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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Die Immatrikulation von Angehörigen feindlicher Staaten

deutsche Stammesangehörigkeit verlangt werden. Es genügt nicht der Nachweis
deutscher Sprache. Es empfiehlt sich aber nicht, generell zu erklären, daß alle
Ausländer, welche deutschen Stammes sind, immatrikuliert werden können.
Eine solche generelle Erklärung, etwa die Erklärung, daß alle Ballen zu
immatrikulieren seien, würde vielleicht in Rußland Gegenmaßregeln gegen die
Ballen hervorrufen, obwohl wir uns ja nicht verhehlen, daß die russisch?
Regierung auch jetzt schon die Ballen scheel ansieht, und obwohl unsere Feinde
selbst den in ihr Gebiet kommenden nichtdeutschen Inhabern des deutschen und
österreichischen Staatsbürgerrechts (Polen usw.) bereits eine bessere Behandlung
zugesichert haben. Ob jemand deutschen Stammes ist und ob sonst nach keiner
Richtung bei ihm Bedenken obwalten, das müßte in jedem besonderen Fall
noch festgestellt werden. Es gibt ja auch einzelne Ballen, die es mit den
Russen halten. Vor allem die Fakultät, in der der Betreffende sich imma-
trikulieren lassen will, hätte auf Grund eingehender Information ein Urteil
darüber abzugeben, ob er politisch ganz einwandfrei ist. Dem Minister würde
dann noch immer die selbständige und definitive Entscheidung zu belassen sein.
Unter solchen Kautelen aber scheinen mir die Immatrikulation von Deutschen
aus feindlichen Staaten und ebenso die Erteilung der Erlaubnis an sie, staatliche
wissenschaftliche Institute (Bibliotheken usw.) zu benutzen, nicht bloß zulässig,
sondern auch sehr zweckmäßig und gerecht zu sein. Und was ich hier betreffs
der Studierenden darlege, das könnte analoge Anwendung auf andere Deutsche
aus den feindlichen Staaten finden. Wir wollen doch die Einheit mit unseren
Stammesbrüdern in jeder Hinsicht aufrechthalteu.




Die Immatrikulation von Angehörigen feindlicher Staaten

deutsche Stammesangehörigkeit verlangt werden. Es genügt nicht der Nachweis
deutscher Sprache. Es empfiehlt sich aber nicht, generell zu erklären, daß alle
Ausländer, welche deutschen Stammes sind, immatrikuliert werden können.
Eine solche generelle Erklärung, etwa die Erklärung, daß alle Ballen zu
immatrikulieren seien, würde vielleicht in Rußland Gegenmaßregeln gegen die
Ballen hervorrufen, obwohl wir uns ja nicht verhehlen, daß die russisch?
Regierung auch jetzt schon die Ballen scheel ansieht, und obwohl unsere Feinde
selbst den in ihr Gebiet kommenden nichtdeutschen Inhabern des deutschen und
österreichischen Staatsbürgerrechts (Polen usw.) bereits eine bessere Behandlung
zugesichert haben. Ob jemand deutschen Stammes ist und ob sonst nach keiner
Richtung bei ihm Bedenken obwalten, das müßte in jedem besonderen Fall
noch festgestellt werden. Es gibt ja auch einzelne Ballen, die es mit den
Russen halten. Vor allem die Fakultät, in der der Betreffende sich imma-
trikulieren lassen will, hätte auf Grund eingehender Information ein Urteil
darüber abzugeben, ob er politisch ganz einwandfrei ist. Dem Minister würde
dann noch immer die selbständige und definitive Entscheidung zu belassen sein.
Unter solchen Kautelen aber scheinen mir die Immatrikulation von Deutschen
aus feindlichen Staaten und ebenso die Erteilung der Erlaubnis an sie, staatliche
wissenschaftliche Institute (Bibliotheken usw.) zu benutzen, nicht bloß zulässig,
sondern auch sehr zweckmäßig und gerecht zu sein. Und was ich hier betreffs
der Studierenden darlege, das könnte analoge Anwendung auf andere Deutsche
aus den feindlichen Staaten finden. Wir wollen doch die Einheit mit unseren
Stammesbrüdern in jeder Hinsicht aufrechthalteu.




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[0343] Die Immatrikulation von Angehörigen feindlicher Staaten deutsche Stammesangehörigkeit verlangt werden. Es genügt nicht der Nachweis deutscher Sprache. Es empfiehlt sich aber nicht, generell zu erklären, daß alle Ausländer, welche deutschen Stammes sind, immatrikuliert werden können. Eine solche generelle Erklärung, etwa die Erklärung, daß alle Ballen zu immatrikulieren seien, würde vielleicht in Rußland Gegenmaßregeln gegen die Ballen hervorrufen, obwohl wir uns ja nicht verhehlen, daß die russisch? Regierung auch jetzt schon die Ballen scheel ansieht, und obwohl unsere Feinde selbst den in ihr Gebiet kommenden nichtdeutschen Inhabern des deutschen und österreichischen Staatsbürgerrechts (Polen usw.) bereits eine bessere Behandlung zugesichert haben. Ob jemand deutschen Stammes ist und ob sonst nach keiner Richtung bei ihm Bedenken obwalten, das müßte in jedem besonderen Fall noch festgestellt werden. Es gibt ja auch einzelne Ballen, die es mit den Russen halten. Vor allem die Fakultät, in der der Betreffende sich imma- trikulieren lassen will, hätte auf Grund eingehender Information ein Urteil darüber abzugeben, ob er politisch ganz einwandfrei ist. Dem Minister würde dann noch immer die selbständige und definitive Entscheidung zu belassen sein. Unter solchen Kautelen aber scheinen mir die Immatrikulation von Deutschen aus feindlichen Staaten und ebenso die Erteilung der Erlaubnis an sie, staatliche wissenschaftliche Institute (Bibliotheken usw.) zu benutzen, nicht bloß zulässig, sondern auch sehr zweckmäßig und gerecht zu sein. Und was ich hier betreffs der Studierenden darlege, das könnte analoge Anwendung auf andere Deutsche aus den feindlichen Staaten finden. Wir wollen doch die Einheit mit unseren Stammesbrüdern in jeder Hinsicht aufrechthalteu.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/343>, abgerufen am 01.07.2024.