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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Rriegslitercitur

dem Ergebnis, daß dieser grausame Krieg doch wenigstens so viel Gutes zur
Folge haben wird, daß sich England künftighin nicht mehr dem Fortschritte
des Seerechts in den Weg stellen, vielmehr für dieses eintreten wird, weil es
jetzt in demselben Netze zappelt, das es früher stets mit so großem Erfolg
auswarf, um andere darin zu fangen. Eine andere streng wissenschaftliche
Arbeit auf diesem Gebiete ist das kürzlich bei Guttentag (Berlin) erschienene
Buch des bekannten Greifswalder Bölkerrechtslehrers Professor Dr. Heinrich Pohl:
"England und die Londoner Deklaration", in dem Pohl den Nachweis führt,
daß England tatsächlich gerade die wichtigsten Bestimmungen dieser Deklaration,
nämlich das Konterbande- und Blockaderecht, ohne jede Rücksichtnahme auf
neutrale Interessen außer Kraft gesetzt hat. Besonders dankenswert ist bei dem
Pohlschen Buche der reiche Anhang, der unter anderen zum ersten Male die Texte
der seit Kriegsbeginn ergangenen englischen Proklamationen und Orders enthält. --

Zum Schlüsse seien noch einige kleine Schriften genannt, die mancherlei
Interessantes enthalten. Unter dem Titel: "Irland und England" (Verlag Cohen
in Bonn) gibt Thurneysen einen kurzen klaren Überblick über die Entwicklung des
irischen Problems, über die grausame Unterdrückung der "grünen Insel" durch
England und die allmähliche Besserung ihres Schicksals im Laufe des neunzehnten
Jahrhunderts. -- Eine aus der Feder Paul Dehns herrührende Schrift über
"England und die Vereinigten Staaten" bildet das erste Heft einer höchst inter¬
essanten Schriftenreihe: "England und die Völker", die von Paul Dehn und
Albert Zimmermann im Verlage der "Deutschnationalen Buchhandlung G.in.b.H."
in Hamburg herausgegeben wird. Dehn schildert, wie England stets der Feind der
Vereinigten Staaten von Amerika gewesen ist, so daß man sich eigentlich wundern
muß, wie man jenseits des Ozeans noch soviel Sympathie für die Verbündeten
haben kann, und daß man in der Union nicht anerkennt, daß England nach Über¬
windung des Deutschen Reiches seine ganze Aufmerksamkeit den Vereinigten Staaten
und ihrer Flotte zuwenden würde, um dieser dann das gleiche Schicksal zu bereiten.

Von Schriften neutraler Autoren sei die des Schweizers Sidler-Brunner:
"Englische Politik in neutraler Beleuchtung" (Verlag A. Francke, Bern) erwähnt,
die ausführt, beide Staaten, sowohl England als Deutschland, hätten ihre
Fehler, und der ganze Gegensatz rühre nur daher, daß die Völker einander
nicht verständen. Daß wir Deutsche unser Bestes getan haben, um zu einer
Verständigung mit England zu gelangen, wird billigerweise wohl niemand zu
bezweifeln wagen: leider aber haben wir auf der anderen Seite des Kanals
nicht dasselbe Entgegenkommen gefunden, das wir erwarten durften. Mögen
auch drüben zahlreiche Freunde einer Verständigung vorhanden gewesen sein,
ihr Einfluß war nicht stark genug, um das Ränkesviel und die Einkreisungs¬
politik Eduards des Siebenten und seiner Helfershelfer zunichte machen zu
können, und um mit Deutschland'zu einer Verständigung zu gelangen. So
müssen wir denn mit den Waffen in der Hand jene Verständigung erzwingen, die
auf friedlichem Wege zu erreichen wir uns redlich, aber vergeblich bemüht haben.




Rriegslitercitur

dem Ergebnis, daß dieser grausame Krieg doch wenigstens so viel Gutes zur
Folge haben wird, daß sich England künftighin nicht mehr dem Fortschritte
des Seerechts in den Weg stellen, vielmehr für dieses eintreten wird, weil es
jetzt in demselben Netze zappelt, das es früher stets mit so großem Erfolg
auswarf, um andere darin zu fangen. Eine andere streng wissenschaftliche
Arbeit auf diesem Gebiete ist das kürzlich bei Guttentag (Berlin) erschienene
Buch des bekannten Greifswalder Bölkerrechtslehrers Professor Dr. Heinrich Pohl:
„England und die Londoner Deklaration", in dem Pohl den Nachweis führt,
daß England tatsächlich gerade die wichtigsten Bestimmungen dieser Deklaration,
nämlich das Konterbande- und Blockaderecht, ohne jede Rücksichtnahme auf
neutrale Interessen außer Kraft gesetzt hat. Besonders dankenswert ist bei dem
Pohlschen Buche der reiche Anhang, der unter anderen zum ersten Male die Texte
der seit Kriegsbeginn ergangenen englischen Proklamationen und Orders enthält. —

Zum Schlüsse seien noch einige kleine Schriften genannt, die mancherlei
Interessantes enthalten. Unter dem Titel: „Irland und England" (Verlag Cohen
in Bonn) gibt Thurneysen einen kurzen klaren Überblick über die Entwicklung des
irischen Problems, über die grausame Unterdrückung der „grünen Insel" durch
England und die allmähliche Besserung ihres Schicksals im Laufe des neunzehnten
Jahrhunderts. — Eine aus der Feder Paul Dehns herrührende Schrift über
„England und die Vereinigten Staaten" bildet das erste Heft einer höchst inter¬
essanten Schriftenreihe: „England und die Völker", die von Paul Dehn und
Albert Zimmermann im Verlage der „Deutschnationalen Buchhandlung G.in.b.H."
in Hamburg herausgegeben wird. Dehn schildert, wie England stets der Feind der
Vereinigten Staaten von Amerika gewesen ist, so daß man sich eigentlich wundern
muß, wie man jenseits des Ozeans noch soviel Sympathie für die Verbündeten
haben kann, und daß man in der Union nicht anerkennt, daß England nach Über¬
windung des Deutschen Reiches seine ganze Aufmerksamkeit den Vereinigten Staaten
und ihrer Flotte zuwenden würde, um dieser dann das gleiche Schicksal zu bereiten.

Von Schriften neutraler Autoren sei die des Schweizers Sidler-Brunner:
„Englische Politik in neutraler Beleuchtung" (Verlag A. Francke, Bern) erwähnt,
die ausführt, beide Staaten, sowohl England als Deutschland, hätten ihre
Fehler, und der ganze Gegensatz rühre nur daher, daß die Völker einander
nicht verständen. Daß wir Deutsche unser Bestes getan haben, um zu einer
Verständigung mit England zu gelangen, wird billigerweise wohl niemand zu
bezweifeln wagen: leider aber haben wir auf der anderen Seite des Kanals
nicht dasselbe Entgegenkommen gefunden, das wir erwarten durften. Mögen
auch drüben zahlreiche Freunde einer Verständigung vorhanden gewesen sein,
ihr Einfluß war nicht stark genug, um das Ränkesviel und die Einkreisungs¬
politik Eduards des Siebenten und seiner Helfershelfer zunichte machen zu
können, und um mit Deutschland'zu einer Verständigung zu gelangen. So
müssen wir denn mit den Waffen in der Hand jene Verständigung erzwingen, die
auf friedlichem Wege zu erreichen wir uns redlich, aber vergeblich bemüht haben.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/103>, abgerufen am 25.08.2024.