen Burides nahm man die Überlieferungen aus den letzten Zeiten des alten Reiches wieder auf. Denn indem man für die Vundesratsstimmen an die Stimmverteilung im Bundestage des alten Bundes anknüpfte, beanspruchte Preußen für sich auch die Stimmen der untergegangenen Staaten Hannover, Kurhessen, Holstein-Lauenburg, Nassau und Frankfurt a. M., worauf Artikel 6 der Reichsverfassung ausdrücklich vermeist, so daß es im ganzen 17 Stimmen erhielt. Für den Fall der Vereinigung der beiden Schwarzburg ist die Verteilung der Bundesratsstimmen mehrfach erörtert worden und dabei immer hervorgehoben, daß selbst ein einheitliches Schwarzburg nicht mehr Stimmen haben könne, als etwa ein sächsisches Herzogtum oder gar Sachsen-Weimar. Allein die Bundes- ratsstiinmen sind überhaupt nicht nach der Größe der Staaten verteilt, sonst müßte Preußen allein schon eine Zweidrittelmehrheit haben, womit die anderen Staaten vollständig an die Wand gedrückt würden. Die Stimmenverteilung beruht zum Teil auf geschichtlichen Voraussetzungen. Im mecklenburgischen Falle bildeten beide Staaten an sich schon eine verfassungsrechtliche Einheit. Es liegt kein Anlaß vor, ihnen um deswillen,, weil sie diese Einheit zu weiterer Vollendung führen, eine Stimme im Bundesrate zu entziehen. Überdies bilden die drei mecklenburgischen Stimmen keinerlei Bevorzugung gegenüber anderen Staaten. Denn beide Mecklenburg zusammen machen an Gebietsumfang mehr als das Doppelte des Großherzogtums Hessen aus und übertreffen sogar das Großherzogtum Baden, wenn sie auch an Bevölkerung hinter beiden zurückstehen. Die Bevölkerung ist nun vollends kein entscheidender Maßstab. Denn Hamburg hat beinahe so viele Einwohner wie Hessen. So werden denn voraussichtlich ohne weiteres die drei mecklenburgischen Stimmen dem neuen Einheitsstaate verbleiben, was allerdings auch für Schwarz¬ burg und später für Reuß einen wichtigen Vorgang bildet. Überhaupt wird das Reich bei der Vereinigung nicht weiter mitzuwirken haben. Allerdings zählt die Reichsverfassung in Art. 1 Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg - Strelitz unter den Bundesstaaten auf. Aber diese Aufzählung hat, wie die Überschrift „Bundesgebiet" ergibt, nur den Sinn, das Bundesgebiet zu bestimmen, und dieses wird durch Verschmelzung zweier Bundesstaaten nicht be¬ rührt. So hat sich 1876 auch die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit Preußen ohne Mitwirkung des Reiches vollzogen, obgleich die Reichsverfassung unter den Bundesstaaten Preußen mit Lauenburg besonders aufzuzählen hatte. Der mecklenburgische Einheitsstaat wird aber vor allen Dingen auch die Verfassungsfrage ihrer Lösung entgegenführen. Die äußere wie innere Schwierigkeit, die altständische Verfassung Mecklen¬ burgs im Wege der Verständigung mit den Ständen in eine konstitutionelle über¬ zuführen, wie es 1831 in Sachsen gelungen war, schien nun allerdings bisher nur in dem Widerstreben der bevorrechtigten Ritterschaft zu liegen. Das war aber nur eine äußerliche Betrachtung dn politischen Lage. Die Ritterschaft konnte auf ihrem Standpunkte beharren, weil ihr keine einheitliche Regierung gegenüberstand, sondern sie es mit zwei Regierungen zu tun hatte. Und in der Tat wäre eine konstitutionelle Verfassung, die doch die Einheit des Staatsorganismus voraussetzt, mit zwei Staatsregierungen so etwas gewesen, das verzweifelt an das alte Problem der Quadratur des Kreises erinnerte. Der Übergang zum Konstitutionalismus mußte schließlich die Einheit des Vertretungskörpers, der sich glücklich über die Landesteilungen hinweggerettet hatte, sprengen. Deshalb ist es ein Glück, daß Mecklenburg nicht früher zum Konstitutionalismus gelangte, dieser hätte die spätere staatliche Vereinigung, die sich nun von selbst vollzieht, nur erschwert. Erst mit dem Einheitsstaate ist auch die endliche Lösung der mecklenburgischen Verfassungsfrage angebahnt. Damit bricht aber überhaupt für Mecklenburg eine neue Zeit an.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/82>, abgerufen am 22.07.2024.