Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Zukunft der Jugendpflege

diesmal nicht vom Staate -- wenn auch nicht ohne staatliche Unterstützung --
sondern durch die Jugendpflegeorganisationen selbst oder von irgendeiner
neutralen Stelle. Nur wenn das "Mittelamt für Jugendpflege" auf völlig
neutralem Boden steht, ist die Entstehung von Mißtrauen auf irgendeiner Seite
von vornherein ausgeschlossen.

Aus diesem Grunde hat sich der "Bund für Schulreform" *) als eine solche
neutrale, weil rein erzieherische Macht auf meine Anregung entschlossen, zunächst
in Hamburg ein rein lokales Vorgehen anzubahnen. Er hat Anfang 1915
die Vertreter der verschiedenen Jugendpflegerichtungen zu Beratungen zusammen¬
berufen, bei ihnen allen, auch den Sozialdemokraten, Zustimmung und Billigung
für seinen Vorschlag gefunden und die Gründung eines lokalen Mittelamtes
für Jugendpflege in die Wege geleitet. Ähnliche Gründungen an anderen
Orten sollen dann durch die verschiedenen Ortsgruppen des Bundes angeregt
werden. Wünschenswert wäre es, wenn dann diese Miltelcimter sich später zu
einem Verbände zusammenschließen würden. Die Aufgaben der lokalen Mittel¬
ämter und des Gesamtverbandes wären dieselben und würden sich nur durch
die Weite ihres Wirkungskreises unterscheiden.

Im einzelnen könnte man diese Aufgaben etwa in folgender Weise
bestimmen:

I. Die lokalen Mittelämter für Jugendpflege haben in erster Reihe an
den Orten ihrer Wirksamkeit das gegenseitige Verständnis und das lebendige
Einandernähertreten der verschiedenen Richtungen der Jugendpflege anzubahnen
und zu fördern und zwar durch die Veranstaltung von Diskussions- und
Vortragsabenden unter den Vertretern der einzelnen Richtungen, von gemein¬
samen Beratungen grundsätzlicher und praktischer Fragen. Vermittlung bei
Streitfragen. Vermittlung von gelegentlichem Zusammenarbeiten usw.

II. Das Hauptmittelamt (Verband der Mittelämter) veranstaltet in regel¬
mäßiger Folge allgemeine Kongresse oder Tagungen für Jugendpflege.

III. Das Hauptmittelamt trifft (mit staatlicher Unterstützung) Einrichtungen,
die das wissenschaftliche und praktische Studium der Jugendpflege und ihrer
Methode erleichtern: es gibt eine Zeitschrift heraus, legt ein Archiv für
Jugendpflege an; es trifft auch sonst Anstalten, welche die Ausbildung von
Jugendpflegen! in die Wege leiten.

Ansätze zur Durchführung der unter III genannten Aufgaben des
Mittelamtes sind auch heute schon vorhanden. Die "Zentralstelle für Volks¬
wohlfahrt" in Berlin, Augsburger Straße 61, besitzt ein Archiv für Jugend¬
pflege, mit dem eine Auskunftsstelle verbunden ist, und gibt auch eine Zeitschrift,
die Monatsschrift "Ratgeber für Jugendvereinigungen" heraus. Auch hier
könnte man also an Vorhandenes in irgendeiner Weise anknüpfen. --



*) "Bund für Schulreform, Allgemeiner Deutscher Verband für Erziehungs- und
Unterrichtswesen,' Zentralstelle Hamburg 24.
Die Zukunft der Jugendpflege

diesmal nicht vom Staate — wenn auch nicht ohne staatliche Unterstützung —
sondern durch die Jugendpflegeorganisationen selbst oder von irgendeiner
neutralen Stelle. Nur wenn das „Mittelamt für Jugendpflege" auf völlig
neutralem Boden steht, ist die Entstehung von Mißtrauen auf irgendeiner Seite
von vornherein ausgeschlossen.

Aus diesem Grunde hat sich der „Bund für Schulreform" *) als eine solche
neutrale, weil rein erzieherische Macht auf meine Anregung entschlossen, zunächst
in Hamburg ein rein lokales Vorgehen anzubahnen. Er hat Anfang 1915
die Vertreter der verschiedenen Jugendpflegerichtungen zu Beratungen zusammen¬
berufen, bei ihnen allen, auch den Sozialdemokraten, Zustimmung und Billigung
für seinen Vorschlag gefunden und die Gründung eines lokalen Mittelamtes
für Jugendpflege in die Wege geleitet. Ähnliche Gründungen an anderen
Orten sollen dann durch die verschiedenen Ortsgruppen des Bundes angeregt
werden. Wünschenswert wäre es, wenn dann diese Miltelcimter sich später zu
einem Verbände zusammenschließen würden. Die Aufgaben der lokalen Mittel¬
ämter und des Gesamtverbandes wären dieselben und würden sich nur durch
die Weite ihres Wirkungskreises unterscheiden.

Im einzelnen könnte man diese Aufgaben etwa in folgender Weise
bestimmen:

I. Die lokalen Mittelämter für Jugendpflege haben in erster Reihe an
den Orten ihrer Wirksamkeit das gegenseitige Verständnis und das lebendige
Einandernähertreten der verschiedenen Richtungen der Jugendpflege anzubahnen
und zu fördern und zwar durch die Veranstaltung von Diskussions- und
Vortragsabenden unter den Vertretern der einzelnen Richtungen, von gemein¬
samen Beratungen grundsätzlicher und praktischer Fragen. Vermittlung bei
Streitfragen. Vermittlung von gelegentlichem Zusammenarbeiten usw.

II. Das Hauptmittelamt (Verband der Mittelämter) veranstaltet in regel¬
mäßiger Folge allgemeine Kongresse oder Tagungen für Jugendpflege.

III. Das Hauptmittelamt trifft (mit staatlicher Unterstützung) Einrichtungen,
die das wissenschaftliche und praktische Studium der Jugendpflege und ihrer
Methode erleichtern: es gibt eine Zeitschrift heraus, legt ein Archiv für
Jugendpflege an; es trifft auch sonst Anstalten, welche die Ausbildung von
Jugendpflegen! in die Wege leiten.

Ansätze zur Durchführung der unter III genannten Aufgaben des
Mittelamtes sind auch heute schon vorhanden. Die „Zentralstelle für Volks¬
wohlfahrt" in Berlin, Augsburger Straße 61, besitzt ein Archiv für Jugend¬
pflege, mit dem eine Auskunftsstelle verbunden ist, und gibt auch eine Zeitschrift,
die Monatsschrift „Ratgeber für Jugendvereinigungen" heraus. Auch hier
könnte man also an Vorhandenes in irgendeiner Weise anknüpfen. —



*) „Bund für Schulreform, Allgemeiner Deutscher Verband für Erziehungs- und
Unterrichtswesen,' Zentralstelle Hamburg 24.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0409" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323948"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Zukunft der Jugendpflege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1335" prev="#ID_1334"> diesmal nicht vom Staate &#x2014; wenn auch nicht ohne staatliche Unterstützung &#x2014;<lb/>
sondern durch die Jugendpflegeorganisationen selbst oder von irgendeiner<lb/>
neutralen Stelle. Nur wenn das &#x201E;Mittelamt für Jugendpflege" auf völlig<lb/>
neutralem Boden steht, ist die Entstehung von Mißtrauen auf irgendeiner Seite<lb/>
von vornherein ausgeschlossen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1336"> Aus diesem Grunde hat sich der &#x201E;Bund für Schulreform" *) als eine solche<lb/>
neutrale, weil rein erzieherische Macht auf meine Anregung entschlossen, zunächst<lb/>
in Hamburg ein rein lokales Vorgehen anzubahnen. Er hat Anfang 1915<lb/>
die Vertreter der verschiedenen Jugendpflegerichtungen zu Beratungen zusammen¬<lb/>
berufen, bei ihnen allen, auch den Sozialdemokraten, Zustimmung und Billigung<lb/>
für seinen Vorschlag gefunden und die Gründung eines lokalen Mittelamtes<lb/>
für Jugendpflege in die Wege geleitet. Ähnliche Gründungen an anderen<lb/>
Orten sollen dann durch die verschiedenen Ortsgruppen des Bundes angeregt<lb/>
werden. Wünschenswert wäre es, wenn dann diese Miltelcimter sich später zu<lb/>
einem Verbände zusammenschließen würden. Die Aufgaben der lokalen Mittel¬<lb/>
ämter und des Gesamtverbandes wären dieselben und würden sich nur durch<lb/>
die Weite ihres Wirkungskreises unterscheiden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1337"> Im einzelnen könnte man diese Aufgaben etwa in folgender Weise<lb/>
bestimmen:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1338"> I. Die lokalen Mittelämter für Jugendpflege haben in erster Reihe an<lb/>
den Orten ihrer Wirksamkeit das gegenseitige Verständnis und das lebendige<lb/>
Einandernähertreten der verschiedenen Richtungen der Jugendpflege anzubahnen<lb/>
und zu fördern und zwar durch die Veranstaltung von Diskussions- und<lb/>
Vortragsabenden unter den Vertretern der einzelnen Richtungen, von gemein¬<lb/>
samen Beratungen grundsätzlicher und praktischer Fragen. Vermittlung bei<lb/>
Streitfragen. Vermittlung von gelegentlichem Zusammenarbeiten usw.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1339"> II. Das Hauptmittelamt (Verband der Mittelämter) veranstaltet in regel¬<lb/>
mäßiger Folge allgemeine Kongresse oder Tagungen für Jugendpflege.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1340"> III. Das Hauptmittelamt trifft (mit staatlicher Unterstützung) Einrichtungen,<lb/>
die das wissenschaftliche und praktische Studium der Jugendpflege und ihrer<lb/>
Methode erleichtern: es gibt eine Zeitschrift heraus, legt ein Archiv für<lb/>
Jugendpflege an; es trifft auch sonst Anstalten, welche die Ausbildung von<lb/>
Jugendpflegen! in die Wege leiten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1341"> Ansätze zur Durchführung der unter III genannten Aufgaben des<lb/>
Mittelamtes sind auch heute schon vorhanden. Die &#x201E;Zentralstelle für Volks¬<lb/>
wohlfahrt" in Berlin, Augsburger Straße 61, besitzt ein Archiv für Jugend¬<lb/>
pflege, mit dem eine Auskunftsstelle verbunden ist, und gibt auch eine Zeitschrift,<lb/>
die Monatsschrift &#x201E;Ratgeber für Jugendvereinigungen" heraus. Auch hier<lb/>
könnte man also an Vorhandenes in irgendeiner Weise anknüpfen. &#x2014;</p><lb/>
          <note xml:id="FID_100" place="foot"> *) &#x201E;Bund für Schulreform, Allgemeiner Deutscher Verband für Erziehungs- und<lb/>
Unterrichtswesen,' Zentralstelle Hamburg 24.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0409] Die Zukunft der Jugendpflege diesmal nicht vom Staate — wenn auch nicht ohne staatliche Unterstützung — sondern durch die Jugendpflegeorganisationen selbst oder von irgendeiner neutralen Stelle. Nur wenn das „Mittelamt für Jugendpflege" auf völlig neutralem Boden steht, ist die Entstehung von Mißtrauen auf irgendeiner Seite von vornherein ausgeschlossen. Aus diesem Grunde hat sich der „Bund für Schulreform" *) als eine solche neutrale, weil rein erzieherische Macht auf meine Anregung entschlossen, zunächst in Hamburg ein rein lokales Vorgehen anzubahnen. Er hat Anfang 1915 die Vertreter der verschiedenen Jugendpflegerichtungen zu Beratungen zusammen¬ berufen, bei ihnen allen, auch den Sozialdemokraten, Zustimmung und Billigung für seinen Vorschlag gefunden und die Gründung eines lokalen Mittelamtes für Jugendpflege in die Wege geleitet. Ähnliche Gründungen an anderen Orten sollen dann durch die verschiedenen Ortsgruppen des Bundes angeregt werden. Wünschenswert wäre es, wenn dann diese Miltelcimter sich später zu einem Verbände zusammenschließen würden. Die Aufgaben der lokalen Mittel¬ ämter und des Gesamtverbandes wären dieselben und würden sich nur durch die Weite ihres Wirkungskreises unterscheiden. Im einzelnen könnte man diese Aufgaben etwa in folgender Weise bestimmen: I. Die lokalen Mittelämter für Jugendpflege haben in erster Reihe an den Orten ihrer Wirksamkeit das gegenseitige Verständnis und das lebendige Einandernähertreten der verschiedenen Richtungen der Jugendpflege anzubahnen und zu fördern und zwar durch die Veranstaltung von Diskussions- und Vortragsabenden unter den Vertretern der einzelnen Richtungen, von gemein¬ samen Beratungen grundsätzlicher und praktischer Fragen. Vermittlung bei Streitfragen. Vermittlung von gelegentlichem Zusammenarbeiten usw. II. Das Hauptmittelamt (Verband der Mittelämter) veranstaltet in regel¬ mäßiger Folge allgemeine Kongresse oder Tagungen für Jugendpflege. III. Das Hauptmittelamt trifft (mit staatlicher Unterstützung) Einrichtungen, die das wissenschaftliche und praktische Studium der Jugendpflege und ihrer Methode erleichtern: es gibt eine Zeitschrift heraus, legt ein Archiv für Jugendpflege an; es trifft auch sonst Anstalten, welche die Ausbildung von Jugendpflegen! in die Wege leiten. Ansätze zur Durchführung der unter III genannten Aufgaben des Mittelamtes sind auch heute schon vorhanden. Die „Zentralstelle für Volks¬ wohlfahrt" in Berlin, Augsburger Straße 61, besitzt ein Archiv für Jugend¬ pflege, mit dem eine Auskunftsstelle verbunden ist, und gibt auch eine Zeitschrift, die Monatsschrift „Ratgeber für Jugendvereinigungen" heraus. Auch hier könnte man also an Vorhandenes in irgendeiner Weise anknüpfen. — *) „Bund für Schulreform, Allgemeiner Deutscher Verband für Erziehungs- und Unterrichtswesen,' Zentralstelle Hamburg 24.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/409
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/409>, abgerufen am 24.08.2024.