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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Neue Aufgaben des Unternehmertums

der Zeitlage entspricht, und wie sie andererseits durch die Stellung der Arbeit¬
geber im deutschen Wirtschaftsleben bedingt und zugleich, dank den an dieser
Stelle vorhandenen materiellen Kräften, ermöglicht wird. Nicht als wenn es
sich um etwas absolut Neues handelt! Was die deutschen Arbeitgeber im ein¬
zelnen an privater Wohlfahrtspflege geleistet haben, ist bekannt genug. Die
Gründung von Arbeiterwohnungen, Pensionskassen und anderen Stiftungen
gehört zu den ansprechendsten Kapiteln der modernen Jndustriegeschichtc. Wie
die deutsche staatliche Sozialpolitik ihresgleichen nicht hat, so können auch die
privaten Wohlfahrtseinrichtungen, insbesondere unserer großen Werke aller Welt
zum Vorbild dienen. Auch die Verbände sind gewiß nicht untätig gewesen;
die Bestimmung der meisten Statuten dieser Vereinigungen, wonach sie gegründet
sind, nicht allein "zur Abwehr unberechtigter Forderungen der Arbeiterschaft",
sondern auch "zur Pflege und Förderung aller auf die Arbeiterschaft bezüglichen
Verhältnisse", ist weit mehr, als man gemeinhin glaubt, verwirklicht worden.
Äußerlich sind als sozialpolitische Schöpfungen der Arbeitgeberverbände bisher
am meisten die Arbeitsnachweise der Arbeitgeber bekannt geworden. Nun also
wird es darauf ankommen, das, was bisher die einzelnen Arbeitgeber für sich
und einzelne Arbeitgeberverbände in beschränkterem Umfange unternommen
haben, auf eine breitere Grundlage zu stellen, und durch die Hineintragung,
neuer Gesichtspunkte den so wesentlich veränderten Ansprüchen unserer Zeit
Rechnung zu tragen.

In der Zeitschrift der "Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände"
(Ur. 13 vom 1. Juli) hat der Geschäftsführer dieser Organisation Dr. Tänzler
einen programmatischen Artikel veröffentlicht, der in großen Zügen die neuen, dem
Unternehmertum erwachsenden Aufgaben umschreibt. An diese Ausführungen
anknüpfend wollen wir versuchen, uns ein Bild von der Bedeutung zu machen,
die unzweifelhaft der Idee einer solchen aktiven, im Dienste der Gesamtheit
stehenden Arbeitgeberpolitik für das ganze öffentliche Leben zukommt. Die
nächste Aufgabe ist selbstverständlich die Fürsorge für die Kriegsinvaliden, für
die Hinterbliebenen der gefallenen Arbeiter und für alle Kreise, die eben durch
den Krieg in Not geraten sind, soweit es sich um Angehörige des gewerblichen
Lebens handelt. Im weiteren Sinne wird es auch zu den notwendigen Arbeiten
des Unternehmertums gehören, die Sachschäden, die der Krieg verursacht hat,
zu mildern, an ihrer Ausgleichung mitzuhelfen. (Wiederaufbau Ostpreußens,
Sicherstellung deutscher Forderungen an das feindliche Ausland usw.) Es ist
leider ein fast unermeßliches Gebiet, das sich hier eröffnet. Andererseits aber
hat die Tagespresse schon wiederholt berichten dürfen, daß gerade diese Aufgaben
von den Organisationen des Unternehmertums mit größter Energie in Angriff
genommen worden sind. Die Spenden an gemeinnützige Kriegsuntcrnehmungen
(Rotes Kreuz. Lazarettzüge. Hilfsvereine usw.) belaufen sich auf viele Millionen,
und ebenso große Summen haben die Arbeitgeberverbände für das Wohl der
im Felde stehenden Arbeiter und ihrer Familien gestiftet. Die Behandlung


Neue Aufgaben des Unternehmertums

der Zeitlage entspricht, und wie sie andererseits durch die Stellung der Arbeit¬
geber im deutschen Wirtschaftsleben bedingt und zugleich, dank den an dieser
Stelle vorhandenen materiellen Kräften, ermöglicht wird. Nicht als wenn es
sich um etwas absolut Neues handelt! Was die deutschen Arbeitgeber im ein¬
zelnen an privater Wohlfahrtspflege geleistet haben, ist bekannt genug. Die
Gründung von Arbeiterwohnungen, Pensionskassen und anderen Stiftungen
gehört zu den ansprechendsten Kapiteln der modernen Jndustriegeschichtc. Wie
die deutsche staatliche Sozialpolitik ihresgleichen nicht hat, so können auch die
privaten Wohlfahrtseinrichtungen, insbesondere unserer großen Werke aller Welt
zum Vorbild dienen. Auch die Verbände sind gewiß nicht untätig gewesen;
die Bestimmung der meisten Statuten dieser Vereinigungen, wonach sie gegründet
sind, nicht allein „zur Abwehr unberechtigter Forderungen der Arbeiterschaft",
sondern auch „zur Pflege und Förderung aller auf die Arbeiterschaft bezüglichen
Verhältnisse", ist weit mehr, als man gemeinhin glaubt, verwirklicht worden.
Äußerlich sind als sozialpolitische Schöpfungen der Arbeitgeberverbände bisher
am meisten die Arbeitsnachweise der Arbeitgeber bekannt geworden. Nun also
wird es darauf ankommen, das, was bisher die einzelnen Arbeitgeber für sich
und einzelne Arbeitgeberverbände in beschränkterem Umfange unternommen
haben, auf eine breitere Grundlage zu stellen, und durch die Hineintragung,
neuer Gesichtspunkte den so wesentlich veränderten Ansprüchen unserer Zeit
Rechnung zu tragen.

In der Zeitschrift der „Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände"
(Ur. 13 vom 1. Juli) hat der Geschäftsführer dieser Organisation Dr. Tänzler
einen programmatischen Artikel veröffentlicht, der in großen Zügen die neuen, dem
Unternehmertum erwachsenden Aufgaben umschreibt. An diese Ausführungen
anknüpfend wollen wir versuchen, uns ein Bild von der Bedeutung zu machen,
die unzweifelhaft der Idee einer solchen aktiven, im Dienste der Gesamtheit
stehenden Arbeitgeberpolitik für das ganze öffentliche Leben zukommt. Die
nächste Aufgabe ist selbstverständlich die Fürsorge für die Kriegsinvaliden, für
die Hinterbliebenen der gefallenen Arbeiter und für alle Kreise, die eben durch
den Krieg in Not geraten sind, soweit es sich um Angehörige des gewerblichen
Lebens handelt. Im weiteren Sinne wird es auch zu den notwendigen Arbeiten
des Unternehmertums gehören, die Sachschäden, die der Krieg verursacht hat,
zu mildern, an ihrer Ausgleichung mitzuhelfen. (Wiederaufbau Ostpreußens,
Sicherstellung deutscher Forderungen an das feindliche Ausland usw.) Es ist
leider ein fast unermeßliches Gebiet, das sich hier eröffnet. Andererseits aber
hat die Tagespresse schon wiederholt berichten dürfen, daß gerade diese Aufgaben
von den Organisationen des Unternehmertums mit größter Energie in Angriff
genommen worden sind. Die Spenden an gemeinnützige Kriegsuntcrnehmungen
(Rotes Kreuz. Lazarettzüge. Hilfsvereine usw.) belaufen sich auf viele Millionen,
und ebenso große Summen haben die Arbeitgeberverbände für das Wohl der
im Felde stehenden Arbeiter und ihrer Familien gestiftet. Die Behandlung


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[0294] Neue Aufgaben des Unternehmertums der Zeitlage entspricht, und wie sie andererseits durch die Stellung der Arbeit¬ geber im deutschen Wirtschaftsleben bedingt und zugleich, dank den an dieser Stelle vorhandenen materiellen Kräften, ermöglicht wird. Nicht als wenn es sich um etwas absolut Neues handelt! Was die deutschen Arbeitgeber im ein¬ zelnen an privater Wohlfahrtspflege geleistet haben, ist bekannt genug. Die Gründung von Arbeiterwohnungen, Pensionskassen und anderen Stiftungen gehört zu den ansprechendsten Kapiteln der modernen Jndustriegeschichtc. Wie die deutsche staatliche Sozialpolitik ihresgleichen nicht hat, so können auch die privaten Wohlfahrtseinrichtungen, insbesondere unserer großen Werke aller Welt zum Vorbild dienen. Auch die Verbände sind gewiß nicht untätig gewesen; die Bestimmung der meisten Statuten dieser Vereinigungen, wonach sie gegründet sind, nicht allein „zur Abwehr unberechtigter Forderungen der Arbeiterschaft", sondern auch „zur Pflege und Förderung aller auf die Arbeiterschaft bezüglichen Verhältnisse", ist weit mehr, als man gemeinhin glaubt, verwirklicht worden. Äußerlich sind als sozialpolitische Schöpfungen der Arbeitgeberverbände bisher am meisten die Arbeitsnachweise der Arbeitgeber bekannt geworden. Nun also wird es darauf ankommen, das, was bisher die einzelnen Arbeitgeber für sich und einzelne Arbeitgeberverbände in beschränkterem Umfange unternommen haben, auf eine breitere Grundlage zu stellen, und durch die Hineintragung, neuer Gesichtspunkte den so wesentlich veränderten Ansprüchen unserer Zeit Rechnung zu tragen. In der Zeitschrift der „Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände" (Ur. 13 vom 1. Juli) hat der Geschäftsführer dieser Organisation Dr. Tänzler einen programmatischen Artikel veröffentlicht, der in großen Zügen die neuen, dem Unternehmertum erwachsenden Aufgaben umschreibt. An diese Ausführungen anknüpfend wollen wir versuchen, uns ein Bild von der Bedeutung zu machen, die unzweifelhaft der Idee einer solchen aktiven, im Dienste der Gesamtheit stehenden Arbeitgeberpolitik für das ganze öffentliche Leben zukommt. Die nächste Aufgabe ist selbstverständlich die Fürsorge für die Kriegsinvaliden, für die Hinterbliebenen der gefallenen Arbeiter und für alle Kreise, die eben durch den Krieg in Not geraten sind, soweit es sich um Angehörige des gewerblichen Lebens handelt. Im weiteren Sinne wird es auch zu den notwendigen Arbeiten des Unternehmertums gehören, die Sachschäden, die der Krieg verursacht hat, zu mildern, an ihrer Ausgleichung mitzuhelfen. (Wiederaufbau Ostpreußens, Sicherstellung deutscher Forderungen an das feindliche Ausland usw.) Es ist leider ein fast unermeßliches Gebiet, das sich hier eröffnet. Andererseits aber hat die Tagespresse schon wiederholt berichten dürfen, daß gerade diese Aufgaben von den Organisationen des Unternehmertums mit größter Energie in Angriff genommen worden sind. Die Spenden an gemeinnützige Kriegsuntcrnehmungen (Rotes Kreuz. Lazarettzüge. Hilfsvereine usw.) belaufen sich auf viele Millionen, und ebenso große Summen haben die Arbeitgeberverbände für das Wohl der im Felde stehenden Arbeiter und ihrer Familien gestiftet. Die Behandlung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/294>, abgerufen am 23.07.2024.