Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.Der Dichterheld von Przcmysl Alexandra, du mein Weib in Tränen, Wie nach meinem Kuß magst du dich sehnen, Seit mich Zaren-Mas dir entrissen! Alexandra, präg's dir ins Gewissen: Küssen sollst du unsern lieben Jungen, Halt' ihn du für mich im Kuß umschlungen I Heißern Kuß sollst du ihm morgen geben -- Morgen wird kein Vater mehr ihm leben. Dann mußt du den Vater ihm ersetzen, Weil sie in die Todesschlacht uns Hetzen. Gräber schaufeln wir---weint, Frau'n und Mütter! Morgen Hetzen uns die Knutenritter. Alexandra, Weib voll Leid und Wehe, Die ich erst im Himmel wiedersehe, Bis zum Morgen muß ich graben, graben, Daß ein Bett die toten Brüder haben. Drüben reizt Musik und Wein die Lassen, Doch der Morgen, Weib, ruft zu den Waffen -- Wild ins mörderische Schlachtgewitter Hetze uns dann der trunkne Knutenritter. Alexandra, Weib voll Weh und Jammer, Such' im Himmel unsere Ehekammer. Unsrer Erdenliebe Pfand, den Kleinen, Hull' ins letzte Lumpenstück von Leinen, Das Zar-Väterchen uns noch gelassen: Geh zu frohem Ziel dann deine Gassen. Geh du zum Dnjestr, leise, leise -- Schlag' ein Loch dort aus dem harten Eise. Todeswellen werden sanft euch grüßen . . . Druck' ans Herz den Lieben, Kleinen, Süßen! Druck' ans Herz ihn und gedenke meiner, -- Soll auch er so leiden? Wieder einer, Dem die Erde wird zur Sklavenhölle? Tauchet unter in des Stromes Welle! Wär's die Hölle -- uns erscheint's ein Eden! Denn kein Satan kündet all und jeden. Und uns strahlt des Wiedersehens Gnade. . . . Morgen bin ich auch schon auf dem Pfade . . . Gyonis Gedichte wurden noch während der Belagerung in Przemvsl gedruckt Der Dichterheld von Przcmysl Alexandra, du mein Weib in Tränen, Wie nach meinem Kuß magst du dich sehnen, Seit mich Zaren-Mas dir entrissen! Alexandra, präg's dir ins Gewissen: Küssen sollst du unsern lieben Jungen, Halt' ihn du für mich im Kuß umschlungen I Heißern Kuß sollst du ihm morgen geben — Morgen wird kein Vater mehr ihm leben. Dann mußt du den Vater ihm ersetzen, Weil sie in die Todesschlacht uns Hetzen. Gräber schaufeln wir---weint, Frau'n und Mütter! Morgen Hetzen uns die Knutenritter. Alexandra, Weib voll Leid und Wehe, Die ich erst im Himmel wiedersehe, Bis zum Morgen muß ich graben, graben, Daß ein Bett die toten Brüder haben. Drüben reizt Musik und Wein die Lassen, Doch der Morgen, Weib, ruft zu den Waffen — Wild ins mörderische Schlachtgewitter Hetze uns dann der trunkne Knutenritter. Alexandra, Weib voll Weh und Jammer, Such' im Himmel unsere Ehekammer. Unsrer Erdenliebe Pfand, den Kleinen, Hull' ins letzte Lumpenstück von Leinen, Das Zar-Väterchen uns noch gelassen: Geh zu frohem Ziel dann deine Gassen. Geh du zum Dnjestr, leise, leise — Schlag' ein Loch dort aus dem harten Eise. Todeswellen werden sanft euch grüßen . . . Druck' ans Herz den Lieben, Kleinen, Süßen! Druck' ans Herz ihn und gedenke meiner, — Soll auch er so leiden? Wieder einer, Dem die Erde wird zur Sklavenhölle? Tauchet unter in des Stromes Welle! Wär's die Hölle — uns erscheint's ein Eden! Denn kein Satan kündet all und jeden. Und uns strahlt des Wiedersehens Gnade. . . . Morgen bin ich auch schon auf dem Pfade . . . 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Der Dichterheld von Przcmysl
Alexandra, du mein Weib in Tränen,
Wie nach meinem Kuß magst du dich sehnen,
Seit mich Zaren-Mas dir entrissen!
Alexandra, präg's dir ins Gewissen:
Küssen sollst du unsern lieben Jungen,
Halt' ihn du für mich im Kuß umschlungen I Heißern Kuß sollst du ihm morgen geben —
Morgen wird kein Vater mehr ihm leben.
Dann mußt du den Vater ihm ersetzen,
Weil sie in die Todesschlacht uns Hetzen.
Gräber schaufeln wir---weint, Frau'n und Mütter!
Morgen Hetzen uns die Knutenritter. Alexandra, Weib voll Leid und Wehe,
Die ich erst im Himmel wiedersehe,
Bis zum Morgen muß ich graben, graben,
Daß ein Bett die toten Brüder haben.
Drüben reizt Musik und Wein die Lassen,
Doch der Morgen, Weib, ruft zu den Waffen —
Wild ins mörderische Schlachtgewitter
Hetze uns dann der trunkne Knutenritter. Alexandra, Weib voll Weh und Jammer,
Such' im Himmel unsere Ehekammer.
Unsrer Erdenliebe Pfand, den Kleinen,
Hull' ins letzte Lumpenstück von Leinen,
Das Zar-Väterchen uns noch gelassen:
Geh zu frohem Ziel dann deine Gassen. Geh du zum Dnjestr, leise, leise —
Schlag' ein Loch dort aus dem harten Eise.
Todeswellen werden sanft euch grüßen . . .
Druck' ans Herz den Lieben, Kleinen, Süßen! Druck' ans Herz ihn und gedenke meiner,
— Soll auch er so leiden? Wieder einer,
Dem die Erde wird zur Sklavenhölle?
Tauchet unter in des Stromes Welle! Wär's die Hölle — uns erscheint's ein Eden!
Denn kein Satan kündet all und jeden.
Und uns strahlt des Wiedersehens Gnade. . . . Morgen bin ich auch schon auf dem Pfade . . .
Gyonis Gedichte wurden noch während der Belagerung in Przemvsl gedruckt
und fanden so stürmische Aufnahme, daß schon im Februar 1915 die zehnte
Auflage erscheinen konnte. Der Dichter bestimmte einen Teil des Honorars für
die ersten zehntausend Exemplare, 5000 Kronen, zu wohltätigen Zwecken für die
leidenden Kameraden und Armen der Stadt. Vereinzelte Exemplare wurden
im Fliegerverkehr aus der Festung geschmuggelt. Budapester Zeitungen brachten
die ersten Gedichte daraus zur allgemeinen Kenntnis.
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