Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.Der drohende amerikanische Handelskrieg Dr. Aurt peschke von is der Krieg mit England ausbrach, stellte es sich heraus, daß Angesichts unseres augenblicklichen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten, Der drohende amerikanische Handelskrieg Dr. Aurt peschke von is der Krieg mit England ausbrach, stellte es sich heraus, daß Angesichts unseres augenblicklichen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/331735"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der drohende amerikanische Handelskrieg<lb/><note type="byline"> Dr. Aurt peschke</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1040"> is der Krieg mit England ausbrach, stellte es sich heraus, daß<lb/> die deutschen Gläubiger in den britischen Ländern so gut wie<lb/> rechtlos waren. Jeder geschäftliche Verkehr mit ihnen war dem<lb/> auf englischem Gebiete Wohnenden verboten, sie empfingen keine<lb/> l Zahlungen mehr, die englischen Gerichte waren ihnen verschlossen.<lb/> Während das deutsche Reichsgericht aussprach, daß es dem deutschen Völker¬<lb/> recht fern liege, den Krieg unter möglichster wirtschaftlicher Schädigung der<lb/> Angehörigen feindlicher Staaten zu führen und sie der Wohltaten des bürger¬<lb/> lichen Rechtes zu berauben, daß daher die feindlichen Staatsangehörigen den<lb/> Inländern in bezug auf das bürgerliche Recht ebenso gleichgestellt seien wie<lb/> vor dem Kriege, entwickelte England die Gedanken seines Rechtes weiter zu<lb/> einem richtigen System des Handelskrieges und verleitete seine Bundesgenossen<lb/> zu ähnlichen und teilweise noch schärferen Maßnahmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1041" next="#ID_1042"> Angesichts unseres augenblicklichen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten,<lb/> das jeden Augenblick in den Kriegszustand übergehen kann, erhebt sich die<lb/> Frage, welche Behandlung deutsche Privatrechte im Kriegsfalle dort zu ge¬<lb/> wärtigen haben. Prüft man darauf hin die Entscheidungen der amerikanischen<lb/> Gerichte, wie sie in den Kriegen der Union im letzten Jahrhundert ergangen<lb/> sind, so wird man nicht ohne Bestürzung entdecken, daß die amerikanische An¬<lb/> schauung sich mit der englischen deckt. Wie in England ist vor den amerikanischen<lb/> Gerichten jeder, der in einem feindlichen Lande wohnt, ein Feind, ein allen<lb/> creux. Ein solcher kann keinen gerichtlichen Schutz weder als Kläger noch<lb/> als Beklagter in Anspruch nehmen, er darf während des Krieges keinen ge¬<lb/> schäftlichen Verkehr mit Amerikanern unterhalten, weder neue Verträge abschließen<lb/> noch irgendwelche Zahlungen oder sonstige Leistungen erhalten. Die vor<lb/> Kriegsausbruch abgeschlossenen Verträge bleiben zwar grundsätzlich während des<lb/> Krieges nur aufgeschoben. Soweit aber, und diese Ausnahme wird die Regel<lb/> bilden, die Verträge ihrer Natur nach eine geschäftliche Verbindung mit dem<lb/> Feinde schon während des Krieges verlangen, also nicht bis zum Ende des<lb/> Krieges vertagt werden können, werden sie von rechtswegen aufgelöst. Das<lb/> trifft vor allem die Frachtverträge, aber auch die Versicherungen, namentlich<lb/> die Güterversicherungen. Eine von selbst eintretende Beschlagnahme des feind¬<lb/> lichen Eigentumes kennt das amerikanische Recht zwar nicht; aber dies war ja</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0327]
Der drohende amerikanische Handelskrieg
Dr. Aurt peschke von
is der Krieg mit England ausbrach, stellte es sich heraus, daß
die deutschen Gläubiger in den britischen Ländern so gut wie
rechtlos waren. Jeder geschäftliche Verkehr mit ihnen war dem
auf englischem Gebiete Wohnenden verboten, sie empfingen keine
l Zahlungen mehr, die englischen Gerichte waren ihnen verschlossen.
Während das deutsche Reichsgericht aussprach, daß es dem deutschen Völker¬
recht fern liege, den Krieg unter möglichster wirtschaftlicher Schädigung der
Angehörigen feindlicher Staaten zu führen und sie der Wohltaten des bürger¬
lichen Rechtes zu berauben, daß daher die feindlichen Staatsangehörigen den
Inländern in bezug auf das bürgerliche Recht ebenso gleichgestellt seien wie
vor dem Kriege, entwickelte England die Gedanken seines Rechtes weiter zu
einem richtigen System des Handelskrieges und verleitete seine Bundesgenossen
zu ähnlichen und teilweise noch schärferen Maßnahmen.
Angesichts unseres augenblicklichen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten,
das jeden Augenblick in den Kriegszustand übergehen kann, erhebt sich die
Frage, welche Behandlung deutsche Privatrechte im Kriegsfalle dort zu ge¬
wärtigen haben. Prüft man darauf hin die Entscheidungen der amerikanischen
Gerichte, wie sie in den Kriegen der Union im letzten Jahrhundert ergangen
sind, so wird man nicht ohne Bestürzung entdecken, daß die amerikanische An¬
schauung sich mit der englischen deckt. Wie in England ist vor den amerikanischen
Gerichten jeder, der in einem feindlichen Lande wohnt, ein Feind, ein allen
creux. Ein solcher kann keinen gerichtlichen Schutz weder als Kläger noch
als Beklagter in Anspruch nehmen, er darf während des Krieges keinen ge¬
schäftlichen Verkehr mit Amerikanern unterhalten, weder neue Verträge abschließen
noch irgendwelche Zahlungen oder sonstige Leistungen erhalten. Die vor
Kriegsausbruch abgeschlossenen Verträge bleiben zwar grundsätzlich während des
Krieges nur aufgeschoben. Soweit aber, und diese Ausnahme wird die Regel
bilden, die Verträge ihrer Natur nach eine geschäftliche Verbindung mit dem
Feinde schon während des Krieges verlangen, also nicht bis zum Ende des
Krieges vertagt werden können, werden sie von rechtswegen aufgelöst. Das
trifft vor allem die Frachtverträge, aber auch die Versicherungen, namentlich
die Güterversicherungen. Eine von selbst eintretende Beschlagnahme des feind¬
lichen Eigentumes kennt das amerikanische Recht zwar nicht; aber dies war ja
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