Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die deutsche Industrie im Kriege

Handel und Industrie am Weltmarkte auftraten. Was hiermit bereits erreicht
war. wird wieder erreicht und übertroffen werden. Mag England uns getrost
unsere Patente stehlen; was durch sie geschützt ist: deutsche Denk- und Erfinder-
arbeit kann es uns nicht entwenden. So berichtet die Statistik des Kaiserlichen
Patentamtes bereits für die Woche vom 9. bis 14. November von 389 Patent¬
anmeldungen, während für normale Zeiten die Zahl 300 als Durchschnitt
gelten kann. Mögen unsere Feinde immerhin bemüht sein, auf unlauteren
Wegen in den Besitz deutscher Preislisten, Kataloge, Abbildungen und Zeichnungen
von Maschinen, ja Kundenverzeichnisse zu gelangen; es ist töricht zu glauben,
daß in der Aufregung einiger Kriegsmonate der durch rastlose Tätigkeit
gewonnene Vorsprung der deutschen Industrie eingeholt werden kann. Im
übrigen liegt in allen am Krieg beteiligten Staaten der Außenhandel ebenfalls
derart darnieder, daß tatsächlich die Vorhersage des "London Economist", der
Krieg werde für England ein schweres wirtschaftliches Unglück darstellen, sich
durchaus bewahrheitet hat. Hält man die heutigen Verhältnisse in Deutschland
dagegen, so ist es gerechtfertigt, wenn das deutsche Volk seiner Industrie volle
Bewunderung entgegenbringt und auch weitreichende Unterstützung für die von
ihr übernommene große nationale Arbeit.

Ein jeder von uns kann hierbei mit helfen, wir brauchen nur den Weg
zu beschreiten, den uns unser nationaler Stolz vorschreibt. Denn es ist unserer
unwürdig, wenn sich unsere national begeisterten Männer mit englischen Stoffen
kleiden, wenn unsere Frauen und Töchter, deren Gedanken beim kämpfenden
Heere weilen, französischen Moden huldigen und französische Toilettemittel ge¬
brauchen, es ist unserer unwürdig, wenn unsere Brautpaare, ausgerüstet mit in
England oder Amerika erzeugten Handschuhen vor das Antlitz des deutschen
Gottes treten, wenn die Ausstattungsgegenstände des deutschen Heims mit
englischen oder amerikanischen Werkzeugmaschinen hergestellt werden; wenn die
Scholle, die das deutsche Volk ernährt, mit demselben amerikanischen Stahl
bearbeitet wird, der die Söhne eben dieser Erde zu Boden streckt; es ist endlich
unserer unwürdig, wenn die englische Stahlfeder deutsches Denken dem Papier
anvertraut.

Ebenso wie in sprachlicher Hinsicht verlangt auch hier die Sauberkeit
vaterländischen Empfindens eine gründliche Reinigung des deutschen Wesens
und deutscher Gepflogenheiten. Die Zeit zu dieser Arbeit aber ist gekommen.




Die deutsche Industrie im Kriege

Handel und Industrie am Weltmarkte auftraten. Was hiermit bereits erreicht
war. wird wieder erreicht und übertroffen werden. Mag England uns getrost
unsere Patente stehlen; was durch sie geschützt ist: deutsche Denk- und Erfinder-
arbeit kann es uns nicht entwenden. So berichtet die Statistik des Kaiserlichen
Patentamtes bereits für die Woche vom 9. bis 14. November von 389 Patent¬
anmeldungen, während für normale Zeiten die Zahl 300 als Durchschnitt
gelten kann. Mögen unsere Feinde immerhin bemüht sein, auf unlauteren
Wegen in den Besitz deutscher Preislisten, Kataloge, Abbildungen und Zeichnungen
von Maschinen, ja Kundenverzeichnisse zu gelangen; es ist töricht zu glauben,
daß in der Aufregung einiger Kriegsmonate der durch rastlose Tätigkeit
gewonnene Vorsprung der deutschen Industrie eingeholt werden kann. Im
übrigen liegt in allen am Krieg beteiligten Staaten der Außenhandel ebenfalls
derart darnieder, daß tatsächlich die Vorhersage des „London Economist", der
Krieg werde für England ein schweres wirtschaftliches Unglück darstellen, sich
durchaus bewahrheitet hat. Hält man die heutigen Verhältnisse in Deutschland
dagegen, so ist es gerechtfertigt, wenn das deutsche Volk seiner Industrie volle
Bewunderung entgegenbringt und auch weitreichende Unterstützung für die von
ihr übernommene große nationale Arbeit.

Ein jeder von uns kann hierbei mit helfen, wir brauchen nur den Weg
zu beschreiten, den uns unser nationaler Stolz vorschreibt. Denn es ist unserer
unwürdig, wenn sich unsere national begeisterten Männer mit englischen Stoffen
kleiden, wenn unsere Frauen und Töchter, deren Gedanken beim kämpfenden
Heere weilen, französischen Moden huldigen und französische Toilettemittel ge¬
brauchen, es ist unserer unwürdig, wenn unsere Brautpaare, ausgerüstet mit in
England oder Amerika erzeugten Handschuhen vor das Antlitz des deutschen
Gottes treten, wenn die Ausstattungsgegenstände des deutschen Heims mit
englischen oder amerikanischen Werkzeugmaschinen hergestellt werden; wenn die
Scholle, die das deutsche Volk ernährt, mit demselben amerikanischen Stahl
bearbeitet wird, der die Söhne eben dieser Erde zu Boden streckt; es ist endlich
unserer unwürdig, wenn die englische Stahlfeder deutsches Denken dem Papier
anvertraut.

Ebenso wie in sprachlicher Hinsicht verlangt auch hier die Sauberkeit
vaterländischen Empfindens eine gründliche Reinigung des deutschen Wesens
und deutscher Gepflogenheiten. Die Zeit zu dieser Arbeit aber ist gekommen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0020" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323559"/>
          <fw type="header" place="top"> Die deutsche Industrie im Kriege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_30" prev="#ID_29"> Handel und Industrie am Weltmarkte auftraten. Was hiermit bereits erreicht<lb/>
war. wird wieder erreicht und übertroffen werden. Mag England uns getrost<lb/>
unsere Patente stehlen; was durch sie geschützt ist: deutsche Denk- und Erfinder-<lb/>
arbeit kann es uns nicht entwenden. So berichtet die Statistik des Kaiserlichen<lb/>
Patentamtes bereits für die Woche vom 9. bis 14. November von 389 Patent¬<lb/>
anmeldungen, während für normale Zeiten die Zahl 300 als Durchschnitt<lb/>
gelten kann. Mögen unsere Feinde immerhin bemüht sein, auf unlauteren<lb/>
Wegen in den Besitz deutscher Preislisten, Kataloge, Abbildungen und Zeichnungen<lb/>
von Maschinen, ja Kundenverzeichnisse zu gelangen; es ist töricht zu glauben,<lb/>
daß in der Aufregung einiger Kriegsmonate der durch rastlose Tätigkeit<lb/>
gewonnene Vorsprung der deutschen Industrie eingeholt werden kann. Im<lb/>
übrigen liegt in allen am Krieg beteiligten Staaten der Außenhandel ebenfalls<lb/>
derart darnieder, daß tatsächlich die Vorhersage des &#x201E;London Economist", der<lb/>
Krieg werde für England ein schweres wirtschaftliches Unglück darstellen, sich<lb/>
durchaus bewahrheitet hat. Hält man die heutigen Verhältnisse in Deutschland<lb/>
dagegen, so ist es gerechtfertigt, wenn das deutsche Volk seiner Industrie volle<lb/>
Bewunderung entgegenbringt und auch weitreichende Unterstützung für die von<lb/>
ihr übernommene große nationale Arbeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_31"> Ein jeder von uns kann hierbei mit helfen, wir brauchen nur den Weg<lb/>
zu beschreiten, den uns unser nationaler Stolz vorschreibt. Denn es ist unserer<lb/>
unwürdig, wenn sich unsere national begeisterten Männer mit englischen Stoffen<lb/>
kleiden, wenn unsere Frauen und Töchter, deren Gedanken beim kämpfenden<lb/>
Heere weilen, französischen Moden huldigen und französische Toilettemittel ge¬<lb/>
brauchen, es ist unserer unwürdig, wenn unsere Brautpaare, ausgerüstet mit in<lb/>
England oder Amerika erzeugten Handschuhen vor das Antlitz des deutschen<lb/>
Gottes treten, wenn die Ausstattungsgegenstände des deutschen Heims mit<lb/>
englischen oder amerikanischen Werkzeugmaschinen hergestellt werden; wenn die<lb/>
Scholle, die das deutsche Volk ernährt, mit demselben amerikanischen Stahl<lb/>
bearbeitet wird, der die Söhne eben dieser Erde zu Boden streckt; es ist endlich<lb/>
unserer unwürdig, wenn die englische Stahlfeder deutsches Denken dem Papier<lb/>
anvertraut.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_32"> Ebenso wie in sprachlicher Hinsicht verlangt auch hier die Sauberkeit<lb/>
vaterländischen Empfindens eine gründliche Reinigung des deutschen Wesens<lb/>
und deutscher Gepflogenheiten.  Die Zeit zu dieser Arbeit aber ist gekommen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0020] Die deutsche Industrie im Kriege Handel und Industrie am Weltmarkte auftraten. Was hiermit bereits erreicht war. wird wieder erreicht und übertroffen werden. Mag England uns getrost unsere Patente stehlen; was durch sie geschützt ist: deutsche Denk- und Erfinder- arbeit kann es uns nicht entwenden. So berichtet die Statistik des Kaiserlichen Patentamtes bereits für die Woche vom 9. bis 14. November von 389 Patent¬ anmeldungen, während für normale Zeiten die Zahl 300 als Durchschnitt gelten kann. Mögen unsere Feinde immerhin bemüht sein, auf unlauteren Wegen in den Besitz deutscher Preislisten, Kataloge, Abbildungen und Zeichnungen von Maschinen, ja Kundenverzeichnisse zu gelangen; es ist töricht zu glauben, daß in der Aufregung einiger Kriegsmonate der durch rastlose Tätigkeit gewonnene Vorsprung der deutschen Industrie eingeholt werden kann. Im übrigen liegt in allen am Krieg beteiligten Staaten der Außenhandel ebenfalls derart darnieder, daß tatsächlich die Vorhersage des „London Economist", der Krieg werde für England ein schweres wirtschaftliches Unglück darstellen, sich durchaus bewahrheitet hat. Hält man die heutigen Verhältnisse in Deutschland dagegen, so ist es gerechtfertigt, wenn das deutsche Volk seiner Industrie volle Bewunderung entgegenbringt und auch weitreichende Unterstützung für die von ihr übernommene große nationale Arbeit. Ein jeder von uns kann hierbei mit helfen, wir brauchen nur den Weg zu beschreiten, den uns unser nationaler Stolz vorschreibt. Denn es ist unserer unwürdig, wenn sich unsere national begeisterten Männer mit englischen Stoffen kleiden, wenn unsere Frauen und Töchter, deren Gedanken beim kämpfenden Heere weilen, französischen Moden huldigen und französische Toilettemittel ge¬ brauchen, es ist unserer unwürdig, wenn unsere Brautpaare, ausgerüstet mit in England oder Amerika erzeugten Handschuhen vor das Antlitz des deutschen Gottes treten, wenn die Ausstattungsgegenstände des deutschen Heims mit englischen oder amerikanischen Werkzeugmaschinen hergestellt werden; wenn die Scholle, die das deutsche Volk ernährt, mit demselben amerikanischen Stahl bearbeitet wird, der die Söhne eben dieser Erde zu Boden streckt; es ist endlich unserer unwürdig, wenn die englische Stahlfeder deutsches Denken dem Papier anvertraut. Ebenso wie in sprachlicher Hinsicht verlangt auch hier die Sauberkeit vaterländischen Empfindens eine gründliche Reinigung des deutschen Wesens und deutscher Gepflogenheiten. Die Zeit zu dieser Arbeit aber ist gekommen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/20
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/20>, abgerufen am 22.07.2024.