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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Akademische Rriegsliteratur

"Studentenauszug" von Wilhelm Hermanns hat in ansprechender Vertonung
Josef Schacher der akademischen Jugend gewidmet. In hinreißender Sprache
und flammenden Worten, begeistert und begeisternd, stellt Professor Kühnemann
an den ersten Kriegslager den Hinausziehenden eindringlich vor die Augen,
welche Aufgaben sie zu erfüllen hätten, und läßt vor ihnen in der Ferne das
hehre Zukunftsideal erstehen, das ihnen in und nach dem Kriege vorschweben
soll: die von ihnen erkämpfte neue Gestalt der Welt, "bei welcher Deutschland
leben kann."

Nichts gedanklich Neues enthalten die zwölf "Flugblätter an die deutsche
Jugend", welche die Berliner Freie Studentenschaft herausgegeben hat; sie
wollen lediglich "der im Kampf und in der Heimat stehenden Jugend die
Forderungen ihrer unverwirklichten Meister in Erinnerung bringen und sie zur
Erfüllung bereit machen" sowie durch die Verbreitung dieser geistig gediegenen
und nicht veraltenden Ausführungen großer Denker und Dichter von Plato bis
Tolstoj. Ruskin und Kierkegaard in der Jugend aufbauende Kräfte wecken.
Noch andere Ziele hat sich die Züricher Freistudentenschaft bei der Herausgabe
der in ihrem Kreise gehaltenen Kriegsvorträge gesteckt. Sie wollte "besonders
auch durch die Hervorhebung der Kulturbedeutung der sich heute bekämpfenden
Völker" dahin wirken, "an Stelle des heutigen, zum guten Teil auf Unkenntnis
beruhenden Völkerhasses Verständnis und damit Achtung und Liebe zu pflegen,"
und so eine Aufgabe erfüllen, "die nicht nur dem Geiste wahrer akademischer
Bildung, sondern auch der Eigenart der schweizerischen Lage entspricht."

Was in den bisher genannten reichsdeutschen Liebesgaben nach Leben und
Verbreitung ringt, haben zwei große geistige Kreise in edlem Wettbewerb mit¬
einander zu sammeln und zu organisieren gesucht. Der erste ist der Kreis
katholischer Akademiker, der seinen Mittelpunkt in dem überaus rege und ziel¬
bewußt arbeitenden "Sekretariat sozialer Studentenarbeit" zu München-Gladbach
besitzt. Die von letzterem in Broschürenform herausgegebene Knegsliteratur,
welche in vielen Abzügen ins Feld geht*), behandelt in erster Linie wichtige
Tages fragen und allgemein interessante Gegenstände; an die Studentenschaft als
solche und zwar an ihren katholischen Teil wendet sich vor allem die vom
Katholischen Akademikerausschuß München veranstaltete Artikelsammlung: "Das
große Wecken". Dieses schlichte Büchlein zeigt ebenso wie die in vierter Auf¬
lage erschienene Schrift: "Kraft aus der Höhe", daß die katholische Kirche die
Zeichen der Zeit versteht und mit unerschrockenem Mut in die Gestaltung der
Zukunft eingreift. Nicht bloß ein berechtigter Stolz auf die Größe der Kirche
spricht aus den gehaltvollen Aufsätzen, die aus der Feder der besten katholischen
Gelehrten und geistlichen Führer stammen, sondern auch ein tiefes Verständnis
der Gegenwart, das sich mit einer heißen Liebe zum deutschen Volk und mit



*) Das von Dr. Carl Sonnenschein geleitete Sekretariat versendet wöchentlich Druck¬
sachen an rund achttausend studentische Anschriften.
Akademische Rriegsliteratur

„Studentenauszug" von Wilhelm Hermanns hat in ansprechender Vertonung
Josef Schacher der akademischen Jugend gewidmet. In hinreißender Sprache
und flammenden Worten, begeistert und begeisternd, stellt Professor Kühnemann
an den ersten Kriegslager den Hinausziehenden eindringlich vor die Augen,
welche Aufgaben sie zu erfüllen hätten, und läßt vor ihnen in der Ferne das
hehre Zukunftsideal erstehen, das ihnen in und nach dem Kriege vorschweben
soll: die von ihnen erkämpfte neue Gestalt der Welt, „bei welcher Deutschland
leben kann."

Nichts gedanklich Neues enthalten die zwölf „Flugblätter an die deutsche
Jugend", welche die Berliner Freie Studentenschaft herausgegeben hat; sie
wollen lediglich „der im Kampf und in der Heimat stehenden Jugend die
Forderungen ihrer unverwirklichten Meister in Erinnerung bringen und sie zur
Erfüllung bereit machen" sowie durch die Verbreitung dieser geistig gediegenen
und nicht veraltenden Ausführungen großer Denker und Dichter von Plato bis
Tolstoj. Ruskin und Kierkegaard in der Jugend aufbauende Kräfte wecken.
Noch andere Ziele hat sich die Züricher Freistudentenschaft bei der Herausgabe
der in ihrem Kreise gehaltenen Kriegsvorträge gesteckt. Sie wollte „besonders
auch durch die Hervorhebung der Kulturbedeutung der sich heute bekämpfenden
Völker" dahin wirken, „an Stelle des heutigen, zum guten Teil auf Unkenntnis
beruhenden Völkerhasses Verständnis und damit Achtung und Liebe zu pflegen,"
und so eine Aufgabe erfüllen, „die nicht nur dem Geiste wahrer akademischer
Bildung, sondern auch der Eigenart der schweizerischen Lage entspricht."

Was in den bisher genannten reichsdeutschen Liebesgaben nach Leben und
Verbreitung ringt, haben zwei große geistige Kreise in edlem Wettbewerb mit¬
einander zu sammeln und zu organisieren gesucht. Der erste ist der Kreis
katholischer Akademiker, der seinen Mittelpunkt in dem überaus rege und ziel¬
bewußt arbeitenden „Sekretariat sozialer Studentenarbeit" zu München-Gladbach
besitzt. Die von letzterem in Broschürenform herausgegebene Knegsliteratur,
welche in vielen Abzügen ins Feld geht*), behandelt in erster Linie wichtige
Tages fragen und allgemein interessante Gegenstände; an die Studentenschaft als
solche und zwar an ihren katholischen Teil wendet sich vor allem die vom
Katholischen Akademikerausschuß München veranstaltete Artikelsammlung: „Das
große Wecken". Dieses schlichte Büchlein zeigt ebenso wie die in vierter Auf¬
lage erschienene Schrift: „Kraft aus der Höhe", daß die katholische Kirche die
Zeichen der Zeit versteht und mit unerschrockenem Mut in die Gestaltung der
Zukunft eingreift. Nicht bloß ein berechtigter Stolz auf die Größe der Kirche
spricht aus den gehaltvollen Aufsätzen, die aus der Feder der besten katholischen
Gelehrten und geistlichen Führer stammen, sondern auch ein tiefes Verständnis
der Gegenwart, das sich mit einer heißen Liebe zum deutschen Volk und mit



*) Das von Dr. Carl Sonnenschein geleitete Sekretariat versendet wöchentlich Druck¬
sachen an rund achttausend studentische Anschriften.
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[0418] Akademische Rriegsliteratur „Studentenauszug" von Wilhelm Hermanns hat in ansprechender Vertonung Josef Schacher der akademischen Jugend gewidmet. In hinreißender Sprache und flammenden Worten, begeistert und begeisternd, stellt Professor Kühnemann an den ersten Kriegslager den Hinausziehenden eindringlich vor die Augen, welche Aufgaben sie zu erfüllen hätten, und läßt vor ihnen in der Ferne das hehre Zukunftsideal erstehen, das ihnen in und nach dem Kriege vorschweben soll: die von ihnen erkämpfte neue Gestalt der Welt, „bei welcher Deutschland leben kann." Nichts gedanklich Neues enthalten die zwölf „Flugblätter an die deutsche Jugend", welche die Berliner Freie Studentenschaft herausgegeben hat; sie wollen lediglich „der im Kampf und in der Heimat stehenden Jugend die Forderungen ihrer unverwirklichten Meister in Erinnerung bringen und sie zur Erfüllung bereit machen" sowie durch die Verbreitung dieser geistig gediegenen und nicht veraltenden Ausführungen großer Denker und Dichter von Plato bis Tolstoj. Ruskin und Kierkegaard in der Jugend aufbauende Kräfte wecken. Noch andere Ziele hat sich die Züricher Freistudentenschaft bei der Herausgabe der in ihrem Kreise gehaltenen Kriegsvorträge gesteckt. Sie wollte „besonders auch durch die Hervorhebung der Kulturbedeutung der sich heute bekämpfenden Völker" dahin wirken, „an Stelle des heutigen, zum guten Teil auf Unkenntnis beruhenden Völkerhasses Verständnis und damit Achtung und Liebe zu pflegen," und so eine Aufgabe erfüllen, „die nicht nur dem Geiste wahrer akademischer Bildung, sondern auch der Eigenart der schweizerischen Lage entspricht." Was in den bisher genannten reichsdeutschen Liebesgaben nach Leben und Verbreitung ringt, haben zwei große geistige Kreise in edlem Wettbewerb mit¬ einander zu sammeln und zu organisieren gesucht. Der erste ist der Kreis katholischer Akademiker, der seinen Mittelpunkt in dem überaus rege und ziel¬ bewußt arbeitenden „Sekretariat sozialer Studentenarbeit" zu München-Gladbach besitzt. Die von letzterem in Broschürenform herausgegebene Knegsliteratur, welche in vielen Abzügen ins Feld geht*), behandelt in erster Linie wichtige Tages fragen und allgemein interessante Gegenstände; an die Studentenschaft als solche und zwar an ihren katholischen Teil wendet sich vor allem die vom Katholischen Akademikerausschuß München veranstaltete Artikelsammlung: „Das große Wecken". Dieses schlichte Büchlein zeigt ebenso wie die in vierter Auf¬ lage erschienene Schrift: „Kraft aus der Höhe", daß die katholische Kirche die Zeichen der Zeit versteht und mit unerschrockenem Mut in die Gestaltung der Zukunft eingreift. Nicht bloß ein berechtigter Stolz auf die Größe der Kirche spricht aus den gehaltvollen Aufsätzen, die aus der Feder der besten katholischen Gelehrten und geistlichen Führer stammen, sondern auch ein tiefes Verständnis der Gegenwart, das sich mit einer heißen Liebe zum deutschen Volk und mit *) Das von Dr. Carl Sonnenschein geleitete Sekretariat versendet wöchentlich Druck¬ sachen an rund achttausend studentische Anschriften.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/418>, abgerufen am 23.07.2024.