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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Nationcrlliberale Auffassung der Wahlrechtsfrage

wird die Einführung des gleichen Wahlrechtes aus diesem Grunde nicht abgelehnt
werden können, wenn zu erwarten ist, daß seine Ablehnung zu noch größeren
Unzuträglichkeiten führen wird. ^ . .

Die Demokratisierung des Volkes ist eine Tatsache, welche acht dadurch
aus der Welt geschafft wird, daß man ihr die Möglichkeit nimmt oder beschränkt,
sich bei den Wahlen zu offenbaren. Da kein Staatsmann auf die Dauer sich
ohne die Zustimmung der großen Volksmassen erhalten kann, so ist es für den
Staat von keiner einschneidenden Bedeutung, ob herrschende Strömungen sich ver¬
fassungsmäßig offenbaren können oder nicht. Derartige Strömungen werden,
wenn sie künstlich zurückgebannt werden, mit um so größerer Gewalt sich einen
Ausweg suchen. Wenn man demgegenüber darauf hinweisen will, daß die demo¬
kratischen Wellen eine vorübergehende Erscheinung seien, so wird sich dies auch,
falls eS zutrifft, in dem Ausfall späterer Wahlen offenbaren und tue Besorgms
gerade derjenigen, die auf diesem Standpunkte stehen, fällt im wesentlichen in steh
zusammen. Daß wir selbst bei dem besten Frieden schweren wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnissen entgegengehen, ist eine Binsen-Wahrheit. Daß ste eme tief¬
gehende Unzufriedenheit im Volke erzeugen werden, steht für denjenigen, der das
Volk beobachtet, nicht weniger fest. Diese Unzufriedenheit wird und muß ste"l
gegen den Staat wenden, wenn in agitatorischer Weise die Schwierigkeiten der
Verhältnisse als der Ausfluß der Ungerechtigkeit des Wahlrechtes gepredigt wird.
Dies ist unseres Einesteils die schwerste Gefahr, in welche sich der preußische
Staat überhaupt begeben kaun, und schon sie allein würde ausreichen, um die
Gefahren des gleichen Wahlrechtes wettzumachen. . . ^ . ^. ^

Dazu kommt, daß die Krone das gleiche Wahlrecht versprochen hat. Gerade
Wenn man der Ansicht ist. daß das monarchische Gefühl im preußischen Staate
stark verankert ist. setzt man die Krone einer schweren Gefahr aus. wenn man
das gleiche Wahlrecht ablehnt. Das Volk hat zu der Macht der Krone heute noch
ein unbedingtes Vertrauen. Letzten Endes wird es der Krone zur Last legen,
wenn ihr Wunsch nicht zum Gesetz erhoben wird. Man wird darauf hinweisen,
daß nur allmählich und unter dem Zwange der Ze-t das Versprechen des gleichen
Wahlrechtes gegeben worden ist. Aus diesem Grunde habe ste ihre Machtmittel
nicht genügend zur Geltung gebracht und dadurch verhindert, daß ihr Wunsch
Gesetz werde. Man wird daraus hinweisen, daß das Versprechen der Freiheits¬
kriege gebrochen worden ist, die Verheißung, die Friedrich Wilhelm IV. 1840 in
Königsberg ausgesprochen, und die Zusage, welche er 1848 gegebeii ha gleich¬
falls nicht erfüllt worden sind, und diese Dinge werden, agitatorisch ausgeschlachtet,
das monarchische Gefühl im Volle schweren Erschütterungen aussetzen, deren Trag¬
weite im voraus nicht zu übersehen ist. aber keinesfalls unterschätzt werden darf.

Andrerseits bedeutet das gleiche Wahlrecht keine Einschränkung der Rechte
d er Krone, weil die Kompetenzen nicht anders verteilt weiden, als ste bisher ver-
t^ne sind. Auch weiß jeder, der sich nur oberflächlich mit der Geschichte befaßt
hat. daß die Macht der Krone nicht von Institutionen, sondern von der Persön¬
lichkeit des Herrschers abhängt und von der Geschicklichkett, mit welcher es ihr ge-
lwgt, große Vollsteile hinter sich zu bringen Oft genug sind absolute Herrscher
"ur der Spielball in der Hand einzelner Personen und Cliquen gewesen, oft
Unug haben konstitutionell stark beschränkte Monarchen es verstanden, ihren
Willen in allen grundlegenden Fragen durchzusetzen. Wer e^ mit der Monarchie
ernst meint, sollte die Grundlagen, auf die sie sich stutzen kann, verstärken und
"icht durch künstliche Zurückdämmung wesentlicher Bolksstimmungen schwachen.

^ Aus diesen Gründen gibt es unseres Erachtens für die Partei nur die
Möglichkeit, dem gleichen Wahlrecht zuzustimmen, und zwar so zuzustimmen, daß
s" nicht als getriebene Menge, sondern als treibende Kraft erscheint, andernfalls
wird sie die Nachteile des allgemeinen Wahlrechtes verspüren, ohne ^me Vorteile
SU genießen. Aufgabe der Partei wird es sein, die durch das gleiche Wahlrecht
M gewärticienden Gefahren auf das Mindestmaß zu beschränken. Daß das Wahl¬
recht, so wie es vorgetragen ist, wesentlich den liberalen und den durch ste ver-


Nationcrlliberale Auffassung der Wahlrechtsfrage

wird die Einführung des gleichen Wahlrechtes aus diesem Grunde nicht abgelehnt
werden können, wenn zu erwarten ist, daß seine Ablehnung zu noch größeren
Unzuträglichkeiten führen wird. ^ . .

Die Demokratisierung des Volkes ist eine Tatsache, welche acht dadurch
aus der Welt geschafft wird, daß man ihr die Möglichkeit nimmt oder beschränkt,
sich bei den Wahlen zu offenbaren. Da kein Staatsmann auf die Dauer sich
ohne die Zustimmung der großen Volksmassen erhalten kann, so ist es für den
Staat von keiner einschneidenden Bedeutung, ob herrschende Strömungen sich ver¬
fassungsmäßig offenbaren können oder nicht. Derartige Strömungen werden,
wenn sie künstlich zurückgebannt werden, mit um so größerer Gewalt sich einen
Ausweg suchen. Wenn man demgegenüber darauf hinweisen will, daß die demo¬
kratischen Wellen eine vorübergehende Erscheinung seien, so wird sich dies auch,
falls eS zutrifft, in dem Ausfall späterer Wahlen offenbaren und tue Besorgms
gerade derjenigen, die auf diesem Standpunkte stehen, fällt im wesentlichen in steh
zusammen. Daß wir selbst bei dem besten Frieden schweren wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnissen entgegengehen, ist eine Binsen-Wahrheit. Daß ste eme tief¬
gehende Unzufriedenheit im Volke erzeugen werden, steht für denjenigen, der das
Volk beobachtet, nicht weniger fest. Diese Unzufriedenheit wird und muß ste»l
gegen den Staat wenden, wenn in agitatorischer Weise die Schwierigkeiten der
Verhältnisse als der Ausfluß der Ungerechtigkeit des Wahlrechtes gepredigt wird.
Dies ist unseres Einesteils die schwerste Gefahr, in welche sich der preußische
Staat überhaupt begeben kaun, und schon sie allein würde ausreichen, um die
Gefahren des gleichen Wahlrechtes wettzumachen. . . ^ . ^. ^

Dazu kommt, daß die Krone das gleiche Wahlrecht versprochen hat. Gerade
Wenn man der Ansicht ist. daß das monarchische Gefühl im preußischen Staate
stark verankert ist. setzt man die Krone einer schweren Gefahr aus. wenn man
das gleiche Wahlrecht ablehnt. Das Volk hat zu der Macht der Krone heute noch
ein unbedingtes Vertrauen. Letzten Endes wird es der Krone zur Last legen,
wenn ihr Wunsch nicht zum Gesetz erhoben wird. Man wird darauf hinweisen,
daß nur allmählich und unter dem Zwange der Ze-t das Versprechen des gleichen
Wahlrechtes gegeben worden ist. Aus diesem Grunde habe ste ihre Machtmittel
nicht genügend zur Geltung gebracht und dadurch verhindert, daß ihr Wunsch
Gesetz werde. Man wird daraus hinweisen, daß das Versprechen der Freiheits¬
kriege gebrochen worden ist, die Verheißung, die Friedrich Wilhelm IV. 1840 in
Königsberg ausgesprochen, und die Zusage, welche er 1848 gegebeii ha gleich¬
falls nicht erfüllt worden sind, und diese Dinge werden, agitatorisch ausgeschlachtet,
das monarchische Gefühl im Volle schweren Erschütterungen aussetzen, deren Trag¬
weite im voraus nicht zu übersehen ist. aber keinesfalls unterschätzt werden darf.

Andrerseits bedeutet das gleiche Wahlrecht keine Einschränkung der Rechte
d er Krone, weil die Kompetenzen nicht anders verteilt weiden, als ste bisher ver-
t^ne sind. Auch weiß jeder, der sich nur oberflächlich mit der Geschichte befaßt
hat. daß die Macht der Krone nicht von Institutionen, sondern von der Persön¬
lichkeit des Herrschers abhängt und von der Geschicklichkett, mit welcher es ihr ge-
lwgt, große Vollsteile hinter sich zu bringen Oft genug sind absolute Herrscher
"ur der Spielball in der Hand einzelner Personen und Cliquen gewesen, oft
Unug haben konstitutionell stark beschränkte Monarchen es verstanden, ihren
Willen in allen grundlegenden Fragen durchzusetzen. Wer e^ mit der Monarchie
ernst meint, sollte die Grundlagen, auf die sie sich stutzen kann, verstärken und
"icht durch künstliche Zurückdämmung wesentlicher Bolksstimmungen schwachen.

^ Aus diesen Gründen gibt es unseres Erachtens für die Partei nur die
Möglichkeit, dem gleichen Wahlrecht zuzustimmen, und zwar so zuzustimmen, daß
s" nicht als getriebene Menge, sondern als treibende Kraft erscheint, andernfalls
wird sie die Nachteile des allgemeinen Wahlrechtes verspüren, ohne ^me Vorteile
SU genießen. Aufgabe der Partei wird es sein, die durch das gleiche Wahlrecht
M gewärticienden Gefahren auf das Mindestmaß zu beschränken. Daß das Wahl¬
recht, so wie es vorgetragen ist, wesentlich den liberalen und den durch ste ver-


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[0307] Nationcrlliberale Auffassung der Wahlrechtsfrage wird die Einführung des gleichen Wahlrechtes aus diesem Grunde nicht abgelehnt werden können, wenn zu erwarten ist, daß seine Ablehnung zu noch größeren Unzuträglichkeiten führen wird. ^ . . Die Demokratisierung des Volkes ist eine Tatsache, welche acht dadurch aus der Welt geschafft wird, daß man ihr die Möglichkeit nimmt oder beschränkt, sich bei den Wahlen zu offenbaren. Da kein Staatsmann auf die Dauer sich ohne die Zustimmung der großen Volksmassen erhalten kann, so ist es für den Staat von keiner einschneidenden Bedeutung, ob herrschende Strömungen sich ver¬ fassungsmäßig offenbaren können oder nicht. Derartige Strömungen werden, wenn sie künstlich zurückgebannt werden, mit um so größerer Gewalt sich einen Ausweg suchen. Wenn man demgegenüber darauf hinweisen will, daß die demo¬ kratischen Wellen eine vorübergehende Erscheinung seien, so wird sich dies auch, falls eS zutrifft, in dem Ausfall späterer Wahlen offenbaren und tue Besorgms gerade derjenigen, die auf diesem Standpunkte stehen, fällt im wesentlichen in steh zusammen. Daß wir selbst bei dem besten Frieden schweren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen entgegengehen, ist eine Binsen-Wahrheit. Daß ste eme tief¬ gehende Unzufriedenheit im Volke erzeugen werden, steht für denjenigen, der das Volk beobachtet, nicht weniger fest. Diese Unzufriedenheit wird und muß ste»l gegen den Staat wenden, wenn in agitatorischer Weise die Schwierigkeiten der Verhältnisse als der Ausfluß der Ungerechtigkeit des Wahlrechtes gepredigt wird. Dies ist unseres Einesteils die schwerste Gefahr, in welche sich der preußische Staat überhaupt begeben kaun, und schon sie allein würde ausreichen, um die Gefahren des gleichen Wahlrechtes wettzumachen. . . ^ . ^. ^ Dazu kommt, daß die Krone das gleiche Wahlrecht versprochen hat. Gerade Wenn man der Ansicht ist. daß das monarchische Gefühl im preußischen Staate stark verankert ist. setzt man die Krone einer schweren Gefahr aus. wenn man das gleiche Wahlrecht ablehnt. Das Volk hat zu der Macht der Krone heute noch ein unbedingtes Vertrauen. Letzten Endes wird es der Krone zur Last legen, wenn ihr Wunsch nicht zum Gesetz erhoben wird. Man wird darauf hinweisen, daß nur allmählich und unter dem Zwange der Ze-t das Versprechen des gleichen Wahlrechtes gegeben worden ist. Aus diesem Grunde habe ste ihre Machtmittel nicht genügend zur Geltung gebracht und dadurch verhindert, daß ihr Wunsch Gesetz werde. Man wird daraus hinweisen, daß das Versprechen der Freiheits¬ kriege gebrochen worden ist, die Verheißung, die Friedrich Wilhelm IV. 1840 in Königsberg ausgesprochen, und die Zusage, welche er 1848 gegebeii ha gleich¬ falls nicht erfüllt worden sind, und diese Dinge werden, agitatorisch ausgeschlachtet, das monarchische Gefühl im Volle schweren Erschütterungen aussetzen, deren Trag¬ weite im voraus nicht zu übersehen ist. aber keinesfalls unterschätzt werden darf. Andrerseits bedeutet das gleiche Wahlrecht keine Einschränkung der Rechte d er Krone, weil die Kompetenzen nicht anders verteilt weiden, als ste bisher ver- t^ne sind. Auch weiß jeder, der sich nur oberflächlich mit der Geschichte befaßt hat. daß die Macht der Krone nicht von Institutionen, sondern von der Persön¬ lichkeit des Herrschers abhängt und von der Geschicklichkett, mit welcher es ihr ge- lwgt, große Vollsteile hinter sich zu bringen Oft genug sind absolute Herrscher "ur der Spielball in der Hand einzelner Personen und Cliquen gewesen, oft Unug haben konstitutionell stark beschränkte Monarchen es verstanden, ihren Willen in allen grundlegenden Fragen durchzusetzen. Wer e^ mit der Monarchie ernst meint, sollte die Grundlagen, auf die sie sich stutzen kann, verstärken und "icht durch künstliche Zurückdämmung wesentlicher Bolksstimmungen schwachen. ^ Aus diesen Gründen gibt es unseres Erachtens für die Partei nur die Möglichkeit, dem gleichen Wahlrecht zuzustimmen, und zwar so zuzustimmen, daß s" nicht als getriebene Menge, sondern als treibende Kraft erscheint, andernfalls wird sie die Nachteile des allgemeinen Wahlrechtes verspüren, ohne ^me Vorteile SU genießen. Aufgabe der Partei wird es sein, die durch das gleiche Wahlrecht M gewärticienden Gefahren auf das Mindestmaß zu beschränken. Daß das Wahl¬ recht, so wie es vorgetragen ist, wesentlich den liberalen und den durch ste ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/307>, abgerufen am 22.07.2024.