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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Aus der modernen Ästhetik

anschcmungen, die mir heute durch bessere ersetzbar scheinen. Die Neigung,
das Buch in die Hand zu nehmen, soll durch diese Bemerkung jedoch nicht
herabgemindert werden.

In allem Gesagten liegt bereits eingeschlossen, daß das Buch nicht nur
rein wissenschaftlichen, sondern zugleich Lebenswert besitzt. Es weckt im Leser
und steigert seine ästhetische Aufnahmefähigkeit, die durch Bewußtseinsbeleuchtung
der ästhetischen Erfahrung nicht notwendig herabgesetzt, sondern, wie schon
Dilthey betonte, erhöht werden kann.

In noch höherem Maße kommt dieser Lebenswert der in der Teubnerschen
Sammlung "Aus Natur und Geisteswelt", 1914 erschienenen "Poetik" von Müller-
Freienfels zu. Sie ist unmittelbar in der Absicht geschrieben, die Poesie nicht zu
meistern, sondern ihr zu dienen, indem sie das psychologische Verständnis der
verschiedenen Wirkungsmöglichkeiten der Dichtwerke erschließt und dadurch den
poetischen Genuß zur möglichsten Klarheit und Bewußtheit bringt. Diese
Absicht wird in vollem Maße erreicht, auch in diesem Fall wieder wesentlich
dadurch, daß der Verfasser so stark in der Dichtung lebt, daß der Leser auch
seinerseits unmittelbar dazu mit angeregt wird. Ans dieser Gefühlsstärke der
ästhetischen Erlebnisse im Autor, folgt, daß alle seine Urteile den Eindruck der
Selbständigkeit hinterlassen.

Darwin hat sich im Alter beklagt, daß ihm im Laufe der Zeit die
Fähigkeit zum Genießen von Poesie allmählich völlig abhanden gekommen sei;
wenn er noch einmal zu leben hätte, so würde er jede Woche einmal Poesie
lesen, um sich die ästhetische Aufnahmefähigkeit zu erhalten. Von dieser
psychischen Ausgetrocknetheit, die in Darwin auf Grund einseitiger Konzentration
seines Genies entstand, sind heute unter dem Druck der primärster Lebens¬
instinkte die meisten. Ihnen, die im Grunde beklagen, was ihnen verloren
gegangen ist, sei Müller-Freienfels' kleines Buch empfohlen.






ABeu Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




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Aus der modernen Ästhetik

anschcmungen, die mir heute durch bessere ersetzbar scheinen. Die Neigung,
das Buch in die Hand zu nehmen, soll durch diese Bemerkung jedoch nicht
herabgemindert werden.

In allem Gesagten liegt bereits eingeschlossen, daß das Buch nicht nur
rein wissenschaftlichen, sondern zugleich Lebenswert besitzt. Es weckt im Leser
und steigert seine ästhetische Aufnahmefähigkeit, die durch Bewußtseinsbeleuchtung
der ästhetischen Erfahrung nicht notwendig herabgesetzt, sondern, wie schon
Dilthey betonte, erhöht werden kann.

In noch höherem Maße kommt dieser Lebenswert der in der Teubnerschen
Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt", 1914 erschienenen „Poetik" von Müller-
Freienfels zu. Sie ist unmittelbar in der Absicht geschrieben, die Poesie nicht zu
meistern, sondern ihr zu dienen, indem sie das psychologische Verständnis der
verschiedenen Wirkungsmöglichkeiten der Dichtwerke erschließt und dadurch den
poetischen Genuß zur möglichsten Klarheit und Bewußtheit bringt. Diese
Absicht wird in vollem Maße erreicht, auch in diesem Fall wieder wesentlich
dadurch, daß der Verfasser so stark in der Dichtung lebt, daß der Leser auch
seinerseits unmittelbar dazu mit angeregt wird. Ans dieser Gefühlsstärke der
ästhetischen Erlebnisse im Autor, folgt, daß alle seine Urteile den Eindruck der
Selbständigkeit hinterlassen.

Darwin hat sich im Alter beklagt, daß ihm im Laufe der Zeit die
Fähigkeit zum Genießen von Poesie allmählich völlig abhanden gekommen sei;
wenn er noch einmal zu leben hätte, so würde er jede Woche einmal Poesie
lesen, um sich die ästhetische Aufnahmefähigkeit zu erhalten. Von dieser
psychischen Ausgetrocknetheit, die in Darwin auf Grund einseitiger Konzentration
seines Genies entstand, sind heute unter dem Druck der primärster Lebens¬
instinkte die meisten. Ihnen, die im Grunde beklagen, was ihnen verloren
gegangen ist, sei Müller-Freienfels' kleines Buch empfohlen.






ABeu Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/326>, abgerufen am 22.07.2024.