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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und England in Afrika

Von ganz besonderer Bedeutung für ein derartig geschlossenes Wirtschaftsgebiet
müßte sich die Fertigstellung des in der Ausführung stehenden ost-westlichen
Überlandweges von Deutsch-Ostafrika durch Belgisch-Kongo nach dem Golf
von Guinea erweisen. Die ostafrikanische Mittellcmddahn, die belgische Lukuga-
bahn, der Kongo und die seine Stromschellen umgehenden Bahnen, sowie die
Südkameruner Bahn sind berufen, in Zukunft die Glieder dieses großen Ver¬
kehrsweges zu werden, der das reiche Jnnerafrika an zwei Weltmeere an¬
schließt*). Dieser durchgehende Verkehrsweg ist weniger problematisch als sein
nordsüdliches Gegenstück der Kap-Kairobahn. Zudem wird er allen wirtschaft¬
lichen Erfordernissen Jnnerafrikas viel eher gerecht, weil der Abtransport der
Erzeugnisse nach Ost oder West erheblich kürzer, schneller und daher billiger
sich vollzieht als auf der in viel stärkerem Maße politische Absichten zur Schau
tragenden Kap-Kairobahn.

Ob freilich dieses an sich wünschenswerte Ziel eines deutsch-afrikanischen
Wirtschaftsbundes, das einen bei der Erwerbung Neukameruns in optimistischen
deutschen Kolonialkreisen auftauchenden Gedanken eines deutschen Mittelafrika
fast verwirklichen würde, überhaupt jemals zu erreichen ist, bleibt abzuwarten.
Hier ist auch mehr als je der Wunsch der Vater des Gedankens. Vielleicht
bringt aber ein für uns glücklicher Krieg dennoch eine Lösung, die dem an¬
gedeuteten Gedanken immerhin nahe kommen könnte; die Hineinzerrung Portugals
in den Krieg kann für die künftige politische Gestaltung Afrikas nicht ohne
Bedeutung bleiben.





*) Seine Bedeutung für unsere Kolonialpolitik und --Wirtschaft würde hinfällig sein,
würde das von Delbrück erörterte Programm des Austausches Deutsch-Ostafrikas gegen
englische westafrikanische Kolonien verwirklicht worden sein (Über die Ziele unserer Kolonial-
-politik. Preußische Jahrbücher 1912, Märzheft).
Deutschland und England in Afrika

Von ganz besonderer Bedeutung für ein derartig geschlossenes Wirtschaftsgebiet
müßte sich die Fertigstellung des in der Ausführung stehenden ost-westlichen
Überlandweges von Deutsch-Ostafrika durch Belgisch-Kongo nach dem Golf
von Guinea erweisen. Die ostafrikanische Mittellcmddahn, die belgische Lukuga-
bahn, der Kongo und die seine Stromschellen umgehenden Bahnen, sowie die
Südkameruner Bahn sind berufen, in Zukunft die Glieder dieses großen Ver¬
kehrsweges zu werden, der das reiche Jnnerafrika an zwei Weltmeere an¬
schließt*). Dieser durchgehende Verkehrsweg ist weniger problematisch als sein
nordsüdliches Gegenstück der Kap-Kairobahn. Zudem wird er allen wirtschaft¬
lichen Erfordernissen Jnnerafrikas viel eher gerecht, weil der Abtransport der
Erzeugnisse nach Ost oder West erheblich kürzer, schneller und daher billiger
sich vollzieht als auf der in viel stärkerem Maße politische Absichten zur Schau
tragenden Kap-Kairobahn.

Ob freilich dieses an sich wünschenswerte Ziel eines deutsch-afrikanischen
Wirtschaftsbundes, das einen bei der Erwerbung Neukameruns in optimistischen
deutschen Kolonialkreisen auftauchenden Gedanken eines deutschen Mittelafrika
fast verwirklichen würde, überhaupt jemals zu erreichen ist, bleibt abzuwarten.
Hier ist auch mehr als je der Wunsch der Vater des Gedankens. Vielleicht
bringt aber ein für uns glücklicher Krieg dennoch eine Lösung, die dem an¬
gedeuteten Gedanken immerhin nahe kommen könnte; die Hineinzerrung Portugals
in den Krieg kann für die künftige politische Gestaltung Afrikas nicht ohne
Bedeutung bleiben.





*) Seine Bedeutung für unsere Kolonialpolitik und --Wirtschaft würde hinfällig sein,
würde das von Delbrück erörterte Programm des Austausches Deutsch-Ostafrikas gegen
englische westafrikanische Kolonien verwirklicht worden sein (Über die Ziele unserer Kolonial-
-politik. Preußische Jahrbücher 1912, Märzheft).
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[0357] Deutschland und England in Afrika Von ganz besonderer Bedeutung für ein derartig geschlossenes Wirtschaftsgebiet müßte sich die Fertigstellung des in der Ausführung stehenden ost-westlichen Überlandweges von Deutsch-Ostafrika durch Belgisch-Kongo nach dem Golf von Guinea erweisen. Die ostafrikanische Mittellcmddahn, die belgische Lukuga- bahn, der Kongo und die seine Stromschellen umgehenden Bahnen, sowie die Südkameruner Bahn sind berufen, in Zukunft die Glieder dieses großen Ver¬ kehrsweges zu werden, der das reiche Jnnerafrika an zwei Weltmeere an¬ schließt*). Dieser durchgehende Verkehrsweg ist weniger problematisch als sein nordsüdliches Gegenstück der Kap-Kairobahn. Zudem wird er allen wirtschaft¬ lichen Erfordernissen Jnnerafrikas viel eher gerecht, weil der Abtransport der Erzeugnisse nach Ost oder West erheblich kürzer, schneller und daher billiger sich vollzieht als auf der in viel stärkerem Maße politische Absichten zur Schau tragenden Kap-Kairobahn. Ob freilich dieses an sich wünschenswerte Ziel eines deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbundes, das einen bei der Erwerbung Neukameruns in optimistischen deutschen Kolonialkreisen auftauchenden Gedanken eines deutschen Mittelafrika fast verwirklichen würde, überhaupt jemals zu erreichen ist, bleibt abzuwarten. Hier ist auch mehr als je der Wunsch der Vater des Gedankens. Vielleicht bringt aber ein für uns glücklicher Krieg dennoch eine Lösung, die dem an¬ gedeuteten Gedanken immerhin nahe kommen könnte; die Hineinzerrung Portugals in den Krieg kann für die künftige politische Gestaltung Afrikas nicht ohne Bedeutung bleiben. *) Seine Bedeutung für unsere Kolonialpolitik und --Wirtschaft würde hinfällig sein, würde das von Delbrück erörterte Programm des Austausches Deutsch-Ostafrikas gegen englische westafrikanische Kolonien verwirklicht worden sein (Über die Ziele unserer Kolonial- -politik. Preußische Jahrbücher 1912, Märzheft).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/357>, abgerufen am 23.07.2024.