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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Rriegsliteratnr

Im Anschluß hieran sei auch noch ein interessanter Vortrag "Deutsch-
iürkische Interessengemeinschaft" genannt, den derselbe Verfasser in Bonn
gehalten hat, und der im Verlage von Fr. Cohen (Bonn) erschienen ist.

Eine ganze Reihe kleinerer Schriften von mehr oder weniger Bedeutung
und Wert beschäftigt sich mit den deutsch-türkischen Beziehungen. Es ist
natürlich nicht möglich und auch nicht nötig, sie alle an dieser Stelle auf¬
zuführen, zumal viele von ihnen dasselbe nur in anderen Worten besagen; nur
einige wenige mögen hier kurz erwähnt werden. In der von Jacks heraus¬
gegebenen Sammlung "Der deutsche Krieg" (Heft 13) behandelt Dr. Carl
Anton Schäfer die "deutsch - türkische Freundschaft", insbesondere die wirtschaft¬
lichen Hilfsquellen der Türkei und den Anteil deutscher Arbeit an ihrer Aus¬
beutung und Nutzbarmachung. -- In Heft 24 derselben Sammlung gibt ihr
Herausgeber Dr. Ernst Jacks eine kurze Skizze der "deutsch-türkischen Waffen¬
brüderschaft". Er hebt besonders die Stärkung der Türkei nach den Balkan¬
kriegen trotz oder gerade wegen der Gebietsverluste in Europa hervor und weist
die Türkei hin auf eine "asiatische Stärkung, insbesondere gegen Rußland, durch
Zuwachs von mohammedanischem Gebiet im Kaukasus und am Schwarzen
Meer, auch gegen England, durch Wiedereroberung von Ägypten." Die Auf¬
fassung Jäckhs von der Wirkung des Panislamismus auf die nicht türkischen
Mohammedaner und des Rufes des Khalifen in Konstantinopel zum "Dschihad"
scheint uns etwas zu optimistisch zu sein.

Schließlich sei auch noch auf die Broschüre "Deutschland, die Türkei und
der Islam" von Hugo Grothe (Verlag von S. Hirzel in Leipzig) aufmerksam
gemacht, in welcher der als Orientschriftsteller bekannte Verfasser eine kurze,
interessant geschriebene allgemeine Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen gibt.

In der Sammlung "Der deutsche Krieg" (Heft 39) schildert L. Trampe den
"Kampf um die Dardanellen" und weist darauf hin, in welch hohem Maße die
Interessen Deutschlands und Österreich-Ungarns mit dem Verbleib Konstantinopels
in türkischen Händen verknüpft sind. "Die Dardanellenfrage steht im engsten und
ursächlichen Zusammenhange mit der politischen Neugeburt Mitteleuropas."
Besonders betont der Verfasser, und zwar mit vollem Rechte, daß die wahren
Interessen der Balkanstaaten und auch Italiens ohne Zweifel nur dann
ZU wahren sind, wenn der bestehende Zustand aufrecht erhalten bleibt und
Konstantinopel und die Dardanellen in türkischem Besitz bleiben. Bulgarien
hat dies erkannt; in Rumänien dagegen scheint man immer noch nicht ganz
einsehen zu wollen, daß "Nußland als Schlüsselhüter des Bosporus für
Rumänien heißt: aufgehen in Rußland".
'

Daß dies allerdings auch in Rumänien von vielen, vom
französischen -- sagen wir -- Einfluß nicht blind gemachten Leuten erkannt
wird, ersieht man aus einer höchst interessanten völkerrechtlichen Studie von
Dr. Grigore Dendrino, die als Doktorarbeit unter dem Titel "Bosporus und
Dardanellen" bei Emil Ehering in Berlin gedruckt ist. Durch die sorgfältigen


Rriegsliteratnr

Im Anschluß hieran sei auch noch ein interessanter Vortrag „Deutsch-
iürkische Interessengemeinschaft" genannt, den derselbe Verfasser in Bonn
gehalten hat, und der im Verlage von Fr. Cohen (Bonn) erschienen ist.

Eine ganze Reihe kleinerer Schriften von mehr oder weniger Bedeutung
und Wert beschäftigt sich mit den deutsch-türkischen Beziehungen. Es ist
natürlich nicht möglich und auch nicht nötig, sie alle an dieser Stelle auf¬
zuführen, zumal viele von ihnen dasselbe nur in anderen Worten besagen; nur
einige wenige mögen hier kurz erwähnt werden. In der von Jacks heraus¬
gegebenen Sammlung „Der deutsche Krieg" (Heft 13) behandelt Dr. Carl
Anton Schäfer die „deutsch - türkische Freundschaft", insbesondere die wirtschaft¬
lichen Hilfsquellen der Türkei und den Anteil deutscher Arbeit an ihrer Aus¬
beutung und Nutzbarmachung. — In Heft 24 derselben Sammlung gibt ihr
Herausgeber Dr. Ernst Jacks eine kurze Skizze der „deutsch-türkischen Waffen¬
brüderschaft". Er hebt besonders die Stärkung der Türkei nach den Balkan¬
kriegen trotz oder gerade wegen der Gebietsverluste in Europa hervor und weist
die Türkei hin auf eine „asiatische Stärkung, insbesondere gegen Rußland, durch
Zuwachs von mohammedanischem Gebiet im Kaukasus und am Schwarzen
Meer, auch gegen England, durch Wiedereroberung von Ägypten." Die Auf¬
fassung Jäckhs von der Wirkung des Panislamismus auf die nicht türkischen
Mohammedaner und des Rufes des Khalifen in Konstantinopel zum „Dschihad"
scheint uns etwas zu optimistisch zu sein.

Schließlich sei auch noch auf die Broschüre „Deutschland, die Türkei und
der Islam" von Hugo Grothe (Verlag von S. Hirzel in Leipzig) aufmerksam
gemacht, in welcher der als Orientschriftsteller bekannte Verfasser eine kurze,
interessant geschriebene allgemeine Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen gibt.

In der Sammlung „Der deutsche Krieg" (Heft 39) schildert L. Trampe den
„Kampf um die Dardanellen" und weist darauf hin, in welch hohem Maße die
Interessen Deutschlands und Österreich-Ungarns mit dem Verbleib Konstantinopels
in türkischen Händen verknüpft sind. „Die Dardanellenfrage steht im engsten und
ursächlichen Zusammenhange mit der politischen Neugeburt Mitteleuropas."
Besonders betont der Verfasser, und zwar mit vollem Rechte, daß die wahren
Interessen der Balkanstaaten und auch Italiens ohne Zweifel nur dann
ZU wahren sind, wenn der bestehende Zustand aufrecht erhalten bleibt und
Konstantinopel und die Dardanellen in türkischem Besitz bleiben. Bulgarien
hat dies erkannt; in Rumänien dagegen scheint man immer noch nicht ganz
einsehen zu wollen, daß „Nußland als Schlüsselhüter des Bosporus für
Rumänien heißt: aufgehen in Rußland".
'

Daß dies allerdings auch in Rumänien von vielen, vom
französischen — sagen wir — Einfluß nicht blind gemachten Leuten erkannt
wird, ersieht man aus einer höchst interessanten völkerrechtlichen Studie von
Dr. Grigore Dendrino, die als Doktorarbeit unter dem Titel „Bosporus und
Dardanellen" bei Emil Ehering in Berlin gedruckt ist. Durch die sorgfältigen


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[0165] Rriegsliteratnr Im Anschluß hieran sei auch noch ein interessanter Vortrag „Deutsch- iürkische Interessengemeinschaft" genannt, den derselbe Verfasser in Bonn gehalten hat, und der im Verlage von Fr. Cohen (Bonn) erschienen ist. Eine ganze Reihe kleinerer Schriften von mehr oder weniger Bedeutung und Wert beschäftigt sich mit den deutsch-türkischen Beziehungen. Es ist natürlich nicht möglich und auch nicht nötig, sie alle an dieser Stelle auf¬ zuführen, zumal viele von ihnen dasselbe nur in anderen Worten besagen; nur einige wenige mögen hier kurz erwähnt werden. In der von Jacks heraus¬ gegebenen Sammlung „Der deutsche Krieg" (Heft 13) behandelt Dr. Carl Anton Schäfer die „deutsch - türkische Freundschaft", insbesondere die wirtschaft¬ lichen Hilfsquellen der Türkei und den Anteil deutscher Arbeit an ihrer Aus¬ beutung und Nutzbarmachung. — In Heft 24 derselben Sammlung gibt ihr Herausgeber Dr. Ernst Jacks eine kurze Skizze der „deutsch-türkischen Waffen¬ brüderschaft". Er hebt besonders die Stärkung der Türkei nach den Balkan¬ kriegen trotz oder gerade wegen der Gebietsverluste in Europa hervor und weist die Türkei hin auf eine „asiatische Stärkung, insbesondere gegen Rußland, durch Zuwachs von mohammedanischem Gebiet im Kaukasus und am Schwarzen Meer, auch gegen England, durch Wiedereroberung von Ägypten." Die Auf¬ fassung Jäckhs von der Wirkung des Panislamismus auf die nicht türkischen Mohammedaner und des Rufes des Khalifen in Konstantinopel zum „Dschihad" scheint uns etwas zu optimistisch zu sein. Schließlich sei auch noch auf die Broschüre „Deutschland, die Türkei und der Islam" von Hugo Grothe (Verlag von S. Hirzel in Leipzig) aufmerksam gemacht, in welcher der als Orientschriftsteller bekannte Verfasser eine kurze, interessant geschriebene allgemeine Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen gibt. In der Sammlung „Der deutsche Krieg" (Heft 39) schildert L. Trampe den „Kampf um die Dardanellen" und weist darauf hin, in welch hohem Maße die Interessen Deutschlands und Österreich-Ungarns mit dem Verbleib Konstantinopels in türkischen Händen verknüpft sind. „Die Dardanellenfrage steht im engsten und ursächlichen Zusammenhange mit der politischen Neugeburt Mitteleuropas." Besonders betont der Verfasser, und zwar mit vollem Rechte, daß die wahren Interessen der Balkanstaaten und auch Italiens ohne Zweifel nur dann ZU wahren sind, wenn der bestehende Zustand aufrecht erhalten bleibt und Konstantinopel und die Dardanellen in türkischem Besitz bleiben. Bulgarien hat dies erkannt; in Rumänien dagegen scheint man immer noch nicht ganz einsehen zu wollen, daß „Nußland als Schlüsselhüter des Bosporus für Rumänien heißt: aufgehen in Rußland". ' Daß dies allerdings auch in Rumänien von vielen, vom französischen — sagen wir — Einfluß nicht blind gemachten Leuten erkannt wird, ersieht man aus einer höchst interessanten völkerrechtlichen Studie von Dr. Grigore Dendrino, die als Doktorarbeit unter dem Titel „Bosporus und Dardanellen" bei Emil Ehering in Berlin gedruckt ist. Durch die sorgfältigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/165>, abgerufen am 22.07.2024.