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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Gin wörtlein fürs Gold

schieht das ja), so ist das ein so glänzender Beweis für die Unentbehrlichkeit
des Goldes und eine so schlagende Widerlegung seiner Theorie, daß ich mir
meine Glossen eigentlich ersparen könnte.

4. Der lediglich negierenden Theorie fehlt die positive Ergänzung; soll an
Stelle der Goldwährung die Silberwährung treten oder eine in der Lust
schwebende Papierwährung? Wenn im Auslande unsere Zettel nicht mehr oder
nur mit hohem Disagio genommen werden, dann sinkt im Frieden auch daheim
ihr Wert. Und werden sie ganz entwertet, womit will der Staat ihren Wert
wieder heben? Will er vielleicht dadurch ihren inneren Wert, ihre Leistungs¬
fähigkeit als Tauschmittel beweisen, daß er selbst Gebrauchsgüter dafür gibt?
Er müßte dann die Steuern in natura einziehen und ungeheure Magazine voll
Getreide, Mehl, Kartoffeln Eisen, Kohlen, Kleiderstoffen anlegen, um jedem, der
seine Banknoten oder Kassenanweisungen in Gcbrauchsgüter umsetzen wollte,
das Gewünschte geben zu können, und wir wären dann glücklich wieder von
der Stufe der Geld- und Kreditwirtschaft auf die der Naturalwirtschaft zurück¬
gesunken.

5. Normale Zustände werde ich ja nicht mehr erleben, aber ich würde
die folgende Generation bedauern, wenn es ihr nicht vergönnt wäre, vom Papier
zum Goldumlauf zurückzukehren. Schon aus ästhetischen Rücksichten muß den
häßlichen zerknülltem und zerfetzten Papierlumpen jedermann die schönen Gold¬
stücke vorziehen, deren wir uns zu erfreuen hatten. Es ist aber auch kein bloßes
Vorurteil eines überästhetischen Geschmacks, wie die Gegner meinen, wenn das
deutsche Publikum (das österreichische denkt und empfindet aus alter schlechter
Gewohnheit ja anders) das Gold dem Papier vorzieht. Im Golde hat man
nun einmal einen sicheren unzerstörbaren Besitz. Das Papierzettelchen kann ver¬
brennen, von spielenden Kindern zerrissen werden, es zerfällt, wenn's abgenützt
ist, und fällt's dem Bauer in die Krippe, so frißt's die Kuh. Das Goldstück
kehrt selbst aus dem Magen des Tieres unversehrt, aus dem Feuer als Gold-
Wmpchen zu seinem Eigentümer zurück. Und es verleiht dem Verkehr das
Gepräge der Solidität. Den Florentinern verschaffte im Mittelalter ihr schöner
Goldfloren Respekt bei den Potentaten Nordafrikas und des Orients; die eng¬
lische Guinea war eine der Mächte, die den Engländern zu Ansehen auf dem
Kontinent verhalfen, und wenn man in der Zeit der italienischen Finanzkrisis,
in den siebziger Jahren, in Italien mit einer IVrarca al Qermama, wie sie das
Zwanzigmarkstück nannten, bezahlte, strahlten alle Gesichter des Hotelpersonals.
Das im kaufmännischen Verkehr Scheck und Giroverrechnung die Goldzahlung
verdrängen, ist in der Ordnung, und auch der Nichtkaufmann mag für größere
Zahlungen diesen Modus wählen; aber sür den Kleinverkehr foll das Hartgeld:
Gold und silberne Scheidemünze, zurückkehren, und das Papier nur als Ersatz
dienen in den Fällen wo es -- bei hohen Summen und zum Fortschicken in
Briefen z. B. -- bequemer ist.




Gin wörtlein fürs Gold

schieht das ja), so ist das ein so glänzender Beweis für die Unentbehrlichkeit
des Goldes und eine so schlagende Widerlegung seiner Theorie, daß ich mir
meine Glossen eigentlich ersparen könnte.

4. Der lediglich negierenden Theorie fehlt die positive Ergänzung; soll an
Stelle der Goldwährung die Silberwährung treten oder eine in der Lust
schwebende Papierwährung? Wenn im Auslande unsere Zettel nicht mehr oder
nur mit hohem Disagio genommen werden, dann sinkt im Frieden auch daheim
ihr Wert. Und werden sie ganz entwertet, womit will der Staat ihren Wert
wieder heben? Will er vielleicht dadurch ihren inneren Wert, ihre Leistungs¬
fähigkeit als Tauschmittel beweisen, daß er selbst Gebrauchsgüter dafür gibt?
Er müßte dann die Steuern in natura einziehen und ungeheure Magazine voll
Getreide, Mehl, Kartoffeln Eisen, Kohlen, Kleiderstoffen anlegen, um jedem, der
seine Banknoten oder Kassenanweisungen in Gcbrauchsgüter umsetzen wollte,
das Gewünschte geben zu können, und wir wären dann glücklich wieder von
der Stufe der Geld- und Kreditwirtschaft auf die der Naturalwirtschaft zurück¬
gesunken.

5. Normale Zustände werde ich ja nicht mehr erleben, aber ich würde
die folgende Generation bedauern, wenn es ihr nicht vergönnt wäre, vom Papier
zum Goldumlauf zurückzukehren. Schon aus ästhetischen Rücksichten muß den
häßlichen zerknülltem und zerfetzten Papierlumpen jedermann die schönen Gold¬
stücke vorziehen, deren wir uns zu erfreuen hatten. Es ist aber auch kein bloßes
Vorurteil eines überästhetischen Geschmacks, wie die Gegner meinen, wenn das
deutsche Publikum (das österreichische denkt und empfindet aus alter schlechter
Gewohnheit ja anders) das Gold dem Papier vorzieht. Im Golde hat man
nun einmal einen sicheren unzerstörbaren Besitz. Das Papierzettelchen kann ver¬
brennen, von spielenden Kindern zerrissen werden, es zerfällt, wenn's abgenützt
ist, und fällt's dem Bauer in die Krippe, so frißt's die Kuh. Das Goldstück
kehrt selbst aus dem Magen des Tieres unversehrt, aus dem Feuer als Gold-
Wmpchen zu seinem Eigentümer zurück. Und es verleiht dem Verkehr das
Gepräge der Solidität. Den Florentinern verschaffte im Mittelalter ihr schöner
Goldfloren Respekt bei den Potentaten Nordafrikas und des Orients; die eng¬
lische Guinea war eine der Mächte, die den Engländern zu Ansehen auf dem
Kontinent verhalfen, und wenn man in der Zeit der italienischen Finanzkrisis,
in den siebziger Jahren, in Italien mit einer IVrarca al Qermama, wie sie das
Zwanzigmarkstück nannten, bezahlte, strahlten alle Gesichter des Hotelpersonals.
Das im kaufmännischen Verkehr Scheck und Giroverrechnung die Goldzahlung
verdrängen, ist in der Ordnung, und auch der Nichtkaufmann mag für größere
Zahlungen diesen Modus wählen; aber sür den Kleinverkehr foll das Hartgeld:
Gold und silberne Scheidemünze, zurückkehren, und das Papier nur als Ersatz
dienen in den Fällen wo es — bei hohen Summen und zum Fortschicken in
Briefen z. B. — bequemer ist.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/234>, abgerufen am 23.07.2024.