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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges

Artikel, worin er erneut den Vorschlag machte, auf die Verwendung von Untersee¬
booten zu verzichten. "Es erscheint dringend wünschenswert," so führte der
deutsche Fachmann damals aus, "daß die verschiedenen Friedensgesellschaften mit
den Fährnissen der Unterseeboote sich eingehend vertraut machen und erwägen,
ob nicht die Abschaffung der Unterseeboote für Kriegszwecke zu einer grünt"
faßlichen Forderung wiederum zu erheben wäre. Die Forderung dürfte um so
eher allgemeine Anerkennung finden, als für sie der Umstand von höchster
Bedeutung ist, daß die Kriegsmächtigkeit der rivalisierenden Flotten der großen
Seemächte durch die Existenz oder Ntchtexistenz der Unterseeboote nicht beeinflußt
wird." Weiter betonte der Verfasser jenes Artikels: es mache für die Leistungs¬
fähigkeit der Mariner nichts aus, ob die englische fünfzig, die französische
hundert und die deutsche zehn solcher Fahrzeuge ihr eigen nenne; daraus könne
man lediglich einen Schluß darauf ziehen, welches Altmaterial demnächst auf
den Werften der betreffenden Marine zur Verfügung stehen werde; über die
relativ hohe Gefährlichkeit der Unterseeboote für moderne Kriegsschiffe dürfte
bald internationale Einigkeit erzielt werden, wenn die Eitelkeit der Erfinder,
die Eifersucht der beteiligten Staats- und Privatwerke und Ehrgeiz sowie
Gewinnsucht der unmittelbar Interessierten aus dem entscheidenden Rate aus¬
geschlossen würden. Widerstände seien allerdings von den Marineverwaltungen
zu erwarten, die jahrelang so hohe Summen vergeudet hätten. Das inter¬
nationale Verbot der Unterseeboote für Kriegszwecke werde daher überall
energisch im Interesse der Menschlichkeit und der Verminderung überflüssiger
Ausgaben für Rüstungen zu fordern sein.

So glaubte man durch das Verbot dieser Waffe für eine Verminderung
der Kriegsausgaben zu wirken. Nach den Erfahrungen dieses Krieges steht
wohl fest, daß gerade die große Vervollkommnung der Unterseeboote im Sinne
einer Beschränkung der Rüstungsausgaben liegt. Denn infolge der Gefährlichkeit
der neuen Waffe haben die großen Panzerkreuzer nicht mehr den Wert wie
früher, und man wird künftighin den Erfordernissen der Landesverteidigung
gerecht werden können, wenn man weniger Großkampfschiffe und mehr Tauch¬
boote baut. Freilich muß abgewartet werden, ob nicht neue Erfindungen, etwa
zur Abwehr der Unterseeboote, wiederum neue Veränderungen hervorrufen.

Eine weitere Bedeutung haben die Erfolge der Unterseeboote für die
Humanisierung des Seekriegsrechts. Was alle Aufsätze über die Notwendigkeit
der Beseitigung des Seebeuterechts nicht zustande bringen konnten, hat jetzt der
Tauchbootkrieg vermocht. Er hat gezeigt, daß England den sichersten Schutz
für seinen Außenhandel im Kriege nicht in seiner eigenen Flotte suchen darf,
fondern lediglich in einer Reform des Seekriegsrechts, gegen die es sich bisher
hartnäckig gesträubt hat. Es ist höchstwahrscheinlich, daß nach Beendigung des
Krieges unter deutscher Führung die Freiheit der Meere durchgeführt wird.

So war es sicherlich ein Glück, daß der Versuch, den Tauchbootkrieg zu ver¬
bieten, im Jahre 1899 gescheitert ist und später nicht wieder aufgenommen wurde.




versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges

Artikel, worin er erneut den Vorschlag machte, auf die Verwendung von Untersee¬
booten zu verzichten. „Es erscheint dringend wünschenswert," so führte der
deutsche Fachmann damals aus, „daß die verschiedenen Friedensgesellschaften mit
den Fährnissen der Unterseeboote sich eingehend vertraut machen und erwägen,
ob nicht die Abschaffung der Unterseeboote für Kriegszwecke zu einer grünt«
faßlichen Forderung wiederum zu erheben wäre. Die Forderung dürfte um so
eher allgemeine Anerkennung finden, als für sie der Umstand von höchster
Bedeutung ist, daß die Kriegsmächtigkeit der rivalisierenden Flotten der großen
Seemächte durch die Existenz oder Ntchtexistenz der Unterseeboote nicht beeinflußt
wird." Weiter betonte der Verfasser jenes Artikels: es mache für die Leistungs¬
fähigkeit der Mariner nichts aus, ob die englische fünfzig, die französische
hundert und die deutsche zehn solcher Fahrzeuge ihr eigen nenne; daraus könne
man lediglich einen Schluß darauf ziehen, welches Altmaterial demnächst auf
den Werften der betreffenden Marine zur Verfügung stehen werde; über die
relativ hohe Gefährlichkeit der Unterseeboote für moderne Kriegsschiffe dürfte
bald internationale Einigkeit erzielt werden, wenn die Eitelkeit der Erfinder,
die Eifersucht der beteiligten Staats- und Privatwerke und Ehrgeiz sowie
Gewinnsucht der unmittelbar Interessierten aus dem entscheidenden Rate aus¬
geschlossen würden. Widerstände seien allerdings von den Marineverwaltungen
zu erwarten, die jahrelang so hohe Summen vergeudet hätten. Das inter¬
nationale Verbot der Unterseeboote für Kriegszwecke werde daher überall
energisch im Interesse der Menschlichkeit und der Verminderung überflüssiger
Ausgaben für Rüstungen zu fordern sein.

So glaubte man durch das Verbot dieser Waffe für eine Verminderung
der Kriegsausgaben zu wirken. Nach den Erfahrungen dieses Krieges steht
wohl fest, daß gerade die große Vervollkommnung der Unterseeboote im Sinne
einer Beschränkung der Rüstungsausgaben liegt. Denn infolge der Gefährlichkeit
der neuen Waffe haben die großen Panzerkreuzer nicht mehr den Wert wie
früher, und man wird künftighin den Erfordernissen der Landesverteidigung
gerecht werden können, wenn man weniger Großkampfschiffe und mehr Tauch¬
boote baut. Freilich muß abgewartet werden, ob nicht neue Erfindungen, etwa
zur Abwehr der Unterseeboote, wiederum neue Veränderungen hervorrufen.

Eine weitere Bedeutung haben die Erfolge der Unterseeboote für die
Humanisierung des Seekriegsrechts. Was alle Aufsätze über die Notwendigkeit
der Beseitigung des Seebeuterechts nicht zustande bringen konnten, hat jetzt der
Tauchbootkrieg vermocht. Er hat gezeigt, daß England den sichersten Schutz
für seinen Außenhandel im Kriege nicht in seiner eigenen Flotte suchen darf,
fondern lediglich in einer Reform des Seekriegsrechts, gegen die es sich bisher
hartnäckig gesträubt hat. Es ist höchstwahrscheinlich, daß nach Beendigung des
Krieges unter deutscher Führung die Freiheit der Meere durchgeführt wird.

So war es sicherlich ein Glück, daß der Versuch, den Tauchbootkrieg zu ver¬
bieten, im Jahre 1899 gescheitert ist und später nicht wieder aufgenommen wurde.




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[0166] versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges Artikel, worin er erneut den Vorschlag machte, auf die Verwendung von Untersee¬ booten zu verzichten. „Es erscheint dringend wünschenswert," so führte der deutsche Fachmann damals aus, „daß die verschiedenen Friedensgesellschaften mit den Fährnissen der Unterseeboote sich eingehend vertraut machen und erwägen, ob nicht die Abschaffung der Unterseeboote für Kriegszwecke zu einer grünt« faßlichen Forderung wiederum zu erheben wäre. Die Forderung dürfte um so eher allgemeine Anerkennung finden, als für sie der Umstand von höchster Bedeutung ist, daß die Kriegsmächtigkeit der rivalisierenden Flotten der großen Seemächte durch die Existenz oder Ntchtexistenz der Unterseeboote nicht beeinflußt wird." Weiter betonte der Verfasser jenes Artikels: es mache für die Leistungs¬ fähigkeit der Mariner nichts aus, ob die englische fünfzig, die französische hundert und die deutsche zehn solcher Fahrzeuge ihr eigen nenne; daraus könne man lediglich einen Schluß darauf ziehen, welches Altmaterial demnächst auf den Werften der betreffenden Marine zur Verfügung stehen werde; über die relativ hohe Gefährlichkeit der Unterseeboote für moderne Kriegsschiffe dürfte bald internationale Einigkeit erzielt werden, wenn die Eitelkeit der Erfinder, die Eifersucht der beteiligten Staats- und Privatwerke und Ehrgeiz sowie Gewinnsucht der unmittelbar Interessierten aus dem entscheidenden Rate aus¬ geschlossen würden. Widerstände seien allerdings von den Marineverwaltungen zu erwarten, die jahrelang so hohe Summen vergeudet hätten. Das inter¬ nationale Verbot der Unterseeboote für Kriegszwecke werde daher überall energisch im Interesse der Menschlichkeit und der Verminderung überflüssiger Ausgaben für Rüstungen zu fordern sein. So glaubte man durch das Verbot dieser Waffe für eine Verminderung der Kriegsausgaben zu wirken. Nach den Erfahrungen dieses Krieges steht wohl fest, daß gerade die große Vervollkommnung der Unterseeboote im Sinne einer Beschränkung der Rüstungsausgaben liegt. Denn infolge der Gefährlichkeit der neuen Waffe haben die großen Panzerkreuzer nicht mehr den Wert wie früher, und man wird künftighin den Erfordernissen der Landesverteidigung gerecht werden können, wenn man weniger Großkampfschiffe und mehr Tauch¬ boote baut. Freilich muß abgewartet werden, ob nicht neue Erfindungen, etwa zur Abwehr der Unterseeboote, wiederum neue Veränderungen hervorrufen. Eine weitere Bedeutung haben die Erfolge der Unterseeboote für die Humanisierung des Seekriegsrechts. Was alle Aufsätze über die Notwendigkeit der Beseitigung des Seebeuterechts nicht zustande bringen konnten, hat jetzt der Tauchbootkrieg vermocht. Er hat gezeigt, daß England den sichersten Schutz für seinen Außenhandel im Kriege nicht in seiner eigenen Flotte suchen darf, fondern lediglich in einer Reform des Seekriegsrechts, gegen die es sich bisher hartnäckig gesträubt hat. Es ist höchstwahrscheinlich, daß nach Beendigung des Krieges unter deutscher Führung die Freiheit der Meere durchgeführt wird. So war es sicherlich ein Glück, daß der Versuch, den Tauchbootkrieg zu ver¬ bieten, im Jahre 1899 gescheitert ist und später nicht wieder aufgenommen wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/166>, abgerufen am 03.07.2024.