Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Kritisches zur Rriegskriminalität der Jugendlichen Jahren vorher bestraften vergleichen will, so wird man sich deshalb mit einer Ver- Aus dem gleichen Grunde fälscht auch die Einrichtung von Kriegszustands¬ Schließlich kommt noch in Betracht, daß damit zu rechnen ist, daß infolge Schon diese Betrachtung zeigt uns, wie außerordentlich schwer es ist, aus Immerhin dürfte auch schon aus den gegenwärtigen Materialien zu ent¬ Es ist selbstverständlich, daß die gleichen Verhältnisse, die bei uns zu einer Kritisches zur Rriegskriminalität der Jugendlichen Jahren vorher bestraften vergleichen will, so wird man sich deshalb mit einer Ver- Aus dem gleichen Grunde fälscht auch die Einrichtung von Kriegszustands¬ Schließlich kommt noch in Betracht, daß damit zu rechnen ist, daß infolge Schon diese Betrachtung zeigt uns, wie außerordentlich schwer es ist, aus Immerhin dürfte auch schon aus den gegenwärtigen Materialien zu ent¬ Es ist selbstverständlich, daß die gleichen Verhältnisse, die bei uns zu einer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0355" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330023"/> <fw type="header" place="top"> Kritisches zur Rriegskriminalität der Jugendlichen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1177" prev="#ID_1176"> Jahren vorher bestraften vergleichen will, so wird man sich deshalb mit einer Ver-<lb/> gleichung der absoluten Zahlen nicht begnügen dürfen, sondern die hundert den<lb/> bürgerlichen Strafgerichten unterstehenden Jugendlichen entsprechende Verhältniszahl<lb/> berechnen müssen. Es liegt auf der Hand, daß dann die wirkliche Kriegskrimmalität<lb/> größer werden wird, als sie es zu sein schien. Beachtenswert ist in der Tat<lb/> auch — und das hat man allerdings mit Recht als besonders bedenklich be¬<lb/> zeichnet — daß die Zahlen der strafbaren Handlungen der sechszehn- und<lb/> siebzehnjährigen Jugendlichen sich vielfach verringert haben, während gerade die<lb/> Ziffern der jüngeren Altersklassen zum Teil ganz außerordentlich in die Höhe<lb/> gegangen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1178"> Aus dem gleichen Grunde fälscht auch die Einrichtung von Kriegszustands¬<lb/> gerichten in einigen Bezirken das Bild. Da sie für bestimmte Straftaten aus¬<lb/> schließlich zuständig sind, treten die von ihnen wegen dieser Straftaten verurteilten<lb/> Jugendlichen in den Ziffern der bürgerlichen Gerichte nicht in die Erscheinung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1179"> Schließlich kommt noch in Betracht, daß damit zu rechnen ist, daß infolge<lb/> der Einziehung vieler Polizeibeamten sowie auch infolge der erschwerten Aufsicht<lb/> in vielen kaufmännischen und gewerblichen Betrieben aller Wahrscheinlichkeit<lb/> nach mehr Straftaten unentdeckt und deshalb ungesühnt bleiben, als in<lb/> Friedenszeiten, sowie, daß anscheinend auch noch eine gewisse Scheu, Kleinig¬<lb/> keiten zur Anzeige zu bringen, in manchen Kreisen vorhanden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1180"> Schon diese Betrachtung zeigt uns, wie außerordentlich schwer es ist, aus<lb/> den bisher veröffentlichten Zahlen über die jugendliche Kriegskriminalität ein<lb/> auch nur einigermaßen zuverlässiges Bild von dem tatsächlichen Einfluß des<lb/> Krieges auf die Kriminalität der Jugendlichen zu gewinnen. Es wird noch<lb/> viele ernste Arbeit getan werden müssen, bis es möglich sein wird, wirklich ver¬<lb/> läßliche allgemeine Schlüsse zu ziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1181"> Immerhin dürfte auch schon aus den gegenwärtigen Materialien zu ent¬<lb/> nehmen sein, daß vermutlich gerade die Kriminalität der jüngeren Altersklassen<lb/> der Jugendlichen sich während des Krieges, soweit die Großstädte in Frage<lb/> kommen, vermehrt hat. Aus unserer Jugend beruht unsere Zukunft. Mehr<lb/> noch als bisher werden Staat und Gesellschaft es als ihre vornehmste Pflicht<lb/> erkennen müssen, alles zu tun, was in ihren Kräften steht, um eine nach Mög¬<lb/> lichkeit körperlich und sittlich gesunde Jugend heranzubilden, eine Jugend, die<lb/> imstande ist, das zu erhalten, was jetzt draußen seit mehr als anderthalb Jahren für<lb/> sie erworben wird. Deshalb ist es trotz mancher Fehlgriffe, die geschehen sind, er¬<lb/> freulich, daß schon während des Tobens des Krieges Behörden, gemeinnützige<lb/> Vereine und weitschauende Einzelpersonen daheim auf die Gefahren aufmerksam<lb/> Machen, die aus einer Vermehrung der jugendlichen Verwahrlosung während<lb/> des Krieges und durch den Krieg für uns entstehen, und, jeder auf seinem<lb/> Gebiet, nach Mitteln sucht, um dieser Gefahr rechtzeitig zu begegnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1182" next="#ID_1183"> Es ist selbstverständlich, daß die gleichen Verhältnisse, die bei uns zu einer<lb/> Steigerung der jugendlichen Kriminalität, wenigstens in den Großstädten, während</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
Kritisches zur Rriegskriminalität der Jugendlichen
Jahren vorher bestraften vergleichen will, so wird man sich deshalb mit einer Ver-
gleichung der absoluten Zahlen nicht begnügen dürfen, sondern die hundert den
bürgerlichen Strafgerichten unterstehenden Jugendlichen entsprechende Verhältniszahl
berechnen müssen. Es liegt auf der Hand, daß dann die wirkliche Kriegskrimmalität
größer werden wird, als sie es zu sein schien. Beachtenswert ist in der Tat
auch — und das hat man allerdings mit Recht als besonders bedenklich be¬
zeichnet — daß die Zahlen der strafbaren Handlungen der sechszehn- und
siebzehnjährigen Jugendlichen sich vielfach verringert haben, während gerade die
Ziffern der jüngeren Altersklassen zum Teil ganz außerordentlich in die Höhe
gegangen sind.
Aus dem gleichen Grunde fälscht auch die Einrichtung von Kriegszustands¬
gerichten in einigen Bezirken das Bild. Da sie für bestimmte Straftaten aus¬
schließlich zuständig sind, treten die von ihnen wegen dieser Straftaten verurteilten
Jugendlichen in den Ziffern der bürgerlichen Gerichte nicht in die Erscheinung.
Schließlich kommt noch in Betracht, daß damit zu rechnen ist, daß infolge
der Einziehung vieler Polizeibeamten sowie auch infolge der erschwerten Aufsicht
in vielen kaufmännischen und gewerblichen Betrieben aller Wahrscheinlichkeit
nach mehr Straftaten unentdeckt und deshalb ungesühnt bleiben, als in
Friedenszeiten, sowie, daß anscheinend auch noch eine gewisse Scheu, Kleinig¬
keiten zur Anzeige zu bringen, in manchen Kreisen vorhanden ist.
Schon diese Betrachtung zeigt uns, wie außerordentlich schwer es ist, aus
den bisher veröffentlichten Zahlen über die jugendliche Kriegskriminalität ein
auch nur einigermaßen zuverlässiges Bild von dem tatsächlichen Einfluß des
Krieges auf die Kriminalität der Jugendlichen zu gewinnen. Es wird noch
viele ernste Arbeit getan werden müssen, bis es möglich sein wird, wirklich ver¬
läßliche allgemeine Schlüsse zu ziehen.
Immerhin dürfte auch schon aus den gegenwärtigen Materialien zu ent¬
nehmen sein, daß vermutlich gerade die Kriminalität der jüngeren Altersklassen
der Jugendlichen sich während des Krieges, soweit die Großstädte in Frage
kommen, vermehrt hat. Aus unserer Jugend beruht unsere Zukunft. Mehr
noch als bisher werden Staat und Gesellschaft es als ihre vornehmste Pflicht
erkennen müssen, alles zu tun, was in ihren Kräften steht, um eine nach Mög¬
lichkeit körperlich und sittlich gesunde Jugend heranzubilden, eine Jugend, die
imstande ist, das zu erhalten, was jetzt draußen seit mehr als anderthalb Jahren für
sie erworben wird. Deshalb ist es trotz mancher Fehlgriffe, die geschehen sind, er¬
freulich, daß schon während des Tobens des Krieges Behörden, gemeinnützige
Vereine und weitschauende Einzelpersonen daheim auf die Gefahren aufmerksam
Machen, die aus einer Vermehrung der jugendlichen Verwahrlosung während
des Krieges und durch den Krieg für uns entstehen, und, jeder auf seinem
Gebiet, nach Mitteln sucht, um dieser Gefahr rechtzeitig zu begegnen.
Es ist selbstverständlich, daß die gleichen Verhältnisse, die bei uns zu einer
Steigerung der jugendlichen Kriminalität, wenigstens in den Großstädten, während
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |