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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Tös vom Golde!

als eine Anweisung auf alle verkäuflichen Güter und Leistungen der Nation
angesehen werden in Höhe des auf dem einzelnen Geldstück genannten Betrages.
Ein Stoffwert ist unwesentlich. Die Einwendungen der Metallisten gegen das
Staatspapiergeld hier im einzelnen zu widerlegen, geht über den Rahmen
dieses Aufsatzes hinaus. Es sei hierzu auf vorangegangene Ausführungen des
Verfassers verwiesen*). Hervorgehoben sei nur: Vom Staatspapiergeld nur
der Sicherheit wegen Golddeckung zu verlangen, geht nicht an, nachdem die
Staatsschulden insbesondere nach den Kriegsanleihen ein vielfaches des Betrages
der umlaufenden Geldscheine erreicht haben und trotz mangelnder Golddeckung
als sicher gelten. Warum sollen denn auch die Gläubiger des Staates aus
Geldscheinen durchaus bevorzugt werden gegenüber den Anleihegläubigern?
Für die Geldscheine ist die jederzeitige Einlösbarkeit zwar nicht in Gold, wohl
aber in Staatsleistungen, deren ein jeder bedarf, gewährleistet, wie im Post-
und Eisenbahnverkehr, sowie in der Eignung zur Zahlung von Steuern, Ge¬
bühren und Zöllen an den Staat verwendbar zu sein, und endlich in der Be¬
reitschaft des Staates, sie in verzinsliche Anleihen umzutauschen, was im Kriege
als das wichtigste erscheint. So braucht der Verkehr nie mehr Scheine zurück¬
zuhalten, als er zur Bezahlung der Umsätze benötigt. Eine Inflation -- eine
Übersättigung des Verkehrs mit Zahlungsmitteln -- ist so gar nicht möglich,
und ebensowenig sind die von der Goldtheorie daraus hergeleiteten ungünstigen
Wirtschaftsfolgen möglich.

Die Entwertung des Geldes, wie wir sie jetzt während der Kriegszeit er¬
leben, ist somit gar keine Folge der Überproduktion an Zahlungsmitteln, son¬
dern rührt von den natürlichen Erscheinungen der Kriegswirtschaft her: Größere
Vernichtung, stärkerer Verbrauch an Gütern gegenüber geringerer Produktion
unter ungünstigeren Bedingungen und eingeschränkter Einfuhr, wobei die
durch die Kriegswirtschaft verursachten Einkommenverschiebungen noch entschei¬
dend mitsprechen"). Hier liegen auch die Ursachen, welche in der Vergangen¬
heit Papiergeldkrisen verursacht haben. Wenn völlige Entwertung erfolgte (Assig¬
nate), so lag das daran, daß die heute vorhandenen Rückflußmöglichkeiten in
die Staatskassen fehlten und eine unverzinsliche, uneinlösliche Staatsschuld, die
der einzelne Schein verkörperte, wertlos war, sobald kein Bedürfnis mehr vor¬
lag, den Schein zum Zahlungsausgleich zu verwenden. Zum Preisproblem
muß man sich auch darüber klar werden, daß alle Güterpreise Verhältniszahlen
zueinander bedeuten und die Geldeinheit nur den gemeinsamen Nenner dafür
abgibt. Die Ursache der Preisverschiebungen liegt immer in der Güterwirt¬
schaft, nicht beim Gelde, ausgenommen nur die schweren Fälle, wo die Noten¬
ausgabe bei verhinderter Rückflußmöglichkeit das Verkehrsbedürfnis über¬
schreitet*").





*) Dalberg, a. a. O. S. 73 ff.
*') Vgl. a. a. O. S. 60 ff.
Näheres a. a, O, S. 83 ff.
Tös vom Golde!

als eine Anweisung auf alle verkäuflichen Güter und Leistungen der Nation
angesehen werden in Höhe des auf dem einzelnen Geldstück genannten Betrages.
Ein Stoffwert ist unwesentlich. Die Einwendungen der Metallisten gegen das
Staatspapiergeld hier im einzelnen zu widerlegen, geht über den Rahmen
dieses Aufsatzes hinaus. Es sei hierzu auf vorangegangene Ausführungen des
Verfassers verwiesen*). Hervorgehoben sei nur: Vom Staatspapiergeld nur
der Sicherheit wegen Golddeckung zu verlangen, geht nicht an, nachdem die
Staatsschulden insbesondere nach den Kriegsanleihen ein vielfaches des Betrages
der umlaufenden Geldscheine erreicht haben und trotz mangelnder Golddeckung
als sicher gelten. Warum sollen denn auch die Gläubiger des Staates aus
Geldscheinen durchaus bevorzugt werden gegenüber den Anleihegläubigern?
Für die Geldscheine ist die jederzeitige Einlösbarkeit zwar nicht in Gold, wohl
aber in Staatsleistungen, deren ein jeder bedarf, gewährleistet, wie im Post-
und Eisenbahnverkehr, sowie in der Eignung zur Zahlung von Steuern, Ge¬
bühren und Zöllen an den Staat verwendbar zu sein, und endlich in der Be¬
reitschaft des Staates, sie in verzinsliche Anleihen umzutauschen, was im Kriege
als das wichtigste erscheint. So braucht der Verkehr nie mehr Scheine zurück¬
zuhalten, als er zur Bezahlung der Umsätze benötigt. Eine Inflation — eine
Übersättigung des Verkehrs mit Zahlungsmitteln — ist so gar nicht möglich,
und ebensowenig sind die von der Goldtheorie daraus hergeleiteten ungünstigen
Wirtschaftsfolgen möglich.

Die Entwertung des Geldes, wie wir sie jetzt während der Kriegszeit er¬
leben, ist somit gar keine Folge der Überproduktion an Zahlungsmitteln, son¬
dern rührt von den natürlichen Erscheinungen der Kriegswirtschaft her: Größere
Vernichtung, stärkerer Verbrauch an Gütern gegenüber geringerer Produktion
unter ungünstigeren Bedingungen und eingeschränkter Einfuhr, wobei die
durch die Kriegswirtschaft verursachten Einkommenverschiebungen noch entschei¬
dend mitsprechen"). Hier liegen auch die Ursachen, welche in der Vergangen¬
heit Papiergeldkrisen verursacht haben. Wenn völlige Entwertung erfolgte (Assig¬
nate), so lag das daran, daß die heute vorhandenen Rückflußmöglichkeiten in
die Staatskassen fehlten und eine unverzinsliche, uneinlösliche Staatsschuld, die
der einzelne Schein verkörperte, wertlos war, sobald kein Bedürfnis mehr vor¬
lag, den Schein zum Zahlungsausgleich zu verwenden. Zum Preisproblem
muß man sich auch darüber klar werden, daß alle Güterpreise Verhältniszahlen
zueinander bedeuten und die Geldeinheit nur den gemeinsamen Nenner dafür
abgibt. Die Ursache der Preisverschiebungen liegt immer in der Güterwirt¬
schaft, nicht beim Gelde, ausgenommen nur die schweren Fälle, wo die Noten¬
ausgabe bei verhinderter Rückflußmöglichkeit das Verkehrsbedürfnis über¬
schreitet*").





*) Dalberg, a. a. O. S. 73 ff.
*') Vgl. a. a. O. S. 60 ff.
Näheres a. a, O, S. 83 ff.
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[0146] Tös vom Golde! als eine Anweisung auf alle verkäuflichen Güter und Leistungen der Nation angesehen werden in Höhe des auf dem einzelnen Geldstück genannten Betrages. Ein Stoffwert ist unwesentlich. Die Einwendungen der Metallisten gegen das Staatspapiergeld hier im einzelnen zu widerlegen, geht über den Rahmen dieses Aufsatzes hinaus. Es sei hierzu auf vorangegangene Ausführungen des Verfassers verwiesen*). Hervorgehoben sei nur: Vom Staatspapiergeld nur der Sicherheit wegen Golddeckung zu verlangen, geht nicht an, nachdem die Staatsschulden insbesondere nach den Kriegsanleihen ein vielfaches des Betrages der umlaufenden Geldscheine erreicht haben und trotz mangelnder Golddeckung als sicher gelten. Warum sollen denn auch die Gläubiger des Staates aus Geldscheinen durchaus bevorzugt werden gegenüber den Anleihegläubigern? Für die Geldscheine ist die jederzeitige Einlösbarkeit zwar nicht in Gold, wohl aber in Staatsleistungen, deren ein jeder bedarf, gewährleistet, wie im Post- und Eisenbahnverkehr, sowie in der Eignung zur Zahlung von Steuern, Ge¬ bühren und Zöllen an den Staat verwendbar zu sein, und endlich in der Be¬ reitschaft des Staates, sie in verzinsliche Anleihen umzutauschen, was im Kriege als das wichtigste erscheint. So braucht der Verkehr nie mehr Scheine zurück¬ zuhalten, als er zur Bezahlung der Umsätze benötigt. Eine Inflation — eine Übersättigung des Verkehrs mit Zahlungsmitteln — ist so gar nicht möglich, und ebensowenig sind die von der Goldtheorie daraus hergeleiteten ungünstigen Wirtschaftsfolgen möglich. Die Entwertung des Geldes, wie wir sie jetzt während der Kriegszeit er¬ leben, ist somit gar keine Folge der Überproduktion an Zahlungsmitteln, son¬ dern rührt von den natürlichen Erscheinungen der Kriegswirtschaft her: Größere Vernichtung, stärkerer Verbrauch an Gütern gegenüber geringerer Produktion unter ungünstigeren Bedingungen und eingeschränkter Einfuhr, wobei die durch die Kriegswirtschaft verursachten Einkommenverschiebungen noch entschei¬ dend mitsprechen"). Hier liegen auch die Ursachen, welche in der Vergangen¬ heit Papiergeldkrisen verursacht haben. Wenn völlige Entwertung erfolgte (Assig¬ nate), so lag das daran, daß die heute vorhandenen Rückflußmöglichkeiten in die Staatskassen fehlten und eine unverzinsliche, uneinlösliche Staatsschuld, die der einzelne Schein verkörperte, wertlos war, sobald kein Bedürfnis mehr vor¬ lag, den Schein zum Zahlungsausgleich zu verwenden. Zum Preisproblem muß man sich auch darüber klar werden, daß alle Güterpreise Verhältniszahlen zueinander bedeuten und die Geldeinheit nur den gemeinsamen Nenner dafür abgibt. Die Ursache der Preisverschiebungen liegt immer in der Güterwirt¬ schaft, nicht beim Gelde, ausgenommen nur die schweren Fälle, wo die Noten¬ ausgabe bei verhinderter Rückflußmöglichkeit das Verkehrsbedürfnis über¬ schreitet*"). *) Dalberg, a. a. O. S. 73 ff. *') Vgl. a. a. O. S. 60 ff. Näheres a. a, O, S. 83 ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/146>, abgerufen am 23.07.2024.