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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Kriegstagebuch

unsere Feinde nichts von Verlusten aus der Seeschlacht an den Falklandsinseln
melden, so bedeutet das nicht, daß unsere Schiffe allein in die Tiefe gegangen
sind; wir können dessen sicher sein, daß in dem fünfstündigen Kampfe jedes
unserer Schiffe mindestens ein feindliches vernichtet hat. 38 gegen 5! Welch
ein Heldentum! Schon heute hat die deutsche Marine sich dem deutschen Heere
als ebenbürtig erwiesen. Ihre Schöpfer und Führer brauchten zu den voll¬
brachten Heldentaten keine neuen hinzuzufügen, ohne fürchten zu müssen, von
jenem überstrahlt zu werden. Sie hat sich den Ruhm erworben, der das Ver¬
trauen der Nation in ihren Schöpfer Tirpitz rechtfertigt. Möge Herr von Tirpitz
den Verlust der Schiffe nicht als ein Mißgeschick, sondern gleich uns als ein
notwendiges Opfer empfinden. Das Vorhandensein deutscher Schiffe ganz allein
beeinflußt die Wage des weltgeschichtlichen Geschehens zu unseren Gunsten.
Die Entscheidung herbeiführen muß in diesem Kriege die Armee.

Zu den auserwählten Helden dieses Krieges, deren Taten noch die außer¬
ordentlichen Leistungen der Gesamtheit zu überstrahlen vermochten, gesellt sich
Generalleutnant von Litzmann, der mit seiner Division von den Russen ein¬
geschlossen in dreitägigen Kampf sich den Durchbruch erzwang und obendrein
12000 Gefangene mitbrachte! Solche Taten erleichtern uns die Zeit des
Wartens, wecken überall in der Nation neue schöne Impulse, neue Begeisterung,
neue Tatkraft: und ähnlich wirkte, wenn wir den neben dem Fürsten Bismarck
glänzendsten deutschen Staatsmann, den Fürsten Bülow, ein Amt auf einem
der gefährdetsteu diplomatischen Posten antreten sehen. Viele seiner Gegner
und Kritiker werden sich heute vor dem greisen Staatsmann tief verneigen, der mit,
der Tatkraft des Jünglings in die Bresche springt, wo das Vaterland in Gefahr ist.

Solange wir solche opferbereite Männer hervorbringen, und jeder Tag
trägt neue an die Oberfläche, hat es keine Not um das Vaterland, -- die
Regierung kann, auf welchem Gebiet es auch sei, aus dem Vollen schöpfen.
Möge sie sich dessen bewußt bleiben.

29. Oktober 1914. Der englische Dreadnought "Audacious" an
der irländischen Küste durch eine Mine oder ein Torpedo zum Sinken gebracht.
9. November 1914. Englische Territorialtruppen, 9 Bataillone
und 11 Batterien, treffen in Indien ein.
15. November 1914. Bei den Kämpfen in Polen und an der
ostpreußischen Grenze werden den Russen außer 28 000 Gefangenen
70 Maschmengewehre und viele Geschütze genommen und sie selbst über
Kutno und Plotzk zurückgeworfen.
16. November 1914. Die Türken besetzen Duzheny im Kaukasus.
1ö. November 1914. Die Österreicher erobern in Serbien Valjevo.
15. November 1914. Niederlage der Engländer bei Fao am
Schale- el-Arad.
16. November 1914. Griechenland erhält von Frankreich einen
Anleihevorschuß von 20 Millionen Franken, von England einen solchen von
38 Millionen zur Bezahlung der auf englischen Werften im Bau befind¬
lichen griechischen Kriegsschiffe.

Kriegstagebuch

unsere Feinde nichts von Verlusten aus der Seeschlacht an den Falklandsinseln
melden, so bedeutet das nicht, daß unsere Schiffe allein in die Tiefe gegangen
sind; wir können dessen sicher sein, daß in dem fünfstündigen Kampfe jedes
unserer Schiffe mindestens ein feindliches vernichtet hat. 38 gegen 5! Welch
ein Heldentum! Schon heute hat die deutsche Marine sich dem deutschen Heere
als ebenbürtig erwiesen. Ihre Schöpfer und Führer brauchten zu den voll¬
brachten Heldentaten keine neuen hinzuzufügen, ohne fürchten zu müssen, von
jenem überstrahlt zu werden. Sie hat sich den Ruhm erworben, der das Ver¬
trauen der Nation in ihren Schöpfer Tirpitz rechtfertigt. Möge Herr von Tirpitz
den Verlust der Schiffe nicht als ein Mißgeschick, sondern gleich uns als ein
notwendiges Opfer empfinden. Das Vorhandensein deutscher Schiffe ganz allein
beeinflußt die Wage des weltgeschichtlichen Geschehens zu unseren Gunsten.
Die Entscheidung herbeiführen muß in diesem Kriege die Armee.

Zu den auserwählten Helden dieses Krieges, deren Taten noch die außer¬
ordentlichen Leistungen der Gesamtheit zu überstrahlen vermochten, gesellt sich
Generalleutnant von Litzmann, der mit seiner Division von den Russen ein¬
geschlossen in dreitägigen Kampf sich den Durchbruch erzwang und obendrein
12000 Gefangene mitbrachte! Solche Taten erleichtern uns die Zeit des
Wartens, wecken überall in der Nation neue schöne Impulse, neue Begeisterung,
neue Tatkraft: und ähnlich wirkte, wenn wir den neben dem Fürsten Bismarck
glänzendsten deutschen Staatsmann, den Fürsten Bülow, ein Amt auf einem
der gefährdetsteu diplomatischen Posten antreten sehen. Viele seiner Gegner
und Kritiker werden sich heute vor dem greisen Staatsmann tief verneigen, der mit,
der Tatkraft des Jünglings in die Bresche springt, wo das Vaterland in Gefahr ist.

Solange wir solche opferbereite Männer hervorbringen, und jeder Tag
trägt neue an die Oberfläche, hat es keine Not um das Vaterland, — die
Regierung kann, auf welchem Gebiet es auch sei, aus dem Vollen schöpfen.
Möge sie sich dessen bewußt bleiben.

29. Oktober 1914. Der englische Dreadnought „Audacious" an
der irländischen Küste durch eine Mine oder ein Torpedo zum Sinken gebracht.
9. November 1914. Englische Territorialtruppen, 9 Bataillone
und 11 Batterien, treffen in Indien ein.
15. November 1914. Bei den Kämpfen in Polen und an der
ostpreußischen Grenze werden den Russen außer 28 000 Gefangenen
70 Maschmengewehre und viele Geschütze genommen und sie selbst über
Kutno und Plotzk zurückgeworfen.
16. November 1914. Die Türken besetzen Duzheny im Kaukasus.
1ö. November 1914. Die Österreicher erobern in Serbien Valjevo.
15. November 1914. Niederlage der Engländer bei Fao am
Schale- el-Arad.
16. November 1914. Griechenland erhält von Frankreich einen
Anleihevorschuß von 20 Millionen Franken, von England einen solchen von
38 Millionen zur Bezahlung der auf englischen Werften im Bau befind¬
lichen griechischen Kriegsschiffe.

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[0359] Kriegstagebuch unsere Feinde nichts von Verlusten aus der Seeschlacht an den Falklandsinseln melden, so bedeutet das nicht, daß unsere Schiffe allein in die Tiefe gegangen sind; wir können dessen sicher sein, daß in dem fünfstündigen Kampfe jedes unserer Schiffe mindestens ein feindliches vernichtet hat. 38 gegen 5! Welch ein Heldentum! Schon heute hat die deutsche Marine sich dem deutschen Heere als ebenbürtig erwiesen. Ihre Schöpfer und Führer brauchten zu den voll¬ brachten Heldentaten keine neuen hinzuzufügen, ohne fürchten zu müssen, von jenem überstrahlt zu werden. Sie hat sich den Ruhm erworben, der das Ver¬ trauen der Nation in ihren Schöpfer Tirpitz rechtfertigt. Möge Herr von Tirpitz den Verlust der Schiffe nicht als ein Mißgeschick, sondern gleich uns als ein notwendiges Opfer empfinden. Das Vorhandensein deutscher Schiffe ganz allein beeinflußt die Wage des weltgeschichtlichen Geschehens zu unseren Gunsten. Die Entscheidung herbeiführen muß in diesem Kriege die Armee. Zu den auserwählten Helden dieses Krieges, deren Taten noch die außer¬ ordentlichen Leistungen der Gesamtheit zu überstrahlen vermochten, gesellt sich Generalleutnant von Litzmann, der mit seiner Division von den Russen ein¬ geschlossen in dreitägigen Kampf sich den Durchbruch erzwang und obendrein 12000 Gefangene mitbrachte! Solche Taten erleichtern uns die Zeit des Wartens, wecken überall in der Nation neue schöne Impulse, neue Begeisterung, neue Tatkraft: und ähnlich wirkte, wenn wir den neben dem Fürsten Bismarck glänzendsten deutschen Staatsmann, den Fürsten Bülow, ein Amt auf einem der gefährdetsteu diplomatischen Posten antreten sehen. Viele seiner Gegner und Kritiker werden sich heute vor dem greisen Staatsmann tief verneigen, der mit, der Tatkraft des Jünglings in die Bresche springt, wo das Vaterland in Gefahr ist. Solange wir solche opferbereite Männer hervorbringen, und jeder Tag trägt neue an die Oberfläche, hat es keine Not um das Vaterland, — die Regierung kann, auf welchem Gebiet es auch sei, aus dem Vollen schöpfen. Möge sie sich dessen bewußt bleiben. 29. Oktober 1914. Der englische Dreadnought „Audacious" an der irländischen Küste durch eine Mine oder ein Torpedo zum Sinken gebracht. 9. November 1914. Englische Territorialtruppen, 9 Bataillone und 11 Batterien, treffen in Indien ein. 15. November 1914. Bei den Kämpfen in Polen und an der ostpreußischen Grenze werden den Russen außer 28 000 Gefangenen 70 Maschmengewehre und viele Geschütze genommen und sie selbst über Kutno und Plotzk zurückgeworfen. 16. November 1914. Die Türken besetzen Duzheny im Kaukasus. 1ö. November 1914. Die Österreicher erobern in Serbien Valjevo. 15. November 1914. Niederlage der Engländer bei Fao am Schale- el-Arad. 16. November 1914. Griechenland erhält von Frankreich einen Anleihevorschuß von 20 Millionen Franken, von England einen solchen von 38 Millionen zur Bezahlung der auf englischen Werften im Bau befind¬ lichen griechischen Kriegsschiffe.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/359>, abgerufen am 02.07.2024.