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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Die deutsche Studentenschaft in Rußland

einer stolzen, reichen und alten Kultur wurzelnden baltischen Korporationen.
In Odessa belief sich vor dem Kriege die Zahl der deutschen Studenten, die
sich aus Protestanten, Mennoniten und Katholiken zusammensetzten, auf etwa
fünfzig; zwanzig von ihnen bildeten den Deutschen Studentenverein. Er ist
keine Korporation, sondern ein wissenschaftlich-geselliger Verein, der öffentlich
keine Farben trägt, das Fuchstum verwirft und auf Mensuren und Kommerse
verzichtet. Als Zweck verfolgt er nach den russisch geschriebenen Satzungen
(gedruckt 1910) die Pflege der deutschen Muttersprache und die geistige und
körperliche Erziehung seiner Mitglieder. Er sucht dies durch Veranstaltung von
Vorträgen in deutscher Sprache, durch Halten von Zeitschriften, durch Schaffung
einer Bücherei und durch Pflege körperstählender Spiele und Übungen zu erreichen.

In diese interessante und gedeihliche Entwicklung der deutsch-russischen
Studentenschaft hat der Weltkrieg mit harter Hand eingegriffen und den mühsam
geschaffenen geistigen Zusammenhang mit der allgemein deutschen Kultur voll¬
kommen gelöst. Ob sich das deutsch-russische Studententum wenigstens teilweise in
die Zukunft retten wird, läßt sich heute nicht voraussagen; das wird von der
Politischen Neugestaltung der westlichen Grenzprovinzen Rußlands und von der
Stellung abhängen, welche das vorläufig sehr geschwächte und in seinem Besitz
schwer geschädigte Deutschtum in dem zukünftigen Zarenreich einnehmen wird*).





*) Die vorliegende Arbeit stützt sich einesteils auf die für Dorpat und Riga reichlich
vorhandene gedruckte Literatur, anderseits auf handschriftliche Mitteilungen der deutsch-russischen
Studentenvereinigungen. Manches entstammt auch den Arbeiten des auf dem Gebiete der
studentischen Geschichte verdienten Hamburger Schriftstellers E, H. Eberhard.
Die deutsche Studentenschaft in Rußland

einer stolzen, reichen und alten Kultur wurzelnden baltischen Korporationen.
In Odessa belief sich vor dem Kriege die Zahl der deutschen Studenten, die
sich aus Protestanten, Mennoniten und Katholiken zusammensetzten, auf etwa
fünfzig; zwanzig von ihnen bildeten den Deutschen Studentenverein. Er ist
keine Korporation, sondern ein wissenschaftlich-geselliger Verein, der öffentlich
keine Farben trägt, das Fuchstum verwirft und auf Mensuren und Kommerse
verzichtet. Als Zweck verfolgt er nach den russisch geschriebenen Satzungen
(gedruckt 1910) die Pflege der deutschen Muttersprache und die geistige und
körperliche Erziehung seiner Mitglieder. Er sucht dies durch Veranstaltung von
Vorträgen in deutscher Sprache, durch Halten von Zeitschriften, durch Schaffung
einer Bücherei und durch Pflege körperstählender Spiele und Übungen zu erreichen.

In diese interessante und gedeihliche Entwicklung der deutsch-russischen
Studentenschaft hat der Weltkrieg mit harter Hand eingegriffen und den mühsam
geschaffenen geistigen Zusammenhang mit der allgemein deutschen Kultur voll¬
kommen gelöst. Ob sich das deutsch-russische Studententum wenigstens teilweise in
die Zukunft retten wird, läßt sich heute nicht voraussagen; das wird von der
Politischen Neugestaltung der westlichen Grenzprovinzen Rußlands und von der
Stellung abhängen, welche das vorläufig sehr geschwächte und in seinem Besitz
schwer geschädigte Deutschtum in dem zukünftigen Zarenreich einnehmen wird*).





*) Die vorliegende Arbeit stützt sich einesteils auf die für Dorpat und Riga reichlich
vorhandene gedruckte Literatur, anderseits auf handschriftliche Mitteilungen der deutsch-russischen
Studentenvereinigungen. Manches entstammt auch den Arbeiten des auf dem Gebiete der
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[0225] Die deutsche Studentenschaft in Rußland einer stolzen, reichen und alten Kultur wurzelnden baltischen Korporationen. In Odessa belief sich vor dem Kriege die Zahl der deutschen Studenten, die sich aus Protestanten, Mennoniten und Katholiken zusammensetzten, auf etwa fünfzig; zwanzig von ihnen bildeten den Deutschen Studentenverein. Er ist keine Korporation, sondern ein wissenschaftlich-geselliger Verein, der öffentlich keine Farben trägt, das Fuchstum verwirft und auf Mensuren und Kommerse verzichtet. Als Zweck verfolgt er nach den russisch geschriebenen Satzungen (gedruckt 1910) die Pflege der deutschen Muttersprache und die geistige und körperliche Erziehung seiner Mitglieder. Er sucht dies durch Veranstaltung von Vorträgen in deutscher Sprache, durch Halten von Zeitschriften, durch Schaffung einer Bücherei und durch Pflege körperstählender Spiele und Übungen zu erreichen. In diese interessante und gedeihliche Entwicklung der deutsch-russischen Studentenschaft hat der Weltkrieg mit harter Hand eingegriffen und den mühsam geschaffenen geistigen Zusammenhang mit der allgemein deutschen Kultur voll¬ kommen gelöst. Ob sich das deutsch-russische Studententum wenigstens teilweise in die Zukunft retten wird, läßt sich heute nicht voraussagen; das wird von der Politischen Neugestaltung der westlichen Grenzprovinzen Rußlands und von der Stellung abhängen, welche das vorläufig sehr geschwächte und in seinem Besitz schwer geschädigte Deutschtum in dem zukünftigen Zarenreich einnehmen wird*). *) Die vorliegende Arbeit stützt sich einesteils auf die für Dorpat und Riga reichlich vorhandene gedruckte Literatur, anderseits auf handschriftliche Mitteilungen der deutsch-russischen Studentenvereinigungen. Manches entstammt auch den Arbeiten des auf dem Gebiete der studentischen Geschichte verdienten Hamburger Schriftstellers E, H. Eberhard.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/225>, abgerufen am 27.12.2024.