Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.Die Beratungen der lvahlrechtskommission sonderer Vorzüge, der erstere, indem er die Einführung der Verhältniswahl auch Wir wünschen den weiteren Arbeiten der Wahlrechtskommission, nachdem Die Beratungen der lvahlrechtskommission sonderer Vorzüge, der erstere, indem er die Einführung der Verhältniswahl auch Wir wünschen den weiteren Arbeiten der Wahlrechtskommission, nachdem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333195"/> <fw type="header" place="top"> Die Beratungen der lvahlrechtskommission</fw><lb/> <p xml:id="ID_319" prev="#ID_318"> sonderer Vorzüge, der erstere, indem er die Einführung der Verhältniswahl auch<lb/> in den übrigen preußischen Provinzen anbahnen würde, der letztere, insofern er<lb/> bei der mutmaßlichen Lösung der außerdeutschen polnischen Frage im austrophilen<lb/> Sinne unseren Polen keinen Grund zur Beschwerde über ein System ließe, das<lb/> auch jenseits der austropolnischen Grenzpfähle gälte. Man wird schon heute an¬<lb/> nehmen können, daß die Wahlrechtskommission in dem einen oder dem anderen<lb/> Sinne die Regierungsvorlage ergänzen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_320"> Wir wünschen den weiteren Arbeiten der Wahlrechtskommission, nachdem<lb/> die bisherige Generalerörterung nur eins unfruchtbare Wiederholung der Debatten<lb/> vom 5. bis 11. Dezember gebracht hatten, einen gedeihlicheren und, was<lb/> besonders unterstrichen werden muß, einen rascheren Fortgang. Die Regierung<lb/> hat ihr möglichstes getan, um die Arbeiten der Kommission durch Zusammen¬<lb/> stellungen über die geschichtliche Entwicklung des Wahlrechts zum Hause der<lb/> Abgeordneten, sowie über die Wahlrechte der Bundesstaaten, die ersten Kammern der<lb/> Bundesstaaten und über die Zusammensetzung der Kammern in den autzerdeut-<lb/> schen Staaten zu befördern; sie ist den Wünschen der Mehrheit nach einem<lb/> Mcmtelgesetz sachlich weit entgegengekommen, sie wird auch ferner alles, was in<lb/> ihren Kräften steht, tun, um einen glatten Verlauf der Kommissionsarbeiten zu sichern.<lb/> Aber die Kommission, richtiger gesagt, die Mitglieder derselben, die den Mehr-<lb/> heitsparteien des Abgeordnetenhauses angehören, müssen auch wollen. Sie sollten<lb/> ihr Hauptaugenmerk darauf richten, nicht durch ein Maximum von Kautelen und<lb/> Sicherungen das Schiff der Wahlrechtsvorlage bis zum Sinken zu bringen, sondern<lb/> im Gegenteil mit einem Minimum von Beschränkungen auszukommen. Auch hier<lb/> gilt das Wort, daß sich in der Beschränkung der Meister zeige. Immer sollte<lb/> sich die Kommission das prachtvolle Wort des Prinzen Max von Baden vor Augen<lb/> halten, der in seiner Kammerrede vom 14. Dezember sagte: „Es gibt nur eine<lb/> reale Garantie, das ist der Charakter des Volkes selbst." Was Prinz Max von<lb/> Baden von dem deutschen Volke im ganzen sagte, das gilt doch wahrlich auch<lb/> vom preußischen Volke. Der Charakter des preußischen Volkes war immer und<lb/> ist noch heute auf treue und harte Pflichterfüllung, auf Selbstbeherrschung, auf<lb/> bereitwillige Unterordnung unter die Staatsnotwendigkeiten gestellt. Es hat immer<lb/> Eisen im Blut gehabt. Ein solches Volk kann eher wie jedes andere die freiesten<lb/> Einrichtungen, das freieste Wahlrecht vertragen; denn es trägt in sich selbst die<lb/> sichere Gewähr des Maßhaltens. So möge man es in Gottes Namen mit der<lb/> Einräumung des gleichen Wahlrechtes für Preußen auch auf der Rechten wagen.<lb/> Es wird auch dann noch und dann erst recht und in Wahrheit heißen: Preußen<lb/> in Deutschland voran. Und das sollte heute mehr wie je die Devise eines jeden<lb/> echten und hochgemuten Preußen sein!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
Die Beratungen der lvahlrechtskommission
sonderer Vorzüge, der erstere, indem er die Einführung der Verhältniswahl auch
in den übrigen preußischen Provinzen anbahnen würde, der letztere, insofern er
bei der mutmaßlichen Lösung der außerdeutschen polnischen Frage im austrophilen
Sinne unseren Polen keinen Grund zur Beschwerde über ein System ließe, das
auch jenseits der austropolnischen Grenzpfähle gälte. Man wird schon heute an¬
nehmen können, daß die Wahlrechtskommission in dem einen oder dem anderen
Sinne die Regierungsvorlage ergänzen wird.
Wir wünschen den weiteren Arbeiten der Wahlrechtskommission, nachdem
die bisherige Generalerörterung nur eins unfruchtbare Wiederholung der Debatten
vom 5. bis 11. Dezember gebracht hatten, einen gedeihlicheren und, was
besonders unterstrichen werden muß, einen rascheren Fortgang. Die Regierung
hat ihr möglichstes getan, um die Arbeiten der Kommission durch Zusammen¬
stellungen über die geschichtliche Entwicklung des Wahlrechts zum Hause der
Abgeordneten, sowie über die Wahlrechte der Bundesstaaten, die ersten Kammern der
Bundesstaaten und über die Zusammensetzung der Kammern in den autzerdeut-
schen Staaten zu befördern; sie ist den Wünschen der Mehrheit nach einem
Mcmtelgesetz sachlich weit entgegengekommen, sie wird auch ferner alles, was in
ihren Kräften steht, tun, um einen glatten Verlauf der Kommissionsarbeiten zu sichern.
Aber die Kommission, richtiger gesagt, die Mitglieder derselben, die den Mehr-
heitsparteien des Abgeordnetenhauses angehören, müssen auch wollen. Sie sollten
ihr Hauptaugenmerk darauf richten, nicht durch ein Maximum von Kautelen und
Sicherungen das Schiff der Wahlrechtsvorlage bis zum Sinken zu bringen, sondern
im Gegenteil mit einem Minimum von Beschränkungen auszukommen. Auch hier
gilt das Wort, daß sich in der Beschränkung der Meister zeige. Immer sollte
sich die Kommission das prachtvolle Wort des Prinzen Max von Baden vor Augen
halten, der in seiner Kammerrede vom 14. Dezember sagte: „Es gibt nur eine
reale Garantie, das ist der Charakter des Volkes selbst." Was Prinz Max von
Baden von dem deutschen Volke im ganzen sagte, das gilt doch wahrlich auch
vom preußischen Volke. Der Charakter des preußischen Volkes war immer und
ist noch heute auf treue und harte Pflichterfüllung, auf Selbstbeherrschung, auf
bereitwillige Unterordnung unter die Staatsnotwendigkeiten gestellt. Es hat immer
Eisen im Blut gehabt. Ein solches Volk kann eher wie jedes andere die freiesten
Einrichtungen, das freieste Wahlrecht vertragen; denn es trägt in sich selbst die
sichere Gewähr des Maßhaltens. So möge man es in Gottes Namen mit der
Einräumung des gleichen Wahlrechtes für Preußen auch auf der Rechten wagen.
Es wird auch dann noch und dann erst recht und in Wahrheit heißen: Preußen
in Deutschland voran. Und das sollte heute mehr wie je die Devise eines jeden
echten und hochgemuten Preußen sein!
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