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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Die Lebensmittelvertcilung

stimmte private Erwerbstätigkeit angesehen, sondern muß als öffentlicher Dienst,
patriotische Pflicht gehandhabt werden. Der Fleiß der Hände, die unseren
Boden bebauen, ist ebenso wichtig, ebenso unerläßlich für unseren Sieg, wie
der Mut, die Tatkraft, die Zähigkeit derer, die draußen in den Schützengräben
liegen und auf dem Meere unsere Flagge zum Triumphe führen. Der Träger
der Nährpflicht, vor allem der landwirtschaftliche Produzent ist sein eigener
Stratege. Er muß sehen wie er durchkomme, wie er aus dem Stück Heimat¬
boden, das ihm anvertraut ist, den größten Ertrag an den Gütern heraus¬
wirtschaftet, deren das Land so dringend bedarf. Ein Volk, das die moralische
Bedeutung der Nährpflicht in sich aufgenommen und demgemäß handelt, hat
die Reifeprüfung, die ihm vom Ernährungsproblem auferlegt ist, gut bestanden.

Ebenso wichtig wie der hingebende Eifer auf dem Felde der Erzeugung
ist die Organisation der Lebensmittelverteilung. In dieser Richtung haben wir
noch manches nachzuholen und zu verbessern. Deutschland ist ein einheitliches
Wirtschaftsgebiet, das nach allgemein gültigen Grundsätzen mit Lebensmitteln
versorgt und ausgestattet werden muß. Nun müssen wir aber wahrnehmen,
wie ein wirtschaftlicher Partikularismus durch Aufrichtung von Schranken, Aus¬
fuhrverboten und Sondsrmaßnahmen die Einheit zerklüftet. Solche Bestrebungen
müssen, falls ihre Berechtigung nicht unzweideutig nachgewiesen wird, in Zukunft
untersagt werden. Zu einer vervollkommneten Wirtschaftseinheit soll uns dieser
Krieg verhelfen, wie der Krieg von 1370 die Reichseinheit begründet hat.
Den Generalstab hierzu haben wir im Kriegsernährungsamt bereitgestellt, mag
Herr von Batocki die Fähigkeiten eines kleinen Bismarck offenbar werden lassen.
Seine Organisationspläne sollten Zeugnis dafür ablegen, daß die Nation auch
wirtschaftlich die Reifeprüfung eum lauäs zu bestehen vermag.




Die Lebensmittelvertcilung

stimmte private Erwerbstätigkeit angesehen, sondern muß als öffentlicher Dienst,
patriotische Pflicht gehandhabt werden. Der Fleiß der Hände, die unseren
Boden bebauen, ist ebenso wichtig, ebenso unerläßlich für unseren Sieg, wie
der Mut, die Tatkraft, die Zähigkeit derer, die draußen in den Schützengräben
liegen und auf dem Meere unsere Flagge zum Triumphe führen. Der Träger
der Nährpflicht, vor allem der landwirtschaftliche Produzent ist sein eigener
Stratege. Er muß sehen wie er durchkomme, wie er aus dem Stück Heimat¬
boden, das ihm anvertraut ist, den größten Ertrag an den Gütern heraus¬
wirtschaftet, deren das Land so dringend bedarf. Ein Volk, das die moralische
Bedeutung der Nährpflicht in sich aufgenommen und demgemäß handelt, hat
die Reifeprüfung, die ihm vom Ernährungsproblem auferlegt ist, gut bestanden.

Ebenso wichtig wie der hingebende Eifer auf dem Felde der Erzeugung
ist die Organisation der Lebensmittelverteilung. In dieser Richtung haben wir
noch manches nachzuholen und zu verbessern. Deutschland ist ein einheitliches
Wirtschaftsgebiet, das nach allgemein gültigen Grundsätzen mit Lebensmitteln
versorgt und ausgestattet werden muß. Nun müssen wir aber wahrnehmen,
wie ein wirtschaftlicher Partikularismus durch Aufrichtung von Schranken, Aus¬
fuhrverboten und Sondsrmaßnahmen die Einheit zerklüftet. Solche Bestrebungen
müssen, falls ihre Berechtigung nicht unzweideutig nachgewiesen wird, in Zukunft
untersagt werden. Zu einer vervollkommneten Wirtschaftseinheit soll uns dieser
Krieg verhelfen, wie der Krieg von 1370 die Reichseinheit begründet hat.
Den Generalstab hierzu haben wir im Kriegsernährungsamt bereitgestellt, mag
Herr von Batocki die Fähigkeiten eines kleinen Bismarck offenbar werden lassen.
Seine Organisationspläne sollten Zeugnis dafür ablegen, daß die Nation auch
wirtschaftlich die Reifeprüfung eum lauäs zu bestehen vermag.




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[0403] Die Lebensmittelvertcilung stimmte private Erwerbstätigkeit angesehen, sondern muß als öffentlicher Dienst, patriotische Pflicht gehandhabt werden. Der Fleiß der Hände, die unseren Boden bebauen, ist ebenso wichtig, ebenso unerläßlich für unseren Sieg, wie der Mut, die Tatkraft, die Zähigkeit derer, die draußen in den Schützengräben liegen und auf dem Meere unsere Flagge zum Triumphe führen. Der Träger der Nährpflicht, vor allem der landwirtschaftliche Produzent ist sein eigener Stratege. Er muß sehen wie er durchkomme, wie er aus dem Stück Heimat¬ boden, das ihm anvertraut ist, den größten Ertrag an den Gütern heraus¬ wirtschaftet, deren das Land so dringend bedarf. Ein Volk, das die moralische Bedeutung der Nährpflicht in sich aufgenommen und demgemäß handelt, hat die Reifeprüfung, die ihm vom Ernährungsproblem auferlegt ist, gut bestanden. Ebenso wichtig wie der hingebende Eifer auf dem Felde der Erzeugung ist die Organisation der Lebensmittelverteilung. In dieser Richtung haben wir noch manches nachzuholen und zu verbessern. Deutschland ist ein einheitliches Wirtschaftsgebiet, das nach allgemein gültigen Grundsätzen mit Lebensmitteln versorgt und ausgestattet werden muß. Nun müssen wir aber wahrnehmen, wie ein wirtschaftlicher Partikularismus durch Aufrichtung von Schranken, Aus¬ fuhrverboten und Sondsrmaßnahmen die Einheit zerklüftet. Solche Bestrebungen müssen, falls ihre Berechtigung nicht unzweideutig nachgewiesen wird, in Zukunft untersagt werden. Zu einer vervollkommneten Wirtschaftseinheit soll uns dieser Krieg verhelfen, wie der Krieg von 1370 die Reichseinheit begründet hat. Den Generalstab hierzu haben wir im Kriegsernährungsamt bereitgestellt, mag Herr von Batocki die Fähigkeiten eines kleinen Bismarck offenbar werden lassen. Seine Organisationspläne sollten Zeugnis dafür ablegen, daß die Nation auch wirtschaftlich die Reifeprüfung eum lauäs zu bestehen vermag.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/403>, abgerufen am 27.07.2024.