Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.Neue Bücher enges Verhältnis zu bringen ist- sie erfüllen ihre Aufgabe, zu belehren und auf¬ Friedrich Meinecke "Probleme des Weltkrieges". R. Oldmbourg, München 1917. Preis 1.80 M. Der Berliner Historiker, den ein neutraler Gelehrter kürzlich "das politische Als ein außenpolitisches Gegenstück wären sodann der Aufsatz "Probleme des Neue Bücher enges Verhältnis zu bringen ist- sie erfüllen ihre Aufgabe, zu belehren und auf¬ Friedrich Meinecke „Probleme des Weltkrieges". R. Oldmbourg, München 1917. Preis 1.80 M. Der Berliner Historiker, den ein neutraler Gelehrter kürzlich „das politische Als ein außenpolitisches Gegenstück wären sodann der Aufsatz „Probleme des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333038"/> <fw type="header" place="top"> Neue Bücher</fw><lb/> <p xml:id="ID_1036" prev="#ID_1035"> enges Verhältnis zu bringen ist- sie erfüllen ihre Aufgabe, zu belehren und auf¬<lb/> zuklären. Um der Sache willen ist zu wünschen, daß sich recht viele Leser davon<lb/> überzeugen. Professor «ranz</p><lb/> </div> <div n="3"> <head> Friedrich Meinecke „Probleme des Weltkrieges". R. Oldmbourg, München<lb/> 1917. Preis 1.80 M.</head><lb/> <p xml:id="ID_1037"> Der Berliner Historiker, den ein neutraler Gelehrter kürzlich „das politische<lb/> .Gewissen seines Volkes" genannt hat, vereinigt einige seiner Kriegsaufsätze in einem<lb/> billigen Bändchen, und man kann das weitere Publikum nur beglückwünschen, daß<lb/> ihm in dieser Form der Zutritt zu den Gaben Meineckeschen Geistes erschlossen ist.<lb/> Die erste Stelle gebührt dem seinerzeit auch besonders gedruckten Beitrag aus<lb/> den „Annalen für soziale Politik und Gesetzgebung" über „Die Reform des preußischen<lb/> Wahlrechts", der die augenblicklich brennende Einzelfrage in den Zusammenhang<lb/> der Versassungsentwicklung eines Jahrhunderts rückt und dabei die konstitutionellen<lb/> Kernprobleme Preußens und des Reiches zur Erörterung bringt. Echt meineckisch<lb/> im Sinne einer die Gegensätze auf höherer Stufe überwindenden und versöhnenden<lb/> Synthese ist das Ergebnis („der Sinn der großen Transaktion"): „Die Regierung<lb/> verzichte auf das Dreiklassenwahlrecht und die Demokratie verzichte, wenn auch<lb/> nicht grundsätzlich, so doch tatsächlich, auf das parlamentarische Regime". In der<lb/> Forderung, die Stellung des preußischen Ministerpräsidenten der des Kanzlers im<lb/> Reich anzuähneln, also aus einem primuZ inter psres einen Primeminister eng¬<lb/> lischen Stils zu machen, sowie der Umgestaltung des Herrenhauses etwa auf den<lb/> Wegen, die Baden mit seiner ersten Kammer 1904 wandelte, berührt Meinecke sich<lb/> mit den Ausführungen seines Kollegen an der Berliner Sinn unter Hintze, in<lb/> der „Europäischen Staats- und Wirtschafts-Zeitung" („Die Demokratisierung der<lb/> Preußischen Verfassung" Jahrg. II Ur. 18, anderer Ansicht neuestens E. Kaufmann,<lb/> „Bismarcks Erbe in der Reichsverfassung", besonders S. 88, 90 f.).</p><lb/> <p xml:id="ID_1038" next="#ID_1039"> Als ein außenpolitisches Gegenstück wären sodann der Aufsatz „Probleme des<lb/> Weltkrieges" zu nennen, eigentlich eine Besprechung des gleichnamigen Buches von<lb/> Kjell6n, aber infolge der kongenialen Verarbeitung und Beleuchtung der fremden<lb/> Gedanken weit mehr, als dieser Begriff andeutet In der diplomatischen Schicksals-<lb/> frage „Osten oder Westen" neigt Meinecke hier deutlich zum letzteren. — Feine<lb/> Gebankenfaden verknüpfen die in dieser Stellungnahme sich ausdrückende politische<lb/> Richtung mit dem Urteil über das Buch des Fürsten Bülow. Wer die england¬<lb/> freundliche Politik Bethmann Hollwegs mehr oder weniger bejaht, wird den Taten<lb/> seines Vorgängers mit Reserve gegenüberstehen. So Meinecke, der (im Gegensatz<lb/> etwa zu Hashagens neuester Darstellung des schicksalsvollen Doppeljahrzehntes)<lb/> Politische Baisse nicht seit, sondern vor dem Sommer 1909 erblickt. „Die ver¬<lb/> hängnisvolle Verschlechterung unserer Weltlage trat dadurch ein, daß sich die englische<lb/> Gegnerschaft mit der französisch-russischen Gegnerschaft verknüpft." Die „Voraus-<lb/> setzung" dafür aber war die neue Reibungsfläche mit Rußland im Orient seit 1898. —<lb/> In den konkreten Krieg hinein führen uns drei andere Aufsätze. „Politische Kultur<lb/> und öffentliche Meinung" zeigt das sagenhaft gewordene Bild einer nüchtern und<lb/> gerecht urteilenden englischen Presse aus den Anfangstagen der Weltkatastrophe,<lb/> „Staatskunst und Leidenschaften" das Gegenbild eines „hypertrophisch" gewordenen<lb/> Ringens, beide beleuchtet von dem milden Lichte jener „Sophrosyne", die Kjellön<lb/> an dem deutschen Gelehrten so bewundert. Ihnen gesellt sich „Der Rhythmus des</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
Neue Bücher
enges Verhältnis zu bringen ist- sie erfüllen ihre Aufgabe, zu belehren und auf¬
zuklären. Um der Sache willen ist zu wünschen, daß sich recht viele Leser davon
überzeugen. Professor «ranz
Friedrich Meinecke „Probleme des Weltkrieges". R. Oldmbourg, München
1917. Preis 1.80 M.
Der Berliner Historiker, den ein neutraler Gelehrter kürzlich „das politische
.Gewissen seines Volkes" genannt hat, vereinigt einige seiner Kriegsaufsätze in einem
billigen Bändchen, und man kann das weitere Publikum nur beglückwünschen, daß
ihm in dieser Form der Zutritt zu den Gaben Meineckeschen Geistes erschlossen ist.
Die erste Stelle gebührt dem seinerzeit auch besonders gedruckten Beitrag aus
den „Annalen für soziale Politik und Gesetzgebung" über „Die Reform des preußischen
Wahlrechts", der die augenblicklich brennende Einzelfrage in den Zusammenhang
der Versassungsentwicklung eines Jahrhunderts rückt und dabei die konstitutionellen
Kernprobleme Preußens und des Reiches zur Erörterung bringt. Echt meineckisch
im Sinne einer die Gegensätze auf höherer Stufe überwindenden und versöhnenden
Synthese ist das Ergebnis („der Sinn der großen Transaktion"): „Die Regierung
verzichte auf das Dreiklassenwahlrecht und die Demokratie verzichte, wenn auch
nicht grundsätzlich, so doch tatsächlich, auf das parlamentarische Regime". In der
Forderung, die Stellung des preußischen Ministerpräsidenten der des Kanzlers im
Reich anzuähneln, also aus einem primuZ inter psres einen Primeminister eng¬
lischen Stils zu machen, sowie der Umgestaltung des Herrenhauses etwa auf den
Wegen, die Baden mit seiner ersten Kammer 1904 wandelte, berührt Meinecke sich
mit den Ausführungen seines Kollegen an der Berliner Sinn unter Hintze, in
der „Europäischen Staats- und Wirtschafts-Zeitung" („Die Demokratisierung der
Preußischen Verfassung" Jahrg. II Ur. 18, anderer Ansicht neuestens E. Kaufmann,
„Bismarcks Erbe in der Reichsverfassung", besonders S. 88, 90 f.).
Als ein außenpolitisches Gegenstück wären sodann der Aufsatz „Probleme des
Weltkrieges" zu nennen, eigentlich eine Besprechung des gleichnamigen Buches von
Kjell6n, aber infolge der kongenialen Verarbeitung und Beleuchtung der fremden
Gedanken weit mehr, als dieser Begriff andeutet In der diplomatischen Schicksals-
frage „Osten oder Westen" neigt Meinecke hier deutlich zum letzteren. — Feine
Gebankenfaden verknüpfen die in dieser Stellungnahme sich ausdrückende politische
Richtung mit dem Urteil über das Buch des Fürsten Bülow. Wer die england¬
freundliche Politik Bethmann Hollwegs mehr oder weniger bejaht, wird den Taten
seines Vorgängers mit Reserve gegenüberstehen. So Meinecke, der (im Gegensatz
etwa zu Hashagens neuester Darstellung des schicksalsvollen Doppeljahrzehntes)
Politische Baisse nicht seit, sondern vor dem Sommer 1909 erblickt. „Die ver¬
hängnisvolle Verschlechterung unserer Weltlage trat dadurch ein, daß sich die englische
Gegnerschaft mit der französisch-russischen Gegnerschaft verknüpft." Die „Voraus-
setzung" dafür aber war die neue Reibungsfläche mit Rußland im Orient seit 1898. —
In den konkreten Krieg hinein führen uns drei andere Aufsätze. „Politische Kultur
und öffentliche Meinung" zeigt das sagenhaft gewordene Bild einer nüchtern und
gerecht urteilenden englischen Presse aus den Anfangstagen der Weltkatastrophe,
„Staatskunst und Leidenschaften" das Gegenbild eines „hypertrophisch" gewordenen
Ringens, beide beleuchtet von dem milden Lichte jener „Sophrosyne", die Kjellön
an dem deutschen Gelehrten so bewundert. Ihnen gesellt sich „Der Rhythmus des
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |