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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Riga in Friedenszeiten

primitive Landungssteg überschritten werden. Die Reisenden setzten -- es war
im Sommer 1912 -- ihr Gepäck einfach unter freiem Himmel auf Gottes
Erdboden nieder inmitten großer Haufen Zollgüter, während die noch
Einholen der für das Betreten der Zollstation nötigen behördlichen Erlaubnis
zahlreich herbeigeeilten Rigenser durch einen ansgerauten ruppiger Strick noch
von den Umarmungen der Ihrigen getrennt waren. Die Zollabfertigung erfolgte
rasch, ohne Schikane und ohne Erörterungen, da diese Beamten nur russisch und
die meisten der Angekommenen diese Sprache gar nicht verstanden. Bald saß
man nun in einer der kleinen, leichtgebauten Droschken mit dem für das Ein¬
steigen während der Fahrt berechneten bequemen niedrigen Trittbrett, gab dem
"Jswoschtschik" oder "Fuhrmann" das Ziel an, und fort sauste das unansehn¬
liche Pferdchen in einem bei uns bei Droschkengäulen nicht üblichen Tempo.
So sind wir bald in der vornehmen Petersburger Vorstadt, dem Wohnbezirk
meiner Gastfreunde. Er zeigt weder im Hausbau noch in der Straßenanlage
erhebliche Abweichungen von dem Vorstadtbilde einer deutschen Großstadt. Die
riede rgelegten Wälle find hier wie in anderen alten Städten in schöne, gut
gehabene Anlagen mit Springbrunnen, schattigen Spazierwegen und Ruhe¬
plätzen verwandelt. Die umkreisenden Straßen, diebreiten, sauberen Boulevards
zeigen hohe, vornehme Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, glänzende Läden,
öffentliche Gebäude. Aber trotzdem kann nicht die Meinung entstehen, daß wir
uns in einer rein deutschen Stadt aufhalten. Da fallen zunächst die mindestens
Zweisprachigen Firmenschilder, die dreisprachigen Straßenbezeichnungen an den
Ecken auf. Unter dem russischen nu?a steht Straße, darunter wieder keltisch
cela, das erinnert daran, daß in dieser Stadt drei Stämme unverschmolzen
nebeneinander wohnen, ganz abgesehen von den einen starken Prozentsatz aus¬
machenden Juden. Vor allem jedoch zeigte das Straßenleben manche fremd¬
artige Erscheinung. Die Nigaer Bürgersfrau, die zum Dünamarkte, die Kon¬
toristin, die an ihre Arbeitsstätte eilt, erinnern in ihrer Kleidung an die deutsche
Landstadt, die wir gern für rückständig erklären. Bei den Arbeiterfrauen tritt
häufig die breite Physiognomie finnischen Zuschnitts unschön aus den geschmack¬
losen dreieckigen Kopftüchern hervor. Viele Männer tragen ihre Weste über
einem bunten Hemde und die Hosen in gutsitzenden Schaftstiefeln, so auch der
schmuck uniformierte Schutzmann oder Gorodowoi. Leder ist billig in Rußland
und die Schuhwarenherstellnng daher in Blüte. Gut steht dem jungen, schlau5in
Schüler der ihm als Tracht vorgeschriebene Kittel mit dem Ledergurt darüber.
sehr auffallend sind uns Männer, deren Haar unter kleinen Hüten lang herunter¬
fließt und deren weitürmelige Gewänder frauenhaft bis zur Erde reichen. Das
sind Popen, Diener jenes uns so fremdartig anmutenden, griechisch-orthodoxen
Glaubens, dem die gewaltige Kathedrale auf der Esplanade mit ihren fünf
goldgerippten Kuppeln ebenso wie die zierliche farbenfrohe Troitzln-Kirche in
der Mitauer Vorstadt geweiht sind. Auch der armenische Teppichhändler erregt
unsere Neugier, der, die Ware offen über die Schulter geschlagen, damit hausieren
geht; nicht minder jener Herrschaftskutscher mit dem niedrigen Zylinderhut,
der die schön angeschirrten Rosse seines reichen Herrn zügelt. Sein Gesicht
'se schmal, fast mager, im übrigen gleicht er aber dem sattsam bekannten Abte,
von dem Bürger singt: "Vier Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht".
Von dem durch eine dicke Schnur vorgetäuschten Taillenschluß -- in Wahrheit
hat dieser Mann ja keine Taille -- wallt sein Rock in unförmlicher Weite
nieder und verleiht ihm das uns befremdende Aussehen. Wie erklärt es sich?
Man erzählt uns, daß der Kutscher eines vornehmen russischen Hauses auf jeden
Fall Fettleibigkeit zeigen, und sie sich also, wenn es not tut, durch Wattierung


Riga in Friedenszeiten

primitive Landungssteg überschritten werden. Die Reisenden setzten — es war
im Sommer 1912 — ihr Gepäck einfach unter freiem Himmel auf Gottes
Erdboden nieder inmitten großer Haufen Zollgüter, während die noch
Einholen der für das Betreten der Zollstation nötigen behördlichen Erlaubnis
zahlreich herbeigeeilten Rigenser durch einen ansgerauten ruppiger Strick noch
von den Umarmungen der Ihrigen getrennt waren. Die Zollabfertigung erfolgte
rasch, ohne Schikane und ohne Erörterungen, da diese Beamten nur russisch und
die meisten der Angekommenen diese Sprache gar nicht verstanden. Bald saß
man nun in einer der kleinen, leichtgebauten Droschken mit dem für das Ein¬
steigen während der Fahrt berechneten bequemen niedrigen Trittbrett, gab dem
„Jswoschtschik" oder „Fuhrmann" das Ziel an, und fort sauste das unansehn¬
liche Pferdchen in einem bei uns bei Droschkengäulen nicht üblichen Tempo.
So sind wir bald in der vornehmen Petersburger Vorstadt, dem Wohnbezirk
meiner Gastfreunde. Er zeigt weder im Hausbau noch in der Straßenanlage
erhebliche Abweichungen von dem Vorstadtbilde einer deutschen Großstadt. Die
riede rgelegten Wälle find hier wie in anderen alten Städten in schöne, gut
gehabene Anlagen mit Springbrunnen, schattigen Spazierwegen und Ruhe¬
plätzen verwandelt. Die umkreisenden Straßen, diebreiten, sauberen Boulevards
zeigen hohe, vornehme Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, glänzende Läden,
öffentliche Gebäude. Aber trotzdem kann nicht die Meinung entstehen, daß wir
uns in einer rein deutschen Stadt aufhalten. Da fallen zunächst die mindestens
Zweisprachigen Firmenschilder, die dreisprachigen Straßenbezeichnungen an den
Ecken auf. Unter dem russischen nu?a steht Straße, darunter wieder keltisch
cela, das erinnert daran, daß in dieser Stadt drei Stämme unverschmolzen
nebeneinander wohnen, ganz abgesehen von den einen starken Prozentsatz aus¬
machenden Juden. Vor allem jedoch zeigte das Straßenleben manche fremd¬
artige Erscheinung. Die Nigaer Bürgersfrau, die zum Dünamarkte, die Kon¬
toristin, die an ihre Arbeitsstätte eilt, erinnern in ihrer Kleidung an die deutsche
Landstadt, die wir gern für rückständig erklären. Bei den Arbeiterfrauen tritt
häufig die breite Physiognomie finnischen Zuschnitts unschön aus den geschmack¬
losen dreieckigen Kopftüchern hervor. Viele Männer tragen ihre Weste über
einem bunten Hemde und die Hosen in gutsitzenden Schaftstiefeln, so auch der
schmuck uniformierte Schutzmann oder Gorodowoi. Leder ist billig in Rußland
und die Schuhwarenherstellnng daher in Blüte. Gut steht dem jungen, schlau5in
Schüler der ihm als Tracht vorgeschriebene Kittel mit dem Ledergurt darüber.
sehr auffallend sind uns Männer, deren Haar unter kleinen Hüten lang herunter¬
fließt und deren weitürmelige Gewänder frauenhaft bis zur Erde reichen. Das
sind Popen, Diener jenes uns so fremdartig anmutenden, griechisch-orthodoxen
Glaubens, dem die gewaltige Kathedrale auf der Esplanade mit ihren fünf
goldgerippten Kuppeln ebenso wie die zierliche farbenfrohe Troitzln-Kirche in
der Mitauer Vorstadt geweiht sind. Auch der armenische Teppichhändler erregt
unsere Neugier, der, die Ware offen über die Schulter geschlagen, damit hausieren
geht; nicht minder jener Herrschaftskutscher mit dem niedrigen Zylinderhut,
der die schön angeschirrten Rosse seines reichen Herrn zügelt. Sein Gesicht
'se schmal, fast mager, im übrigen gleicht er aber dem sattsam bekannten Abte,
von dem Bürger singt: „Vier Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht".
Von dem durch eine dicke Schnur vorgetäuschten Taillenschluß — in Wahrheit
hat dieser Mann ja keine Taille — wallt sein Rock in unförmlicher Weite
nieder und verleiht ihm das uns befremdende Aussehen. Wie erklärt es sich?
Man erzählt uns, daß der Kutscher eines vornehmen russischen Hauses auf jeden
Fall Fettleibigkeit zeigen, und sie sich also, wenn es not tut, durch Wattierung


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[0359] Riga in Friedenszeiten primitive Landungssteg überschritten werden. Die Reisenden setzten — es war im Sommer 1912 — ihr Gepäck einfach unter freiem Himmel auf Gottes Erdboden nieder inmitten großer Haufen Zollgüter, während die noch Einholen der für das Betreten der Zollstation nötigen behördlichen Erlaubnis zahlreich herbeigeeilten Rigenser durch einen ansgerauten ruppiger Strick noch von den Umarmungen der Ihrigen getrennt waren. Die Zollabfertigung erfolgte rasch, ohne Schikane und ohne Erörterungen, da diese Beamten nur russisch und die meisten der Angekommenen diese Sprache gar nicht verstanden. Bald saß man nun in einer der kleinen, leichtgebauten Droschken mit dem für das Ein¬ steigen während der Fahrt berechneten bequemen niedrigen Trittbrett, gab dem „Jswoschtschik" oder „Fuhrmann" das Ziel an, und fort sauste das unansehn¬ liche Pferdchen in einem bei uns bei Droschkengäulen nicht üblichen Tempo. So sind wir bald in der vornehmen Petersburger Vorstadt, dem Wohnbezirk meiner Gastfreunde. Er zeigt weder im Hausbau noch in der Straßenanlage erhebliche Abweichungen von dem Vorstadtbilde einer deutschen Großstadt. Die riede rgelegten Wälle find hier wie in anderen alten Städten in schöne, gut gehabene Anlagen mit Springbrunnen, schattigen Spazierwegen und Ruhe¬ plätzen verwandelt. Die umkreisenden Straßen, diebreiten, sauberen Boulevards zeigen hohe, vornehme Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, glänzende Läden, öffentliche Gebäude. Aber trotzdem kann nicht die Meinung entstehen, daß wir uns in einer rein deutschen Stadt aufhalten. Da fallen zunächst die mindestens Zweisprachigen Firmenschilder, die dreisprachigen Straßenbezeichnungen an den Ecken auf. Unter dem russischen nu?a steht Straße, darunter wieder keltisch cela, das erinnert daran, daß in dieser Stadt drei Stämme unverschmolzen nebeneinander wohnen, ganz abgesehen von den einen starken Prozentsatz aus¬ machenden Juden. Vor allem jedoch zeigte das Straßenleben manche fremd¬ artige Erscheinung. Die Nigaer Bürgersfrau, die zum Dünamarkte, die Kon¬ toristin, die an ihre Arbeitsstätte eilt, erinnern in ihrer Kleidung an die deutsche Landstadt, die wir gern für rückständig erklären. Bei den Arbeiterfrauen tritt häufig die breite Physiognomie finnischen Zuschnitts unschön aus den geschmack¬ losen dreieckigen Kopftüchern hervor. Viele Männer tragen ihre Weste über einem bunten Hemde und die Hosen in gutsitzenden Schaftstiefeln, so auch der schmuck uniformierte Schutzmann oder Gorodowoi. Leder ist billig in Rußland und die Schuhwarenherstellnng daher in Blüte. Gut steht dem jungen, schlau5in Schüler der ihm als Tracht vorgeschriebene Kittel mit dem Ledergurt darüber. sehr auffallend sind uns Männer, deren Haar unter kleinen Hüten lang herunter¬ fließt und deren weitürmelige Gewänder frauenhaft bis zur Erde reichen. Das sind Popen, Diener jenes uns so fremdartig anmutenden, griechisch-orthodoxen Glaubens, dem die gewaltige Kathedrale auf der Esplanade mit ihren fünf goldgerippten Kuppeln ebenso wie die zierliche farbenfrohe Troitzln-Kirche in der Mitauer Vorstadt geweiht sind. Auch der armenische Teppichhändler erregt unsere Neugier, der, die Ware offen über die Schulter geschlagen, damit hausieren geht; nicht minder jener Herrschaftskutscher mit dem niedrigen Zylinderhut, der die schön angeschirrten Rosse seines reichen Herrn zügelt. Sein Gesicht 'se schmal, fast mager, im übrigen gleicht er aber dem sattsam bekannten Abte, von dem Bürger singt: „Vier Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht". Von dem durch eine dicke Schnur vorgetäuschten Taillenschluß — in Wahrheit hat dieser Mann ja keine Taille — wallt sein Rock in unförmlicher Weite nieder und verleiht ihm das uns befremdende Aussehen. Wie erklärt es sich? Man erzählt uns, daß der Kutscher eines vornehmen russischen Hauses auf jeden Fall Fettleibigkeit zeigen, und sie sich also, wenn es not tut, durch Wattierung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/359>, abgerufen am 01.07.2024.