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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Ariegsliteratur

den jeweiligen Erfordernissen anzupassen, und wie es stets das Streben der
leitenden Staatsmänner gewesen ist, die "treibende Kraft" des englischen Ein¬
flusses der Welt zu verbergen. Abgesehen von der oben erwähnten Schärfe
an manchen Stellen ist aber auch dieses Reventlowsche Buch, ebenso wie sein
im vergangenen Jahre erschienenes Werk "Deutschlands Auswärtige Politik"
äußerst interessant geschrieben und hat anscheinend auch im Publikum gute
Aufnahme gefunden, wie man aus der Tatsache entnehmen kann, daß der
Verlag bereits nach kurzer Zeit die vierte Auflage des Buches erscheinen lassen
konnte. Erwähnt sei noch, daß eine Broschüre Reventlows, die in knapperer
Form dasselbe Thema behandelt wie das eben genannte Buch, in der von
Ernst Jacks herausgegebenen Sammlung "Der deutsche Krieg" unter dem
Titel: "England, der Feind" erschienen ist. Auch in diesem Heftchen führt
der Verfasser aus, daß England derjenige unter unseren Feinden ist, durch
dessen Niederringung allein für Deutschland eine Zeit dauernden Friedens
erreicht werden kann, daß, solange England Deutschlands Gleichberechtigung
nicht voll und ganz anerkennt, jeder Friede doch nur ein Waffenstillstand sein
würde, der früher oder später wieder zum Kampfe mit den Waffen führen müßte.

Einen wertvollen Beitrag zur Kriegsliteratur über England bieten die im
Heft 11 der Sammlung "Deutsche Kriegsschriften" (A. Marcus u. E. Webers
Verlag, Bonn) in Buchform veröffentlichten Aufsätze von Arnold Schwer:
"Zur Charakterisierung der Engländer." Der Verfasser sucht aus der Geschichte,
aus der geographischen Abgeschlossenheit Englands und aus der Erziehung des
einzelnen jene Züge des englischen Volkscharakters zu erklären, die dem ober¬
flächlichen Beobachter am Engländer so unangenehm auffallen, vor allem den
Egoismus. Mit Recht hebt jedoch Schröer, dessen Ausführungen sich einer
wohltuender Objektivität befleißigen, hervor, man dürfe das englische Volk und
die englische Politik nicht identifizieren, welch letztere von jeher "grundsätzlich
eine Politik rücksichtslosen, nationalen Egoismus, ihr Mittel jede Hinterlist, die
nur denkbar", gewesen ist. Jedenfalls kann dieses kleine Büchlein allen, die
sich für die "englische Frage" interessieren, aufs wärmste empfohlen werden.

Von Arbeiten über das Verhältnis Englands zu Deutschland vom volks¬
wirtschaftlichen Standpunkt aus sind zunächst die beiden kurzen, aber interessanten
Schriften von Hermann Loses: "Englands Schwäche und Deutschlands Stärke"
(Heft 10 der Sammlung "Der deutsche Krieg") und von W. Wygodzinski:
"Der englische Handelskrieg" (Verlag von Fr. Cohen, Bonn) zu nennen, worin
treffend ausgeführt wird, daß Deutschland auch sein wirtschaftliches Wachstum
jenem Geiste der Disziplin und Organisation verdankt, der sich in allen Zweigen
des deutschen Lebens zeigt und sich im jetzigen Kriege so glänzend bewährt
hat. Besondere Erwähnung verdient weiterhin eine Broschüre vom Präsidenten
des Hansabundes Dr. Riesser, betitelt "England und wir" (Heft 8 der Sammlung
"Zwischen Krieg und Frieden". Verlag Hirzel, Leipzig), die bereits in zweiter
vermehrter und verbesserter Auflage vorliegt. Nach einem kurzen Überblick


Ariegsliteratur

den jeweiligen Erfordernissen anzupassen, und wie es stets das Streben der
leitenden Staatsmänner gewesen ist, die „treibende Kraft" des englischen Ein¬
flusses der Welt zu verbergen. Abgesehen von der oben erwähnten Schärfe
an manchen Stellen ist aber auch dieses Reventlowsche Buch, ebenso wie sein
im vergangenen Jahre erschienenes Werk „Deutschlands Auswärtige Politik"
äußerst interessant geschrieben und hat anscheinend auch im Publikum gute
Aufnahme gefunden, wie man aus der Tatsache entnehmen kann, daß der
Verlag bereits nach kurzer Zeit die vierte Auflage des Buches erscheinen lassen
konnte. Erwähnt sei noch, daß eine Broschüre Reventlows, die in knapperer
Form dasselbe Thema behandelt wie das eben genannte Buch, in der von
Ernst Jacks herausgegebenen Sammlung „Der deutsche Krieg" unter dem
Titel: „England, der Feind" erschienen ist. Auch in diesem Heftchen führt
der Verfasser aus, daß England derjenige unter unseren Feinden ist, durch
dessen Niederringung allein für Deutschland eine Zeit dauernden Friedens
erreicht werden kann, daß, solange England Deutschlands Gleichberechtigung
nicht voll und ganz anerkennt, jeder Friede doch nur ein Waffenstillstand sein
würde, der früher oder später wieder zum Kampfe mit den Waffen führen müßte.

Einen wertvollen Beitrag zur Kriegsliteratur über England bieten die im
Heft 11 der Sammlung „Deutsche Kriegsschriften" (A. Marcus u. E. Webers
Verlag, Bonn) in Buchform veröffentlichten Aufsätze von Arnold Schwer:
„Zur Charakterisierung der Engländer." Der Verfasser sucht aus der Geschichte,
aus der geographischen Abgeschlossenheit Englands und aus der Erziehung des
einzelnen jene Züge des englischen Volkscharakters zu erklären, die dem ober¬
flächlichen Beobachter am Engländer so unangenehm auffallen, vor allem den
Egoismus. Mit Recht hebt jedoch Schröer, dessen Ausführungen sich einer
wohltuender Objektivität befleißigen, hervor, man dürfe das englische Volk und
die englische Politik nicht identifizieren, welch letztere von jeher „grundsätzlich
eine Politik rücksichtslosen, nationalen Egoismus, ihr Mittel jede Hinterlist, die
nur denkbar", gewesen ist. Jedenfalls kann dieses kleine Büchlein allen, die
sich für die „englische Frage" interessieren, aufs wärmste empfohlen werden.

Von Arbeiten über das Verhältnis Englands zu Deutschland vom volks¬
wirtschaftlichen Standpunkt aus sind zunächst die beiden kurzen, aber interessanten
Schriften von Hermann Loses: „Englands Schwäche und Deutschlands Stärke"
(Heft 10 der Sammlung „Der deutsche Krieg") und von W. Wygodzinski:
„Der englische Handelskrieg" (Verlag von Fr. Cohen, Bonn) zu nennen, worin
treffend ausgeführt wird, daß Deutschland auch sein wirtschaftliches Wachstum
jenem Geiste der Disziplin und Organisation verdankt, der sich in allen Zweigen
des deutschen Lebens zeigt und sich im jetzigen Kriege so glänzend bewährt
hat. Besondere Erwähnung verdient weiterhin eine Broschüre vom Präsidenten
des Hansabundes Dr. Riesser, betitelt „England und wir" (Heft 8 der Sammlung
„Zwischen Krieg und Frieden". Verlag Hirzel, Leipzig), die bereits in zweiter
vermehrter und verbesserter Auflage vorliegt. Nach einem kurzen Überblick


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[0101] Ariegsliteratur den jeweiligen Erfordernissen anzupassen, und wie es stets das Streben der leitenden Staatsmänner gewesen ist, die „treibende Kraft" des englischen Ein¬ flusses der Welt zu verbergen. Abgesehen von der oben erwähnten Schärfe an manchen Stellen ist aber auch dieses Reventlowsche Buch, ebenso wie sein im vergangenen Jahre erschienenes Werk „Deutschlands Auswärtige Politik" äußerst interessant geschrieben und hat anscheinend auch im Publikum gute Aufnahme gefunden, wie man aus der Tatsache entnehmen kann, daß der Verlag bereits nach kurzer Zeit die vierte Auflage des Buches erscheinen lassen konnte. Erwähnt sei noch, daß eine Broschüre Reventlows, die in knapperer Form dasselbe Thema behandelt wie das eben genannte Buch, in der von Ernst Jacks herausgegebenen Sammlung „Der deutsche Krieg" unter dem Titel: „England, der Feind" erschienen ist. Auch in diesem Heftchen führt der Verfasser aus, daß England derjenige unter unseren Feinden ist, durch dessen Niederringung allein für Deutschland eine Zeit dauernden Friedens erreicht werden kann, daß, solange England Deutschlands Gleichberechtigung nicht voll und ganz anerkennt, jeder Friede doch nur ein Waffenstillstand sein würde, der früher oder später wieder zum Kampfe mit den Waffen führen müßte. Einen wertvollen Beitrag zur Kriegsliteratur über England bieten die im Heft 11 der Sammlung „Deutsche Kriegsschriften" (A. Marcus u. E. Webers Verlag, Bonn) in Buchform veröffentlichten Aufsätze von Arnold Schwer: „Zur Charakterisierung der Engländer." Der Verfasser sucht aus der Geschichte, aus der geographischen Abgeschlossenheit Englands und aus der Erziehung des einzelnen jene Züge des englischen Volkscharakters zu erklären, die dem ober¬ flächlichen Beobachter am Engländer so unangenehm auffallen, vor allem den Egoismus. Mit Recht hebt jedoch Schröer, dessen Ausführungen sich einer wohltuender Objektivität befleißigen, hervor, man dürfe das englische Volk und die englische Politik nicht identifizieren, welch letztere von jeher „grundsätzlich eine Politik rücksichtslosen, nationalen Egoismus, ihr Mittel jede Hinterlist, die nur denkbar", gewesen ist. Jedenfalls kann dieses kleine Büchlein allen, die sich für die „englische Frage" interessieren, aufs wärmste empfohlen werden. Von Arbeiten über das Verhältnis Englands zu Deutschland vom volks¬ wirtschaftlichen Standpunkt aus sind zunächst die beiden kurzen, aber interessanten Schriften von Hermann Loses: „Englands Schwäche und Deutschlands Stärke" (Heft 10 der Sammlung „Der deutsche Krieg") und von W. Wygodzinski: „Der englische Handelskrieg" (Verlag von Fr. Cohen, Bonn) zu nennen, worin treffend ausgeführt wird, daß Deutschland auch sein wirtschaftliches Wachstum jenem Geiste der Disziplin und Organisation verdankt, der sich in allen Zweigen des deutschen Lebens zeigt und sich im jetzigen Kriege so glänzend bewährt hat. Besondere Erwähnung verdient weiterhin eine Broschüre vom Präsidenten des Hansabundes Dr. Riesser, betitelt „England und wir" (Heft 8 der Sammlung „Zwischen Krieg und Frieden". Verlag Hirzel, Leipzig), die bereits in zweiter vermehrter und verbesserter Auflage vorliegt. Nach einem kurzen Überblick

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/101>, abgerufen am 23.07.2024.