Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.Die türkischen Eisenbahnen der Flußlauf selbst die Weiterbeförderung übernehmen. Für seine Studien¬ Mit einem Schlage änderte sich die Lage, als der Gedanke des Suez¬ Unabhängig hiervon, ja geradezu im Gegensatz zu den englischen Plänen, Die türkischen Eisenbahnen der Flußlauf selbst die Weiterbeförderung übernehmen. Für seine Studien¬ Mit einem Schlage änderte sich die Lage, als der Gedanke des Suez¬ Unabhängig hiervon, ja geradezu im Gegensatz zu den englischen Plänen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0303" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330403"/> <fw type="header" place="top"> Die türkischen Eisenbahnen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1214" prev="#ID_1213"> der Flußlauf selbst die Weiterbeförderung übernehmen. Für seine Studien¬<lb/> reisen hatte er zwei zerlegbare Dampfboote „Euphrat" und „Tigris" gefertigt,<lb/> die auf dem Landwege an den Flußlauf geschafft wurden. Das Unternehmen<lb/> hat seiner Zeit viel Aussehen gemacht, zeitigte aber keine Erfolge. Die englische<lb/> Regierung verfolgte die Frage in erster Linie vom militärisch-politischen Ge¬<lb/> sichtspunkte, der die Schnelligkeit des Verkehrs obenan stellen muß. Sie ent¬<lb/> schied sich daher für den Schienenstrang von Syrien bis zum Persischen Golf<lb/> und bis nach Indien. Zu jener Zeit nahm aber die Dampfschiffahrt eine un¬<lb/> geahnte Entwicklung. Sie verkürzte den langen Seeweg so wesentlich, daß das<lb/> Interesse Englands an der kostspieligen Bagdadbahn, eben weil sie fast aus¬<lb/> schließlich militärischen Zwecken dienen sollte, mehr und mehr abnahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_1215"> Mit einem Schlage änderte sich die Lage, als der Gedanke des Suez¬<lb/> kanals greifbare Gestalt gewann. Die Folge davon war die Gründung der<lb/> „LupKrateZ Valley Kailwa^ Lompany", die sich den beschleunigten Bau<lb/> der Bagdadbahn zur Aufgabe machte. Das für jene Zeiten unerhört gro߬<lb/> artige Unternehmen kam aber wegen Schwierigkeiten in der Geldbeschaffung<lb/> nicht zustande. Deswegen verschaffte sich England durch den Erwerb von<lb/> Suezkanal-Aktien in nicht ungeschickter Weise einen maßgebenden Einfluß auf<lb/> das Unternehmen, das in fremder Hand ohne Zweifel eine Gefahrquelle für<lb/> Indien bedeutete. Als natürliche Folge dieser geschickten Operation wurde<lb/> nunmehr der Gedanke des Bahnbaues aufgegeben. Die spätere Erwerbung<lb/> der Insel Zypern deutet vielleicht darauf hin, daß die englische Politik diesen<lb/> Gedanken noch immer nicht begraben hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1216" next="#ID_1217"> Unabhängig hiervon, ja geradezu im Gegensatz zu den englischen Plänen,<lb/> standen die Bestrebungen der Türkei. Für sie stand obenan der Gesichtspunkt,<lb/> die wirtschaftlich leistungsfähigste Provinz Anatolien dem Verkehr zu erschließen<lb/> und mit der Hauptstadt des Landes zu verbinden. Der deutsche Ingenieur<lb/> Presset, der im Jahre 1872 nach der Türkei berufen und als Generaldirektor<lb/> der ottomanischen Eisenbahnen in Asien angestellt wurde, erhielt den Auftrag<lb/> Zur Durchführung dieser Pläne. Der Hauptstrang sollte, den alten historischen<lb/> Straßen und der damals bereits bestehenden Telephonlinie Konstantinopel-<lb/> Bagdad folgend, über Sivas-Diabekr die Tigrisländer erreichen. An diese<lb/> Hauptlinie sollten Zubringerbahnen herangeführt werden. So waren Geleise<lb/> von Eskischehr und Koula, von Sivas nach dem Schwarzen Meer und nach<lb/> Erzerum und von Diabekr nach dem Mittelländischen Meer vorgesehen. Leider<lb/> kam dieser großzügige Bauplan damals nicht zur Ausführung. Pressel dachte<lb/> an schmalspurigen Ausbau. Er kannte die Schwierigkeiten, die die Geldfrage<lb/> in der Türkei verursachte und glaubte deshalb schneller und leichter zum Ziele zu<lb/> kommen, wenn er zunächst auf die Normalspur verzichtete. Ohne Zweifel hätte<lb/> in diesem Falle die schmalspurige Bahn manche Vorteile gehabt. Außer der<lb/> billigeren Herstellung fiel zugunsten des Presselschen Planes die kürzere Bauzeit<lb/> ins Gewicht. Dazu kommt, daß die Schmalspur scharfe Kurven und starke</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0303]
Die türkischen Eisenbahnen
der Flußlauf selbst die Weiterbeförderung übernehmen. Für seine Studien¬
reisen hatte er zwei zerlegbare Dampfboote „Euphrat" und „Tigris" gefertigt,
die auf dem Landwege an den Flußlauf geschafft wurden. Das Unternehmen
hat seiner Zeit viel Aussehen gemacht, zeitigte aber keine Erfolge. Die englische
Regierung verfolgte die Frage in erster Linie vom militärisch-politischen Ge¬
sichtspunkte, der die Schnelligkeit des Verkehrs obenan stellen muß. Sie ent¬
schied sich daher für den Schienenstrang von Syrien bis zum Persischen Golf
und bis nach Indien. Zu jener Zeit nahm aber die Dampfschiffahrt eine un¬
geahnte Entwicklung. Sie verkürzte den langen Seeweg so wesentlich, daß das
Interesse Englands an der kostspieligen Bagdadbahn, eben weil sie fast aus¬
schließlich militärischen Zwecken dienen sollte, mehr und mehr abnahm.
Mit einem Schlage änderte sich die Lage, als der Gedanke des Suez¬
kanals greifbare Gestalt gewann. Die Folge davon war die Gründung der
„LupKrateZ Valley Kailwa^ Lompany", die sich den beschleunigten Bau
der Bagdadbahn zur Aufgabe machte. Das für jene Zeiten unerhört gro߬
artige Unternehmen kam aber wegen Schwierigkeiten in der Geldbeschaffung
nicht zustande. Deswegen verschaffte sich England durch den Erwerb von
Suezkanal-Aktien in nicht ungeschickter Weise einen maßgebenden Einfluß auf
das Unternehmen, das in fremder Hand ohne Zweifel eine Gefahrquelle für
Indien bedeutete. Als natürliche Folge dieser geschickten Operation wurde
nunmehr der Gedanke des Bahnbaues aufgegeben. Die spätere Erwerbung
der Insel Zypern deutet vielleicht darauf hin, daß die englische Politik diesen
Gedanken noch immer nicht begraben hatte.
Unabhängig hiervon, ja geradezu im Gegensatz zu den englischen Plänen,
standen die Bestrebungen der Türkei. Für sie stand obenan der Gesichtspunkt,
die wirtschaftlich leistungsfähigste Provinz Anatolien dem Verkehr zu erschließen
und mit der Hauptstadt des Landes zu verbinden. Der deutsche Ingenieur
Presset, der im Jahre 1872 nach der Türkei berufen und als Generaldirektor
der ottomanischen Eisenbahnen in Asien angestellt wurde, erhielt den Auftrag
Zur Durchführung dieser Pläne. Der Hauptstrang sollte, den alten historischen
Straßen und der damals bereits bestehenden Telephonlinie Konstantinopel-
Bagdad folgend, über Sivas-Diabekr die Tigrisländer erreichen. An diese
Hauptlinie sollten Zubringerbahnen herangeführt werden. So waren Geleise
von Eskischehr und Koula, von Sivas nach dem Schwarzen Meer und nach
Erzerum und von Diabekr nach dem Mittelländischen Meer vorgesehen. Leider
kam dieser großzügige Bauplan damals nicht zur Ausführung. Pressel dachte
an schmalspurigen Ausbau. Er kannte die Schwierigkeiten, die die Geldfrage
in der Türkei verursachte und glaubte deshalb schneller und leichter zum Ziele zu
kommen, wenn er zunächst auf die Normalspur verzichtete. Ohne Zweifel hätte
in diesem Falle die schmalspurige Bahn manche Vorteile gehabt. Außer der
billigeren Herstellung fiel zugunsten des Presselschen Planes die kürzere Bauzeit
ins Gewicht. Dazu kommt, daß die Schmalspur scharfe Kurven und starke
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |