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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Schwedische Gedanken über den Krieg

Freiheit zu einem Organismus vereinigen ließen, so würde sich in Europa
eine gewaltige Friedenkmft bilden, die das Asten nahe verwandte Rußland
zurückzuhalten vermöchte. Falls, wie wir hoffen, die Zentralmächte einen voll¬
ständigen Sieg erringen, so muß beim Friedensschlüsse der dominierende Gedanke
dem beständigen Frieden Europas gelten. Dazu kann man keinen anderen Weg
einschlagen als den des Sichzusammenschlteßens. Die kollektivistische Friedens¬
bewegung mag unter dem Missionsgefichtspunkte in angriffslustiger Staaten
ihren Sinn haben, aber sobald es den Frieden zu sichern gilt, taugt sie nicht.
Da kann uns nur die staatsorgcmisterte Friedensidee dem Ziele näherbringen.
Wie weit sie sich nach dem Kriege verwirklichen läßt, ist schwer zu sagen.
Dies hängt wohl hauptsächlich davon ab. ob die Lage einen großen, ver¬
einigenden Staatsmann hervorbringen kann, und von dem Ernst der Sehnsucht
nach Frieden, die der Krieg sicherlich in den kämpfenden Kulturvölkern, denen
die Aufgabe, möglichst viele Menschen niederzuschießen, in tiefster Seele fremd
ist, entstehen lassen wird. Nur der Gedanke an das Weiterbestehen des eigenen
Landes, und keineswegs Schwärmerei für den Krieg an sich, hat wohl, im
großen gesehen, die Tapferkeit auf den Schlachtfeldern hervorgebracht. Es gibt
ja nichts Größeres auf Erden, als für sein Land zu leben und zu sterben.

Die Teilung Polens war ein Fehler, der einen Pufferstaat zwischen Ru߬
land und Europa beseitigte, aber der Irrtum ist ein lehrreiches Kapitel der
Lehre einer besseren Staatskunst geworden. Die jetzt an der Ostfront gewonnenen
Siege dürften sich nicht besser als zur Errichtung eines Gürtels neuer Puffer¬
staaten -- Finnland, die Ostseeprovinzen, Polen und die Ukraine -- zwischen
Rußland und Europa ausnutzen lassen, und zwar im Anschlusse an einen
mitteleuropäischen Staatenbund, in dem jedes Volk Raum für sein eigenes natio¬
nales Leben hätte. Damit wäre Nußland in seine ethnographischen Grenzen
zurückgewiesen, das Nationalitätsprinzip anerkannt und ein großer Schritt in
der Richtung höherer Menschlichkeit getan. Eine größere Tat läßt sich nicht
denken als diese, die dem Geiste Deutschlands, dessen patriotische Tiefe mit
seiner universalen Misston zusammengehört, anvertraut worden ist.




Schwedische Gedanken über den Krieg

Freiheit zu einem Organismus vereinigen ließen, so würde sich in Europa
eine gewaltige Friedenkmft bilden, die das Asten nahe verwandte Rußland
zurückzuhalten vermöchte. Falls, wie wir hoffen, die Zentralmächte einen voll¬
ständigen Sieg erringen, so muß beim Friedensschlüsse der dominierende Gedanke
dem beständigen Frieden Europas gelten. Dazu kann man keinen anderen Weg
einschlagen als den des Sichzusammenschlteßens. Die kollektivistische Friedens¬
bewegung mag unter dem Missionsgefichtspunkte in angriffslustiger Staaten
ihren Sinn haben, aber sobald es den Frieden zu sichern gilt, taugt sie nicht.
Da kann uns nur die staatsorgcmisterte Friedensidee dem Ziele näherbringen.
Wie weit sie sich nach dem Kriege verwirklichen läßt, ist schwer zu sagen.
Dies hängt wohl hauptsächlich davon ab. ob die Lage einen großen, ver¬
einigenden Staatsmann hervorbringen kann, und von dem Ernst der Sehnsucht
nach Frieden, die der Krieg sicherlich in den kämpfenden Kulturvölkern, denen
die Aufgabe, möglichst viele Menschen niederzuschießen, in tiefster Seele fremd
ist, entstehen lassen wird. Nur der Gedanke an das Weiterbestehen des eigenen
Landes, und keineswegs Schwärmerei für den Krieg an sich, hat wohl, im
großen gesehen, die Tapferkeit auf den Schlachtfeldern hervorgebracht. Es gibt
ja nichts Größeres auf Erden, als für sein Land zu leben und zu sterben.

Die Teilung Polens war ein Fehler, der einen Pufferstaat zwischen Ru߬
land und Europa beseitigte, aber der Irrtum ist ein lehrreiches Kapitel der
Lehre einer besseren Staatskunst geworden. Die jetzt an der Ostfront gewonnenen
Siege dürften sich nicht besser als zur Errichtung eines Gürtels neuer Puffer¬
staaten — Finnland, die Ostseeprovinzen, Polen und die Ukraine — zwischen
Rußland und Europa ausnutzen lassen, und zwar im Anschlusse an einen
mitteleuropäischen Staatenbund, in dem jedes Volk Raum für sein eigenes natio¬
nales Leben hätte. Damit wäre Nußland in seine ethnographischen Grenzen
zurückgewiesen, das Nationalitätsprinzip anerkannt und ein großer Schritt in
der Richtung höherer Menschlichkeit getan. Eine größere Tat läßt sich nicht
denken als diese, die dem Geiste Deutschlands, dessen patriotische Tiefe mit
seiner universalen Misston zusammengehört, anvertraut worden ist.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/405>, abgerufen am 22.07.2024.