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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Los vom Golde!

Wenn wir auf die Verwendung des Goldes als Währungsmetall ver¬
zichten und dabei doch ein geordnetes Zahlungswesen durchführen, werden auch
bald andere Länder die Vorteile goldfreier Wirtschaft erkennen und unserem
Beispiel folgen, zum Schaden der Goldproduktionsländer, besonders Englands
mit seinem Besitz von zwei Dritteln der Weltproduktion. Sie würden Kapital¬
verluste von vielen Milliarden erleiden. Viel schwerer wäre aber für England
der Schlag, den es in seiner Eigenschaft als Weltbankier und Weltunternehmer
erhielte. Die finanzielle Vormacht Englands beruht nicht allein auf seinem
Reichtum; das Volksvermögen Deutschlands gilt als größer. Eine hervor¬
ragende Ursache muß in der Flüssigkeit des englischen Geldmarktes erblickt
werden, und diese beruht zum wesentlichen Teile auf der Möglichkeit, das all¬
jährlich neu gewonnene und in der ganzen Welt gleichmäßig geschätzte Gold
dorthin rollen zu lassen, wo es wirtschaftliche und politische Früchte verspricht.
Wenn wir aber uns die Erkenntnis zu eigen machen, daß flüssiges Kapital
nicht vom Golde abhängt, sondern vom Sachgüterbesitz, der nur der papier¬
mäßigen Mobilisierung durch verpfändungsartige Prozesse bedarf, und wenn
wir demgemäß unsere Umlaufsmittel statt auf dem Metall auf dem Volks¬
vermögen begründen, so steht zu hoffen, daß auch auf einem von der Gold¬
fessel befreiten internationalen Kapitalmarkt die viel bewährte deutsche Kraft
der Organisation die englische Konkurrenz aus dem Felde schlagen wird.




Los vom Golde!

Wenn wir auf die Verwendung des Goldes als Währungsmetall ver¬
zichten und dabei doch ein geordnetes Zahlungswesen durchführen, werden auch
bald andere Länder die Vorteile goldfreier Wirtschaft erkennen und unserem
Beispiel folgen, zum Schaden der Goldproduktionsländer, besonders Englands
mit seinem Besitz von zwei Dritteln der Weltproduktion. Sie würden Kapital¬
verluste von vielen Milliarden erleiden. Viel schwerer wäre aber für England
der Schlag, den es in seiner Eigenschaft als Weltbankier und Weltunternehmer
erhielte. Die finanzielle Vormacht Englands beruht nicht allein auf seinem
Reichtum; das Volksvermögen Deutschlands gilt als größer. Eine hervor¬
ragende Ursache muß in der Flüssigkeit des englischen Geldmarktes erblickt
werden, und diese beruht zum wesentlichen Teile auf der Möglichkeit, das all¬
jährlich neu gewonnene und in der ganzen Welt gleichmäßig geschätzte Gold
dorthin rollen zu lassen, wo es wirtschaftliche und politische Früchte verspricht.
Wenn wir aber uns die Erkenntnis zu eigen machen, daß flüssiges Kapital
nicht vom Golde abhängt, sondern vom Sachgüterbesitz, der nur der papier¬
mäßigen Mobilisierung durch verpfändungsartige Prozesse bedarf, und wenn
wir demgemäß unsere Umlaufsmittel statt auf dem Metall auf dem Volks¬
vermögen begründen, so steht zu hoffen, daß auch auf einem von der Gold¬
fessel befreiten internationalen Kapitalmarkt die viel bewährte deutsche Kraft
der Organisation die englische Konkurrenz aus dem Felde schlagen wird.




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[0148] Los vom Golde! Wenn wir auf die Verwendung des Goldes als Währungsmetall ver¬ zichten und dabei doch ein geordnetes Zahlungswesen durchführen, werden auch bald andere Länder die Vorteile goldfreier Wirtschaft erkennen und unserem Beispiel folgen, zum Schaden der Goldproduktionsländer, besonders Englands mit seinem Besitz von zwei Dritteln der Weltproduktion. Sie würden Kapital¬ verluste von vielen Milliarden erleiden. Viel schwerer wäre aber für England der Schlag, den es in seiner Eigenschaft als Weltbankier und Weltunternehmer erhielte. Die finanzielle Vormacht Englands beruht nicht allein auf seinem Reichtum; das Volksvermögen Deutschlands gilt als größer. Eine hervor¬ ragende Ursache muß in der Flüssigkeit des englischen Geldmarktes erblickt werden, und diese beruht zum wesentlichen Teile auf der Möglichkeit, das all¬ jährlich neu gewonnene und in der ganzen Welt gleichmäßig geschätzte Gold dorthin rollen zu lassen, wo es wirtschaftliche und politische Früchte verspricht. Wenn wir aber uns die Erkenntnis zu eigen machen, daß flüssiges Kapital nicht vom Golde abhängt, sondern vom Sachgüterbesitz, der nur der papier¬ mäßigen Mobilisierung durch verpfändungsartige Prozesse bedarf, und wenn wir demgemäß unsere Umlaufsmittel statt auf dem Metall auf dem Volks¬ vermögen begründen, so steht zu hoffen, daß auch auf einem von der Gold¬ fessel befreiten internationalen Kapitalmarkt die viel bewährte deutsche Kraft der Organisation die englische Konkurrenz aus dem Felde schlagen wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/148>, abgerufen am 25.08.2024.