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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmatzgeblichev

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dieKämPfe der Ritter keineAnwendungaufden
Gebrauch der Schießwaffen finden konnten, und
für den Kampf mit Luftschiffer es keine Regeln
aus der Zeit bor ihrer Erfindung geben kann,
holst auch der kriegsmäßige Gebrauch der Unter¬
seeboote lediglich bestimmt durch ihren mili¬
tärischen Zweck und durch ihre Beschaffenheit".

Gegenüber der einseitigen Ausfassung
amerikanischen Völkerrechts und amerikanischer
Politik ist die Zusammenstellung der Urteile
^von deutschen Gelehrten doch von höchstem
Wert. Das, was uns selbstverständlich
erscheint, ist es den Amerikanern eben nicht.
Mit erfreulicher Einheitlichkeit kommt dabei
die Auffassung deutscher Rechtswissenschaft
zum Ausdruck. Die Ansicht bon Laband ist
eben in einem typischen Satze wiedergegeben.
Derselbe Gedanke kehrt aber überall wieder,
das; der besondere Charakter der neuen Waffe
der Unterseeboote das Vorgehen gegen die
Lusitania rechtfertigte, und dasz wir uns in
-einem bedauerlichen Notstände befanden,
wenn wir bei der Versenkung des Schiffes
auf das Leben unschuldiger Reisender keine
Rücksicht nehmen konnten.

Möge daher die Schrift im Auslande,
namentlich in Amerika, recht weite Verbrei¬
tung finden. Für uns ist ihr Inhalt selbst¬
Lonrad Bornhak verständlich.

Erziehung

Turnen und Sport. In der Öffentlich¬
keit wird jetzt viel der Gegensatz von Turnen
und Sport erörtert, anderseits werden Turnen
und Sport in einem Atem genannt, beide
seien für die militärische Ertüchtigung außer¬
ordentlich wichtig. Da die Worte so ver¬
worren gebraucht werden, ist es notwendig,
den sachlichen Gegensatz einmal ganz scharf
herauszuarbeiten. Englands Methode ist
es, in der Erziehung durch Preise die Jugend
zur höchsten Anstrengung anzuspornen. Man
hat das auch auf die körperlichen Übungen
angewandt. Der Erfolg ist, daß die englische
Jugend körperliche Übungen im Grunde über¬
haupt nur in der Gestalt von Wettkämpfen
kennt. Man muß es aussprechen, daß in
England das System der körperlichen Übungen
vollständig entartet ist. Die Wettkämpfe von
einigen wenigen Hauptmannschaften bringen
Millionen Menschen in Aufregung. Und

[Spaltenumbruch]

anderseits ist die mannbare Jugend derartig
mit ihren Wettkänipfen und Sportszeitungen
beschäftigt, daß keine Energie und kein Wille
übrig bleibt für die Berufsausbildung. Vor
allem aber ist dieses Wettkampfwesen der
militärischen Tüchtigkeit verderblich. In die
Ordnung eines großen Ganzen sich fügen,
Hitze, Kälte, Strapazen ertragen ohne die
Aufregung eines Wettkampfes, das paßt dem
jungen Engländer nicht. Dazu ist er viel
zu selbstsüchtig geworden.

Wir wissen, daß in unseren Städten
dieser oberflächliche Geist und dieser Wett¬
kampfrausch auch schon eingerissen waren.
Es ist eine Art Rausch, sonst könnten die
davon Ergriffenen es doch nicht übersehen,,
daß sie in ihren Kostümen oft eine lächer¬
liche Gestalt darstellen, daß Muskel und
Wuchs sich einseitig entwickeln und daß vor allem.
ihre Seele allem Edleren und Schönen abstirbt.

Es ist aber für uns Deutsche an der Zeit,
uns auf das Wesen deutscher Erziehung zu
besinnen. Wir wollen Hingabe an das Ganze,
Pflichttreue ohne Belohnung. Deutsche Art
ist es, wenn die deutsche Jugend sich an
Sonntagnachmittagen auf den heimischen
Plätzen im Spiel tummelt und wenn sie
einmal am Ende des Sommers an einem
Spielfest zeigt, was sie gelernt hat. Aber
die Serienwettkämpfe, durch welche man die
Mannschaften Sonntag für Sonntag auf einen
anderen Platz hetzt, sollten wir wieder abschaffen.

Leider betreibenmancheJugendkomPagnien
ihre Übungen auch schon nach der Art des
englischen Sports. Sich Photographieren
lassen und in den Zeitungen berichten, wie
man in hübscher Uniform an einem General
vorbei spaziert ist, das heißt unser bitterernstes
deutsches Soldatenwesen in die englische Sport¬
spielerei hineinziehen. Man muß es immer
wieder betonen, daß es keinen besseren Weg
gibt, an die voni Kriegsministerium geforderte
militärische Jugendvorbildung zu erreichen,
als die Jungen erst einmal im deutschen
Riegenturnen zusammen zu fassen. Da wird
nicht nur die Muskelkraft geübt, sondern auch
Auge, Ohr und Entschlußkraft. Die folgenden
Sätze stellen die deutsche turnerische Methode
und die englische grundsätzlich gegenüber.

1. Der erste, der die Erziehung der schul¬
entlassenen Jugend als besondere Aufgabe

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Maßgebliches und Unmatzgeblichev

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dieKämPfe der Ritter keineAnwendungaufden
Gebrauch der Schießwaffen finden konnten, und
für den Kampf mit Luftschiffer es keine Regeln
aus der Zeit bor ihrer Erfindung geben kann,
holst auch der kriegsmäßige Gebrauch der Unter¬
seeboote lediglich bestimmt durch ihren mili¬
tärischen Zweck und durch ihre Beschaffenheit".

Gegenüber der einseitigen Ausfassung
amerikanischen Völkerrechts und amerikanischer
Politik ist die Zusammenstellung der Urteile
^von deutschen Gelehrten doch von höchstem
Wert. Das, was uns selbstverständlich
erscheint, ist es den Amerikanern eben nicht.
Mit erfreulicher Einheitlichkeit kommt dabei
die Auffassung deutscher Rechtswissenschaft
zum Ausdruck. Die Ansicht bon Laband ist
eben in einem typischen Satze wiedergegeben.
Derselbe Gedanke kehrt aber überall wieder,
das; der besondere Charakter der neuen Waffe
der Unterseeboote das Vorgehen gegen die
Lusitania rechtfertigte, und dasz wir uns in
-einem bedauerlichen Notstände befanden,
wenn wir bei der Versenkung des Schiffes
auf das Leben unschuldiger Reisender keine
Rücksicht nehmen konnten.

Möge daher die Schrift im Auslande,
namentlich in Amerika, recht weite Verbrei¬
tung finden. Für uns ist ihr Inhalt selbst¬
Lonrad Bornhak verständlich.

Erziehung

Turnen und Sport. In der Öffentlich¬
keit wird jetzt viel der Gegensatz von Turnen
und Sport erörtert, anderseits werden Turnen
und Sport in einem Atem genannt, beide
seien für die militärische Ertüchtigung außer¬
ordentlich wichtig. Da die Worte so ver¬
worren gebraucht werden, ist es notwendig,
den sachlichen Gegensatz einmal ganz scharf
herauszuarbeiten. Englands Methode ist
es, in der Erziehung durch Preise die Jugend
zur höchsten Anstrengung anzuspornen. Man
hat das auch auf die körperlichen Übungen
angewandt. Der Erfolg ist, daß die englische
Jugend körperliche Übungen im Grunde über¬
haupt nur in der Gestalt von Wettkämpfen
kennt. Man muß es aussprechen, daß in
England das System der körperlichen Übungen
vollständig entartet ist. Die Wettkämpfe von
einigen wenigen Hauptmannschaften bringen
Millionen Menschen in Aufregung. Und

[Spaltenumbruch]

anderseits ist die mannbare Jugend derartig
mit ihren Wettkänipfen und Sportszeitungen
beschäftigt, daß keine Energie und kein Wille
übrig bleibt für die Berufsausbildung. Vor
allem aber ist dieses Wettkampfwesen der
militärischen Tüchtigkeit verderblich. In die
Ordnung eines großen Ganzen sich fügen,
Hitze, Kälte, Strapazen ertragen ohne die
Aufregung eines Wettkampfes, das paßt dem
jungen Engländer nicht. Dazu ist er viel
zu selbstsüchtig geworden.

Wir wissen, daß in unseren Städten
dieser oberflächliche Geist und dieser Wett¬
kampfrausch auch schon eingerissen waren.
Es ist eine Art Rausch, sonst könnten die
davon Ergriffenen es doch nicht übersehen,,
daß sie in ihren Kostümen oft eine lächer¬
liche Gestalt darstellen, daß Muskel und
Wuchs sich einseitig entwickeln und daß vor allem.
ihre Seele allem Edleren und Schönen abstirbt.

Es ist aber für uns Deutsche an der Zeit,
uns auf das Wesen deutscher Erziehung zu
besinnen. Wir wollen Hingabe an das Ganze,
Pflichttreue ohne Belohnung. Deutsche Art
ist es, wenn die deutsche Jugend sich an
Sonntagnachmittagen auf den heimischen
Plätzen im Spiel tummelt und wenn sie
einmal am Ende des Sommers an einem
Spielfest zeigt, was sie gelernt hat. Aber
die Serienwettkämpfe, durch welche man die
Mannschaften Sonntag für Sonntag auf einen
anderen Platz hetzt, sollten wir wieder abschaffen.

Leider betreibenmancheJugendkomPagnien
ihre Übungen auch schon nach der Art des
englischen Sports. Sich Photographieren
lassen und in den Zeitungen berichten, wie
man in hübscher Uniform an einem General
vorbei spaziert ist, das heißt unser bitterernstes
deutsches Soldatenwesen in die englische Sport¬
spielerei hineinziehen. Man muß es immer
wieder betonen, daß es keinen besseren Weg
gibt, an die voni Kriegsministerium geforderte
militärische Jugendvorbildung zu erreichen,
als die Jungen erst einmal im deutschen
Riegenturnen zusammen zu fassen. Da wird
nicht nur die Muskelkraft geübt, sondern auch
Auge, Ohr und Entschlußkraft. Die folgenden
Sätze stellen die deutsche turnerische Methode
und die englische grundsätzlich gegenüber.

1. Der erste, der die Erziehung der schul¬
entlassenen Jugend als besondere Aufgabe

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[0042] Maßgebliches und Unmatzgeblichev dieKämPfe der Ritter keineAnwendungaufden Gebrauch der Schießwaffen finden konnten, und für den Kampf mit Luftschiffer es keine Regeln aus der Zeit bor ihrer Erfindung geben kann, holst auch der kriegsmäßige Gebrauch der Unter¬ seeboote lediglich bestimmt durch ihren mili¬ tärischen Zweck und durch ihre Beschaffenheit". Gegenüber der einseitigen Ausfassung amerikanischen Völkerrechts und amerikanischer Politik ist die Zusammenstellung der Urteile ^von deutschen Gelehrten doch von höchstem Wert. Das, was uns selbstverständlich erscheint, ist es den Amerikanern eben nicht. Mit erfreulicher Einheitlichkeit kommt dabei die Auffassung deutscher Rechtswissenschaft zum Ausdruck. Die Ansicht bon Laband ist eben in einem typischen Satze wiedergegeben. Derselbe Gedanke kehrt aber überall wieder, das; der besondere Charakter der neuen Waffe der Unterseeboote das Vorgehen gegen die Lusitania rechtfertigte, und dasz wir uns in -einem bedauerlichen Notstände befanden, wenn wir bei der Versenkung des Schiffes auf das Leben unschuldiger Reisender keine Rücksicht nehmen konnten. Möge daher die Schrift im Auslande, namentlich in Amerika, recht weite Verbrei¬ tung finden. Für uns ist ihr Inhalt selbst¬ Lonrad Bornhak verständlich. Erziehung Turnen und Sport. In der Öffentlich¬ keit wird jetzt viel der Gegensatz von Turnen und Sport erörtert, anderseits werden Turnen und Sport in einem Atem genannt, beide seien für die militärische Ertüchtigung außer¬ ordentlich wichtig. Da die Worte so ver¬ worren gebraucht werden, ist es notwendig, den sachlichen Gegensatz einmal ganz scharf herauszuarbeiten. Englands Methode ist es, in der Erziehung durch Preise die Jugend zur höchsten Anstrengung anzuspornen. Man hat das auch auf die körperlichen Übungen angewandt. Der Erfolg ist, daß die englische Jugend körperliche Übungen im Grunde über¬ haupt nur in der Gestalt von Wettkämpfen kennt. Man muß es aussprechen, daß in England das System der körperlichen Übungen vollständig entartet ist. Die Wettkämpfe von einigen wenigen Hauptmannschaften bringen Millionen Menschen in Aufregung. Und anderseits ist die mannbare Jugend derartig mit ihren Wettkänipfen und Sportszeitungen beschäftigt, daß keine Energie und kein Wille übrig bleibt für die Berufsausbildung. Vor allem aber ist dieses Wettkampfwesen der militärischen Tüchtigkeit verderblich. In die Ordnung eines großen Ganzen sich fügen, Hitze, Kälte, Strapazen ertragen ohne die Aufregung eines Wettkampfes, das paßt dem jungen Engländer nicht. Dazu ist er viel zu selbstsüchtig geworden. Wir wissen, daß in unseren Städten dieser oberflächliche Geist und dieser Wett¬ kampfrausch auch schon eingerissen waren. Es ist eine Art Rausch, sonst könnten die davon Ergriffenen es doch nicht übersehen,, daß sie in ihren Kostümen oft eine lächer¬ liche Gestalt darstellen, daß Muskel und Wuchs sich einseitig entwickeln und daß vor allem. ihre Seele allem Edleren und Schönen abstirbt. Es ist aber für uns Deutsche an der Zeit, uns auf das Wesen deutscher Erziehung zu besinnen. Wir wollen Hingabe an das Ganze, Pflichttreue ohne Belohnung. Deutsche Art ist es, wenn die deutsche Jugend sich an Sonntagnachmittagen auf den heimischen Plätzen im Spiel tummelt und wenn sie einmal am Ende des Sommers an einem Spielfest zeigt, was sie gelernt hat. Aber die Serienwettkämpfe, durch welche man die Mannschaften Sonntag für Sonntag auf einen anderen Platz hetzt, sollten wir wieder abschaffen. Leider betreibenmancheJugendkomPagnien ihre Übungen auch schon nach der Art des englischen Sports. Sich Photographieren lassen und in den Zeitungen berichten, wie man in hübscher Uniform an einem General vorbei spaziert ist, das heißt unser bitterernstes deutsches Soldatenwesen in die englische Sport¬ spielerei hineinziehen. Man muß es immer wieder betonen, daß es keinen besseren Weg gibt, an die voni Kriegsministerium geforderte militärische Jugendvorbildung zu erreichen, als die Jungen erst einmal im deutschen Riegenturnen zusammen zu fassen. Da wird nicht nur die Muskelkraft geübt, sondern auch Auge, Ohr und Entschlußkraft. Die folgenden Sätze stellen die deutsche turnerische Methode und die englische grundsätzlich gegenüber. 1. Der erste, der die Erziehung der schul¬ entlassenen Jugend als besondere Aufgabe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/42>, abgerufen am 27.12.2024.