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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Das neue Ranalprojekt

Balkanländern die Eisenbahnen um 800000 Waggonladungen pro Jahr hätten
entlasten können.

Doch was vergangen ist, ist vergangen, getane Sünden lassen sich nicht
wieder gut machen, aber sie müssen uns anspornen, sie nicht von neuem zu
begehen, sondern energisch daran zu arbeiten, daß fortan Fehler vermieden
werden, die wir jahrelang hindurch begangen haben.

Auch ganz abgesehen vom Weltkrieg und seinen unmittelbaren Beziehungen
zu den Wasserstraßen soll dieses große Kanalprojekt die Verkehrs- und handels¬
politische Verbindung des Ostens mit dem Westen festigen und erweitern und
mit dazu helfen, daß der Balkan und der Orient in diesem Völkerringen mit
den Mittelmächten zu einem Verkehrs- und handelspolitischen Ganzen, zu einer
weltgebietcnden und weltbeherrschenden Einheit zusammenschmelzen.

Es ist gewiß nicht ohne Absicht geschehen, daß der Gesetzentwurf die Frage
nach der Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Donau offen läßt. Bisher
war hierfür bekanntlich die "Donauschiffahrtsakte" maßgebend, welche am 7. No¬
vember 1357 zwischen Bayern, Württemberg. Österreich-Ungarn und der Türkei
abgeschlossen wurde. Aber sicherlich werden gleich nach Friedensschluß die
Schiffahrtsverhältnisse auf der Donau rechtlich eine Neuregelung erfahren, und
da ist es von großer Wichtigkeit, daß Bauern eben auf Grund des neuen
Kanalprojektes dabei ein gewichtiges Wort mitzureden hat, ist ja doch die
richtige Bemessung der Schiffahrtsabgaben eine der notwendigsten Voraussetzungen
für die Rentabilität jeder Schiffahrtsstraße.

Allgemein bekannt dürfte ja sein, daß die geplante Großschiffahrtsstraße
durch Bayern ja nur ein Glied, wenn auch das größte und wichtigste, in einer
ganzen Kette von Wasserstraßen bildet, welche Deutschland über kurz oder lang
durchziehen sollen. Die beiden wichtigsten unter ihnen dürsten die Verbindung
der Weser mit dem Main, welche in Verbindung mit dem Main - Donaukanal
der Donau einen direkten Ausgang in die Nordsee verschaffen wird und die Ver¬
bindung der Oder mit der Donau sein, welche die reichen Kohlenschätze von
Österreich-Schlesien der Industrie dienstbar machen und zugleich im Verein mit
schon vorhandenen und noch zu erwartenden Wasserverbindungen der Oder mit
der Weichsel den ganzen Osten Deutschlands bis hinab zur Ostsee in direkten
Kontakt mit dem Orient setzen soll.

Das ganze Heer der Kar.alifierung von Strömen von der Mosel bis an
die Memel soll hier nicht wieder in Schlachtreihe aufgestellt werden; es möge
nur noch an den Schluß dieser Betrachtung, die wesentlich dem neuen bayrische"
Kanalprojekt gewidmet ist, die vielleicht nicht ganz überflüssige Bemerkung gesetzt
werden, daß der norddeutsche Mittellandkanal noch immer nicht fertig gestellt
ist, sondern zwischen Weser und Elbe noch eine Lücke klafft, welche endlich aus¬
zufüllen ohne Zweifel die wichtigste Tat auf wasserwirtschaftlichem Gebiet
bedeuten wird, die im Norden unseres Vaterlands geschehen muß.




Das neue Ranalprojekt

Balkanländern die Eisenbahnen um 800000 Waggonladungen pro Jahr hätten
entlasten können.

Doch was vergangen ist, ist vergangen, getane Sünden lassen sich nicht
wieder gut machen, aber sie müssen uns anspornen, sie nicht von neuem zu
begehen, sondern energisch daran zu arbeiten, daß fortan Fehler vermieden
werden, die wir jahrelang hindurch begangen haben.

Auch ganz abgesehen vom Weltkrieg und seinen unmittelbaren Beziehungen
zu den Wasserstraßen soll dieses große Kanalprojekt die Verkehrs- und handels¬
politische Verbindung des Ostens mit dem Westen festigen und erweitern und
mit dazu helfen, daß der Balkan und der Orient in diesem Völkerringen mit
den Mittelmächten zu einem Verkehrs- und handelspolitischen Ganzen, zu einer
weltgebietcnden und weltbeherrschenden Einheit zusammenschmelzen.

Es ist gewiß nicht ohne Absicht geschehen, daß der Gesetzentwurf die Frage
nach der Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Donau offen läßt. Bisher
war hierfür bekanntlich die „Donauschiffahrtsakte" maßgebend, welche am 7. No¬
vember 1357 zwischen Bayern, Württemberg. Österreich-Ungarn und der Türkei
abgeschlossen wurde. Aber sicherlich werden gleich nach Friedensschluß die
Schiffahrtsverhältnisse auf der Donau rechtlich eine Neuregelung erfahren, und
da ist es von großer Wichtigkeit, daß Bauern eben auf Grund des neuen
Kanalprojektes dabei ein gewichtiges Wort mitzureden hat, ist ja doch die
richtige Bemessung der Schiffahrtsabgaben eine der notwendigsten Voraussetzungen
für die Rentabilität jeder Schiffahrtsstraße.

Allgemein bekannt dürfte ja sein, daß die geplante Großschiffahrtsstraße
durch Bayern ja nur ein Glied, wenn auch das größte und wichtigste, in einer
ganzen Kette von Wasserstraßen bildet, welche Deutschland über kurz oder lang
durchziehen sollen. Die beiden wichtigsten unter ihnen dürsten die Verbindung
der Weser mit dem Main, welche in Verbindung mit dem Main - Donaukanal
der Donau einen direkten Ausgang in die Nordsee verschaffen wird und die Ver¬
bindung der Oder mit der Donau sein, welche die reichen Kohlenschätze von
Österreich-Schlesien der Industrie dienstbar machen und zugleich im Verein mit
schon vorhandenen und noch zu erwartenden Wasserverbindungen der Oder mit
der Weichsel den ganzen Osten Deutschlands bis hinab zur Ostsee in direkten
Kontakt mit dem Orient setzen soll.

Das ganze Heer der Kar.alifierung von Strömen von der Mosel bis an
die Memel soll hier nicht wieder in Schlachtreihe aufgestellt werden; es möge
nur noch an den Schluß dieser Betrachtung, die wesentlich dem neuen bayrische«
Kanalprojekt gewidmet ist, die vielleicht nicht ganz überflüssige Bemerkung gesetzt
werden, daß der norddeutsche Mittellandkanal noch immer nicht fertig gestellt
ist, sondern zwischen Weser und Elbe noch eine Lücke klafft, welche endlich aus¬
zufüllen ohne Zweifel die wichtigste Tat auf wasserwirtschaftlichem Gebiet
bedeuten wird, die im Norden unseres Vaterlands geschehen muß.




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[0296] Das neue Ranalprojekt Balkanländern die Eisenbahnen um 800000 Waggonladungen pro Jahr hätten entlasten können. Doch was vergangen ist, ist vergangen, getane Sünden lassen sich nicht wieder gut machen, aber sie müssen uns anspornen, sie nicht von neuem zu begehen, sondern energisch daran zu arbeiten, daß fortan Fehler vermieden werden, die wir jahrelang hindurch begangen haben. Auch ganz abgesehen vom Weltkrieg und seinen unmittelbaren Beziehungen zu den Wasserstraßen soll dieses große Kanalprojekt die Verkehrs- und handels¬ politische Verbindung des Ostens mit dem Westen festigen und erweitern und mit dazu helfen, daß der Balkan und der Orient in diesem Völkerringen mit den Mittelmächten zu einem Verkehrs- und handelspolitischen Ganzen, zu einer weltgebietcnden und weltbeherrschenden Einheit zusammenschmelzen. Es ist gewiß nicht ohne Absicht geschehen, daß der Gesetzentwurf die Frage nach der Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Donau offen läßt. Bisher war hierfür bekanntlich die „Donauschiffahrtsakte" maßgebend, welche am 7. No¬ vember 1357 zwischen Bayern, Württemberg. Österreich-Ungarn und der Türkei abgeschlossen wurde. Aber sicherlich werden gleich nach Friedensschluß die Schiffahrtsverhältnisse auf der Donau rechtlich eine Neuregelung erfahren, und da ist es von großer Wichtigkeit, daß Bauern eben auf Grund des neuen Kanalprojektes dabei ein gewichtiges Wort mitzureden hat, ist ja doch die richtige Bemessung der Schiffahrtsabgaben eine der notwendigsten Voraussetzungen für die Rentabilität jeder Schiffahrtsstraße. Allgemein bekannt dürfte ja sein, daß die geplante Großschiffahrtsstraße durch Bayern ja nur ein Glied, wenn auch das größte und wichtigste, in einer ganzen Kette von Wasserstraßen bildet, welche Deutschland über kurz oder lang durchziehen sollen. Die beiden wichtigsten unter ihnen dürsten die Verbindung der Weser mit dem Main, welche in Verbindung mit dem Main - Donaukanal der Donau einen direkten Ausgang in die Nordsee verschaffen wird und die Ver¬ bindung der Oder mit der Donau sein, welche die reichen Kohlenschätze von Österreich-Schlesien der Industrie dienstbar machen und zugleich im Verein mit schon vorhandenen und noch zu erwartenden Wasserverbindungen der Oder mit der Weichsel den ganzen Osten Deutschlands bis hinab zur Ostsee in direkten Kontakt mit dem Orient setzen soll. Das ganze Heer der Kar.alifierung von Strömen von der Mosel bis an die Memel soll hier nicht wieder in Schlachtreihe aufgestellt werden; es möge nur noch an den Schluß dieser Betrachtung, die wesentlich dem neuen bayrische« Kanalprojekt gewidmet ist, die vielleicht nicht ganz überflüssige Bemerkung gesetzt werden, daß der norddeutsche Mittellandkanal noch immer nicht fertig gestellt ist, sondern zwischen Weser und Elbe noch eine Lücke klafft, welche endlich aus¬ zufüllen ohne Zweifel die wichtigste Tat auf wasserwirtschaftlichem Gebiet bedeuten wird, die im Norden unseres Vaterlands geschehen muß.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/296>, abgerufen am 23.07.2024.