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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Die amerikanische Organisation in China

Man kann, zumal unter den heutigen Verhältnissen, an die Organisierung
des Chinamarktes für amerikanische Erzeugnisse nicht wohl denken, ohne sich
mit der Frage der Verschiffungsmöglichkeiten zu befassen. Hier bestehen aber
beträchtliche Schwierigkeiten. Die japanischen Schiffe, die einen wichtigen Platz
im Frachtentransport über den Stillen Ozean einnehmen, behalten grundsätzlich
achtzig Prozent ihres Teeschiffraumes ihrem japanischen Tee vor, wodurch die
rasche Hebung des chinesischen Teeexportes nach den Vereinigten Staaten,
die eine wichtige Vorbedingung für die Ausgestaltung der chinesisch-amerikanischen
Handelsbeziehungen ist, fast unmöglich wird. Anderseits verlangen britische Schiffe
von den Verladern aller Nationen eine dokumentierte Erklärung, daß ihre
Ladung in keinerlei Verbindung mit deutschen Firmen steht. Um den Kampf
gegen die Deutschen geht es dabei aber nicht allein, wie die sehr bemerkens¬
werten Ausführungen der "I>Zev VorKV/orta" vom 16. November 1815 äußerst
klar dartun. Das Blatt schreibt:

"Großbritannien hat seine Bestrebungen, den amerikanischen Handel zu
vernichten, bis auf den fernen Osten ausgedehnt. Es strengt sich aufs äußerste
an, ihn britischen Firmen zuzuwenden. Unter dem Kampf der britischen
Regierung um die Oberherrschaft im Handel hatte letzthin die American Lpiee
Oracle Association zu leiden.

Amerikanische Firmen, die in China, Siam und anderen Teilen des
Orients geschäftlich tätig sind und die in Verdacht stehen, deutsche Sympathien
zu hegen, werden auf der .schwarzen Liste' vermerkt und ihre für die Ver¬
einigten Staaten bestimmten Ladungen werden auf unbestimmte Zeit zurück¬
gehalten. Von dem ,3tatL Department' eingereichte Proteste haben keine
Besserung der Lage herbeigeführt. Die Konsulate im Auslande schreiben sogar
offen, daß zwar promptes Handeln versprochen ist', aber .wahrscheinlich nicht
erfolgen wird.'

Die Unterdrückung der für Amerika bestimmten Warensendungen wird
dadurch noch vollständiger, daß die transpazifischen Schiffahrtslinien ausschlie߬
lich in englischen und japanischen Händen sind.

Sendungen chinesischer Gewürze und Matten von fünf großen New Uorker
Importeuren wurden von der britischen Regierung nur deshalb zurückgehalten,
weil man sie verdächtigte, deutsche Zweigniederlassungen oder deutsche Namen
zu haben. Auch hier blieben die vom State Department eingereichten Proteste
und Bürgschaften ohne Erfolg.

Dadurch, daß die Engländer den Hafen von Hongkong beaufsichtigen, ist
es ihnen möglich, die Verschiffungen nach den Vereinigten Staaten vollständig
zu überwachen. Das neutrale China darf keine Waren nach dem neutralen
Amerika senden. Ladungen im Werte von Hundertausenden von Dollars werden
willkürlich aufgehalten.

Fast alle Kaufleute, deren Waren zurückgehalten wurden, erhielten von britischen
Firmen Angebote auf entsprechende Mengen Waren zu erhöhten Preisen getadelt.


Die amerikanische Organisation in China

Man kann, zumal unter den heutigen Verhältnissen, an die Organisierung
des Chinamarktes für amerikanische Erzeugnisse nicht wohl denken, ohne sich
mit der Frage der Verschiffungsmöglichkeiten zu befassen. Hier bestehen aber
beträchtliche Schwierigkeiten. Die japanischen Schiffe, die einen wichtigen Platz
im Frachtentransport über den Stillen Ozean einnehmen, behalten grundsätzlich
achtzig Prozent ihres Teeschiffraumes ihrem japanischen Tee vor, wodurch die
rasche Hebung des chinesischen Teeexportes nach den Vereinigten Staaten,
die eine wichtige Vorbedingung für die Ausgestaltung der chinesisch-amerikanischen
Handelsbeziehungen ist, fast unmöglich wird. Anderseits verlangen britische Schiffe
von den Verladern aller Nationen eine dokumentierte Erklärung, daß ihre
Ladung in keinerlei Verbindung mit deutschen Firmen steht. Um den Kampf
gegen die Deutschen geht es dabei aber nicht allein, wie die sehr bemerkens¬
werten Ausführungen der „I>Zev VorKV/orta" vom 16. November 1815 äußerst
klar dartun. Das Blatt schreibt:

„Großbritannien hat seine Bestrebungen, den amerikanischen Handel zu
vernichten, bis auf den fernen Osten ausgedehnt. Es strengt sich aufs äußerste
an, ihn britischen Firmen zuzuwenden. Unter dem Kampf der britischen
Regierung um die Oberherrschaft im Handel hatte letzthin die American Lpiee
Oracle Association zu leiden.

Amerikanische Firmen, die in China, Siam und anderen Teilen des
Orients geschäftlich tätig sind und die in Verdacht stehen, deutsche Sympathien
zu hegen, werden auf der .schwarzen Liste' vermerkt und ihre für die Ver¬
einigten Staaten bestimmten Ladungen werden auf unbestimmte Zeit zurück¬
gehalten. Von dem ,3tatL Department' eingereichte Proteste haben keine
Besserung der Lage herbeigeführt. Die Konsulate im Auslande schreiben sogar
offen, daß zwar promptes Handeln versprochen ist', aber .wahrscheinlich nicht
erfolgen wird.'

Die Unterdrückung der für Amerika bestimmten Warensendungen wird
dadurch noch vollständiger, daß die transpazifischen Schiffahrtslinien ausschlie߬
lich in englischen und japanischen Händen sind.

Sendungen chinesischer Gewürze und Matten von fünf großen New Uorker
Importeuren wurden von der britischen Regierung nur deshalb zurückgehalten,
weil man sie verdächtigte, deutsche Zweigniederlassungen oder deutsche Namen
zu haben. Auch hier blieben die vom State Department eingereichten Proteste
und Bürgschaften ohne Erfolg.

Dadurch, daß die Engländer den Hafen von Hongkong beaufsichtigen, ist
es ihnen möglich, die Verschiffungen nach den Vereinigten Staaten vollständig
zu überwachen. Das neutrale China darf keine Waren nach dem neutralen
Amerika senden. Ladungen im Werte von Hundertausenden von Dollars werden
willkürlich aufgehalten.

Fast alle Kaufleute, deren Waren zurückgehalten wurden, erhielten von britischen
Firmen Angebote auf entsprechende Mengen Waren zu erhöhten Preisen getadelt.


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[0209] Die amerikanische Organisation in China Man kann, zumal unter den heutigen Verhältnissen, an die Organisierung des Chinamarktes für amerikanische Erzeugnisse nicht wohl denken, ohne sich mit der Frage der Verschiffungsmöglichkeiten zu befassen. Hier bestehen aber beträchtliche Schwierigkeiten. Die japanischen Schiffe, die einen wichtigen Platz im Frachtentransport über den Stillen Ozean einnehmen, behalten grundsätzlich achtzig Prozent ihres Teeschiffraumes ihrem japanischen Tee vor, wodurch die rasche Hebung des chinesischen Teeexportes nach den Vereinigten Staaten, die eine wichtige Vorbedingung für die Ausgestaltung der chinesisch-amerikanischen Handelsbeziehungen ist, fast unmöglich wird. Anderseits verlangen britische Schiffe von den Verladern aller Nationen eine dokumentierte Erklärung, daß ihre Ladung in keinerlei Verbindung mit deutschen Firmen steht. Um den Kampf gegen die Deutschen geht es dabei aber nicht allein, wie die sehr bemerkens¬ werten Ausführungen der „I>Zev VorKV/orta" vom 16. November 1815 äußerst klar dartun. Das Blatt schreibt: „Großbritannien hat seine Bestrebungen, den amerikanischen Handel zu vernichten, bis auf den fernen Osten ausgedehnt. Es strengt sich aufs äußerste an, ihn britischen Firmen zuzuwenden. Unter dem Kampf der britischen Regierung um die Oberherrschaft im Handel hatte letzthin die American Lpiee Oracle Association zu leiden. Amerikanische Firmen, die in China, Siam und anderen Teilen des Orients geschäftlich tätig sind und die in Verdacht stehen, deutsche Sympathien zu hegen, werden auf der .schwarzen Liste' vermerkt und ihre für die Ver¬ einigten Staaten bestimmten Ladungen werden auf unbestimmte Zeit zurück¬ gehalten. Von dem ,3tatL Department' eingereichte Proteste haben keine Besserung der Lage herbeigeführt. Die Konsulate im Auslande schreiben sogar offen, daß zwar promptes Handeln versprochen ist', aber .wahrscheinlich nicht erfolgen wird.' Die Unterdrückung der für Amerika bestimmten Warensendungen wird dadurch noch vollständiger, daß die transpazifischen Schiffahrtslinien ausschlie߬ lich in englischen und japanischen Händen sind. Sendungen chinesischer Gewürze und Matten von fünf großen New Uorker Importeuren wurden von der britischen Regierung nur deshalb zurückgehalten, weil man sie verdächtigte, deutsche Zweigniederlassungen oder deutsche Namen zu haben. Auch hier blieben die vom State Department eingereichten Proteste und Bürgschaften ohne Erfolg. Dadurch, daß die Engländer den Hafen von Hongkong beaufsichtigen, ist es ihnen möglich, die Verschiffungen nach den Vereinigten Staaten vollständig zu überwachen. Das neutrale China darf keine Waren nach dem neutralen Amerika senden. Ladungen im Werte von Hundertausenden von Dollars werden willkürlich aufgehalten. Fast alle Kaufleute, deren Waren zurückgehalten wurden, erhielten von britischen Firmen Angebote auf entsprechende Mengen Waren zu erhöhten Preisen getadelt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/209>, abgerufen am 15.01.2025.